Emotional Usability – Mit Herz und Verstand erfolgreich im E-Commerce

Emotionen bestimmen unser Leben und sind für die meisten unserer Entscheidungen von zentraler Bedeutung. Auch beim Online Shopping spielen zahlreiche Faktoren, die über den reinen Produktnutzen und harte Fakten hinausgehen, eine Rolle. Stichworte wie “Emotional Usability”, “User Experience” oder “Joy of Use” entwickeln sich von Modewörtern zu integralen Bestandteilen der Konzeption von Webseiten. Der folgende Artikel zeigt, wie man die Brille der eigenen Kunden aufsetzt, deren Gefühlswelten verstehen kann und diese Erkenntnisse einsetzt, um bessere und erfolgreichere Webseiten zu bauen.

Ein Paar diskutiert in einem lokalen Möbelgeschäft energisch über die Vor- und Nachteile eines potenziell neuen Möbelstücks. Während er das puristische Gesamtbild als willkommenen Kontrast zur eigenen Einrichtung hervorhebt, bemängelt sie das schlechte Preis-Leistungs-Verhältnis und die mittelmäßige Optik. Nach langem Hin und Her gewinnt sein Hundeblick.
Was sich wie eine Szene aus einer ganz normalen Partnerschaft liest, ist in Wirklichkeit ein gleichermaßen humorvoller wie aufschlussreicher viraler Spot der Firma Heineken und ein wunderbares Beispiel dafür, was für einen hohen Stellenwert Emotionen bei unseren Kaufentscheidungen haben. Denn bei dem Möbelstück handelt es sich nicht etwa um ein bequemes aber überteuertes Sofa, sondern um zwei Stadionsitze aus Plastik zum stolzen Preis von 2000$. Anstatt auf Basis von rationalen Argumenten eine Entscheidung zu treffen, lässt sich die Frau von ihrem Partner überreden. Was nur der Mann und die Zuschauer wissen: Gelingt es dem Mann, seine Frau vom Kauf zu überzeugen, winkt eine Reise zum Finale der UEFA Champions League nach London.
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Emotionen als zentrales Element von Kaufentscheidungen
Neben der Wirkung von guten viralen Kampagnen auf die eigene Markenpräsenz zeigt der Spot vor allem eines: Beim Kaufprozess spielen Faktoren eine Rolle, die über den reinen Produktnutzen und harte Fakten hinausgehen.Als ständige Reaktion auf den eintreffenden Informationsfluss durch unser Gehirn generiert, lenken positive und negative Emotionen unser Denken und Handeln. Da dies meist unbewusst geschieht, erkennen wir oft selbst nicht, was oder – wie im Falle unseres Werbespots – wer uns antreibt.
Das mag mit ein Grund dafür sein, dass der Fokus im Bereich Usability lange Zeit auf der effizienten und effektiven Nutzung eines Produkts durch bestimmte Nutzergruppen in einem bestimmten Nutzungskontext lag. Dabei stand eher im Mittelpunkt, negative Gefühle während der Nutzung zu vermeiden, als positive Emotionen zu erzeugen.Dennoch ist die Berücksichtigung von Emotionen für die Branche kein neuer Trend. Schon 1994 hat Robert J. Logan “Emotional Usability” als das Maß definiert, in dem ein Produkt begehrenswert ist und Bedürfnisse befriedigt, die über den traditionellen Nutzen hinausgehen. Begriffe wie “Joy of Use”, “User Experience” oder “Emotional Design” bilden mittlerweile einen festen Bestandteil jeder Anforderungsspezifikation.
So unstrittig die Notwendigkeit ist, die Bedürfnisse, Fragen und Gedanken der eigenen Nutzer zu berücksichtigen, um erfolgreich verkaufen zu können, so unsicher sind die meisten Betreiber in der Umsetzung. Regelmäßig zeigen Studien, dass europäische Shops – besonders im Vergleich zu ihren amerikanischen Vorbildern – in den Bereichen Lead Generierung und Conversion immer noch hinterherlaufen. Wie schafft man es also, die Bedürfnisse und Emotionen seiner Kunden zu kennen und das eigene Angebot darauf abzustimmen?
Den Blickwinkel wechseln und die Betriebsbrille absetzen
Um Webangebote zu entwickeln, die optimal auf die Bedürfnisse und Emotionen der Kunden abgestimmt sind, ist es wichtig, sich in den Wissens- und Gemütszustand der User zu versetzen. Sie durchlaufen unterschiedliche Phasen der Entscheidungsfindung: von der Suche nach einem geeigneten Produkt bis zum Abschluss des Kaufprozesses. Eine Webseite sollte daher nicht als strukturierte Ansammlung von Informationen begriffen werden, sondern als Spiegelbild des Prozesses, der in den Köpfen der Besucher stattfindet. Dies gilt sowohl für die Analyse und Bewertung des Ist-Zustands, als auch für die Optimierung und Messung der Ergebnisse. Abbildung 1 visualisiert einen solchen Prozess am Beispiel der Suche nach einem neuen Breitbandanbieter.
Das hier eingesetzte Hilfsmittel, das sich zu Recht stark wachsender Beliebtheit erfreut, ist die Customer Journey Map (CJM). Im Gegensatz zu klassischen Service Blueprints bildet sie alle Dimensionen der Interaktion mit einem Serviceangebot ab. Neben Nutzerzielen, Nutzeranforderungen und ausgeführten Aktionen finden sich auch Elemente wie Schmerzpunkte, emotionale Reaktionen und für den Verlauf der Customer Journey elementare Schlüsselereignisse (“Moments of Truth”) in der Karte wieder.
Bevor eine CJM erstellt werden kann, gilt es jedoch zunächst, eine solide Nutzungsanalyse durchzuführen, um die Handlungen und Emotionen der Kunden aufzudecken. Nur auf dieser Basis kann eine CJM erstellt werden, die eine praxistaugliche und fokussierte Bewertung des Ist-Zustands ermöglicht und Optimierungspotenziale aufzeigt.
Dazu ist es wichtig, sich folgende Fragen zu stellen:
- Wie bringe ich meine Kunden dazu, über ihre Emotionen zu sprechen?
- Wie mache ich Emotionen mess- und bewertbar?
- Wie berücksichtige ich Emotionen in der Planung?
- Worauf muss ich bei der Konzeption sinnvoller Inhalte achten?
Wie bringe ich meine Kunden dazu, über ihre Emotionen zu sprechen?
Das Problem in der Erforschung von Emotionen liegt in ihrer Subjektivität. Werden Probanden in Interviews gefragt, warum sie ein bestimmtes Produkt oder eine Marke bevorzugen, geben sie meist sozial verträgliche Antworten. Dabei beziehen sie sich in der Regel auf rationale Elemente, wie Funktionen oder die Qualität bestimmter Services. Die Produkt- und Markenverantwortlichen hören so, was sie hören wollen. Auf diese Weise Antworten zu Motivationen, Emotionen oder gar unbewussten Gedanken zu erhalten, ist nahezu unmöglich.
Als erfolgversprechende Methode zur Messung von Emotionen gilt die Messung der Mimik, die aus der Emotionspsychologie stammt. Dabei werden Probanden von geschulten Teams beobachtet oder ihr Ausdrucksverhalten wird mittels teurer Maschinen und komplexer Algorithmen ausgewertet. Beide Verfahren sind jedoch in unserem beruflichen Umfeld kaum praktikabel. Ich möchte an dieser Stelle daher eine weitere Möglichkeit vorstellen, Emotionen greifbar zu machen: die Emocard Methode.
Emocards bestehen aus Comic-Gesichtern, die emotionale Zustände zeigen. Sie dienten ursprünglich als Methode der nonverbalen Befragung und wurden entwickelt, um die emotionalen Reaktionen von Probanden auf Produkte zu bestimmen. Dabei wählt ein Proband aus mehreren Gesichtern das Gesicht aus, das seine Emotion am besten beschreibt. Zusätzlich wird auf einer Skala die Stärke dieser Emotion statistisch erfasst.
Emocards können aber auch in verbalen Befragungsszenarien von Nutzen sein, da sie helfen, über Emotionen zu sprechen. Zum Einsatz kommen sie häufig in Usability-Tests, in denen Probanden mehrere Aufgaben nacheinander bearbeiten. Nachdem eine Aufgabe beendet ist, wählt der Proband eine oder mehrere Karten aus, um seine Gefühle, die während der Bearbeitung der Aufgabe aufgetreten sind, zu repräsentieren und zu erläutern. Die Erfahrung zeigt, dass es durch einen visuellen Aufhänger spielerischer und damit einfacher ist, Emotionen in Worte zu fassen. Außerdem erhält man zahlreiche qualitative Informationen, die direkt in die Erstellung der CJM einfließen können.
Als Nachteil der Methode muss an dieser Stelle jedoch auf die ab und an missverständliche Auswahl der Emotionen und die geringe Anzahl an wählbaren Emotionen hingewiesen werden. Eine sinnvolle Weiterentwicklung des Verfahrens stellt daher das PrEmo Tool dar, das die Auswahl der Emotionen um Animationen und akustische Beschreibungen ergänzt. Dadurch sind quantitative Remote-Tests möglich, die jedoch nonverbal durchgeführt werden.
Wie mache ich Emotionen mess- und bewertbar?
Da die Aussagekraft qualitativer Tests stark davon abhängt, wie ausführlich und detailliert sich Probanden mitteilen, wird im Bereich der Emotionsforschung häufig mit vordefinierten Antworträumen gearbeitet. Das Hauptziel besteht dabei in der Vergleichbarkeit der Ergebnisse.
Für den Bereich der User Experience sind vor allem die Methode AttrakDiff und der von GfK SirValUse entwickelte UX-Score von Bedeutung. Die übrigen Verfahren betrachten nur Teilbereiche der Nutzererfahrung und bieten damit eine zu isolierte Sichtweise auf den Prozess der Entscheidungsfindung.
Durch die praxisnahe Formulierung der Fragen, die hohe Anpassbarkeit an das zu testende Produkt und die umfassende Berücksichtigung von zentralen Elementen der User Experience, wie Bedienung, Erlernbarkeit, Akzeptanz, Begeisterung sowie ästhetischen Aspekten wie Haptik, Optik und Akustik, ist speziell der UX-Score für die quantitative Analyse von Produkten und Services im E-Commerce interessant. Leider ist der Umfang der derzeit öffentlich verfügbaren Informationen noch gering. Allen Methoden gemeinsam ist allerdings, dass die Ergebnisse in die Entwicklung von Nutzerprofilen und vor allem in die beschriebenen Customer Journey Maps einfließen sollten. Denn auf Basis der darin enthaltenen Potenziale und identifizierten Abläufe können fundierte Konzept- und Designentscheidungen getroffen werden.
Wie berücksichtige ich Emotionen in der Planung?
In der Konzeption helfen die gewonnen Erkenntnisse und die nutzer- bzw. nutzungsbezogene Sicht dabei, sinnvolle Abläufe, Strukturen und Gestaltungselemente zu schaffen, die die Customer Journey unterstützen. Im Vordergrund steht nicht die Erstellung eines bestimmten Seitentyps, wie zum Beispiel der neuen Startseite oder einer Produktdetailseite, sondern die Visualisierung eines Prozesses. Man spricht in diesem Zusammenhang von Story Centered Design, der Betrachtung einer vollständigen Interaktion über mehrere Touchpoints und Seiten hinweg.
Der enorme Vorteil dieser Vorgehensweise liegt in seiner Effizienz und Beweglichkeit.
- Korrektheit: Durch die Fokussierung auf einzelne Prozesse können Fehler im Ablauf schneller entdeckt werden.
- Kreativität: Sich immer nur mit einem Problem auseinander zu setzen, schärft den Sinn für die beste Lösung.
- Agilität: Einzelne Arbeitspakete können ihren Bedürfnissen entsprechend priorisiert werden.
- Geschwindigkeit: Mit der Implementierung, dem Testing und dem nächsten Iterationsschritt kann schneller gestartet werden.
- Messbarkeit: Prozesse lassen sich besser erklären und später auch besser messen. Die Konzeptionsergebnisse zur Erstellung des Solution Designs können für die spätere Webanalyse genutzt werden.
- Synergieeffekte: Die Erkenntnisse über die Gefühle und Probleme der Nutzer helfen auch dem Content- und Advertisingteam dabei, den richtigen Ton zu treffen.
Worauf muss ich bei der Konzeption sinnvoller Inhalte achten?
Für die Qualität eines Angebots ist vor allem der letzte Punkt von Bedeutung: Die Erkenntnisse über die Gefühle und Probleme der Nutzer müssen im Rahmen der Content-Strategie berücksichtigt werden. So, wie der erfolgreiche Bewerber um die Finaltickets den richtigen Ton trifft, um seine Frau zu überreden, so gelten auch für den Onlineeinkauf einige Richtlinien zur Erstellung von überzeugenden Inhalten. Im Folgenden werden für jede Phase des Entscheidungsprozesses Beispiele vorgestellt, die dabei helfen, die Emotionen der Nutzer bei der Gestaltung des eigenen Angebots zu berücksichtigen.
Die Suchphase: Sich von seinen besten Seiten zeigen
Die erste Phase der Customer Journey, die “Suchphase”, ist entscheidend für den weiteren Verlauf der Interaktion, denn sie ist stark emotional geprägt. Eine Vielzahl bewusster und unbewusster Reaktionen kann dazu führen, dass ein Angebot durch das Bewertungsraster von Besuchern fällt. Daher gilt für Webseiten das Gleiche wie für Stadionsitze. Erinnern Sie sich an die erste Reaktion der Damen und den weiteren Verlauf der Unterhaltung? Schafft man es mit dem ersten Eindruck nicht, zu überzeugen, bekommt man selten eine zweite Chance. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Bedeutung der 5-Sekunden Regel. Diese besagt, dass die ersten fünf Sekunden darüber entscheiden, ob sich ein Besucher mit den angebotenen Inhalten beschäftigt oder abspringt, weil das Gezeigte nicht seinen Erwartungen entspricht.
Entscheidend ist, die für Nutzer relevanten Informationen so zu gestalten, dass sie bemerkt, verstanden und gewürdigt werden. Ästhetik, Persönlichkeit und der Fokus auf das Wesentliche spielen dabei eine zentrale Rolle. Durch ein zur Marke und zum Thema passendes visuelles und übersichtliches Erscheinungsbild werden dem Kunden Professionalität und Vertrauen vermittelt. Mit der richtigen Kernbotschaft werden die zentralen Fragestellungen adressiert. Die Entfernung sekundärer Inhalte schafft schließlich Raum, um die wirklich wichtigen Inhalte in den Mittelpunkt zu rücken. Die eigenen Inhalte auf ihre Eignung zu prüfen, ist vergleichsweise einfach.
- Identifizieren Sie mithilfe Ihres Webanalyse-Tools die zentralen Einstiegsseiten.
- Formulieren Sie den Zweck der Seite und die dafür relevanten Elemente.
- Zeigen Sie diese Webseiten passenden Probanden fünf Sekunden lang.
- Fragen Sie die Probanden im Anschluss nach den Inhalten, die in Erinnerung geblieben sind.
- Ergänzen Sie diesen Test mit konkreten Fragen, wie zum Beispiel “Kann man auf der Seite etwas erwerben?” oder “Wer ist der Betreiber der Seite?”
- Analysieren Sie die gewonnen Erkenntnisse und formulieren Sie Thesen zur Optimierung der Inhalte.
- Beginnen Sie von Neuem.
Auch in diesem Bereich gibt es einige Onlinetools, die bei der Erstellung und Auswertung der Tests hilfreich sind. Ein Beispiel dafür ist der Webservice Clue, der es ermöglicht, einen zweitägigen Test zu initiieren, bei dem die Probanden alles aufschreiben sollen, woran sie sich erinnern. Einen Schritt weiter geht fivesecondtest.com, der zusätzlich die Möglichkeit bietet, Fragen zu formulieren.
Vorsicht ist jedoch bei der Wahl der zu testenden Seiten und der Analyse der Ergebnisse geboten. Speziell die Startseite adressiert in den meisten Fällen eine sehr heterogene Nutzergruppe und damit unterschiedlichste Bedürfnisse. Diese Art von Tests funktioniert am besten auf Seiten mit klar definierten Nutzungsszenarien.
Die Vergleichsphase: Mehrwerte bieten
Sind die Kunden schließlich davon überzeugt, am richtigen Ort zu sein, kann damit angefangen werden, in die emotionale Trickkiste zu greifen, um sie auch von den Produkten oder Services zu überzeugen. Gerade in diesem Bereich gibt es unzählige Möglichkeiten zur emotionalen Beeinflussung der Interessenten.
So können zum Beispiel die Einstiegshürden gesenkt werden, indem Produkte oder Services unverbindlich zum Testen verfügbar gemacht werden. Handelt es sich dabei um einen Onlineservice, macht es Sinn, wenn möglich auf eine vorherige Registrierung zu verzichten. Menschen sind von Natur aus experimentierfreudig, jedoch selten risikobereit. Durch das Spiel mit offenen Karten wird Vertrauen in die eigene Leistung kommuniziert.
Betreiber von Onlineshops, die daran interessiert sind, ihre Retourenquote zu minimieren, sollten ihre Produkte möglichst realistisch präsentieren. Potenziellen Käufern wird damit die Produktwahl erleichtert und gleichzeitig das Gefühl gegeben, eine gute und eigene Entscheidung zu treffen. Jede geklärte Frage minimiert das Risiko eines späteren Abbruchs.
Ein sehr schönes Beispiel dafür ist der Lens Visualizer des Skibrillen Herstellers Anon. Mithilfe von interaktiven Produktvideos wird nicht nur die Wahl aus über zwanzig verschiedenen Tönungen deutlich vereinfacht. Anon schafft es nebenbei, in ein primär funktionales Element einen hohen Gamification- und Branding-Faktor einzubauen, der Lust auf mehr macht. Das schafft Vertrauen in die Marke und das Produkt und befriedigt psychologische Bedürfnisse, wie den Wunsch etwas Exklusives und Aufregendes zu nutzen.
Die Kaufphase: Sicherheit und Komfort um jeden Preis
“Trust me in this” waren die alles entscheidenden Worte, die zum Kauf der Stadionsitze führten. So leicht machen es Kunden den Betreibern von Webseiten in der Regel nicht, aber das Prinzip ist vergleichbar. In keiner Phase des Kaufs geht es mehr darum, Sicherheit und Vertrauen zu kommunizieren.
Über die Wirkung von risikominimierenden Faktoren wie Gütesiegeln, Verschlüsselungen oder Informationen über die Handhabung von persönlichen Informationen wurde bereits viel geschrieben. An dieser Stelle möchte ich daher nur einen Punkt ergänzen, der zu selten berücksichtigt wird: die Integration von Serviceinhalten auf Basis des aktuellen Nutzungskontexts in kaufrelevanten Prozessen. Gerade Checkoutprozesse sind äußerst sicherheitskritische und von Unsicherheit geprägte Bereiche.
Da überrascht es umso mehr, dass Inhalte, wie zum Beispiel Hotlinekosten oder für den jeweiligen Bestellschritt relevante Fragen und Antworten in Layern oder Footerlinks verschwinden. In Live-Chat Bereichen werden den Nutzern außerhalb der verfügbaren Zeiten oft nur wenige Informationen geliefert und alternative Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme fehlen häufig komplett.Wichtig ist daher, dass – basierend auf dem Wissen über die Probleme und Fragestellungen der eigenen Nutzer – die Antworten zu häufigen Fragen bereits im Content platziert sind. Alle relevanten Informationen und vor allem solche, die mit Zusatzkosten verbunden sind, sollten transparent im Viewport der Kunden kommuniziert werden.
Die Nutzungsphase: Der letzte Eindruck entscheidet ebenfalls
Aus Sicht des Käufers beginnt der spannendste und kritischste Teil der Customer Journey erst nach dem Kauf. Erstaunlicherweise geschieht es sehr häufig, dass dieser Teil der Interaktion im Rahmen der Optimierungsbemühungen nur stiefmütterlich behandelt wird. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass die positive Einstellung und das freudige Gefühl der geglückten Transaktion nur so lange anhält, bis beispielsweise die Lieferung ausbleibt oder Pakete ankommen, in denen die Hälfte der Bestellung fehlt.
Wir leben im E-Commerce in einem Käufermarkt, der durch sehr hohe Ansprüche in den Bereichen Lieferzeiten und -kosten, Retourenbehandlung und Kulanz im Customer Care Management geprägt ist. Bemühungen sollten daher von Anfang an auch gezielt auf diesen Bereich der Customer Journey erweitert werden. Kunden sollten geeignete Anlaufstellen zur Problembehandlung zur Verfügung gestellt werden. Von den Auswirkungen eines ungenügenden Kundendialogs im Zusammenhang mit der Kommunikationskraft sozialer Netze können einige Unternehmen wie Dell, Jack Wolfskin, KitKat oder jüngst Abercrombie & Fitch aus eigener Erfahrung berichten. Denn der erste Eindruck ist nur so prägend, wie die Summe der folgenden Eindrücke.
https://www.youtube.com/O95DBxnXiSo (Mit Klick auf den Link verlassen Sie die estrategy-Magazin-Website. Es gelten die Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen des Drittanbieters.)
Fazit
Der Schlüssel zum Erfolg im modernen E-Commerce liegt in der Betrachtung des eigenen Angebots durch die Brille des Kunden. Nur wer seine Betriebsbrille absetzt und seine Nutzer, ihre Anforderungen, Fragen und vor allem auch Emotionen kennenlernt, kann seine Inhalte daran ausrichten und langfristig erfolgreich sein. Eine zentrale Rolle übernimmt dabei die Betrachtung der Customer Journey. Mit ihrer Hilfe können eigene Inhalte bewertet, Lösungen erarbeitet und die Ergebnisse messbar gemacht werden

Autor
Daniel Baule
Daniel Baule arbeitet als Experte für User Experience und Conversion Optimierung für die digitale Technik- und Kreativagentur TOMORROW FOCUS Technologies (TFT). Der Diplom-Informatiker verfügt über mehr als fünf Jahre Erfahrung in der Analyse, Optimierung und Konzeption von Weboberflächen im E-Commerce Umfeld.