Erfolgsfaktoren bei viralen Marketingkampagnen

Obwohl virales Marketing kein komplett neues Thema mehr ist, bleibt es doch für einige Marketer eher ein Randthema. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Neben dem fehlenden Wissen, worauf bei einer viralen Kampagne alles zu achten ist und was relevante Erfolgsfaktoren sind, sind es vor allem die Angst vor unkalkulierbaren Nebeneffekten und die schwierige Kosten-Nutzen-Planung, die Marketing-Verantwortliche von viralen Kampagnen abhalten. Dabei können gut geplante virale Kampagnen sehr erfolgreich sein und erzielen häufig eine sehr hohe Werbewirkung. Grund dafür ist, dass Nachrichten oder Empfehlungen, die aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis kommen, fast immer Gehör finden, während klassische Kampagnen häufig in der Werbeflut unterzugehen drohen oder nicht die gewünschte Wirkung erzielen.
Was versteht man unter viralem Marketing?
Viral bezeichnet zunächst die Art der Verbreitung, nämlich schnell, leicht übertragbar bzw. ansteckend, epidemisch. Als Virales Marketing bezeichnet man die Marketingform, die sich diese Art der Verbreitung zu Nutze machen möchte d. h. mit einem bestimmten Produkt in kürzester Zeit möglichst viele Personen zu erreichen. Dabei benötigt das zu verbreitende Produkt das Potential um „anzustecken“, also von Konsumenten an die mit ihm in Kontakt stehenden Personen weitergeleitet bzw. weiterempfohlen zu werden. Potentielle Teilnehmer der viralen Kampagne müssen psychologisch so stimuliert werden, dass sie freiwillig über das Produkt sprechen und es weiterempfehlen.
Was hat virales Marketing mit Social Media zu tun?
Persönliche Weiterempfehlungen gab es früher bereits, weshalb Kundenzufriedenheit schon seit langem ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei Unternehmen - zumindest bei einigen - ist. Bislang fehlte diesen jedoch das passende Medium um schnell genug verbreitet zu werden und damit „viral“ zu wirken. Mit dem Einzug des web2.0 bieten sich Konsumenten, aber auch Unternehmen, zahlreiche neue Möglichkeiten. Aus diesem Grund werden für virale Marketingkampagnen vor allem soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Youtube & Co. sozusagen als Übertragungsmedium für die schnelle Verbreitung genutzt. Durch einfache Bewertungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten den „geheimen“ Werbeträger auf verschiedenen Social Media Portalen zu teilen und damit weiterzuempfehlen, ist die schnelle Übertragbarkeit jederzeit gewährleistet.
Räumliche Entfernungen spielen keine Rolle mehr, ja selbst sprachliche Barrieren bremsen virale Effekte meistens nicht mehr aus. Was sich zunächst recht simple anhört und obwohl das Medium für die Verbreitung vorhanden zu sein scheint, ist die gezielte virale Verbreitung eine Herausforderung für Marketingexperten. Der häufig proklamierte minimale finanzielle Aufwand in Erwartung einer überdurchschnittlich großen Verbreitung war schon häufig Grund für Enttäuschung. Ausreichend Zeitaufwand und Ressourcen sind Voraussetzung, um virales Marketing überhaupt für sich nutzbar zu machen. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere wichtige Erfolgsparameter.
Kritische Erfolgsfaktoren für virales Marketing
Um die Chancen einer Kampagne zu erhöhen, einen viralen Effekt zu erzeugen, sollten einige Punkte in der Konzeption und Planung beachtet und aufeinander abgestimmt werden. Jeder der Punkte ist dabei für den Gesamterfolg der viralen Kampagne ausschlaggebend.
- Nutzen der Kampagne: Vielleicht die wichtigste Voraussetzung für die virale Weiterverbreitung der Kampagne ist der gebotene Mehrwert für die Zielgruppe. Damit der potenzielle Teilnehmer auf die Kampagne überhaupt aufmerksam wird, sollte die Idee möglichst einzigartig sein. Der Nutzen kann dabei ganz unterschiedlicher Art sein. Kreative, emotionale Aktionen eignen sich ebenso wie ein Gewinnspiel mit attraktiven Gewinnen. Während im ersten Fall versucht wird die Teilnehmer zu überraschen, aufzuregen oder zu begeistern, liegt beim Gewinnspiel der Scherpunkt auf dem materiellen Mehrwert des Gewinnes. Ziel ist letztlich immer auf irgendeine Art und Weise die Aufmerksamkeit des Empfängers zu erhalten, diesen zu unterhalten und zu animieren die Kampagne weiterzuleiten.
- Schnelle Möglichkeit zur Verbreitung: Virales Marketing basiert auf Weiterempfehlungen der Kampagne zwischen Nutzern. Daher ist es wichtig, dass im Rahmen einer viralen Marketing Kampagne auch verschiedene Möglichkeiten zur Weiterempfehlung berücksichtigt werden. Web 2.0 Portale wie Facebook, Google+, Twitter & Co. sind hierfür aufgrund der leichten Einbettung der Weiterempfehlungsfunktion und der bereits bekannten und intuitiven Nutzung sehr gut geeignet. Zusätzliche Anreize für Weiterempfehlungen können den viralen Effekt noch einmal deutlich pushen.
- Seedingstrategie: Mit der Seedingstrategie ist die initiale Verbreitung, d. h. das Säen der Kampagne gemeint, um die kritische Kontaktzahl, die für den ersten Anstoß notwendig ist, zu erreichen. Virale Prozesse laufen in über 99% der Fälle nicht automatisch ab. Man muss sie anstoßen und sicherstellen, dass direkt annähernd 15% der Zielgruppe involviert werden. Nur so kann man erreichen, dass sich das Weiterleiten auch verselbstständigt. Natürlich haben es große Unternehmen, die bereits mehrere tausend Fans oder Follower haben an dieser Stelle leichter. Doch auch wenn die Aktion meist nur auf einer bestimmten Plattform durchgeführt wird, sollte diese trotzdem über weitere Kanäle beworben werden. Um die initialen Impulse zu setzen und die Kommunikationslawine auszulösen, kann auch eine eigens dafür spezialisierte Seeding-Agentur beauftragt werden. Diese setzt zur richtigen Zeit gezielte Impulse und koordiniert alle Beteiligten. Bei den Kontakten, die die virale Botschaft als erstes erhalten, um diese dann weiterzuleiten, sollte es sich um Meinungsbildner bzw. starke Multiplikatoren handeln, die über gute Kontakte, Interesse am Produkt oder der Marke, Glaubwürdigkeit und Einfluss verfügen. Das können zum Beispiel Personen sein, die für die Zielgruppe relevante Blogs, Webportale oder Magazine betreiben.
- Kostenfreiheit: Virale Marketingkampagnen haben nicht das Ziel einen direkten Umsatz zu generieren - im Gegenteil. Kosten stellen eine unnötige Barriere an der Kampagnenteilnahme dar und würden das Ende des viralen Effektes bedeuten. Virales Marketing muss für den potenziellen Teilnehmer immer kostenlos sein. Nur durch kostenfreie Weiterempfehlungen lässt sich eine möglichst große Zielgruppe erreichen.
- Bezug zum Unternehmen oder Produkt: Die Kampagne sollte gewisse Merkmale aufweisen, die zur Profilierung, Imagebildung oder Steigerung der Markenbekanntheit beitragen. Weniger ist in diesem Punkt häufiger mehr, dennoch sollte die Kampagne nicht komplett losgelöst von der Marke stattfinden. Das Fingerspitzengefühl der Marketer entscheidet über das richtige Maß an Branding bzw. Product Placement, damit die virale Kommunikation nicht nur um ihrer selbst willen verbreitet wird.
Erfolgreiche virale Kampagnen
Die Marke “Old Spice” des amerikanischen Konzerns Proctor & Gamble konnte mit einer herausragenden Social Media Kampagne sein eingestaubtes Image komplett erneuern und erreichte inzwischen allein mit ihrem initialen Video „The Man Your Man Could Smell Like“ knapp 40 Mio. Zuschauer:
https://www.yotube.com/owGykVbfgUE (Mit Klick auf den Link verlassen Sie die estrategy-Magazin-Website. Es gelten die Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen des Drittanbieters.)
Es folgte ein zweites Video, welches wiederum Millionen Zuschauer erreichte. Der richtig große Social Media Wurf wurde allerdings erst dann über eine Twitter- & Facebook-Nachricht angestoßen:
“Today could be just like the other 364 days you log into Twitter, or maybe the Old Spice Man shows up @Old Spice.”
Daraufhin tweeteten User Fragen an den “Old Spice-Mann”, die er dann kurze Zeit später in über 180 persönlichen Video-Messages beantwortete. Natürlich wurden besonders die Fragen der großen Meinungsbildner beantwortet, darunter Hollywood-Stars wie Demi Moore, bekannte Blogger, große Sportvereine und die Kaffeerösterei Starbucks. So gut wie jedes dieser Videos erreichte wiederum ein Millionenpublikum.
Kampagne „Wo ist der Tank“ von Audi
Besonders fasziniert die technische Umsetzung des Videospots, denn Hauptfilm und Nebenfilme interagieren miteinander. Der User kann über die Nebenfilme bspw. Mario Gomez vom FC-Bayern als Hilfe herbeiholen. Er tritt aus dem Video hervor und hilft mit seinen Fußballkollegen bei der Suche nach dem Tank mit einer kleinen Fußballeinlage. Der User ist von der lustigen Interaktionsmöglichkeit meist so angetan, dass er sich auch gleich die anderen Möglichkeiten zur Hilfeleistung ansieht.
Audi setzt nicht nur das Auto im Video perfekt in Szene, sondern bewirbt den A1 auch über ein zusätzliches Werbebanner. Durch die beeindruckende Umsetzung des Videos unterstreicht Audi auch sein Motto „Vorsprung durch Technik“.
Hier geht´s zum Video: http://www.youtube.com/profile?feature=iv&user=WoistderTank&src_vid=P4h5IE7GebU&annotation_id=annotation_449071 (Mit Klick auf den Link verlassen Sie die estrategy-Magazin-Website. Es gelten die Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen des Drittanbieters.)
Ein weiteres sehr gutes Beispiel wie mit attraktivem Design, tollen Preisen, emotionalen Inhalten und Interaktionsmöglichkeiten für die Teilnehmer virale Effekte hervorgerufen werden können, zeigt Activia Deutschland mit seinem Facebook-Auftritt. Fans werden kontinuierlich mit tollen Einzelkampagnen unterhalten und so zu wertvollen Multiplikatoren für Activia. “Verpack Dich Neu” hieß eine der Kampagnen in 2011, bei der sich die Besucher auch kreativ austoben durften.
Voraussetzung für die Teilnahme am Wettbewerb war ein Bild mit einer Bekleidung aus rein natürlichen und nachwachsenden Materialen wie Blätter, Holz, Wolle, Früchte oder Muscheln. Per Online Voting wurden vier Wochen lang jeweils 2 Wochensieger ermittelt und erhielten die Chance auf den Hauptgewinn: eine Stylingberatung mit Einkaufsgutschein im Wert von € 1.000,-.
Auch aktuell gibt es unter dem Facebook-Account von Activia Deutschland wieder eine nette Kampagne in Form eines Fotowettbewerbs mit vier Wellness-Kuscheltagen in einem 4 Sterne Hotel als Hauptgewinn.
Die Emotionen Überraschung, Aufregung, Eifer und Freude, die bekanntlich einen sehr hohen Aktivierungsgrad bei viralen Kampagnen besitzen, werden hier sehr gut eingesetzt und für die Generierung von neuen Fans genutzt.
Fazit
Virale Kampagnen können bei ausreichender Planung und der konsequenten Beachtung aller Erfolgsfaktoren ein machtvolles Marketinginstrument darstellen. Obwohl es bereits unzählige sehr erfolgreiche Beispiele gibt, bleibt der Erfolg und damit die Investition in eine virale Kampagne ein Risiko. Das virale Marketing hat sich über die letzten Jahre dennoch, insbesondere bei größeren Unternehmen, weitgehend etablieren können. Aufgrund der stark steigenden Zahl viraler Kampagnen wird es für Neulinge auf dem Gebiet des viralen Marketings allerdings zunehmend schwerer.
Der Anspruch, den potenzielle Teilnehmer an eine Kampagne und an das Gesamtkonzept stellen, hat stark zugenommen. Aus diesem Grund haben sich die Komplexität und die Qualität der Kampagnen ebenfalls rasant weiterentwickelt. Die Professionalisierung im Bereich des viralen Marketings schreitet weiter voran und ohne das entsprechende Know-how wird man es zukünftig noch schwerer haben, die erhoffte Beachtung zu finden. Helfen können Agenturen, die sich ausschließlich auf die professionelle Abwicklung und Koordination von viralen Kampagnen und die Ausarbeitung des Marketing-Konzepts spezialisiert haben. Man darf gespannt sein, welche ausgeklügelten virale Kampagnen uns in 2012 noch erwarten!
Autor

Michael Schubart
Seit 2011arbeitet er als Online-Marketing-Manager bei der
Online-Agentur TechDivision, die seit 1997 namhafte Kunden bei der ganzheitlichen Konzeption und Umsetzung von webbasierten Technologien, vorwiegend Online-Shops basierend auf Magento sowie Corporate Websites auf Basis von TYPO3, unterstützt. In den Bereichen (Online-)Marketing- & PR hat er zuvor Erfahrung bei Unternehmen verschiedener Branchen gesammelt. Als Autor schreibt er Fachbeiträge zu unterschiedlichsten E-Commerce und Online-Marketing-Themen und ist im Rahmen von Fachkonferenzen auch als Journalist tätig.