Erfolgsfaktor Bestellprozess – Standards, Statistiken und Good Practises

Die durchschnittliche Conversionrate – darunter versteht man das Verhältnis aus Shopbesuchern und Käufern – beträgt in Deutschland aktuell rund 3%. Diese Zahl sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Mit anderen Worten bedeutet dies ja folgendes: Von 10.000 Besuchern eines Onlineshops kaufen lediglich 300 tatsächlich ein, die restlichen 9.700 verlassen den Shop ohne Income zu generieren – mehr noch, sie verursachen in vielen Fällen nur Kosten!
Die Rechnung bzw. ein erfolgsversprechender Ansatz für Shopbetreiber liegt demnach darin, an der Schraube der Conversionrate zu drehen und durch Optimierungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass am Ende ein paar Prozentpunkte mehr der Shopbesucher zu Käufern werden.
Hier gibt es natürlich jede Menge Anknüpfungspunkte und Optimierungsansätze: Verbesserung von Adwords-Kampagne mit zielgenauerer Kundenansprache, Optimierung der Shopdarstellung, Überarbeitung von Produktdetailseite und, und, und.
Einer der wesentlichste und auch kritischsten Punkte in einem Onlineshop stellt der Checkout – also der Bestellprozess – dar. Dieser entscheidet ganz massiv über Erfolg und Misserfolg eines Onlineshops. Die Beratungsagentur eResult, die sich seit vielen Jahren intensiv mit Usability- und Conversionoptimierung beschäftigt hat hierzu eine ganz aktuelle Studie „Erfolgsfaktor Bestellprozess“ erstellt.
„Dazu wurden mehrere Kriterien herangezogen: Zunächst wurden die 50 umsatzstärksten Online-Shops aus dem Jahr 2010 ausgewählt (iBusines-Ranking „Shopping-Portale und Online-Shops 2010“). Zusätzlich wurden im Online-Panel „Bonopolis“ deutsche Internetnutzer nach ihren Lieblingsshops gefragt. Drittens wurden Shops hinzugezogen, denen von Usability-Experten und unabhängigen Bewertungsgremien eine gute Bedienbarkeit bescheinigt werden konnte. Bei jedem dieser 100 Online-Shops wurden ein oder mehrere für das Sortiment typische Artikel in den Warenkorb gelegt und die Bestellung exemplarisch durchlaufen. Dabei wurden zum einen zuvor festgelegte Kriterien überprüft und zum anderen Screenshots angefertigt. Die Ergebnisse wurden dann für jedes Sortiment und für die Gesamtheit der Shops quantifiziert und sowohl in absoluten als auch relativen Zahlen (Prozentwerten) festgehalten.“
Wir wollen hier einige Punkte aus dieser Studie sowie aus weiteren Studien zum Thema Checkout-Usability sowie Payment herausgreifen. Die komplette, sehr lesenswerte Studie mit allen Ergebnisse kann bei der Firma eResult unter nachfolgendem Link bezogen werden:
www.eresult.de/studien_artikel/studienbaende/bestellprozessstudie.html
Grundlegende Darstellung und Inhalte
In der Studie hat sich gezeigt, dass sich ein schrittweiser – sog. Step-by-Step-Checkout, der über mehrere Seite verteilt wird beim überwiegenden Teil der untersuchen Shops etabliert hat. Die einzelnen Schritte werden dabei meist über eine Fortschrittsanzeige (z.B. Schritt 1 von 4) angezeigt, die in der Regel im oberen Seitenbereich angeordnet ist.
Dabei werden im Schnitt bei den untersuchten Onlineshops vier Bestellschritte angeboten.
83% der Online-Shops erheben Versandkosten Shops erheben Versandkosten lediglich 17% aller untersuchten Shops bieten eine generell kostenfreie Sendung an. Hier gibt es mitunter deutliche Branchen-unterschiede, bei denen die Versandkosten im Bereich Fashion beispielsweise meist unter den Kosten im Bereich Technik liegen.
Vertrauensbildente Maßnahmen sind insbesondere im Warenkorb und Checkout von zentraler Bedeutung. So wird auf Gütesiegel und Auszeichnungen in 72% der Fälle verwiesen. Zu den meist verwendeten Gütesiegeln gehören dabei EHI (40 3%) Trusted Shop (30 6%) und TÜV (20 8%).
Nach der Warenkorbseite folgt im Checkoutprozess in den meisten Fällen eine Zwischenseite, auf der der Nutzer gefragt wird, ob er bereits Kunde ist und demnach über ein Kundenkonto verfügt. 68% der untersuchten Shops bieten dem Nutzer dabei 2 Optionen an: Kunde oder Neukunde mit Registrierung. 26% der Shops bieten 3 Optionen an, wobei die dritte Option hier häufig als Kauf ohne Registrierung implementiert wurde. Gerade diese Option stellt aus unserer Sicht eine Must-Have-Funktion für Online-Shops dar, über die Kaufabbrüche signifikant reduziert werden können.
Man kennt das durchaus aus eigener Erfahrung: Bei einem Shop, bei dem man Neukunde ist und noch nicht weiß, wie zuverlässig etc. der Shop tatsächlich ist, möchte man möglichst wenig Daten hinterlegen und diese idealerweise auch nicht in einem Kundenkonto abspeichern. Insofern lautet hier unserer Empfehlung, dass die Option „Kauf ohne Registrierung“ in jedem Fall berücksichtigt werden soll und idealerweise auch etwas prominenter hervorgehoben wird um dem Interessenten zu signalisieren, dass der Kauf einfach und ohne „Bindung“ vollzogen werden kann. Eine spätere Registrierung sollte dann natürlich schon möglich sein. Dies kann bzw. sollte dem Kunden auch möglichst transparent dargestellt werden.
Aus unserer Sicht ist zudem auch wichtig, dem Kunden im Warenkorb und Checkout sehr transparent und klar eine Kontaktadresse (Email und idealerweise Hotline) zu kommunizieren, über die der Kunde bei Fragen direkt vom Rechner aus Kontakt mit dem Händler aufnehmen und so ggf. den Kauf in der Folge sofort abschließen kann. Die Angabe einer Hotline hat eine weiteren Vorteil: Dem Kunden wird signalisiert, dass hier auch tatsächlich Menschen sitzen die Fragen beantworten und auf Anfragen umgehend reagieren. Dadurch bekommt das Ganze einen noch etwas seriöseren Anstrich.
Formularfelder
Eingabefelder bzw. Formulare sind generell ein extrem heikler Bereich, da hier häufig bereits ein grundliegender Interessenkonflikt besteht. Shopbetreiber möchte in diesem Fall häufig möglichst viele Daten des Kunden sammeln um möglichst umfangreiche Informationen für nachgelagerte Analysen und Aktionen zu generieren wohingegen der Käufer möglichst wenig von sich Preis geben möchte.
Insofern besteht die Kunst bei Formularen darin, nur die nötigsten Daten abzufragen und diese möglichst übersichtlich, verständlich und mit entsprechenden Rückmeldungen – insbesondere bei fehlenden oder falschen Eingaben – zu versehen und zwar idealerweise immer beim jeweiligen Formularfeld.
Gemäß der eResult-Studie „Erfolgsfaktor Bestellprozess“ werden bei den untersuchten Onlineshops für die Eingabe der Bestell- bzw. Adressdaten im Schnitt ca. 16,6 Formularfelder verwendet, wobei diese Anzahl sehr stark variiert – von 8 Eingabefeldern im Minimalfall bis hin zu 26 Feldern in der extremsten Form. Bei letzterem Fall wäre unsere Empfehlung in jedem Fall die Datenfelder nochmals kritisch zu prüfen und idealerweise etwas auszudünnen.
Bei Formularfelder empfiehlt sich auch durchaus die Gruppierung nach Eingabetypen bzw. Themen.
Versand
Eine von der Rechnungsadresse abweichende Lieferadresse gehört beim Online-Shopping inzwischen zum Standard. Die meisten der im Rahmen der Studie „Erfolgsfaktor Bestellprozess“ untersuchten Shops versenden mit DHL. Insofern verwundert es auch nicht, dass inzwischen rund 40% dieser Shops ihren Kunden heute schon eine Lieferung an Packstationen anbieten.
Aus unserer Sicht ist es für den Endverbraucher auch durchaus interessant und wichtig, während des Bestellprozesses eine Info zu erhalten, mit welchem Versender die Lieferung geschickt wird. Die Angabe beispielsweise von DHL als Logistikpartner signalisiert dem Kunden gewisse Sicherheit. Hier kann beispielsweise auch die GOGREEN-Initiative von DHL, mit der ein CO2-Neutraler Versand garantiert und dadurch die Umwelt geschont wird - für einen positiven Kaufimpuls sorgen.
Payment
Die unterschiedlichen Zahlungsarten sind einer der zentralen Erfolgsfaktoren im Rahmen des Bestellprozesses. Grundsätzlich gilt hier natürlich je mehr Zahlungsvarianten angeboten werden, desto besser, da der Kunde dann die freie Auswahl hat und hier sicherlich eine für sich passende Art findet. Aus Shopbetreibersicht muss das Ganze natürlich auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet werden, da die meisten Zahlungsarten mit zusätzlichen Kosten verbunden sind.
Die im Februar 2012 veröffentlichte Studie „Internet-Zahlungsverkehr aus Sicht der Händler“ (IZH 6) untersucht zum wiederholten Mal das Angebot sowie Erwartungen und Erfahrungen mit den unterschiedlichen Zahlungsoptionen im Online-Handel. Die Studie zeigt: Händler bieten durchschnittlich 5,5 Zahlungsverfahren an – und somit im Schnitt gut ein Verfahren mehr, als noch bei der letzten Erhebung Ende 2009. Dabei ist eine Sättigung des Marktes nicht absehbar. Die für die Studie befragten Händler gaben an, bis Ende des Jahres durchschnittlich zwei bis drei neue Bezahlverfahren einführen zu wollen. Ziel des breiten Angebots ist es vielfach, den Präferenzen der unterschiedlichen Zielgruppen gerecht zu werden und flexibel auf Kundenanforderungen reagieren zu können. Letzteres scheint vor allem für Händler relevant zu sein, die sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich tätig sind. Sie weisen mit sechs angebotenen Verfahren die höchste Bandbreite auf. Reinen B2B-Händlern hingegen genügt mit durchschnittlich drei angebotenen Zahlungsvarianten ein kleineres Portfolio.
Obwohl klassische Zahlungsverfahren wie Vorkasse, Nachnahme, Rechnung und Barzahlung bei Abholung nach wie vor dominieren, holen die neueren Internet-Zahlungsverfahren weiter auf uns verzeichnen teilweise deutliche Zuwächse. Allen voran das Online-Bezahlsystem PayPal, das wesentliche Marktanteile gewinnen konnte und mit einer Verbreitung von 83,4 Prozent in diesem Jahr hinter Vorkasse auf Platz zwei landet. Mit sofortüberweisung.de landet ein zweites Online-Angebot unter den Top Ten. Auch bei der Art der Zahlungsverfahren zeigen sich Unterschiede zwischen dem Angebot für Geschäfts- und Endkunden. Im B2C-Bereich werden die Bezahlverfahren PayPal, Bezahlung bei Abholung, Nachname und Kreditkarte deutlich häufiger angeboten als im B2B-Bereich. Hier spielt nach wie vor die Rechnung sowie Vorkasse eine große Rolle.
Zusammenfassung
Auch dieser Schritt sollte eindeutig benannt werden und dem Nutzer mitteilen, dass alle Daten vorsichtshalber überprüft werden sollen. Dabei sollte sichergestellt werden, dass der Nutzer nicht fälschlicherweise denkt, dass die Bestellung in diesem Schritt schon abgeschlossen ist. An dieser Stelle sollte möglichst klar und unmissverständlich kommuniziert werden, dass diese Seite eine Zusammenfassung darstellt, die nochmals geprüft werden muss. Eine Bestellung ist an dieser Stelle noch nicht ausgelöst worden.
Eine optimale Benennung dieser Abschluss- bzw. Prüfungsseite wäre daher „Zusammenfassung“ oder „Bestellung prüfen & absenden“. Änderungen sollten auf dieser Seite in jedem Fall einfach möglich sein, damit der Nutzer Tipp- oder Eingabefehler korrigieren kann und ein reibungsloser Liefervorgang sichergestellt ist. Es ist außerdem wichtig, dass fehlerhafte Formulare/Schritte direkt angesprungen werden können und von dort aus wieder direkt auf die Abschlussseite verlinkt wird. Zuvor gemachte Eingabe sollte idealerweise gespeichert werden, damit man im Fehlerfall auf diese zurückgreifen und Eingabe nicht wieder bei null beginnen muss.
Der abschließende Bestellbutton, der die Bestellung dann auch tatsächlich auslöst, sollte insofern entsprechend eindeutig benannt werden. Als gutes Beispiel kann hier die bereits skizzierte Benennung „Bestellung prüfen & absenden“ angeführt werden. In der Folge sollte der Käufer auf eine Danke-Seite geleitet werden, in der die erfolgreiche Übermittlung der Bestellung nochmals bestätigt und angezeigt wird: „Wir haben ihre Bestellung erhalten und werden diese schnellstmöglich bearbeiten“.
Idealweise sollte hier auch eine Hotline bzw. Support-Email genannt werden, die bei etwaigen Fragen zur Verfügung steht. Als eine Art Premium-Lösung könnte hier z.B. auch der voraussichtliche Liefertermin angegeben werden.
Autor
Josef Willkommer
Als Geschäftsführer der TechDivision GmbH, einer der führenden Magento- und E-Commerce-Agenturen im deutschsprachigen Raum beschäftigt sich Josef Willkommer seit vielen Jahren sehr intensiv mit E-Commerce und Online-Marketing. Darüber hinaus ist er als Chef-Redakteur des eStrategy-Magazins sowie als Autor diverser Fachbeiträge rund um E-Commerce und Online-Marketing auch journalistisch tätig. Neben diversen Beratungstätigkeiten für unterschiedlichste Unternehmen trifft man ihn bei diversen Fachkonferenzen auch als Speaker zu E-Commerce- und Online-Marketing-Themen.
Website: www.techdivision.com