Problem erkannt, Problem gebannt – Shop-Optimierung mit System

Die kontinuierliche Analyse und Optimierung eines Online-Shops ist einer der wichtigsten Aufgabenbereiche im Online-Marketing. Um aber nicht an der falschen Stelle zu optimieren, sollten Marketingverantwortliche Probleme im Online-Shop zielgerichtet analysieren und Verbesserungsmaßnahmen vor der Umsetzung auf ihre Wirksamkeit testen.
Laut der Studie „Adobe 2013 Digital Marketing Optimization Survey“ liegt die durchschnittliche Konversionsrate von Websites und Shops zwischen zwei und vier Prozent. Die Studie zeigt jedoch auch, dass dies in keinem Fall als gegeben angesehen werden muss. Denn durch kontinuierliche Optimierung kann die Konversionsrate und damit auch der Umsatz eines Online-Shops signifikant gesteigert werden.
Die Probleme im eigenen Web-Auftritt zu erkennen und dann systematisch anzugehen, gehört für professionelle Online-Shops daher inzwischen zum Standard. Um aber sicherzustellen, dass die angedachten Optimierungsmaßnahmen auch tatsächlich die Konversion steigern, müssen diese auf ihre Erfolgswirkung hin getestet werden. Bewährt hat sich im Onlinebereich vor allem das sogenannte A/B-Testing. Bei dieser Methode werden für einen definierten Zeitraum zwei oder mehr Varianten – zum Beispiel einer Produktdetail-Seite, eines Formulars, eines Newsletters oder einer Anzeige – an die Besucher ausgespielt, um dann zu vergleichen, welche Variante besser funktioniert. Für aussagekräftige Ergebnisse und ein erfolgreiches A/B-Testing sollten Online-Shop-Betreiber drei Schritte beachten.
Den Anfang bildet die Identifizierung von Problemen und Schwachstellen auf der Website. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird eine Testhypothese aufgestellt. Diese Hypothese gilt es, mittels eines A/B-Tests zu überprüfen sowie die daraus abgeleitete Optimierungsempfehlung umzusetzen.
Probleme aufspüren
Für die Identifikation von Schwachstellen und Problemen im eigenen Online-Shop ist es wichtig, ein konsequentes und vor allem ganzheitliches Web-Controlling zu etablieren und die erhoben Daten zu analysieren. Hierzu zählen Web-, Marketing-, User-Experience- sowie Zufriedenheitsanalysen. Für alle diese Web-Controlling-Bereiche gibt es sowohl Anbieter von Einzellösungen als auch ganzheitliche Anbieter mit dem kompletten Analyseumfang.
Auf Basis von sowohl quantitativen als auch qualitativen Daten können Probleme ausfindig gemacht werden, die die Konversion eines Online-Shops negativ beeinflussen. Um zu erkennen, wo sich die neuralgischen Punkte im Detail befinden, sollten Online-Shop-Betreiber den gesamten Sales-Funnel Schritt für Schritt analysieren:
1. Web-Analyse
Die Web-Analyse gehört heute zum Grundhandwerk eines jeden Online-Marketers. Mit geeigneten Lösungen lässt sich das Besucherverhalten im Online-Shop im Detail analysieren. Hierbei wird beispielsweise deutlich, welches die typischen Ein- und Ausstiegsseiten sind, ob eine Landing-Page eine überdurchschnittlich hohe Bounce-Rate aufweist oder was die typischen Besucherpfade sind. Neben der generellen Nutzung und dem Besucherverhalten sollten auch die technischen Gegebenheiten untersucht werden. Über welche (mobilen) Endgeräte kommt der Besucher auf den Shop, welche Browser nutzt er, welche Technologien sind aktiviert (wie Javascript) und vieles mehr. Ein Problem kann nämlich oftmals schon in der technischen Ausstattung des Besuchers (wie Bildschirmgröße) oder der mangelnden Smartphone-Kompatibilität des Online-Shops liegen.
2. Marketing-Analyse
Besonders interessant ist die Analyse der unterschiedlichen Marketingkanäle in Bezug auf den Shop. Wer seine Online-Marketing-Kampagnen detailliert trackt und auswertet, erfährt schnell, wo es Potenzial zur Optimierung gibt. Hierbei ist es wichtig, dass man die unterschiedlichen Kanäle wie SEA, SEO, Social Media und Affiliate sowie die unterschiedlichen Kampagnen hinsichtlich ihrer Konversionsraten, Umsätze etc. auswertet. Funktioniert eine Landingpage beispielsweise nur bei Social-Media-Kampagnen, jedoch nicht bei SEA-Kampagnen, so haben Shop-Betreiber bereits einen Ansatzpunkt für A/B-Tests entdeckt.
3. User-Experience-Analyse
Die User-Experience-Analyse mittels Mouse-Tracking liefert wertvolle Erkenntnisse und deckt Usability-Hürden im Shop auf. So erkennt man anhand von Scroll-Maps beispielsweise, welche Bereiche einer Seite von Besuchern auch wirklich gesehen werden und ob der Call-to-Action überhaupt im sichtbaren Bereich liegt. Mit Hilfe von Einzelaufnahmen der Mausbewegungen lässt sich identifizieren, wie der typische Blickverlauf eines Besuchers ist. Außerdem liefert die Detailanalyse weitere Erkenntnisse über Formularfelder, die besonders häufig zu Fehlern und Abbrüchen bei Bestellungen führen. Diese gewonnenen Erkenntnisse sind ähnlich aussagekräftig wie bei einer Eye-Tracking-Studie im Labor, denn laut einer Studie der Carnegie Mellon University sind die Augen- und Mausbewegungen eines Nutzers nahezu deckungsgleich.
4. Zufriedenheitsanalyse
Weitere Schwachpunkte des Online-Shops können durch die Erhebung von direktem Nutzer-Feedback ausfindig gemacht werden. Eingehende Support E-Mails, Ergebnisse einer Online-Besucherumfrage oder Feedback zu Einzelseiten decken nicht nur Probleme einer Website auf, sondern liefern oftmals bereits Ansatzpunkte für die Optimierung der Website.
Um zu erkennen, wo sich die neuralgischen Punkte befinden, sollten Online-Shop-Betreiber den gesamten Sales-Funnel Schritt für Schritt analysieren.
Hypothesen gibt es nicht nur in der Statistik
Was in der Statistik gilt, stimmt auch für die erfolgreiche Durchführung von A/B-Tests: Es muss eine Hypothese aufgestellt werden. Nur wenn ein Problem klar identifiziert, die wahrscheinliche Ursache für das Problem benannt, ein entsprechender Optimierungsvorschlag abgeleitet und ein daraus folgendes Ergebnis formuliert wird, kann überprüft werden, ob eine Optimierungsmaßnahme auch zum Erfolg führt.
Ein Beispiel: Zu viele Kunden brechen den Bestellvorgang ab (Problem). Der Grund dafür ist, dass das Bestellformular zu kompliziert ist, was dazu führt, dass die Besucher abgeschreckt werden und den Bestellvorgang abbrechen (Ursache). Das Bestellformular soll daher klar und übersichtlich strukturiert und mit entsprechenden Hinweisen versehen werden (Optimierungsvorschlag). Das Ziel dieser Maßnahme ist die Senkung der Abbruchquote auf dem Bestellformular (erwartetes Ergebnis).
Das Aufstellen einer solchen Hypothese ist die Voraussetzung für die Messung und Beurteilung eines durchgeführten A/B-Tests.
Eine Hypothese folgt immer einem standardisierten Schema: Wenn ein <Problem> durch einen <Optimierungsvorschlag> verändert wird, erreichen wir eine Verbesserung des <erwartetes Ergebnis>!
Das identifizierte Problem lösen
Ist das Problem identifiziert und eine erste Hypothese aufgestellt, stellt sich als Nächstes die Frage, wie man das Problem mit einem A/B-Test lösen kann. Hierbei ist ein schrittweises Vorgehen empfehlenswert. Veränderungen sollten nur einzeln und bei bestimmen Seitenelementen vorgenommen werden. Ein Online-Shop-Betreiber, der einen Call-to-Action-Button in Farbe, Form, Position und Text gleichzeitig ändert, wird am Ende des A/B-Tests nicht feststellen können, welche der getesteten Eigenschaften für die verbesserte Konversion verantwortlich sind. Systematisches Testen heißt in diesem Fall also, dass Schritt für Schritt herausgefunden wird, welche Elemente die Konversionstreiber sind. Die Änderung folgender Seitenelemente hat sich im Online-Marketing bewährt:
- Überschriften
Überschriften sind eines der ersten Elemente, die ein Besucher in einem Online-Shop sieht. Änderungen der Überschriftentexte oder der Formatierung können erhebliche Auswirkungen haben (zum Beispiel Schriftgröße/-farbe, Länge, Platzierung).
- Navigation
Die Navigation dient dazu, Besucher zielgerichtet durch den Shop zu leiten. Größe, Farbgebung und Anordnung von Navigationselementen können den Besucherpfad direkt beeinflussen und den Weg zum gewünschten Call-to-Action erleichtern.
- Copy-Texte
Die Beschreibung von Produkten und Angeboten gehört zu den Kernaufgaben eines Online-Shops. Aus diesem Grunde sollten die formalen Merkmale (zum Beispiel Textumfang, Schriftgröße, Schriftart-/farbe) und inhaltlichen Merkmale (zum Beispiel Tonalität, Art der Ansprache) der Copy-Texte variiert werden.
- Konkretes Angebot an den Kunden
Welches Angebot wird dem Kunden gemacht? Für einen Test sollten Online-Shop-Betreiber einen Produktpreis ändern oder Rabatte bzw. Extras anbieten.
- Design und Text von Call-to-Action-Buttons
Der klassische Fall im A/B-Testing ist die Veränderung des Call-to-Action, denn dieser ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt einer Landing-Page. Bereits kleine Änderungen von Farbe, Größe und Platzierung sowie Textänderungen können die Konversionsrate signifikant erhöhen.
- Unterschiedliche Medienarten
Ergänzende Informationen zu Produkten können auch über Bilder oder Videos transportiert werden. Auch weitere Möglichkeiten für Unterhaltung (zum Beispiel weiterführende Blog-Artikel) oder Cross-Selling (zum Beispiel „Folgende Produkte wurden auch gekauft …“) können helfen, mehr Umsatz mit einem Online-Shop zu generieren.
- Seitenlayout
Das grundsätzliche Seitenlayout bestimmt die Wirkung eines Shops. Änderungen der Anordnung, der Größe von Text- und Bildelementen oder der Farbgebung können Einfluss auf die Wahrnehmung nehmen.
Die Persuasion kann helfen
Seit Jahrzehnten wird bereits geforscht, welche Faktoren bei einem Menschen bestimmte Reaktionen oder auslösen. Die Persuasionsforschung hat im Laufe dieser Zeit viele dieser Faktoren identifiziert und nutzbar gemacht. Die folgenden fünf Strategien gehören zu den gängigsten in der Werbung und Kommunikation und sollten auch auf einen Online-Shop angewendet werden.
- Künstliche Verknappung der verfügbaren Produktmenge oder des Angebotszeitraums, um Begehrlichkeiten zu wecken.
- Soziale Erwünschtheit, also die Ergänzung von Produktseiten um Bewertungen und Empfehlungen von anderen Kunden.
- Verpflichtung und Konsistenz: Ein einmal begonnener Prozess sollte vom Besucher ohne Ablenkung bis zum Ende durchgeführt werden können. Beginnt ein Besucher beispielsweise den Bestellprozess, sollte er keinen Ablenkungen mehr ausgesetzt sein, die ihn von dem Bestellvorgang weglocken könnten.
- Begeisterung durch positive Elementebeim Online-Kauf wie beispielsweise kleine Extras.
- Reziprozität, also das Bedürfnis von Menschen, sich für Geschenke zu revanchieren, zum Beispiel das Abonnieren eines Newsletters im Gegenzug für einen Rabatt bei dem nächsten Einkauf.
Auch hier empfiehlt sich zunächst ein schrittweises Vorgehen. So können die Maßnahmen identifiziert werden, die für einen Online-Shop am besten funktionieren.
Ziele und Kennzahlen definieren
Der letzte Baustein in der Definition einer Hypothese ist die Definition eines Ziels sowie die Ableitung der zu messenden Kennzahlen. Die Grundregel hierbei lautet: Kürzere Konversionsziele sind aussagekräftiger als längere, die eine ganze Reihe von Schritten umfassen.
Ein Beispiel: Die Optimierung eines Bestellprozesses sollte nicht anhand der Konversion vom Warenkorb zum Bestellabschluss bewertet werden, sondern vom Warenkorb auf den nächsten Schritt im Bestellprozess wie beispielsweise die Eingabe der persönlichen Daten. So wird deutlich, an welchen Stellen genau, die zu testenden Veränderungen wirken. Zudem hat die Messung dieser Mikro-Konversionen den Vorteil, dass die Anzahl der Konversionen höher ist und das Testergebnis daher schneller vorliegt. Ein Nachteil bei dieser Betrachtung ist der mangelnde Gesamtüberblick: Wenn zum Beispiel mehr Besucher einen Artikel in den Warenkorb legen, bedeutet das ja noch lange nicht, dass das Produkt auch öfter gekauft wird.
Hierbei wird deutlich, dass ein Shop-Betreiber sich nicht alleine auf eine einzige Kennzahl wie die Konversionsrate konzentrieren sollte, sondern es auch weitere Kennzahlen zu identifizieren gilt. Denn die Konversionsrate gibt lediglich das Verhältnis zwischen Klicks und Bestellungen an, die Anzahl an Klicks sowie Kosten und Umsätze bleiben dabei unberücksichtigt. Um den Einfluss einer getesteten Variante auf den wirtschaftlichen Erfolg zu bewerten, sind dementsprechend weitere Kennzahlen nötig, wie beispielsweise der durchschnittliche Warenkorbumsatz, die Retourenquote oder die Customer Lifetime Value.
Kürzere Konversionsziele sind aussagekräftiger als längere.
Die Signifikanz ist entscheidend
Um valide Ergebnisse zu bekommen, sollte ein A/B-Test mindestens so lange laufen, bis eine statistisch signifikante Datenmenge erfasst ist. Die benötigte Datenmenge hängt dabei vor allem von der Besucheranzahl auf der zu testenden Seite ab. Ein Test auf einer wenig frequentierten Seite, wie beispielsweise der Kontaktseite, dauert länger als ein Test auf einer hochfrequentierten Seite, wie der Startseite. Je nach Besucheraufkommen genügen für einen Test häufig bereits sieben Tage. Idealerweise verfügt die eingesetzte Software, wie zum Beispiel das A/B-Testing-Tool von etracker, über eine Funktion, die die statistische Signifikanz der Testergebnisse automatisch errechnet und eine Prognose zur noch nötigen Laufzeit ausgibt.
Anschließend gilt es natürlich zu überprüfen, wie sich Kennzahlen und User-Experience bei der jeweils getesteten Variante verändert haben. Auch hierfür bieten sich die bereits erwähnten Analyse-Instrumente an, die auch bei der Identifizierung der Probleme zum Einsatz gekommen sind. Neben der klassischen Web-Analyse sind auch aggregierte Heat- und Click-Maps ideal, da sie zeigen, wie sich etwa eine Änderung beim Seitenlayout auf den Aufmerksamkeitsfokus der Besucher auswirkt oder ein verändertes Design des Call-to-Action auf das Klickverhalten.
Je nach Traffic genügen für einen Test häufig bereits sieben Tage.
Fazit: Shop-Optimierung mit System
Die systematische und kontinuierliche Optimierung des eigenen Web-Auftritts sollte heute eine Selbstverständlichkeit für jeden Online-Shop sein. Um die knappen Ressourcen jedoch zielgerichtet einzusetzen, muss das bisherige Motto „Erst analysieren, dann optimieren“ über den Haufen geworfen werden. Moderne Software-Lösungen ermöglichen heute einen Zwischenschritt. Wer also wissen möchte, was seine Shop-Besucher wirklich überzeugt, geht daher nach folgendem Prinzip vor: Erst analysieren, dann testen, dann optimieren. Und dabei sollte nicht vergessen werden: Auch ein gescheiterter Test ist ein guter Test. Denn durch die Erkenntnis, dass das Original besser konvertiert als die erstellte Variante, haben Sie wertvolle Entwicklungsressourcen gespart, die Sie sonst in die direkte Optimierung des Shops gesteckt hätten.

Autor
Olaf Brandt
Der Web-Controlling-Experte Olaf Brandt (Jg. 1969) verantwortet bei etracker die Strategie für Produkte zur Optimierung von Websites und Online-Marketing-Kampagnen. Er verfügt über langjährige Berufserfahrung in der Softwarebranche und setzt sich für einen ganzheitlichen Optimierungsansatz ein, bestehend aus der Analyse, dem Testing und der Optimierung.
www.etracker.com
info(at)etracker.com
www.twitter.de/etracker