Rechtliche Tücken des Mobile Advertising

Die rechtlichen Anforderungen an mobile Werbung sind heikel: Wettbewerbsrecht, Datenschutzrecht, Besonderheiten der mobilen Technologien und einiges mehr. Macht all das dem Mobile Advertising etwa einen Strich durch die Rechnung? Lesen Sie nachstehend, wie man mobile Marketingkampagnen trotz der Widrigkeiten rechtssicher durchführt.
Mit der stetig zunehmenden Nutzung von Smartphones, Tablets und anderen mobilen Endgeräten rücken auch mobile Werbetechnologien immer stärker in den Fokus der Werbebranche und deren Kunden. Sowohl topaktuelle als auch altbewährte Technologien wie beispielsweise Push-Mitteilungen, standortbezogene Dienste und Werbeeinblendungen innerhalb von Apps bieten im Bereich der Enterprise Mobility hochinteressante Möglichkeiten der gezielten Werbeansprache bestimmter Zielgruppen.
Auf der rechtlichen Seite droht bei der Verwendung derartiger Technologien allerdings nicht selten ein Konflikt mit den gesetzlichen Anforderungen insbesondere des Wettbewerbsrechts und des Datenschutzes. Verantwortlich ist bei derartigen Rechtsverstößen, im Gegensatz zu der herkömmlichen Printwerbung, häufig nicht allein der Werbende. Auch Agenturen und Dienstanbieter, die im Auftrag ihrer Kunden werbende Inhalte gestalten, solche Inhalte innerhalb mobiler Webseiten platzieren oder mittels aktueller Technologien wie beispielsweise Push-Mitteilungen an die Adressaten versenden, können je nach den Umständen des Einzelfalles zur Verantwortung gezogen werden. Entsprechendes kann für die Hersteller von Softwareapplikationen gelten, soweit über diese Apps werbende Inhalte transportiert werden.
Grundsätzliche Pflichten und Einschränkungen
Als gute Nachricht darf man zunächst den Umstand verbuchen, dass es hierzulande für die mobile Werbung – im Gegensatz zum E- und M-Commerce – keine generellen Informationspflichten gibt. Zu beachten sind allerdings gegebenenfalls spezialgesetzliche Aufklärungspflichten (z. B. im Bereich von Elektronikartikeln oder Textilien), weiter die Anforderungen der Preisangabe-Verordnung (PAngV), soweit die Werbung unter Angabe konkreter Preise erfolgt. Eine Pflicht zur Information über bestimmte Umstände oder Eigenschaften des beworbenen Produktes kann sich indirekt auch aus § 5a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ergeben, wonach das Verschweigen von Tatsachen irreführend und damit wettbewerbswidrig sein kann.
Beachtet werden müssen weiter die spezialgesetzlichen Beschränkungen wie beispielsweise der Jugendschutz und die Anforderungen an die Bewerbung von Tabak, Alkohol oder Kosmetik. Diese Einschränkungen und Anforderungen sind bei Werbetreibenden in der Regel bekannt und bringen für die Gestaltung mobiler Werbekonzepte und -technologien zumeist keine neuen Herausforderungen.
Alte Anforderungen in neuem Gewand: Die wettbewerbsrechtlichen Fallgruppen
Hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von Werbung bringen die altbekannten Anforderungen des UWG für mobile Werbung teilweise neue Facetten. Die Ursache hierfür findet sich insbesondere in den speziellen Nutzungsmöglichkeiten mobiler Endgeräte und bei den über mobile Werbung erreichbaren Zielgruppen. So kann beispielsweise das gezielte werbliche Ansprechen einer hierfür besonders affinen Zielgruppe dazu führen, dass die wettbewerbsrechtlichen Fallgruppen des sog. übertriebenen Anlockens und der gefühlsbetonten Werbung erfüllt sind – und die betreffende Werbung damit wettbewerbswidrig ist. Weil gerade im Bereich der mobilen Werbung die gezielte Adressierung bestimmter Personengruppen – z. B. junger oder besonders technikaffiner Menschen – zunehmend gut umsetzbar sind, bedürfen derartige Werbekonzepte einer besonders sorgfältigen rechtlichen Prüfung und Umsetzung.
Ähnliches gilt für die Fallgruppe der Unlauteren Absatzförderung, die beispielsweise bei der Gestaltung von Bonus-, Rabatt- oder sonstigen Kundenbindungssystemen erfüllt sein kann, wenn diese bei den Adressaten einen übermäßigen (Kauf-)Anreiz auslösen. Im Bereich der mobilen Werbung ist das unter anderem denkbar bei „Game Score Rewards“, wenn durch das Anpreisen von Rabatten oder anderen Belohnungen im Rahmen des Mobile Gaming ein übermäßig starker Anreiz geschaffen wird, die offerierten Belohnungen vor deren – nicht selten kurzfristigem – Verfall einzulösen.
Eine gesteigerte Aufmerksamkeit genießt im Mobile Advertising weiter die Fallgruppe der sog. irreführenden Werbung. Sie ist beispielsweise im Falle unwahrer oder unvollständiger Angaben erfüllt, wenn hierdurch eine unlautere Irreführung der Werbeadressaten erfolgt. Insbesondere Werbung, die für eine Darstellbarkeit auf den kleinen Bildschirmen der Mobiltelefone auf wenige, werbewirksame Informationen beschränkt wird, sollte unbedingt auf das etwaige Fehlen wettbewerbsrechtlich relevanter Angaben überprüft werden. Eher wenige Besonderheiten für den mobilen Bereich birgt dagegen in der Regel die Fallgruppe der vergleichenden Werbung, die auch mobil erlaubt ist, soweit die verglichenen Produkte auch tatsächlich objektiv vergleichbar sind, der Vergleich einen objektiven Tatsachenkern enthält und keine unangemessene Herabsetzung des Wettbewerbers erfolgt.
Schließlich gilt auch bei der mobilen Werbung das sogenannte Trennungsgebot (§ 4 Nr. 3 UWG), wonach Werbung immer als solche erkennbar sein muss. Unzulässig sind damit auch im Mobile Advertising die unauffällige Einbindung von Werbung in redaktionelle Inhalte oder gar das „Tarnen“ von Werbung als wissenschaftlicher oder allgemein redaktioneller Beitrag. Im Zweifel muss der werbende Charakter des Beitrags deutlich gemacht werden, beispielsweise mit dem konkreten Hinweis „Werbung“.

Zulässigkeit mobiler Werbetechnologien
Ausgangspunkt für die konkrete Prüfung der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer mobilen Werbetechnologie bzw. -maßnahme ist insbesondere die „Generalklausel“ des § 7 UWG. Hiernach sind solche geschäftliche Handlungen unzulässig, durch die der Adressat „unzumutbar belästigt“ wird. In der Regel liegt eine solche Belästigung dann vor, wenn der betreffende Adressat die Werbung oder sonstige geschäftliche Handlung erkennbar nicht wünscht. Stets unzumutbar ist die Werbung per E-Mail oder mittels sonstiger „elektronischer Post“ ohne vorherige, ausdrückliche Einwilligung des Adressaten.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf das Mobile Advertising führt zu der einen oder anderen interessanten Erkenntnis: So gelten beispielsweise SMS- und MMS-Nachrichten als elektronische Post im Sinne der gesetzlichen Regelung – weshalb deren werbliche Versendung an die Adressaten ohne deren vorherige Einwilligung in aller Regel unzulässig sein wird. Denn SMS- und MMS-Nachrichten werden wie E-Mails im Speicher des Endgerätes abgelegt und füllen diesen dauerhaft, solange der Nutzer keine manuelle Löschung der betreffenden Nachrichten durchführt. Noch nicht eindeutig geklärt ist die rechtliche Situation dagegen bei Push- und Bluetooth-Nachrichten, die zwar auf dem Bildschirm des mobilen Endgerätes angezeigt werden, hiernach aber, im Gegensatz zu E-Mails, SMS- und MMS-Nachrichten, nicht im Speicher des Endgerätes verbleiben. Dieser Umstand könnte dafür sprechen, zumindest die maßvolle Versendung derartiger werblicher Nachrichten unterhalb der Grenze zur Unzumutbarkeit anzusiedeln.
Weniger unsicher stellt sich die Situation bei Pop-Up-Fenstern und vergleichbaren Technologien dar, die mitunter auch auf mobilen Endgeräten Verwendung finden. Mindestens für den Bereich der „herkömmlichen“ Internetwerbung sieht die Rechtsprechung die maßvolle Verwendung von Pop-Ups mittlerweile überwiegend als zulässig an. Unzulässig ist freilich deren penetrante oder missbräuchliche Verwendung, beispielsweise bei Fehlen eines ausreichend deutlichen Close-Buttons oder bei automatischer Öffnung neuer Pop-Ups nach Schließen des Vorherigen. Diese Grundsätze lassen sich auf das Mobile Advertising übertragen.
Auch die Platzierung von Werbebannern innerhalb von Apps oder anderweit auf mobilen Endgeräten sollte dem Nutzer in der Regel zuzumuten sein, solange sich die Werbeeinblendungen unter Würdigung der Gesamtumstände in einem angemessenen Rahmen halten. Unter dieser Prämisse wird man beispielsweise an Werbeeinblendungen auf kostenpflichtigen Apps höhere Anforderungen zu stellen haben, als im Falle von kostenfrei nutzbaren Apps, deren Erstellung demgemäß in aller Regel gerade über die Werbeeinblendungen finanziert wird.
Und so gehts dann doch: Das „Opt-In“
Soweit sich eine mobile Werbemaßnahme dem Risiko einer wettbewerbsrechtlichen Unzulässigkeit aussetzt, sollte die Maßnahme im Zweifel mittels der vorherigen Durchführung eines Einwilligungsverfahrens legitimiert werden. Im Rahmen eines solchen Verfahrens erteilt der Adressat mittels der Betätigung eines entsprechend beschrifteten Buttons ausdrücklich seine Zustimmung zu einer oder mehreren hiernach folgenden werblichen Ansprachen.
Aus rechtlicher Sicht können derartige „Opt-In-Verfahren“ problematisch sein, weil bereits die elektronische Kontaktaufnahme mit der Bitte um Erteilung einer Einwilligung als unzulässige werbliche Ansprache gelten kann. Gleichwohl gibt es gute und praktikable Möglichkeiten, derartige Einwilligungsverfahren rechtskonform zu etablieren – beispielsweise für die Versendung von Push-Nachrichten an Nutzer der betreffenden Apps. Wichtig ist in jedem Fall eine vollständige Information des Adressaten über die beabsichtigte werbliche Ansprache, damit der Adressat auf dieser Basis mittels der Betätigung des z. B. mit „Einverstanden“ beschrifteten Buttons eine rechtswirksame elektronische Einwilligung auch tatsächlich auf ausreichend aufgeklärter und damit freiwilliger Basis erteilen kann.
Bei der Gestaltung des Verfahrens sollte sowohl auf die technischen Besonderheiten der mobilen Endgeräte Rücksicht genommen werden, als auch auf die angesprochene Zielgruppe. Dies bedingt beispielsweise eine umsichtige Gestaltung der Werbeinformation, die auch auf den kleinen Bildschirmen der Smartphones für die angesprochene Zielgruppe gut lesbar und verständlich sein muss. Zu Nachweiszwecken sollten die so erteilten Einwilligungserklärungen von dem Verwender elektronisch protokolliert und gespeichert werden.
Herausforderung Datenschutz
Die Platzierung von mobiler Werbung erfolgt häufig auf Basis einer vorherigen gezielten Auswertung von Personendaten wie Name, (E-Mail-)Anschrift, Beruf, Hobbys, Alter oder Geschlecht der Werbeadressaten. Die Verwendung solcher personenbezogener Daten unterliegt hierzulande bekanntlich strengen gesetzlichen Anforderungen. Dies sind insbesondere diejenigen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und – für Online-Dienste vorrangig – des Telemediengesetzes (TMG). Kurz gesagt gilt, dass personenbezogene Daten nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden dürfen, soweit gesetzliche Vorschriften dies ausdrücklich erlauben oder die betroffenen Personen ausdrücklich eingewilligt haben. Relevant ist dieser Umstand beispielsweise für die Verwendung von Informationen aus Online-Nutzerprofilen, für die Platzierung von Cookies oder ähnlichen Dateien und für die Speicherung und Verwendung von IP-Adressen – die nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes ebenfalls personenbezogene Daten darstellen.
Um es an dieser Stelle kurz zu machen: Für viele Maßnahmen des Mobile Advertising lässt sich hierzulande ein gesetzlicher Erlaubnistatbestand nur schwerlich oder gar nicht auffinden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Datenschutzbehörden und Gerichte in der Regel zu einer eher engen Auslegung der gesetzlichen Erlaubnisvorschriften tendieren. Damit stellt sich für die mobile Werbung auch aus datenschutzrechtlicher Sicht das elektronische Einwilligungsverfahren häufig als Mittel der Wahl dar. Hierzu müssen die gesetzlichen Anforderungen, in der Regel insbesondere diejenigen des § 13 Abs. 2 TMG, sorgfältig beachtet und umgesetzt werden. Weil mit einer entsprechenden Gestaltung des Verfahrens gleichzeitig auch die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Werbemaßnahme sichergestellt wird, schlägt der Werbetreibende hiermit sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe.
Die Königsdisziplin: Standortbasierte Werbung
Für die Verwendung von personenbezogenen Standortdaten im Rahmen des sog. Location Based Advertising bestehen seit der diesbezüglichen Änderung des Telekommunikationsgesetzes seit Mai 2012 erhöhte Anforderungen. Hiernach dürfen Standortdaten nur anonymisiert oder – wiederum – nach entsprechender Einwilligung der Nutzer verwendet werden. An eine solche Einwilligung und hiernach an die konkrete Verwendung der Standortdaten stellt § 98 TKG allerdings umfangreiche Anforderungen. So muss der Nutzer beispielsweise grundsätzlich bei jeder Feststellung seines Standortes per Textmitteilung informiert werden. Bei der Übermittlung der Standortinformation an einen Dritten verlangt die gesetzliche Regelung sogar eine schriftliche Einwilligung. Auch nach erteilter Einwilligung muss dem Nutzer eine Möglichkeit verbleiben, die Verarbeitung seiner Standortdaten zeitweise zu untersagen.
Weil diesbezüglich zahlreiche rechtliche Detailfragen noch nicht abschließend geklärt sind, stellt die rechtskonforme Gestaltung der betreffenden Einwilligungs- und Datenverwendungskonzepte für das Mobile Advertising derzeit eine erhebliche Herausforderung dar. Der Weg zum Erfolg liegt auch hier wieder in der Berücksichtigung der mobilen Technologien und der angesprochenen Zielgruppe sowie in einer sorgfältigen und praktikablen Umsetzung der gesetzlichen Maßgaben für die konkret beabsichtigte standortbasierte Werbemaßnahme.
Fazit und Ausblick
Die rechtlichen Anforderungen an mobile Werbung sind überwiegend keine neuen. Durch Besonderheiten der mobilen Technologien und durch die betroffenen Adressatengruppen ergeben sich in einigen Details jedoch geänderte oder gar neue rechtliche Anforderungen und Herausforderungen. Insbesondere durch eine sorgfältige, auf diese Besonderheiten Rücksicht nehmende Gestaltung der Opt-In-Verfahren lässt sich für viele Anwendungsfälle des Mobile Advertising gleichwohl eine rechtssichere Lösung erzielen.

Autor
Jan Schneider
Jan Schneider ist Fachanwalt für IT-Recht und Partner der bekannten Anwaltskanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte (JUVE-Kanzlei des Jahres 2011 für IT-Recht). Seit vielen Jahren berät er Anwender und Anbieter in allen Bereichen des IT-Rechts, hält regelmäßig Vorträge zu aktuellen IT-rechtlichen Themen und ist Autor zahlreicher Publikationen sowie Mitautor mehrerer Fachbücher, u. a. des bekannten "Handbuchs der IT-Verträge".
Twitter: @JanMSchneider