Das neue SEO für Shopbetreiber: Fünf Paradigmenwechsel und fünf Empfehlungen für wichtige SEO-Maßnahmen

SEO ist nach wie vor für viele Shopbetreiber ein Buch mit sieben Siegeln. Viele Spielregeln haben sich in letzter Zeit geändert, aber viele Onlinehändler stehen diesen Änderungen noch etwas konfus gegenüber. Dieser Artikel fasst zunächst zusammen, welche Paradigmenwechsel wirklich wichtig sind. Außerdem geht es um konkrete Maßnahmen, die dann im nächsten Jahr umgesetzt werden sollten.
Bevor man sich an Neues vorwagt, ist es aber wichtig anzuerkennen, dass die "guten", "einfachen" Zeiten wirklich vorbei sind. Einfach ein paar Links kaufen, einfach viertklassigen Content in das eigene Blog importieren – all das funktioniert nach diversen Google-Updates (Panda, Penguin, Hummingbird, ...) einfach nicht mehr. Google hat eine Vielzahl an Möglichkeiten, "gute" von "schlechten" Websites zu unterscheiden. Diese Möglichkeiten werden mit der Zeit auch sicherlich noch weiter verbessert werden, so dass man eben zunächst ein wichtiges Mantra verinnerlichen muss: keine Tricks, keine Abkürzungen. Vielmehr sollte man daran arbeiten, wirklich das beste Suchergebnis zu werden. Sicherlich sollte man nicht ganz so blauäugig sein, denn Google arbeitet primär auf der Basis von Algorithmen. Es kann also durchaus sein, dass der allerbeste Shop trotzdem in den Suchergebnissen hinten steht, weil wichtige Signale fehlen.
Fünf Paradigmen, die Shopbetreiber verinnerlichen müssen
(1) Mobile matters
Die mobile Nutzung des Internets nimmt immer stärker zu. Tablets und Smartphones machen einen immer größeren Anteil an Seitenabrufen aus. Und Google muss dem natürlich auch Rechnung tragen. An einem neuen "Feature" kann man dabei ablesen, was Google im Sinn hat: Wenn man mit einem Mobilgerät ohne Flash (also z. B. mit Android-Betriebssystem) Google nutzt und ein Suchergebnis sieht, bei dem die entsprechende Seite überwiegend oder komplett auf Flash basiert, warnt Google mittlerweile proaktiv vor dem Besuch der Seite. Es geht hier also darum, dass die gesamte Nutzererfahrung der Suche stimmen soll. Denn: Was hilft es, wenn jemand aus einer Suche auf ein Ergebnis klickt, das dann auf dem jeweiligen Endgerät gar nicht funktioniert? Wer also eine suboptimale Website für mobile Nutzer hat, kann in Zukunft durchaus Nachteile in der mobilen Suche erfahren. Dass Google Websitebetreiber motivieren möchte, über ihre mobile Website nachzudenken, erkennt man auch daran, dass seit einigen Wochen in den Google Webmaster Tools ein neuer Report namens "Benutzerfreundlichkeit auf Mobilgeräten" angeboten wird. Ob man nun die Google Webmaster Tools nutzt oder direkt auf das Google-Tool "PageSpeedInsights" (siehe Abbildung 1, developers.google.com/speed/pagespeed/insights/) setzt: Mobile Websites werden sicherlich noch wichtiger werden, so dass Shopbetreiber ihre Websites "mobile-friendly" machen sollten. Als Betreiber kann man z. B. verschiedene Reports aus dem eigenen Web-Analyse-Tool abrufen, um Handlungsbedarf zu erkennen: Sind die Absprungraten der mobilen Nutzer im Vergleich zu denen der Desktop-Nutzer zu hoch? Auch sollte geprüft werden, ob der eigene Shop auf allen relevanten mobilen Endgeräten gut funktioniert.
(2) Nutzersignale
Für das Panda-Update hat Google einen Fragenkatalog veröffentlicht (http://googlewebmastercentral.blogspot.de/2011/05/more-guidance-on-building-high-quality.html), aus dem ersichtlich wird, was der Suchmaschinenbetreiber von einem Suchergebnis erwartet. Dabei geht es allerdings gar nicht darum, ob ein Suchbegriff drei oder vier Mal auf einer Seite vorkommt, sondern vor allem um "softe Faktoren", also z. B. die Vertrauenswürdigkeit der Website.
Vieles davon kann Google auch algorithmisch lernen, indem man die Software mit Listen von guten und schlechten Websites trainiert. Google kann allerdings auch auf echte Nutzersignale zurückgreifen, die man eben nicht so leicht fälschen kann. Wie weit Google dabei geht und welche konkreten Signale dabei zum Einsatz kommen, ist sicherlich umstritten. Unumstritten unter SEOs ist aber sichtlich, dass Google Nutzersignale verarbeitet. Und deswegen sollte man sich auch stärker mit seinen Nutzern beschäftigen. Interessant ist dabei z. B. das Benchmarking von Google Analytics (siehe Abbildung 2). Damit kann man seine eigenen Nutzerdaten (wie lange ist der Besucher auf der Website? Wie oft springt er ab? ...) in Vergleich zu anderen ähnlichen Websites stellen. Man kann natürlich auch "normale" Reports wie die Auswertung der Absprungraten auf Einstiegsseiten nutzen, um herauszufinden, an welchen Stellen Nutzer die eigene Website überdurchschnittlich oft verlassen – und so evtl. negative Signale erzeugen.
(3) Erwähnungen oder Links?
In der Vergangenheit war Google sehr anfällig für Rankingmanipulationen, da die Suchmaschine durch den Aufbau von externen Links beeinflusst werden konnte. Und da lange Zeit die Qualität dieser Verlinkungen relativ egal war, lag der Fokus über Jahre hinweg auch auf Maßnahmen, die heutzutage nicht mehr funktionieren bzw. sogar kontraproduktiv sind. Was Google allerdings alles messen kann, sieht man z. B. bei Google Trends. Wer dort mal nach "hessnatur" sucht, sieht in dem Chart einige Buchstaben, die auf interessante Beiträge verlinken. Wie in dem in Abbildung 3 dargestellten Beispiel ist dabei ein Beitrag aus der Frankfurter Rundschau hervorgehoben, in dem es um den Anbieter hessnatur geht. Wie man der Überschrift entnehmen kann, geht es dabei auch um das Wort "Ökomode". Wer alle Erwähnungen von hessnatur nebeneinander legt, wird wohl feststellen, dass das Wort "Ökomode" in vielen dieser Erwähnungen erscheint – ein Indiz dafür, dass hessnatur wohl etwas mit Ökomode zu tun hat. Und sehr wahrscheinlich sollte das auch dann dabei helfen, dass die hessnatur-Website für Suchbegriffe rund um Ökomode gefunden wird. Um Links geht es dabei gar nicht unbedingt. Viele der in Google Trends genannten Beiträge verlinken gar nicht direkt auf die Website. Und dennoch kann man annehmen, dass auch Erwähnungen dem Ranking sehr hilfreich sind. Sind Erwähnungen deswegen "die neuen Links"? Ganz so einfach ist es wohl nicht, aber dennoch werden Erwähnungen in Zukunft wohl immer wichtiger werden, so dass Shopbetreiber sich hier einer grundsätzlichen Frage stellen sollten: Warum sollten alle für die eigene Branche relevanten Medien etwas über den eigenen Shop/die eigene Marke schreiben?
(4) Links mit Traffic
Obwohl Erwähnungen wohl wichtig sind, verlieren externe Links natürlich nicht an Wert. Aber auch hier können Suchmaschinen mittlerweile viel weiter schauen. So geht es primär gar nicht mehr unbedingt darum, Links aufzubauen, sondern auch noch darum, dass Links aufgebaut werden, die dann auch zu Traffic führen. Also: Ein echter Mensch klickt auf einen Link und besucht in der Folge den eigenen Shop.
Das ist natürlich entgegengesetzt zu dem, was Unternehmen lange Zeit beim Linkaufbau beachtet haben. Dabei ging es um Vitaldaten von Links: Wie gut ist die Website verlinkt? Wie thematisch passend ist sie? Aber es ging nicht darum, ob wirklich auch jemals jemand auf den Link klickt.
Die Konsequenz ist dabei klar: Es geht nicht mehr darum, Links irgendwo und auf irgendwelchen Websites abzulegen. Mit Hilfe von Excel kann man hier ja mal den Test machen: Wer eine Liste aller seiner externen Links hat, sich aus der Web-Analyse den Traffic über eingehende Links holt und beides z. B. mit einem SVERWEIS abgleicht, wird schnell feststellen, dass man viele Links hat, die aber zu keinerlei menschlichen Besuchern führen. Man wird aber auch sehen, dass über einige Links auch reale Besucher kommen – und diese Links gilt es zukünftig verstärkt aufzubauen.
(5) Qualität der Inhalte
Vor allem das Panda-Update hat den Fokus auf die Qualität gelegt. Und vor allem bei textlichen Inhalten ist das sehr wichtig. Es geht nicht mehr darum, 250 Wörter zu schreiben, in denen ein Suchbegriff dann ca. fünf Mal vorkommt. Vielmehr sollen hochwertige Texte entstehen.
Wer also ein Blog sein Eigen nennt, sollte vermehrt auf das achten, was dort geschrieben wird. Ist das noch "Old-School-Content", der billig über Textdienstleister eingekauft wird? Oder ist der Text wirklich lesenswert und hilfreich? Im Zweifel gilt dann die Devise: Lieber weniger Texte, aber dafür mehr Qualität.
Maßnahmen, die Shopbetreiber in 2015 angehen sollten
(1) Wissen aufbauen, Tools nutzen
Viele Shops werden zukünftig mehr in Content und Aktionen investieren müssen. Wer SEO nicht einfach an eine Agentur auslagert, hat aber oft nicht die Kenntnisse darüber, was im Internet gut funktioniert. Um aber effektiv arbeiten zu können, muss man genau das wissen. Hier muss entsprechendes Know-how aufgebaut werden. Und vor allem benötigt man Tool-Unterstützung, um z. B. von seinen Konkurrenten oder von wichtigen Portalen lernen zu können. Das muss nicht einmal unbedingt Geld kosten.
So kann man z. B. für die Analyse von Inhalten, die gut in sozialen Netzwerken funktioniert haben, das Tool Buzzsumo (http://buzzsumo.com/ )kostenlos nutzen. Nach Eingabe eines Suchbegriffs erfährt man dann, welche Inhalte besonders viele soziale Signale (Likes, Shares, Tweets, ...) erhalten haben. Und daraus kann man dann lernen und ähnliche Inhalte bereitstellen.
Wer wissen will, welche Inhalte besonders oft extern verlinkt wurden, kann die Linkdatenbank Majestic nutzen (https://majestic.com/). Hier gibt es auch eine kostenlose Version, die man eingeschränkt nutzen kann. Interessant ist dort vor allem der Tab "Pages", der sehr übersichtlich anzeigt, welche Seiten einer Website häufig verlinkt wurde. Wenn man alle Konkurrenten und Portale überprüft, erhält man oft viele gute Ideen für eigene Aktionen und Inhalte.
Wie gesagt: Ohne solche Tools, die ja zum großen Teil nicht einmal etwas kosten, sollten Shopbetreiber keine Schritte unternehmen, da man ansonsten viel Energie für wenig Resultate verschwendet.
(2) Kunden fragen
Man darf allerdings nicht nur aus der Vergangenheit lernen. Vielmehr sollte man auch seine eigenen Kunden befragen, um herauszufinden, welche Themen für diese interessant sind – um diese dann auch selber liefern zu können. So kann man seinen Kunden im Rahmen eines Newsletters oder auch nach der Bestellung die folgenden Fragen stellen:
- Welche Themen, die mit Ihrem Kauf in meinem XYZ-Shop zu haben, sind für Sie besonders wichtig?
- Welche Websites nutzen Sie regelmäßig, um sich über Themen rund um XYZ zu informieren?
- Welche Inhalte vermissen Sie in unserem Shop?
(3) 12x Content
Basierend auf den Ergebnissen der Konkurrenzanalyse und der Kundenbefragung sollten Sie dann für jeden Monat eine konkrete Maßnahme umsetzen. Das kann z. B. sein:
- Ein Erklär-Video zum Thema X
- Ein großes Ratgeber zum Thema Y
- Ein Gewinnspiele für Produkte der neuen, hippen Marke Z
- Ein Interview mit Professor H, dessen Meinungen die Branche grundsätzlich umtreiben
Nach jeder Aktion sollte man die Ergebnisse festhalten, um dann vielleicht im nächsten Jahr bevorzugt Aktionen umzusetzen, die besonders oft zu guten Ergebnissen geführt haben.
(4) Web-Analyse effektiv nutzen
Viele Shopbetreiber nutzen nach wie vor ihre Web-Analyse nicht, um aus dem Traffic der eigenen Website zu lernen. So kann man z. B. Google Analytics sehr gut und vor allem kostenlos nutzen, um Sieger und Verlierer unter verschiedenen Aspekten zu ermitteln. Welche Rubriken generieren am meisten Umsatz, welche am wenigsten? Welche Produktseiten funktionieren am besten, welche am schlechtesten?
Nach wie vor findet man bei vielen Shopbetreibern noch immer "gefühlte Wahrheiten" wie "Unser YouTube-Kanal ist für uns besonders wichtig". Wenn man dann aber gezielt nachfragt, auf welchen Fakten diese Erkenntnisse beruhen, stellt man oft fest, dass es dafür eben keine Faktenlage gibt. Und das, obwohl man viele der Entscheidungen mittels Web-Analyse durchaus klären kann.
(5) On-Page-Optimierung
Es gibt bei den meisten Onlineshops immer noch viele Möglichkeiten, etwas an der Website selber zu ändern, um diese besser für Suchmaschinen abzubilden. Seien es Canonical-Tags für Duplicate Content, hreflang-Tags für die Abbildung der internationalen Inhalte oder auch prev-next-Tags für die korrekte Markierung von paginierten Seiten: In diesen oftmals recht kleinen Baustellen steckt manchmal viel Potenzial.
Aber auch viele textliche Optimierungen bieten Potenziale: Sales-starke MetaDescriptions führen zu relevanten Suchergebnissen mit hoher Klickrate, auf Suchbegriffe abgestimmte Seitentitel können sowohl das Ranking als auch die Klickrate beeinflussen, HTML-Markup sorgt für die Übermittlung wichtiger strukturierter Informationen an Suchmaschinen. Wer seine Website in Bezug auf On-Page-Potenziale einmal ordentlich auf den Prüfstand stellt, wird hier viele Potenziale finden. Man kann sich hier auch sehr gut von Tools wie Strucr.com helfen lassen, die die gesamte Website crawlen und dann konkrete Empfehlungen für unterschiedliche Teilbereiche geben.
Fazit
Die SEO-Spielregeln haben sich absolut geändert. Wer immer noch auf der Suche nach Tricks ist, setzt sehr wahrscheinlich auf das falsche Pferd. Es geht vielmehr darum, echte Menschen vom eigenen Shop und dessen Inhalten zu begeistern – in der nicht unbegründeten Hoffnung, dass Google diese Begeisterung auch erkennt und mit entsprechend guten Rankings belohnt.
Autor

Markus Hövener ist geschäftsführender Gesellschafter und Head of SEO der SEO-/SEM-Agentur Bloofusion. Darüber hinaus bloggt er zu SEO-Themen für die Internetkapitäne, ist Chefredakteur vom SEO-/SEM-Magazin suchradar, hält Vorträge auf Konferenzen (SMX, Conversion Conference, SEOkomm, Search Conference, …) und ist Autor vieler Studien und Analysen.
www.bloofusion.de