Der Mix macht‘s – Zahlungsverfahren im Onlinehandel

Heutzutage bietet das Internet dem Käufer zahlreiche Möglichkeiten, seine Einkäufe online zu erledigen. Das Angebot ist enorm. Es reicht von Büchern über Kleidung und Elektronik bis hin zu Möbeln und Lebensmitteln. Und das ist noch lange nicht alles. Doch die Hochstimmung, die beim Onlineshopping aufkommt, verschwindet beim Käufer oftmals gleich wieder, sobald er bezahlen möchte und keines der angebotenen Zahlungsverfahren für ihn in Frage kommt. Im Folgenden werden Status quo, aktuelle Trends und Entwicklungen im Bezahlverhalten der Käufer im E-Commerce dargestellt.
Der Umsatz im deutschen Onlinehandel steigt jährlich stetig an und erreichte 2012 sogar das bisherige Höchstmaß von 37,3 Milliarden Euro. Auch für dieses Geschäftsjahr wird ein Wachstum von 21,3% prognostiziert [1]. Grund dafür ist u. a. die zunehmende Anzahl an Kunden, die die Vorteile des Onlineshoppings nutzt. Wird dem Kunden sein bevorzugtes Zahlungsverfahren jedoch nicht angeboten, kann dies zu einem Kaufabbruch führen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Onlinehändler ein kundenfreundliches Portfolio an Zahlungsverfahren auswählen und anschließend implementieren.
Die große Vielfalt an Zahlungsverfahren erschwert die Entscheidung für Onlinehändler
Zuerst müssen sich Onlinehändler einen Überblick über die Zahlungsverfahren, die es auf dem deutschen Markt gibt, verschaffen, um im Anschluss geeignete Bezahlverfahren auszuwählen. Dem Kunden werden beim Bezahlen im Internet viele, vom stationären Handel bekannte, Bezahlverfahren sowie auch speziell für den elektronischen Handel entwickelte Verfahren, sogenannte E-Payment-Verfahren, angeboten. Die Angebotspalette der verfügbaren Zahlungsverfahren reicht von den „Klassikern“, zu denen Überweisung (Vorkasse, Rechnung), Lastschrift, Kreditkarte und Nachnahme gehören, bis hin zu Direktüberweisungsverfahren (z. B. giropay, SOFORT Überweisung), nutzerkontounabhängigen Verfahren (z. B. paysafecard) und nutzerkontoabhängigen Verfahren (z. B. PayPal, Bezahlen über Amazon, mpass, Skrill, ClickandBuy). Eine Sonderform bei den E-Payment-Verfahren stellen M-Payment-Verfahren dar. Dazu gehören alle Zahlungsverfahren, mit denen Bezahlvorgänge über mobile Endgeräte am Point of Sale oder im Internet abgewickelt werden können.
Die „richtige“ Kombination einzelner Zahlungsverfahren ist das A und O
Als Onlinehändler muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass kein Verfahren alle Anforderungen in gleichem Maße erfüllt. Häufig stellen Händler fest, dass es schwierig ist, sowohl die eigenen Interessen als auch die der Kunden zu vereinen, da sie unterschiedliche Erwartungen an Bezahlverfahren stellen. Ein einziges Zahlungsverfahren anzubieten reicht daher meist nicht aus. Deswegen bietet der Großteil der Onlinehändler zwischen drei und fünf Zahlungsverfahren an, denn es hat sich gezeigt: Je größer das Angebot an Zahlungsverfahren, desto niedriger ist die Kaufabbruchquote [2]. Jeder Händler muss dabei selbst entscheiden, welche Zahlungsverfahren für seine Zielgruppe, Branche und Produktart am geeignetsten sind und für ihn die geringsten Kosten und Risiken bergen.
Aus administrativen und finanziellen Gründen kann kaum ein Onlinehändler alle Zahlungsverfahren anbieten, auch wenn jeder Kunde dann das von ihm favorisierte Zahlungsmittel nutzen könnte. (Stefan Weinfurtner)
Was bei der Auswahl der Zahlungsverfahren zu beachten ist
Bei der Auswahl geeigneter Zahlungsverfahren gilt es, auf die Akzeptanz bei den Kunden, das Zahlungsausfallrisiko und die Kosten der jeweiligen Zahlungsverfahren zu achten. Vor allem die Kundenakzeptanz spielt eine wichtige Rolle. Sie ist für den Käufer sogar von größerer Bedeutung als der Zahlungsausfallschutz und die Kosten. Aber nicht nur diese drei Aspekte sind für den Onlinehändler bei der Auswahl passender Bezahlverfahren zu berücksichtigen, sondern auch eine Durchgängigkeit des Bezahlprozesses sowie gegebenenfalls eine einfache Rückabwicklung.
Einen Überblick über die einzelnen Zahlungsverfahren und deren Beurteilung bietet Tabelle 1. Darin finden sich Erkenntnisse aus aktuellen Studien sowie Meinungen und Einschätzungen von Experten und Onlinehändlern wieder. Die Gewichtung der Bewertung kann aber je nach Situation des Händlers abweichen. Da der Integrationsaufwand z. B. von der Händlersituation im Bezug auf das verwendete Shop-System oder das technische Know-how abhängt, wurde dieses Kriterium nicht in die Tabelle mit aufgenommen.
Senkung der Kaufabbruchquote durch Einführung einzelner Zahlungsverfahren
Nur wenn der Kunde ein für ihn akzeptables Zahlungsverfahren vorfindet, wird der Kaufvorgang erfolgreich abgeschlossen und der Umsatz überhaupt generiert. Die Rechnung ist dabei mit Abstand das beliebteste Zahlungsverfahren bei allen Kunden. Vor allem Menschen ab 55 Jahren präferieren dieses Verfahren. Neben der Rechnung, mit der 45 % am liebsten bezahlen, stehen noch Kreditkarte (20 %) und PayPal (19 %) hoch im Kurs. Kunden beurteilen die Zahlung per Rechnung im Hinblick auf Sympathie, Sicherheit, Datenschutz, Weiterempfehlungswahrscheinlichkeit, Kaufrückabwicklungsmöglichkeit und allgemeine Nutzungsabsicht im In- und Ausland als bestes Zahlungsverfahren. Bietet man die Rechnung im Onlineshop als Bezahlverfahren an, lässt sich die Kaufabbruchquote sogar um fast 80 % reduzieren. Nur hinsichtlich der nutzerfreundlichen Handhabung und der Schnelligkeit der Lieferung muss sich die Rechnung der Kreditkarte und PayPal geschlagen geben. Bei Einführung der Kreditkarte als Zahlungsverfahren verringert sich die Kaufabbruchquote im Durchschnitt um 68 %, bei PayPal um 55 %. Auch das zusätzliche Angebot von Lastschrift (40 %) und SOFORT Überweisung (22 %) reduzieren den Anteil an Kaufabbrüchen [2].
Die Zahlung per Vorkasse ist dagegen im Ansehen der Kunden gesunken. Wird im Web-Shop nur Vorkasse angeboten, weichen inzwischen neun von zehn Kunden auf einen anderen Anbieter aus. Ist keiner verfügbar, brechen trotzdem mehr als 50 % der Käufer den Kaufvorgang ab. Der Händler verliert dadurch potentielle Umsätze.
Noch unbeliebter als die Vorkassezahlung ist nur die Zahlung per Nachnahme. Im Vergleich zu 2008 ist die Bereitschaft, per Nachnahme zu zahlen, um das Dreifache gesunken. Grund dafür sind zum Beispiel die Nachnahmegebühren. Kauft ein Kunde jedoch teure physische Produkte, so nutzt er dennoch eher die Nachnahme als bei günstigen Produkten.
Bietet ein Händler ausschließlich die Zahlung per SOFORT Überweisung und per Vorkasse an, würden 67 % der Kunden den Web-Shop verlassen und nach einem anderen Verkäufer suchen. Wird dem Kunden dagegen neben der Vorkasse die Lastschrift angeboten, würden sich 56 % für die Zahlung per Lastschrift entscheiden und nur vier von zehn Online-Käufern würden den Kaufvorgang abbrechen. Auch die Zahlung per Kreditkarte hat an Zuspruch gewonnen. Nur ein Viertel der Kunden sucht sich einen anderen Anbieter, wenn ihnen ausschließlich Kreditkarte und Vorkasse angeboten werden. Vor fünf Jahren waren es noch 36%, die den Web-Shop verlassen und sich einen anderen Händler gesucht hätten. Es sind also inzwischen mehr Leute bereit, per Kreditkarte zu bezahlen. Drei von fünf Onlinekäufern würden auch per PayPal bezahlen, wenn ihnen beim Bezahlvorgang nur Vorkasse und PayPal zur Verfügung stehen würden.
Klarer Favorit der Käufer ist aber der Kauf auf (offene) Rechnung. Werden nur Kauf auf Rechnung und Vorkasse angeboten, wählen mehr als vier von fünf Kunden die Zahlung per Rechnung.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Rechnung, Kreditkarte, PayPal, Lastschrift, SOFORT Überweisung und Vorkasse bei den Kunden die beliebtesten Zahlungsverfahren sind. Händler, die diese Bezahlverfahren anbieten, können ihre Kaufabbruchquote beinahe auf null senken. Nur 1 % der Kunden wünscht sich ein anderes Bezahlverfahren wie beispielsweise die Nachnahme. Jedoch bringt dies dem Händler nicht immer Vorteile, denn trotz des Angebots zusätzlicher Zahlungsverfahren bleibt die Kaufabbruchquote fast gleich.
Bietet man die sechs beliebtesten Zahlungsverfahren an, reduziert sich die Kaufabbruchquote nahezu vollständig! (Holger Seidenschwarz)
Einflussfaktoren auf die Wahl des Zahlungsverfahrens
Aber nicht nur durch die Einführung bestimmter Zahlungsverfahren kann die Kaufabbruchquote gesenkt werden, sondern auch durch weitere Maßnahmen wie Gütesiegel. Verfügt der Onlineshop über eine Zertifizierung, brechen weniger Kunden den Kaufvorgang ab, denn ein Gütesiegel schafft Transparenz und Verlässlichkeit und stärkt die Glaubwürdigkeit des Onlinehändlers. Dadurch sind auch mehr Kunden dazu bereit, per Vorkasse zu bezahlen. Auch ein Rabatt von 3% steigert den Anteil an Vorkassezahlungen. Die Zahl der Kunden, die per Vorkasse bezahlen, steigt sogar auf 44%, wenn der Onlinehändler einen Versandkostenrabatt anbietet. Viele Kunden ziehen einen Preisnachlass bei den Versandkosten sogar dann noch vor, wenn die prozentuale Ermäßigung auf ein teures Produkt günstiger wäre.
Die Wahl eines Zahlungsverfahrens hängt außerdem stark von soziodemographischen Merkmalen ab. So möchten Frauen häufiger per Rechnung bezahlen als Männer, während bei diesen Kreditkarte und PayPal häufiger zum Einsatz kommen als bei Frauen. Auch im Hinblick auf die Einkommenshöhe sind Unterschiede feststellbar. Niedrigverdienende schätzen besonders die Rechnung, Personen mit höherem Einkommen hingegen präferieren die Kreditkarte. Neben dem Geschlecht und der Lohnhöhe spielen auch die Erfahrung bei Onlineeinkäufen und das Alter eine Rolle bei der Entscheidung für ein Bezahlverfahren. Ist ein Kunde im Onlineshopping noch unerfahren, entscheidet er sich meist für die Zahlung per Rechnung, wohingegen sehr Erfahrene gerne PayPal nutzen. Während sich jüngere Onlinekäufer eher für E-Payment-Verfahren entscheiden als ältere, nutzen Personen zwischen 26 und 55 Jahren am liebsten die Kreditkarte. Die Beliebtheit der Rechnung nimmt mit steigendem Alter zu. Onlinehändler, die Produkte für eine Zielgruppe bestimmten Alters anbieten, sollten also dies in ihre Überlegungen mit einbeziehen.
Fazit: Jeder Onlinehändler muss für sich selber entscheiden, welche Zahlungsverfahren er anbietet
Das richtige Portfolio an Zahlungsverfahren ist essentiell für den Erfolg eines Unternehmens. Findet der Kunde nämlich sein favorisiertes Zahlungsmittel nicht, weicht er häufig auf einen anderen Onlineshop aus, denn die Konkurrenz im Web ist nur einen Mausklick entfernt. Bei der Auswahl passender Bezahlverfahren sollte der Onlinehändler ein gesundes Gleichgewicht aus seinen Anforderungen und den Zahlungspräferenzen seiner Kunden anstreben. Man darf jedoch nicht vergessen, dass es kein „perfektes“ Zahlungsverfahren gibt, denn sowohl Kunden als auch Onlinehändler haben ihre eigenen individuellen Bedürfnisse. Hat man sich letztendlich für ein Portfolio entschieden, so sollte man darauf achten, dieses kontinuierlich zu optimieren, denn der E-Payment-Markt und auch die Kundenwünsche entwickeln sich ständig weiter.
Literatur:
[1] Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh): Interaktiver Handel in Deutschland. Ergebnisse 2012, Berlin 2013.
[2] Stefan Weinfurtner, Dr. Georg Wittmann, Dr. Ernst Stahl, Michael Wittmann, Sabine Pur, Thomas Bolz: Erfolgsfaktor Payment. Der Einfluss der Zahlungsverfahren auf Ihren Umsatz, 2. Auflage, Regensburg 2013.
[3] Stefan Weinfurtner, Dr. Georg Wittmann, Dr. Ernst Stahl, Sabine Pur, Michael Wittmann, Thomas Bolz: E-Payment-Barometer (Januar 2013) – Fokus: Mobile Payment, Regensburg 2013.
[4] Stefan Weinfurtner, Dr. Ernst Stahl, Dr. Georg Wittmann: Die Qual der Wahl – Auswahl von Zahlungsverfahren für Onlineshops. In: heise resale – Ratgeber für den Onlinehändler, Hannover 2013.

Autoren
Stefan Weinfurtner
Stefan Weinfurtner und Holger Seidenschwarz sind Consultants bei der ibi research an der Universität Regensburg GmbH. Das Beratungs- und Forschungsinstitut ibi research betreibt anwendungsorientierte Forschung und Beratung mit Schwerpunkt auf Innovationen rund um Finanzdienstleistungen und den Handel. Zugleich bietet ibi research umfassende Beratungsleistungen zur Umsetzung der Forschungs- und Projektergebnisse an und ist Initiator und Herausgeber des E-Commerce-Leitfadens.

Holger Seidenschwarz