Recht im Cross-Channel B2B

Im B2B machen Anbieter zur Zeit die Erfahrung, dass ihre Kunden sich längst nicht mehr auf die alten Bestellkanäle mit dicken Katalogen, speziellen Softwareanbindungen oder das Bestelltelefonat beschränken lassen wollen. Der Kunde ist überall! Er ist vor allem dort, wo er auch als Verbraucher gerne und bequem einkauft. Dabei erwartet er nicht nur ein zusätzliches Angebot auf einem Vertriebskanal, sondern kanalübergreifenden Service. Höchste Zeit sich mit den rechtlichen Hürden im Cross Channel Handel zu befassen.
B2B-Handel, der sich an das aktuelle Käuferverhalten anpasst, muss organisatorische, motivatorische und rechtliche Hürden überwinden. Bei den letzteren tappt gerne in die Abmahnfalle, wer die Rahmenbedingungen nicht kennt. Das fängt schon beim Datenschutz an.
Kein Konzernprivileg im Datenschutzrecht
Die Ausweitung des Vertriebs in neue Kanäle birgt Risiken, die man gerne in einer gesonderten Gesellschaft bündelt. Gelegentlich soll die Preisstrategie nicht der bislang mit ihren Preisen erfolgreichen Muttergesellschaft auf die Füße fallen und arbeitsrechtlich kann es Sinn machen, Arbeitsverhältnisse bei gesonderten Gesellschaften anzusiedeln. Zudem gilt: „Online tickt anders!“. Da setzt eine eigene flachere Führungshierarchie in einer gesonderten Gesellschaft möglicherweise mehr motivatorische Kräfte frei und „kulturelle Unterschiede“ lassen sich in einem vom „haben wir immer schon so gemacht“ abgeschotteten Umfeld besser nutzen.
Für ein Cross-Channel-Geschäft sind unterschiedliche Gesellschaften aber mit einem grundlegenden rechtlichen Problem behaftet: Das Datenschutzrecht in Deutschland kennt kein Konzernprivileg für den Datenaustausch zwischen Konzernunternehmen. Es ist also datenschutzrechtlich grundsätzlich nicht erlaubt, wenn z.B. der Mitarbeiter im örtlichen Store der A-GmbH eben über den Blick in das Kundenkonto im Onlinestore, der von der Tochter B-GmbH betrieben wird, mitbekommt, dass der im Store erschienene Kunde das Dämmmaterial bestellt hat, das er hier gleich mitnehmen könnte. Der Kunde könnte die Versandkosten sparen (der Online-Shop die Logistikkosten). Der Verkäufer könnte Ergänzungen anbieten. Es ist längst empirisch festgestellt, dass Käufer, die Waren abholen, mit höherem Umsatz den Laden verlassen. Umgekehrt könnte der Kunde eben nicht vorrätige Waren im Store über einen Touch-Monitor im Online-Shop bestellen. ROPO (Research Online, Purchase Offline und umgekehrt) oder Click and Collect (Online Kaufen, Abholung im Store) sind also typische Anforderungen im Cross-Channel. Die notwendigen Informationen zum Einkauf dürfen aber nicht über Unternehmensgrenzen hinweg einfach weitergegeben werden.
Nahezu alle Cross-Channel-Konzepte bauen auf ungehinderten Datenflüssen im Rahmen einer automatisierten Datenverarbeitung auf. Es geht um ein möglichst umfassendes Zusammenwirken aller Vertriebs- und Kommunikationskanäle mit elektronischem Datenaustausch. Dabei spielen Daten, die konkreten Personen zugeordnet werden, eine wesentliche Rolle. Damit ist der Anwendungsbereich des Datenschutzes eröffnet.
Auch wenn das Datenschutzrecht zunächst nur auf „natürliche Personen“ (§ 3 Abs. 1 BDSG) abstellt, gibt es im B2B-Bereich ja nicht nur Geschäftsbeziehungen zu den „juristischen Personen“, wie GmbH oder AG. Selbst bei Vertragsverhältnissen mit diesen Personen fallen personenbezogene Daten zu den Ansprechpartnern und ggf. Vorlieben oder Kontaktdaten auch aus dem privaten Bereich solcher Personen an usw. Jeder, der verantwortlich in Bestellprozesse eingebunden ist, hinterlässt quer durch die Kanäle auch eine persönliche Spur. Zudem kann es notwendig werden, im Rahmen von Anreizsystemen Mitarbeiterdaten verschiedener am Cross Channel beteiligter Unternehmen zusammen zu führen und zu nutzen.
Für eine gemeinsame Datennutzung innerhalb von Konzernunternehmen sind auch datenschutzrechtliche Konzepte notwendig. Auftragsdatenverarbeitungslösungen scheiden meist aus. Daher bedarf es häufig einer Einwilligung, zumindest wenn natürliche Personen betroffen sind. Hier können z.B. Kundenkartensysteme nicht nur eine Bindungsfunktion erfüllen, sondern mit einer adäquaten Rechtsberatung richtig konzipiert helfen, die Channel-Grenzen zu überwinden. Wer im Cross-Channel die Daten richtig nutzt, wird den Vorsprung, den Pure Player teils heute schon haben, leichter verringern.
Location Based Services
Augenscheinlich werden die Datenschutzanforderungen, wenn man an die Location Based Services (LBS) denkt. Das rasante Anwachsen der Smartphones und damit eine Verknüpfung von Angeboten und Services mit den Standortdaten des Kunden werden immer interessanter. Generell ist hier aber zu beachten, dass solche Daten nicht ohne Einwilligung des Betroffenen erhoben oder gar weitergegeben werden dürfen. Gerätedaten und Kartenkennungen (Stichwort: IMEI, UDID, IMSI oder MSISDN ) sorgen für den Personenbezug. Schon konzeptionell ist man gut beraten, diese Daten nicht unmittelbar zu nutzen, sondern eine einzelfallbezogene zufallsbasierte Kennzahl ohne Gerätebezug zu generieren, damit bei einem Wechsel des Geräts oder einer Neuinstallation der Betroffene besser geschützt ist. Der Betroffene hat sogar ggf. einen Anspruch dahingehend, dass Standortdaten allenfalls mit einer „verwaschenen“ Genauigkeit erfasst werden, wenn diese für die Zwecke ausreicht. Statt „Köln Dom“ sollte man also z. B. besser nur „Köln Stadtmitte“ erfassen, um den Betroffenen besser zu schützen. Das Ganze kann auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Der Bundesgerichtshof hat unlängst entschieden, dass sich ein Privatermittler, der an einem Fahrzeug der von ihm observierten “Zielperson” einen GPS-Empfänger anbringt um darüber den Standort des Fahrzeuges aufzuzeichnen grundsätzlich nach §§ 44, 43 Abs. 2 BDSG strafbar macht (BGH, Urteil vom 4. Juni 2013, Az.: 1 StR 32/13).
Datenschutzbestimmungen anpassen
Die im Internet bekannten Datenschutzbestimmungen müssen auf die Anforderungen des Cross Channel Geschäfts und die verknüpfte, über Unternehmensgrenzen hinauswirkenden Datenverwendungen selbstverständlich angepasst werden. Datenschutzbestimmungen sind heute manchmal komplexer und länger, als die AGB. Ihre Relevanz im Hinblick auf die Angriffswahrscheinlichkeit wird immer größer. Verstöße gegen das Datenschutzrecht werden als lässliche Sünden angesehen. Das kann aber ein fataler Fehler sein, denn die Bußgelddrohungen sind drastisch erhöht worden. Bis zu 300.000 Euro können fällig werden. Jetzt sollen noch weitere Möglichkeiten geschaffen werden. Im Datenschutzrecht gilt das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Wer keine Einwilligung vorweisen kann und keinen gesetzlichen Erlaubnistatbestand, der darf personenbezogene Daten z.B. nicht für Werbezwecke verwenden. Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.5.2012, Az. 6 U 38/11) sieht in solchen Fällen einen Wettbewerbsbezug mit entsprechenden Abmahn- und Klagemöglichkeiten von Wettbewerbern und Organisationen. Auch das OLG Köln hat in seinen Entscheidungen (Urteile vom 19.11.2010, Az. 6 U 73/10 und vom 14.8.2009, Az. 6 U 70/09) deutlich gemacht, dass man jedenfalls bei der Nutzung von Daten zu Werbezwecken nicht mit einem fehlenden Wettbewerbsbezug verteidigen kann (so auch OLG Stuttgart, Urt. v. 22.02.2007, Az. 2 U 132/06 für die Weitergabe von Daten zu Werbezwecken).
Cross Channel Marketing
Wer verkaufen will, muss Kunden finden. Das gilt natürlich auch im B2B-Bereich. Gelegentlich werden Rechtsanforderungen bei der Telefon-Akquise oder im E-Mail-Marketing mit einer beschwichtigenden Handbewegung abgetan. Fakt ist aber: Direktmarketing im B2B ist kein rechtsfreier Raum. Gerne wird darauf verwiesen, dass man im B2B Kunden auch dann anrufen darf, wenn dort ein mutmaßliches Einverständnis vorliegt, also ein Einverständnis mit dem Anruf vermutet werden darf. Im B2C benötigt man dagegen definitiv ein ausdrückliches Einverständnis. Das mutmaßliche Einverständnis hilft jedoch rechtlich einigermaßen sicher nur im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung. Bei dieser Fallgruppe ist die Rechtsprechung freundlich. Cold Calls gegenüber „sonstigen Marktteilnehmern“ also im B2B wurden aber in nahezu allen Fällen vom Bundesgerichtshof als unzulässig angesehen. Auch wenn es hier durchaus Konstellationen geben mag, die diese Anrufe möglich machen: Im Einzelfall sehen die Gerichte offenbar ganz genau hin und verneinen häufig das Interesse.
Strenge Regeln bei der E-Mail-Werbung
Die größten Fehler werden aber bei der E-Mail-Werbung gemacht, wenn die Sache mit dem mutmaßlichen Einverständnis auch auf diesen Werbekanal übertragen wird. Wer das macht, der unterliegt einem mitunter folgenschweren Irrtum. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unterscheidet bei der „Werbung unter Verwendung elektronischer Post“ nämlich nicht zwischen B2B oder B2C. Liegt nicht die in vielen Fällen „vergiftete Ausnahme“ nach § 7 Abs. 3 UWG vor, benötigt man auch im B2B eine eindeutige Einwilligung für Werbe-E-Mails. Die Anmietung von Adressen für diese Akquise-Form mit vermeintlich validen Adressen mit Einwilligung kann man in aller Regel vergessen. Oft sind die Inhalts-anforderungen an eine Einwilligung nicht eingehalten oder es handelt sich um irgendwelche Gewinnspiel-Adressen ohne wirkliche Nachweismöglichkeiten für die Einwilligung. Die Verträge sind sogar unwirksam mit der Folge, dass der Vergütungsanspruch hierfür nicht besteht (vgl. AG Hagen, Urt. v. 30.06.2014, Az. 10 C 172/14). In diesem Zusammenhang kann auch die im B2B übliche Autoreply E-Mail (automatische Antwort auf Anfragen via E-Mail per E-Mail) zur Abmahnfalle werden, wenn sie Werbung enthält. Spannend wird es auch, wenn die Einwilligungen im Cross-Channel-Marketing in verschiedenen Kanälen eingeholt werden. Sie müssen alle beteiligten Unternehmen adressieren und die neuen Anforderungen der Rechtsprechung an die Protokollierung und Nachweismöglichkeiten müssen über die Kanalgrenzen hinweg beachtet werden.
Rechtsfalle grenzenloser B2B-Shop
Wer an Cross-Channel-Marketing denkt, wird natürlich immer auch auf eCommerce bauen. Der Internet-Shop ist für die Kunden einfach erreichbar und er ist nahezu immer auch schon da. Gerade in der Erreichbarkeit für Jedermann kann eine rechtliche Tücke liegen. Zum einen kann der Geschäftsverkehr schnell grenzüberschreitend werden. Im Verbraucherbereich sind die Rechtssysteme für den Distanzhandel gerade europaweit seit dem 13.06.2014 weitgehend angeglichen worden. Einige Besonderheiten sind dennoch zu beachten, da jedenfalls nicht von zwingenden Schutzvorschriften für den in seinem Heimatstaat ansässigen EU-Verbraucher abgewichen werden darf. Aber auch im Handelsrecht gibt es so manche Problemstellung. Zwar gilt in aller Regel deutsches Recht, wenn der Vertrag in einem deutschen Shop mit einem in Deutschland ansässigen Lieferanten geschlossen wird. Nach Art. 3 der Rom I – Verordnung können Vertragsparteien in der EU das Recht zudem frei wählen; auch in AGB. Das nutzt aber nicht immer. Nicht alle Länder erkennen z.B. den verlängerten Eigentumsvorbehalt an (z.B. Dänemark) oder stellen Anforderungen an die Form der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts (z.B. Dänemark, Spanien). Sicherungsaspekte müssen also eingebaut werden. Bei ca. 80 Staaten kann das UN-Kaufrecht mit einigen Besonderheiten Anwendung finden. Anders als in Deutschland gilt bei widersprechenden AGB häufig die „last shot“ Regel. Wer also zuletzt auf seine AGB (z.B. Einkaufs-AGB) verweist, der hat gewonnen und da kann sich der Händler schnell vor einem Gericht in UK verklagt sehen. Hier ist man gut beraten, für eine klare Abgrenzung der Ausrichtung des Shops zu achten.
Auf Rechte an Daten achten
Wer seine Aktivitäten in den verschiedenen Kanälen verschränkt, der vergisst oft die Prüfung, ob er z.B. an Artikeldaten oder noch wichtiger an Produktabbildungen und sonstigen Bildern die entsprechenden Rechte hat. In aller Regel sind Bildrechte für einen eng beschriebenen Nutzungsraum ausgestaltet. Bilder, die etwa im Katalog genutzt werden dürfen, sind noch lange nicht für eine Online-Nutzung bestimmt und umgekehrt. Hierauf ist auch bei einer Teilnahem auf Marktplätzen zu achten. Wer auf eine geduldete Nutzung baut, der kann schon bald eine teure Überraschung erleben, wenn er nicht nur Abmahngebühren, sondern auch gesonderte Lizenzkosten pro Bild zahlen darf. Übrigens ist nicht jeder Hersteller glücklich darüber, seine Marke im vermeintlich „billigen Umfeld“ von eCommerce-Kanälen wiederzufinden. Mit einer Einflussnahme und ggf. sogar rechtlichen Ansprüchen ist zu rechnen. So manche Vertriebsvereinbarungen enthalten komplexe Regelungen, die bei einer Ausweitung der Kanäle berührt werden. Hier sollte man sich vorab über die Sensibilität der betroffenen Hersteller informieren und versuchen, offene Fragen rechtlich vorab klären zu lassen.
Dual-Use: Die Verbraucherfalle
Netto-Preis-Falle
Besonderheiten gibt es schon bei der Angabe von Netto-Preisen, die als Preisangabe im B2B üblich und im B2C als alleinige Preisangabe wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung abgemahnt werden können. Netto-Preise sehen natürlich optisch besser aus und bestimmen mit ihrem strukturell besseren Wert ggf. ein Ranking in Preissuchmaschinen. Wer aber mit Verbrauchern als Käufer rechnen muss, der ist verpflichtet, den Gesamtpreis anzugeben, also den Preis inkl. MwSt..
Verbraucherhinweise
Die Anforderungen setzen sich fort. Es gibt mindestens 20 allgemeine Hinweispflichten, die ein B2C-Händler gegenüber Verbrauchern erfüllen muss. Die bekannte Widerrufsbelehrung ist nur eine davon. Anders als im B2B kommt bei dem gesetzlichen Widerrufsrecht der Verbraucher von fast jeder Bestellung auch nach einer Lieferung wieder los. Wer in einem B2B-Shop bei einem Testkauf aber eine Bohrmaschine an einen Verbraucher verkauft, der kann sich auf eine Abmahnung gefasst machen, die eben leicht 5 – 10 Verstöße wegen fehlender Verbraucherhinweise beinhaltet, entsprechend teuer ist und er riskiert, dass die Verträge unwirksam sind, wenn etwa die Anforderungen der sog. „Button-Lösung“ nicht beachtet werden.
Shop-Strategien
Wer vom Verbraucher und den rechtlichen Komplikationen nichts wissen will, der schottet seinen Shop ab. Damit verschenkt man aber Reichweite und setzt hohe Hürden, um potentielle Neukunden für das eigene Angebot überhaupt zu interessieren. Allerdings ist die Verwendung von Netto-Preisen möglich und der Endkunde bekommt keine Einsicht in Margen. Das lässt sich auch innerhalb eines generell zugänglichen Auftritts realisieren, der einen abgetrennten Zugang für B2B enthält.
Gemischter Auftritt
Natürlich sind auch weitere Varianten ohne weiteres möglich. Sie dürfen durchaus neben die Gesamtpreise auch (kleiner und zurückhaltender ausgeführt) Netto-Preise angeben oder die Preise stellen sich auf Netto um, wenn sich der Geschäftskunde registriert und eingeloggt hat. Auch ein Verweis auf eine gesonderte Preisinformation ist denkbar.
„Registrieren Sie sich einmalig im Geschäftskundenstatus und Sie erhalten per gesonderter E-Mail unsere Geschäftskundenkonditionen und Preislisten…“
Kaufen Verbraucher und gewerbliche Endverbraucher über das gleiche unveränderte System ein, dann ist der Verkaufskanal (Online, aber auch Kataloge, Flyer) rechtlich auf den Verbraucher auszurichten. Natürlich lassen sich dabei auch „gemischte“ AGB vorsehen, die klar an Unternehmen adressierte Regelungen, beispielsweise zu Rügepflichten, Haftung, verlängertem Eigentumsvorbehalt, Gerichtstandsklauseln und Ähnliches enthalten. Besondere Vorsicht ist bei Angeboten auf Verkaufsplattformen von Drittanbietern geboten, die keine eindeutige Ausrichtung aufweisen. Abgrenzungen werden notwendig, aber auch die können problematisch sein:
Abgrenzungsstrategien, die nichts taugen
Bei einem Angebot für ein Fahrzeug auf mobile.de hatte der Händler die Angaben „Preis Export-FCA” oder “Preis-Händler-Export-FCA” verwendet. Daraus ergebe sich, dass er nur an Händler verkaufe und zwar für den Export. Solche „Indizien“ reichen dem Bundesgerichtshof (BGH) längst nicht aus. Aus Sicht der Adressaten, auf die es allein ankomme, sprechen Internetangebote, die für jedermann zugänglich sind, auch Privatkunden an, so der BGH.
Hinweispflicht
Was liegt da näher, als dem Besucher mitzuteilen, dass man eben nur an Händler verkauft? Das ist eine zwingend notwendige Maßnahme. Auch das alleine reicht jedoch nicht aus, insbesondere wenn der Hinweis mehr oder weniger allenfalls auf der Startseite auftaucht und dort kaum wahrgenommen wird. Der Anbieter muss nämlich auch Kontrollmechanismen einbauen, die sicherstellen sollen, dass sich sozusagen keine Verbraucher einschleichen. Zwar toleriert die Rechtsprechung eine gewisse Irrtumsrate in der Praxis. Aber im Zweifel verlieren Sie einen Prozess um eine Abmahnung, wenn Sie nicht nachweisen können, dass die Beschränkung auf B2B-Kunden klar kommuniziert war. Das Gleiche gilt, wenn Sie keine Kontrollmaßnahmen vorsehen. Denken Sie an die Metro-Karte, die Voraussetzungen für deren Erwerb und die „Gesichtskontrolle“ im stationären Handelskanal.
Wenn die Kontrolle fehlt: “Den Anbieter trifft daher die Pflicht, eindeutig und gezielt darauf hinzuweisen, dass sein Angebot ausschließlich gegenüber Unternehmern gilt. Darüber hinaus muss der Anbieter geeignete Kontrollmaßnahmen ergreifen, um die Unternehmereigenschaft des Kunden zu überprüfen und einen tatsächlichen Kauf durch Verbraucher zu unterbinden. Die Pflicht, durch geeignete Kontrollmaßnahmen im Ergebnis sicherzustellen, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer betrieblich verwendbare Waren erwerben können, trifft den Anbieter nach der Entscheidung des OLG Hamm vom 20.09.2011 selbst bei einer eindeutigen Ausrichtung des Angebots ausschließlich an Gewerbetreibende.” LG Kiel, Urt. v. 27.9.2013, 17 O 147/13
AGB-Aufgabenstellung B2B
Im Distanzhandel mit Verbrauchern ergibt sich geradezu die Notwendigkeit, einseitig gestellte Rechtsrahmenbedingungen, sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen oder „AGB“ einzusetzen. In jedem Fall müssen bestimmte Verbraucherinformationen z.B. über die Zahlung und Lieferung, den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, Kundendienst und Gewährleistung dem Verbraucher zusammengefasst in Textform zur Verfügung gestellt werden. Diese Informationen enthalten wieder Regelungen, die für viele Fälle gleichartige Bestimmungen treffen. Damit lösen AGB im B2C eine andere Aufgabenstellung, als im B2B. Bei einem Einsatz im B2B ist das Ziel von AGB in aller Regel die Rechtsstellung des Verwenders, also des Händlers. Im B2C-Bereich geht es dagegen vornehmlich um die Informationsvermittlung, da viele Möglichkeiten zur Verbesserung der Rechtsstellung des Verwenders über das AGB-Recht verschlossen sind. So können Sie einem Unternehmer durchaus die Pflicht auferlegen, einen Transportschaden unverzüglich zu rügen. Überhaupt kann man die unverzügliche Untersuchung der Ware zur Voraussetzung von Gewährleistungsansprüchen machen. Ihre Sicherungsrechte (s. eingangs) müssen den Anforderungen eines Wiederverkäufers angepasst werden. Der will trotz Eigentumsvorbehalt die Ware weiter verkaufen können (Stichwort: Verlängerter Eigentumsvorbehalt). Die Haftung potenziert sich im B2B allein schon wegen der oft größeren Ordervolumen. Bringt eine die Haftung beschränkende Klausel im B2C-Bereich im Verhältnis zum Aufwand, dem Platzbedarf und der Wirkung fast nichts, sieht es im B2B schon etwas besser mit der Sinnhaftigkeit aus. Das gilt erst recht beim Angebot gebrauchter Güter.
Über die Rechtswahl bis zum Gerichtsstand lassen sich Regelungen treffen. Wie oben schon ausgeführt, können gesonderte Shop-Konzepte gewünscht sein, die je nach Ausrichtung jeweils reinrassige B2C oder B2B AGB enthalten oder eben auch Mischkonzepte. Für letztere lassen sich Verbraucherhinweise und die wichtigsten B2B Regelungen in einem AGB-Werk kombinieren.
Abbildung komplexer Prozesse
Im Cross-Channel Bereich müssen AGB weitaus komplexere Prozesse abbilden, als bei der gesonderten Betrachtung von Kanälen. Vom Einsatz von Verkaufsförderungsmaßnahmen (z.B. Gutscheine, Umsatzboni) bis hin zur Retourenabwicklung über die Kanalgrenzen hinweg sind Regelungen zu treffen, an die sich der Vertragspartner ggf. halten soll. Wie läuft es, wenn das Geschäft für das der Gutschein eingesetzt wurde, rückgängig gemacht wird, wenn die Bestellung online erfolgte, die Ware abgeholt und vor Ort unter Einsatz des Gutscheins bezahlt wurde? Kann eine Retoure auch vor Ort abgegeben werden? Muss der Anbieter die Ware auf Verlangen abholen? Räumen Sie das Widerrufsrecht auch im B2B ein?
Abbildung komplexer Prozesse
Im Cross-Channel Bereich müssen AGB weitaus komplexere Prozesse abbilden, als bei der gesonderten Betrachtung von Kanälen. Vom Einsatz von Verkaufsförderungsmaßnahmen (z.B. Gutscheine, Umsatzboni) bis hin zur Retourenabwicklung über die Kanalgrenzen hinweg sind Regelungen zu treffen, an die sich der Vertragspartner ggf. halten soll. Wie läuft es, wenn das Geschäft für das der Gutschein eingesetzt wurde, rückgängig gemacht wird, wenn die Bestellung online erfolgte, die Ware abgeholt und vor Ort unter Einsatz des Gutscheins bezahlt wurde? Kann eine Retoure auch vor Ort abgegeben werden? Muss der Anbieter die Ware auf Verlangen abholen? Räumen Sie das Widerrufsrecht auch im B2B ein?
Fazit
Wer geschäftliche Cross Channel Prozesse starten oder intensivieren will, benötigt mehr als sonst einen Plan. Ein wesentlicher Aspekt darin sind „legal requirements“. Rechtliche Anforderungen müssen von Beginn der Planung als strategische Rahmenbedingung berücksichtigt werden. Das ist eine Aufgabe für die spezialisierte Beratung und nicht besonders „copy and paste“ affin.
Autor

Rolf Becker, Rechtsanwalt und Partner von WIENKE & BECKER – KÖLN, berät seit mehr als 20 Jahren den Handel, Distanzhandel u. Marktplätze in Fragen von AGB-Gestaltungen bis zur Ausgestaltung von Marketingmaßnahmen, Shops, Katalogen und in Datenschutzfragen. Weitere Tätigkeitsbereiche liegen im Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Urheberecht.