Wer diese E-Commerce-Trends verschläft kann einpacken

Der Handel hat sich in den vergangenen 50 Jahren rasant weiterentwickelt: Noch vor wenigen Dekaden haben unsere Eltern und Großeltern im Tante-Emma-Laden oder beim Modeausstatter um die Ecke eingekauft. Heute kaufen wir Lebensmittel, Kleidung, Reisen, Autos und andere Konsumgüter über verschiedenste Kanäle ein: stationärer Handel, Versandhandel, Teleshopping, Onlineshopping und jüngst Mobile Commerce. Und die Entwicklung schreitet in rasantem Tempo voran. In welche Richtungen es weitergeht, das lesen Sie hier.
1. Trend: Everywhere Commerce
Multichannel Commerce war gestern. Omnichannel, auch Everywhere Commerce genannt, ist heute. Konsumenten nutzen Absatzkanäle nicht mehr nacheinander, sondern parallel. Für welchen Kanal sie sich entscheiden, hängt einzig von ihren persönlichen Vorlieben ab. Um diesem Kaufverhalten Rechnung zu tragen, genügt es nicht, ein Produkt am Point-of-Sale und im Web anzubieten. Vielmehr müssen verschiedene Informations- und Vertriebskanäle miteinander vernetzt werden – online wie offline. Konsumenten können sich so im Internet über ein Produkt informieren, es online bestellen und es dann im Ladengeschäft abholen. Oder sie verschaffen sich im stationären Handel einen handfesten Eindruck und bestellen es anschließend im Internet, einschließlich Lieferung direkt nach Hause. Gängige Praxis ist auch, dass Einzelhändler Gutscheine im Internet verkaufen, die ihre Kunden im stationären Handel einlösen können. Besonders komfortabel ist es, wenn sich Konsumenten, angeregt durch TV-Werbung, bequem auf dem Sofa per Tablet oder Smartphone über das gezeigte Produkt informieren, um es dann direkt im Webshop zu bestellen. Zunehmende Verbreitung findet auch das Tupperware-Party-Konzept. Indem E-Commerce-Händler Webshops mit Offline-Shoppingpartys verknüpfen, weiten sie ihre Zielgruppe auf Konsumenten aus, die nicht online sind.
2. Trend: Mobile Commerce
Mobile Commerce ist auf dem Vormarsch. Viele Onlineshops bieten inzwischen spezielle Shopping-Apps oder Mobile Sites an. Mobile Commerce spielt eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen der Online- und der Offline-Welt. Beispiel QR-Codes: Viele Plakate und Anzeigen sind mit QR-Codes versehen. Sie bieten Konsumenten einen Mehrwert – etwa durch Preisnachlässe, Gewinnspiele oder relevante Zusatzinformationen. Zudem rücken neue Dienste wie etwa Passbook in den Fokus: die iOS-basierte App bildet die Basis für die Mobile Wallet, die digitale Brieftasche. Damit können Kunden auf dem Smartphone ihre digitalen Tickets, Rabattmarken und Kundenkarten sammeln und verwalten. Zudem erinnert die App den Nutzer orts- oder zeitbasiert an bestimmte Gutscheine und Aktionen. Dank Geolocation-Funktion werden dem Anwender passende Gutscheine beim Betreten eines Ladengeschäfts auf dem Mobilgerät angezeigt und die App informiert ihn darüber, wann ein Angebot ausläuft oder ein Gutschein zu verfallen droht. Damit hat die neue Technologie das Potenzial, mobilen Gutscheinen und elektronischen Tickets zum Durchbruch zu verhelfen.
Der Bedarf bestimmt die App: Native App, Web-App oder Hybrid-App?
- Native Apps: sind für einen Endgerätetyp entwickelt, unterstützen an Hardware geknüpfte Funktionen wie Kamera, GPS, Gravity Sensor etc. Sie benötigen nicht zwingend Webzugriff.
- Web-Apps: sind über den Browser verfügbar, funktionieren wie native Apps, unterstützen bestimmte Funktionen wie die Touch-Bedienung, aber keine gerätespezifischen Funktionen. Die Benutzeroberfläche ist speziell auf Mobilgeräte angepasst.
- Hybrid-Apps: vereinen die Vorzüge von nativen und Web-Apps. Ihr nativ entwickelter Rahmen erlaubt die Nutzung von Gerätefunktionen, HTML-Inhalte passen sich grafisch automatisch an.
Die App-Entwicklung ist komplex und erfordert einen professionellen Anbieter, der sich mit strategischen Fragen beschäftigt: Wie tief soll die App in die Unternehmens-IT integriert sein? Wie fügt sie sich in das Geschäftsmodell ein? Welche Prozesse soll sie abbilden? Auch sollte ein Anbieter ausgewählt werden, der den ganzen Entwicklungsprozess abdeckt – von Beratung und Analyse über Konzeption, Frontend-Design, Implementierung und Backend-Integration bis hin zum Tracking.
3. Trend: Social Media
Soziale Netzwerke gehören im E-Commerce zum Alltag. E-Commerce-Betreiber müssen ihr Engagement in den Social Media inzwischen aber gezielter und strategischer betreiben. Es geht nicht mehr darum, ein Profil auf jeder Plattform zu haben, sondern die Präsenz auf den Portalen auszubauen, die einen Mehrwert bieten. Der Social Media Report 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass im Vorjahr ein Drittel der Onlineshops in der DACH-Region von Social Media-Aktivitäten profitierte. Die Verantwortlichen der Studie gehen davon aus, dass E-Commerce-Händler durch ihr Engagement in den sozialen Netzwerken in diesem Jahr nochmals rund 30 Prozent mehr Umsatz erzielen können. Denn Social Media bietet Händlern eine einmalige Gelegenheit, um Informationen zu Produkten oder Aktionen gezielt zu verbreiten und ihr Image zu verbessern, indem sie den Dialog zu ihren Zielgruppen suchen und auf Anfragen oder auch Kritik zeitnah reagieren.
4. Trend: Responsive Webdesign
Um einen Onlineshop nicht nur auf stationären Rechnern oder Notebooks adäquat darstellen zu können, sondern auch auf Smartphones und Tablets, ist im E-Commerce eine neue Art des Webdesigns erforderlich: das Responsive Webdesign. Dabei generieren sogenannte Media Queries verschiedene Shopdesign-Varianten, die von den Eigenschaften des jeweiligen Ausgabemediums abhängen. Moderne Shop-Apps erkennen, welche Größe und welche Auflösung das Display hat und ordnen Elemente wie Navigation, Seitenspalten und Produktübersichten automatisch an.
Erfolgsentscheidend ist die Usability: eine Shopping-App muss auch die Eingabe- und Bedienungsmöglichkeiten des Endgeräts berücksichtigen. Selbst wenn die Mehrzahl der Smartphones ein Touch-Display hat, nutzen einige Kunden nach wie vor Geräte mit Tastatur. Viele andere Mobilgeräte lassen sich zusätzlich per Sprachsteuerung bedienen. Daneben sind auch Veränderungen im Shopdesign zu beobachten. Der Trend geht zu einer flachen Gestaltung mit selbsterklärenden Icons und bildhaften Typographien. Glossy-Effekte, große Schatten und wilde Farbverläufe sind out.
Tipps CMS-Auswahl: Auf das CMS kommt es an
Mit modernen Content Management-Systemen (CMS) können Unternehmen neue Inhalte in Eigenregie auf ihren Websites einstellen und ihren Internetauftritt so aktuell halten. Sie sind dafür nicht mehr auf Drittanbieter angewiesen. Doch einfache Funktionalität ist nicht alles. Es gibt derzeit zwei große Trends im Content Management: Customer Experience Management und Responsive Webdesign. Was macht also ein gutes CMS aus?
- intuitive Bedienbarkeit: Auch Gelegenheitsnutzer sollten ohne große Einführung in der Lage sein, Inhalte zu erstellen und zu verwalten. Grundlegende Bildbearbeitungsfunktionen sollten ebenso selbstverständlich sein wie ein WYSIWYG-Editor oder eine Preview-Funktion.
- Integriertes Reporting: Um die Wirksamkeit der eigenen Maßnahmen beurteilen zu können, muss nachvollziehbar sein, wie Nutzer auf unterschiedliche Inhalte reagieren. Mit A/B-Tests lassen sich verschiedene Varianten durchspielen.
- Responsive Design: Websites müssen heute auf jedem Ausgabegerät gut aussehen: Smartphone, Tablet, PC. Das CMS muss erkennen, welche Größe und Auflösung das Display eines Geräts hat und Elemente wie Navigation, Seitenspalten und Bilder entsprechend anpassen.
- Medienvielfalt: Die Zahl unterschiedlicher Geräte macht die optimale Darstellung von Bildern und Videos auf allen Geräten zu einer Herausforderung. Darum sollten Anwender für verschiedene Ausgabeformate unterschiedliche Bildergrößen im CMS definieren und auf ihre Tauglichkeit für unterschiedliche Ausgabemedien prüfen können.
- Content Targeting: Inhalte sollten mindestens bei bekannten Nutzern auf die jeweiligen Informationsbedürfnisse zugeschnitten ausgespielt werden können. Dies kann durch Kopplung an ein CRM-System und durch eigens hinterlegte Regeln erreicht werden.
- Zielgruppensegmentierung: Es sollte zwischen bekannten und unbekannten Nutzern unterschieden werden können. Ist der Nutzer nicht bekannt, sollte das System in der Lage sein, ein entsprechendes Nutzerprofil zu generieren, das dann zur regelbasierten Ausspielung weiterer Inhalte herangezogen werden kann.
- Verschiedene Sprachen: Nutzer bevorzugen Angebote in ihrer Muttersprache. Ein integriertes Translation-Memory-System macht die Wiederverwendung bereits übersetzter Texte einfach und spart Übersetzungskosten.
5. Trend: Emotional Shopping
Onlineshops können mit schön anzuschauenden Bilderwelten, Produktkonfiguratoren, integrierten Bewertungsmöglichkeiten sowie aussagekräftigen Produktbeschreibungen dem Konsumenten ein Gefühl des Verstandenseins vermitteln und seine emotionale Bindung an den Shop fördern. Im Bereich Emotional Shopping können auch kleine E-Commerce-Händler mit relativ wenig Aufwand eine große Wirkung erzielen. Videocontent beispielsweise hat im E-Commerce sehr großes Potenzial. Viele Hersteller produzieren heute aufwändige Produktvideos, um ihre Kunden zu emotionalisieren und an sich zu binden. Es ist durchaus üblich, dass sie aus dem Video heraus auf die Websites ausgesuchter Händler oder Vertriebspartner verlinken. In Sachen Videos legen einige Onlinehändler aber auch Kreativität an den Tag, indem sie informative Produktratgeber mit integrierten Produktinformationen erstellen. So schaffen sie Mehrwert und können sich vom Wettbewerb abheben.
Produktkonfiguratoren können ebenfalls ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Kunden sind angesichts der unendlichen Menge an Produkten in Onlineshops oft überfordert und wünschen sich Beratung. Integrieren E-Commerce-Betreiber einen Produktkonfigurator in ihren Shop, unterstreichen sie damit ihren Dienstleistungsanspruch: Kunden sind so in der Lage, Produkte nach ihren individuellen Ansprüchen bedarfsgerecht zusammenzustellen. Idealerweise kann der Konsument die konfigurierten Gegenstände räumlich wahrnehmen und emotional erleben – etwa indem er die Farbe einer Küchenfront in Abstimmung zur individuell gewählten Wandfarbe per Mausklick verändert. Solche Features fördern die langfristige Bindung des Konsumenten an den Shop und den Anbieter. Vor diesem Hintergrund werden auch virtuelle Umkleidekabinen immer wichtiger, in denen Kunden Kleider oder Accessoires anprobieren und in der passenden Größe sowie Farbe auswählen können. Der Vorteil: weniger Retoursendungen wegen nicht passender oder nicht gefallender Kleidung.
Schon beim Entwurf ein Bild vor Augen
Produktkonfiguratoren unterstützen die Planung komplexer Produkte optimal und neben den Kunden profitieren auch der Händler und der Außendienst davon. Sie erlauben dem Kunden seine Wünsche ganz konkret zu realisieren und einen Eindruck von „seinem“ fertigen Produkt zu gewinnen. Küchen sind aufgrund unterschiedlicher Grundrisse, zahlloser Ausstattungsvarianten und der vielfältigen Wünsche der Kunden ein extrem individuelles und dank der unendlichen Kombinationsmöglichkeiten sehr komplexes Produkt. Deshalb halten viele Küchenplaner nicht, was sie versprechen. Die vermeintlich einfache Planung wird zur langwierigen Aufgabe, weil viele Konfiguratoren kompliziert anzuwenden und zu sehr auf technische Details fokussiert sind. Nolte Küchen hat sich darum für einen anderen Ansatz entschieden: der 3D-Konfigurator, der als Web-Applikation und als iPad App zugänglich ist, vermittelt einen realistischen Eindruck vom Aussehen einer Küche. Der Einstieg in die Planung erfolgt intuitiv über fünf Küchentypen: Durchstarter, Familienbande, Eventmanager, Genießer und Großstadthelden. Nach der Profilwahl gibt es drei Planungsoptionen. Der Konfigurator schlägt eine Küche vor, die man anpassen kann. Oder man gibt die Raummaße ein und lässt sich die gewünschte Küche einpassen. Auch die Planung im leeren Raum ist möglich. Technische Grundlage des Planers bildet eine Datenbank, die das komplette Sortiment umfasst. Die Möglichkeit, Wandfarben, Bodenbeläge und sogar die Dekoration zu ändern, rundet den 3D-Planer ab. Ein weiterer großer Vorteil der Konfigurator-App: Verkäufer sind mobil und können die Kunden besser beraten. Sie können mit der Visualisierung schneller und genauer auf Kundenwünsche eingehen und den Konfigurator als Argumentationshilfe im Verkaufsgespräch nutzen. http://planer.nolte-kuechen.de/
6. Trend: Big Data
Aus gesammelten Kundendaten die richtigen Erkenntnisse zu ziehen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten wird für Onlinehändler immer wichtiger. In Echtzeit ausgewertete Nutzerdaten unterstützen E-Commerce-Händler bei der optimalen Ansprache ihrer Zielgruppen. Der Einsatz einer passenden Software und deren Integration in die IT-Landschaft des Shopbetreibers spielt dabei eine wichtige Rolle. Denn Kundendaten, die an unterschiedlichen Stellen erfasst und gespeichert werden, lassen sich nur durch Softwareunterstützung auswerten. Wichtig ist darum die Integration verschiedener Systeme, sodass etwa Bestelldaten aus dem Onlineshop oder der gemessene Traffic aus der Webanalyse automatisch zusammengeführt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse können Händler dann in Kampagnen einfließen lassen. Durch A-B-Tests, die wichtige Erkenntnisse über die Effizienz der im Onlineshop eingesetzten Werbemittel liefern, lassen sich einzelne Seiten und auch komplette Webshops zielgerichtet optimieren.
Zahlen Lügen nicht
Um zu wissen, welche Produkte wo und wie platziert und beworben werden sollten, müssen Shopbetreiber und Marketingverantwortliche vor allem eines tun: die Product Performance analysieren:
1.Produktseiten-Analyse
Welche Produkte sind die wirklichen Renner, werden häufig gesehen und in den Warenkorb gelegt? Welche Produkte mit wenigen „Views“ und hoher Konversionsrate sollten stärker promotet werden?
2. Analyse stehen gelassener Warenkörbe
Welche Produkte werden häufig aus dem Warenkorb gelöscht oder „stehen gelassen“? Fehlen möglicherweise Entscheidungshilfen für hochpreisige oder erklärungsbedürftige Produkte?
3. Sortimentsanalyse
Welche Warengruppen, Ober- oder Unterkategorien laufen am besten? Gibt es Auffälligkeiten nach Marken oder Produktvarianten?
4. Analyse der Zahlungs- und Lieferbedingungen
Wie hängen die Zahlungs- und Lieferbedingungen mit der Herkunft oder Kategorie zusammen?
5. Einstiegsseitenanalyse
Performen spezielle Einstiegsseiten besser als die Startseite, Kategorieübersichten oder Einzelproduktseiten? Wie wirken sich Änderungen auf die Performance aus? Welche Produkte bzw. Kategorien laufen am besten über die jeweiligen Landingpages?
6. Herkunftsanalyse
Welche Produkte bzw. Kategorien laufen über welche Kampagnen, Kanäle, Keywords usw. am besten? Welche Produkte sind bei welchen Zielgruppen, die via Targeting angesprochen werden können, am populärsten?
7. Storno- und Retourenanalyse
Muss die Bewertung der Profitabilität von Kampagnen unter Berücksichtigung von Retouren korrigiert werden? Gibt es „schwarze Schafe“ unter den Affiliates mit auffällig vielen Stornos?
Fazit
So grundlegend sich der Handel in den vergangenen Dekaden verändert hat, die neuen technischen Möglichkeiten steigern nochmals das Tempo. Die Einstiegshürden sinken, immer mehr Teilnehmer drängen auf den Markt, der Konkurrenzdruck steigt. Gewohnte Konsummuster überleben sich in Rekordzeit, neue Trends entstehen fast aus dem Nichts. Um sich in diesem volatilen Umfeld erfolgreich zu behaupten, müssen Händler ihre E-Commerce-Strategien dynamisch den sich verändernden Anforderungen anpassen – besser noch diese Entwicklungen antizipieren, verinnerlichen und weiterentwickeln. Dafür müssen sie die gesamte Palette an technischen Innovationen nutzen, um nicht schon morgen Tante Emma in den Ruhestand zu folgen.

Autor
Achim Reupert
Achim Reupert ist Director Sales der nionex GmbH. Der Wirtschaftsinformatiker verfügt über rund 15 Jahre Erfahrung bei der Auswahl und Einführung von IT-Systemen in den Bereichen E-Business und Produktdatenmanagement. Als Director Sales leitet er heute das Vertriebsteam von nionex. Reupert unterstützt Unternehmen bei der Verlagerung ihrer Geschäftsmodelle in verschiedene digitale Kanäle, wie etwa Websites, Mobile und E-Commerce.
www.nionex.de