E-Commerce Trend 2013: Internationalisierung – Drum prüfe, ob es sich lohnt

Verkaufsstarke Produkte können überall erfolgreich sein. Doch auch Nischensortimente bergen im Ausland möglicherweise besondere Chancen, wenn man die Vielfalt der unterschiedlichen (europäischen) Länder beachtet. Bei der Betrachtung der Erfolgschancen der Internationalisierung gilt es jedoch, im Vorfeld eine detaillierte Marktanalyse der Absatzchancen und eine realistische Planung des Aufwands durchzuführen.
Neukundengewinnung wird immer teurer
Auch wenn wir im E-Commerce den (Umsatz-) Gipfel noch lange nicht sehen, wird das Geschäft für bestehende Händler schon jetzt immer schwieriger. Denn die sog. Big Player ziehen ein immer größer werdendes Stück vom Kuchen auf ihren Teller. So erzielten die 100 stärksten Händler in 2011 bereits einen Umsatzanteil von 64,4 Prozent. Dazu kommt die derzeitige Entwicklung, dass sich Medienunternehmen mit ihrer Reichweite mittels Media-Deals stark in E-Commerce-Firmen einbringen oder diese selbst gründen. Auch ausländische Anbieter drängen mehr und mehr in den deutschen Markt. Dies hat auch zur Folge, dass Neukundengewinnung im Internet noch teurer wird.
Chancen für Wachstum stehen gut
Sofern das Kerngeschäft und die Prozesse auf gesunden Beinen stehen, kann die Internationalisierung für ambitionierte Onlinehändler in vielen Fällen der richtige Schritt für ein weiteres Wachstum sein. Immerhin können im europäischen Ausland teilweise deutlich höhere Verkaufserlöse erzielt werden. So zeigt ein aktueller Preisvergleich für verschiedene Produkte in acht europäischen Ländern nicht nur deutliche Unterschiede im erzielbaren Verkaufspreis, sondern auch bei den Marketingkosten.
Ein Tennisschläger des Modells Wilson Six One geht in Italien beispielsweise durchschnittlich für einen etwa 15% höheren Verkaufspreis über die virtuelle Ladentheke, als in Deutschland. Dies für sich allein betrachtet, mag noch keinen Sporthändler in Euphorie versetzen.

Weiss er jedoch, dass gleichzeitig die Marketingkosten zur Neukundengewinnung im Internet um über 40% niedriger als bei uns sind, dürfte dessen Reaktion schon ganz anders aussehen. Auch Frankreich wäre in diesem Fall ein interessanter Absatzmarkt für den Sporthändler, da er bei mehr als 20% niedrigeren Marketingkosten, einen um ebenfalls über 20% höheren Verkaufspreis erzielen kann. Und dies bei einer noch höheren Reichweite als in Deutschland für das Produkt. Auch wenn bei es bei der Analyse eines ausländischen Marktes auf weitaus mehr Kennzahlen, wie den Marktpreis und die Marketingkosten ankommt, zeigt dieses eine Beispiel bereits, dass es sich lohnt, sich mit dem Thema Internationalisierung auseinanderzusetzen.
Denn gerade deutsche Internethändler haben beste Chancen im Ausland. Der harte Wettbewerb, die niedrigen Preise, gute Versandkostenbedingungen und eine große Produktvielfalt machen deutsche Verkäufer im Verhältnis zu ausländischen Wettbewerbern oft überlegen. Es wundert daher umso mehr, dass die überwiegende Zahl der Verkäufer nur in Deutschland verkauft und nicht auch im Ausland auftritt, wo das Verkaufen oft leichter fällt.
Am Anfang steht die gründliche Vorbereitung
Bevor Shop-Betreiber grenzüberschreitend tätig werden können, ist es von elementarer Bedeutung, sich Kenntnisse über den ausländischen Markt anzueignen. Nur so lassen sich die Chancen auf dem neuen Markt richtig einschätzen.
Parallel oder bereits vorher sollte man zu diesen Marktuntersuchungen jedoch zwingend prüfen, ob man intern überhaupt für die Internationalisierung ausgerichtet ist bzw. welche Bedingungen dafür noch erfüllt werden müssen. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob die Shop-Software mehrsprachig eingesetzt werden kann, sondern vor allem auch darum, ob die eigenen Prozesse und Abläufe so sitzen, dass man ohne sein Kerngeschäft zu gefährden die Chancen in der Internationalisierung wahrnehmen kann.
Welche Länder zuerst?
Um zu entscheiden, in welchen Ländern man zunächst starten beziehungsweise recherchieren sollte, empfiehlt sich ein Blick in die Demografie der fraglichen Länder.
Erfreulicherweise gibt es mittlerweile für die meisten Länder ausreichend Zahlen zum dortigen E-Commerce-Markt.

Eine Matrix zur ersten Bewertung könnte daher wie folgt aussehen.

Der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus ist bei dieser Fragestellung ebenfalls hilfreich. Gibt es Mitbewerber, die bereits im Ausland aktiv sind, sollte man sich die enstprechenden Länder, in welchen diese bereits ein Auslandsgeschäft betreiben, als erstes ansehen. Dies kann, muss jedoch nicht, ein wichtiger Indikator dafür sein, welche Länder sich lohnen. Ansonsten gilt es wie sonst auch, Branchenentwicklungen genauestens zu beobachten und sich regelmäßig mit Kollegen aus der Branche oder anderen Onlinehändlern auszutauschen.
Marktanalyse lohnt sich
Konnte man die am wichtigsten erscheinenden Märkte lokalisieren, ist eine Detailbetrachtung unumgänglich, möchte man keine bösen Überraschungen erleben. Diese Aufgabe ist zeit- und dadurch kostenaufwendig, lohnt sich jedoch.
Im schlechtesten Fall, stellt man fest, dass sich das untersuchte Land nicht lohnt. Dann hat man sich jedoch das Geld und die Zeit für einen teuren Fehlschlag gespart. Und diese Kosten würden den Aufwand der Marktuntersuchung im Vorfeld um ein Vielfaches aufwiegen.
Und im positiven Falle hat man nicht nur eine solide Entscheidungsgrundlage geschaffen, sondern kann aus der Detailbetrachtung bereits wichtige Erkenntnisse für die Planung des Markteintritts ableiten.
Bei der Detailbetrachtung eines ausländischen Marktes sind folgende Informationen für das jeweilige Land zu ermitteln:
- Basisinformationen über das Land wie z. B. Einwohnerzahl und Einkaufsverhalten
- Marktgröße
- Stand und Entwicklung des E-Commerce-Marktes
- Wettbewerbsvergleich im Internet
- Verfügbare Vertriebskanäle
- Kosten des Online-Marketing (u.a. AdWords, eBay etc.)
- Kundenerwartungen
- Preisniveau / Preisvergleich
- SEO-Möglichkeiten
- Gängige Zahlarten
- Einschätzung der Versandkosten
- Erwartete Lieferzeit
- Rechtslage
Unterstützung bei der Recherche bietet hier auch shopanbieter.de. Der gemeinsam mit Partnern betriebene Infokanal veröffentlicht regelmäßig Länderinfos sowie einen Preisindex zu verschiedenen Produkten für mehrere europäische Länder.
Fehler vermeiden
Viele interessierte Onlinehändler gehen die Internationalisierung nach wie vor falsch an, stellt Henning Heesen, Countrymanager des Dienstleisters Salesupply AG, bei seinen Gesprächen mit potentiellen Kunden immer wieder fest: „Sprachbarrieren, fehlende Kenntnisse zur Rechtslage und kulturelle Unterschiede sind die häufigsten Ursachen für misslungene Auslandsexpansionen eines Online-Shops.“
Neben den modifizierten Aufgabenstellungen, zum Beispiel in Marketing und Logistik, gibt es bei der Internationalisierung ein paar neue Herausforderungen zu bewältigen, bevor man im Ausland von den Wachstumschancen profitieren kann.
So liegt einer erfolgreichen Internationalisierung eine professionelle Lokalisierung zugrunde. Produkt- und Hilfstexte müssen für die jeweilige Landessprache, zumindest jedoch auf Englisch, bereitgestellt werden. Es gelten andere rechtliche Bedingungen und es sind andere Bezahlmethoden gängig.
Außerdem gelten im jeweiligen Land möglicherweise andere Gepflogenheiten bei der Ansprache im werblichen Sinne oder bei Designs und Layouts. Um Vertrauen beim Kunden zu schaffen, ist es erfahrungsgemäß auch hilfreich oder sogar wichtig, eine lokale Adresse und Telefonnummer zu nutzen. Dies gilt genauso wie für einen muttersprachlichen Ansprechpartner für die Kunden.
Autor

Peter Höschl
Peter Höschl bewegt sich seit 1997 beruflich im Internethandel und verfügt über große gelebte Praxiserfahrung. Heute berät und begleitet er vor allem mittelständische Unternehmen im E-Commerce. Da er die Internationalisierung als eines der wichtigsten künftigen Themen im Onlinehandel erkannt hat, hob er gemeinsam mit Partner vor kurzem den kostenlosen Infokanal Internationalisierung mit Länderinfos, Nachrichten und einem Preisindex aus der Taufe.