CRM – erfolgreiche Kundenpflege im E-Commerce

Der Erfolg eines Unternehmens, das seinen Umsatz hauptsächlich oder sogar ausschließlich mit dem Internet erzielt, hängt maßgeblich von der Kundenpflege ab. Selbstverständlich ist es nach wie vor wichtig, neue Kunden zu gewinnen und geeignete Marketingmethoden einzusetzen. Doch angesichts der Tatsache, dass Kundenbindung weitaus günstiger ist als Neukundengewinnung, stellt sich die Frage, auf welches Pferd man langfristig setzen sollte. Dieser Artikel erläutert, worauf es beim elektronischen Kundenmanagement – dem e-CRM – ankommt und welche Möglichkeiten es bietet.
CRM und e-CRM
Schon mit der Bestimmung der Begrifflichkeiten tut sich die Fachwelt schwer: Zunächst einmal gilt es zu verstehen, dass es sich bei dem Customer-Relationship-Management (CRM) nicht etwa um eine Software handelt, die Kundendaten verwaltet. Vielmehr ist damit die Ausrichtung eines Unternehmens auf die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden gemeint. Diese zu ermitteln und zu bedienen ist Hauptaufgabe des CRM.
Das e-CRM stellt nun die Erweiterung des CRM dar – und an dieser Stelle beginnen die Meinungen auseinanderzugehen: Für die einen ist das e-CRM lediglich eine technische Erweiterung des CRM, also eine Methode zur elektronischen Verarbeitung von kundenbezogenen Daten. Für die anderen hingegen handelt es sich dabei um eine Vervielfältigung der Möglichkeiten des CRM, die durch die Einbeziehung des Internets entsteht. Über das Internet und alle Medien die darin enthalten sind lassen sich nämlich weitere Kundendaten generieren und die Kundenbindung verbessern.
Doch bevor es um die Möglichkeiten der Kundenbindung mithilfe des Internets geht, wollen wir uns die technische Seite des e-CRM anschauen. Dabei wird zwischen analytischem, operativem und kommunikativem e-CRM unterschieden.
Analytisches e-CRM
Hierbei geht es um die Speicherung und Analyse von kundenbezogenen Daten. Diese werden in einem sogenannten Data-Warehouse (zu Deutsch: Datenlager) aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt, transformiert und bereinigt. Dazu gehören unter anderem Daten wie
- Umsatzzahlen,
- Stammdaten (Name, Adresse),
- Kaufhistorie
- und Kundenwert.
Aus diesen Daten kann dann beispielsweise ein dreidimensionales Modell erstellt werden, aus dem hervorgeht, wann welche Produkte zu welchen Stückzahlen gekauft wurden. Dieses Verfahren wird OLAP (Online Analytical Processing) genannt. Hierbei ist zu beachten, dass nur Daten gemeinsam ausgewertet werden können, die in einem direkten Zusammenhang zueinander stehen, so wie in diesem Fall der Zeitpunkt des Kaufs, die Anzahl der Verkäufe und die Art des Produktes. Selbstverständlich ist es möglich, die Daten in anderer Art und Weise aufzuarbeiten, hierzu stehen Software-Lösungen zur Verfügung, die die Informationen in unterschiedliche graphische Formate wandeln.
Ein weiteres Verfahren zur Analyse von kundenbezogenen Daten ist das Data-Mining. Hierbei handelt es sich um Methoden, die dazu dienen, aus großen Datenmengen Muster zu generieren. Dafür gibt es ein anschauliches Beispiel: Wer bei Amazon Produkte kauft oder sich auch nur ansieht, bekommt zusätzliche Produktvorschläge angezeigt. Diese Vorschläge beruhen auf Warenkorbanalysen, nach denen zum Beispiel mehrere Kunden bestimmte Produkte zusammen kauften. Diese Methode wird Assoziierung genannt.
Ein ebenfalls weit verbreitetes Verfahren ist das Clustering, bei dem über Eigenschaftswerte Gruppen gebildet werden. Es kann sich dabei beispielsweise um Produkt- oder Kundengruppen handeln, die dann individuell zugeordnet, beziehungsweise angesprochen werden können. So lassen sich auch Neukunden einem bestimmten Cluster zuweisen, um ihnen von Anfang an passende Angebote machen zu können.
Operatives e-CRM
Das operative e-CRM umfasst alle Maßnahmen zur Verbesserung des direkten Kundenkontakts. Hierzu gehört die Bereitstellung von Kundeninformationen, die beispielsweise den Mitarbeitern der Service-Hotline helfen, schnell und präzise auf den Kunden einzugehen. Detaillierte Kundendaten vermitteln ein professionelles Bild und schaffen Vertrauen im Gespräch. Zusätzlich können diese Daten dem Vertrieb nützen, indem sie Auskünfte über die Kunden liefern, die maßgeschneiderte Angebote ermöglichen. Einen weiteren wichtigen Punkt stellt die Analyse von Beschwerden dar, aus denen beispielsweise hervorgeht, welcher Art die Beschwerden sind, welche Probleme gelöst werden konnten oder wie lange die Mitarbeiter für die Bearbeitung brauchten.
Kommunikatives e-CRM
Der kommunikative Teil des e-CRM hat zur Aufgabe, die einzelnen Kommunikationskanäle zu bündeln und zu verwalten. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, mit dem Kunden auf die Art und Weise zu kommunizieren, die er bevorzugt. Zu den häufigsten Kanälen zählen hierbei:
- Das Internet (auch E-Mail oder Mobile-Web)
- Telefon und Fax
- Der Postweg
- SMS
Wichtig ist dabei, die Präferenzen der Kunden zu kennen und Zuständigkeiten zu vergeben. Niemandem ist geholfen, wenn sich keiner für die Beantwortung der SMS oder Mail in der Verantwortung sieht.
Bei all diesen Verfahren gilt es zu bedenken, dass die Ermittlung, Speicherung, Verwaltung und vor allem die sinnvolle Nutzung der Daten einen nicht zu unterschätzenden Aufwand darstellen – und das sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Es lohnt sich aber dennoch, frühzeitig in geeignete Systeme zu investieren. Je früher man die einheitliche Bündelung und Verwaltung der Daten anpackt, desto einfacher, schneller und somit kostengünstiger lässt sich dieses Vorgehen einführen. Gerade Kleinunternehmer oder Selbständige geraten oft in Versuchung, ihren doch meist überschaubaren Kundenstamm quasi manuell über Excel und Word zu verwalten. Dabei gibt es längst Anbieter, die individuelle CRM-Pakete anbieten und empfehlenswerte CRM-Lösungen für jedes Unternehmen bereitstellen.
Marktplatz Internet
Bevor wir uns nun mit den Instrumenten der Kundenbindung im Internet beschäftigen, soll noch ein kurzer Einblick in die Kundenpflege im Allgemeinen gegeben werden.
Das Internet kann durchaus noch als neues Medium bezeichnet werden. Trotzdem spiegelt es in gewisser Weise die Geschäftsbedingungen und Gepflogenheiten eines urtümlichen Marktplatzes wider: Man betritt ihn, wird sofort von allen Seiten angeschrien und das Angebot kommt einem überwältigend vor. Selbst wenn man weiß, was man will, und alles andere ausblenden kann, sind die Anbieter immer noch zahlreich. Und nachdem man dann endlich gefunden hat, was man braucht, stellt man am nächsten Tag fest, dass der Nachbarstand das gleiche Produkt günstiger anbietet.
Warum also beim selben Händler kaufen?
Und an dieser Stelle beginnt man sich dann vielleicht zu erinnern: Der Händler hat mich sehr gut beraten, er hat mir einen Rabatt gewährt und auch noch was obendrauf gelegt. Warum also bei einem anderen Händler kaufen?
Dieses Prinzip der Kundenbindung gilt heute genauso. Man muss dem Kunden mehr bieten als er erwartet hat und ihn nicht nur zufriedenstellen. Gerade unter dem enormen Konkurrenzdruck, der im E-Commerce besteht, läuft man Gefahr, Kunden schlicht und einfach durch Abwanderung an den Mitbewerber zu verlieren. Aus diesem Grund gibt es seit langem das CRM und damit die konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf die Bedürfnisse des Kunden. Was sich allerdings im Laufe der letzten Jahre geändert hat, sind die Möglichkeiten, die Bedürfnisse der Kunden zu ermitteln und zu analysieren – und das nicht nur in technischer Hinsicht.
Instrumente der Kundenbindung im Netz
Kundschaft auf Internetseiten zu locken ist relativ einfach – Suchmaschinenoptimierung, Werbebanner auf Partnerseiten und Anzeigen bei Google tragen ihren Teil dazu bei. Doch schon die ersten Momente nach dem Klick, der auf Ihre Website führt, sind entscheidend: Hier kommt es auf Dinge an wie Übersichtlichkeit, Gebrauchstauglichkeit (Usability) und die richtigen Inhalte für die sogenannten Landing-Pages. Denn nur wenn der Kunde das bekommt, was er mit dem Klick erreichen wollte, bleibt er auf der Seite und begeht die Conversion*, die ihn zum Kunden macht.
Info: Als Conversion bezeichnet man die Handlung, die der Besucher einer Website durchführen muss, damit der Betreiber der Website einen Vorteil aus diesem Besuch zieht. Die Conversion kann sehr unterschiedliche Formen annehmen: Es kann sich dabei um den Verkauf eines Produktes handeln, um einen Download oder das Ausfüllen eines Formulars.
Kundenorientierte Mehrwerte schaffen
Um dieses Ziel zu erreichen kommt es darauf an, dem Kunden gute Inhalte zu bieten. Erfährt der Besucher einen Mehrwert aus dem Besuch Ihrer Seite, wird er sie erneut besuchen. Dazu ist es nötig, Ihre Zielgruppe zu kennen: Was für Menschen besuchen meine Seite? Was erwarten sie? Was kann ich ihnen bieten und womit kann ich sie positiv überraschen?
Individualisierung der Inhalte (one-to-one-marketing)
Einen Schritt weiter geht das One-to-One-Marketing: Hierbei geht es nicht mehr um Zielgruppen, bei denen Menschen grob in Schemata gepresst werden, sondern um die individuelle Behandlung einzelner Personen.
Als Beispiel kann hier ebenfalls Amazon dienen, dessen Startseite für angemeldete Benutzer genau zugeschnitten ist. Natürlich nutzt Amazon dazu ein umfangreiches CRM-System, das ständig die Warenkörbe und Produktsuchen der Kunden auswertet. Doch dieses Prinzip kann gerade im kleinen Rahmen ausgezeichnet funktionieren. Bei einem kleinen Kundenstamm ist es unter Umständen wesentlich leichter, individuelle Angebote zu machen, da es weniger Ressourcen kostet. Denn gerade das Internet bietet die Möglichkeiten, kostengünstig Informationen zu sammeln und zu verteilen. Diese Möglichkeiten sinnvoll einzusetzen ist das wichtigste Instrument der Kundenbindung im E-Commerce.
Onlineberatung
Wenn man den Begriff Onlineberatung* bei Google eingibt, erscheinen auf den ersten Seiten hauptsächlich Beratungsstellen von sozialen Einrichtungen, die anonyme Beratungsgespräche anbieten, aber nur wenig Informationen über die Möglichkeiten, die die Online-Beratung im E-Commerce bietet. Das Konzept der individuellen Kundenbetreuung über ein persönliches Gespräch, verbunden mit den Medien im Internet, verspricht einen bedeutenden Bereich des e-CRM einzunehmen.
Einen großen Schritt in diese Richtung hat vor kurzer Zeit das Unternehmen BUTLERS gemacht: Der Händler für Wohnaccessoires und Deko-Artikel hat einen Showroom eingerichtet, in dem er seine Möbel ausstellt. Das Besondere daran ist, dass die Kunden, die im Online-Shop unterwegs sind, einen Mitarbeiter im Showroom anrufen können, damit dieser ihnen per Webcam die Möbelstücke zeigt und sie berät. Zugegeben ist dieses ein sehr aufwendiges Konzept und nicht unbedingt für jedes Unternehmen geeignet. Aber dennoch ist die Online-Beratung ein interessantes Mittel, um sich von der Konkurrenz abzuheben.
Info: Hönle, J. H. (2013): Online beraten und verkaufen: So führen Sie Kunden persönlich durch den Kaufprozess im Internet. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Social Media & Co.
Die sozialen Medien beeinflussen immer mehr den Alltag der Menschen. Es wird gepostet, getwittert, gebloggt; kein Wunder, dass Unternehmen auf diesen Zug aufspringen: Firmen, die einen eigenen Web-Blog betreiben, nutzen einen Weg, die Kundenbindung zu verbessern, der weit über das traditionelle CRM hinausgeht.
Man stelle sich eine Plattform vor, die zu den Angeboten Produkten ständig Auskunft gibt: Neuerungen werden angepriesen, Tipps gegeben und sich mit Kunden ausgetauscht. Wenn der Benutzer das Gefühl bekommt, selber mitzuwirken, hat das einen ganz anderen Einfluss auf seine Beziehung zum Unternehmen. Ähnlich ist es mit Foren: Sie werden oft von Menschen genutzt, die Hilfe bei technischen Problemen suchen und natürlich von solchen, die Hilfe anbieten. Und zu guter Letzt wären da ja noch die sozialen Netzwerke; eine Facebook-Page gehört heute schon zum Unternehmensstandard und wer regelmäßig twittert kann sicher sein, gehört zu werden. Hinzu kommen noch die vielen anderen Netzwerke wie Google+ und die Business-Netzwerke LinkedIn und XING.
Die Gefahren, die für ein Unternehmen durch diese Netzwerke entstehen, sollten allerdings berücksichtigt werden: Schlechte Nachrichten verbreiten sich wie Lauffeuer. Wer nicht rechtzeitig auf Kritik oder Beschwerden reagiert, dem fällt es mit der Zeit immer schwerer, das negative Image wieder loszuwerden. Auch wenn dieses Szenario abschreckend wirkt, kommt man kaum noch an den sozialen Netzwerken vorbei. Die Menschen haben die Möglichkeit, sich schnell und zu jeder Zeit auszutauschen – und die nutzen sie auch.
Mobile-Commerce
Alle Statistiken zeigen, dass das mobile-Web starken Zulauf verzeichnet. Das belegen die steigenden Zahlen der verkauften Smartphones und die Umfragen, die sich mit der Nutzung des Internets beschäftigen.
Hier geben immer mehr Menschen an, das mobile Internet zusätzlich oder sogar ausschließlich zu nutzen. Schade, wenn dann der eigene Online-Shop nicht für das Smartphone oder das Tablet optimiert ist. Die mobile Nutzung stellt Website-Betreiber vor neue Herausforderungen was die Übersichtlichkeit oder Übertragungsgeschwindigkeit angeht. Kunden sind sicher nicht begeistert, wenn sie ihren Lieblingsshop nicht über ihr mobiles Endgerät erreichen.
Info: Mehr zum Thema Mobile-Commerce: Heinemann G.: Der neue Mobile-Commerce: Erfolgsfaktoren und Best Practices, Wiesbaden: Gabler Verlag, 2012
Datenschutz
Natürlich kommt es bei all diesen Praktiken darauf an, dass man einerseits Kundendaten besitzt und mit deren Hilfe die Kundenbindung verbessert und andererseits diese Verfahren anwendet, um Kundendaten zu generieren. Doch gerade im Bereich der sozialen Netzwerke gibt es einige Fallstricke was den Datenschutz angeht. Man sollte es nicht vernachlässigen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Hier einige wichtige Grundregeln zum Thema Datenschutz:
- Personenbezogene Daten dürfen ausschließlich mit Einwilligung der betroffenen Person erhoben werden und auch nur bei der betroffenen Person.
- Die Einwilligung zur Nutzung von Kundendaten muss unter Angabe des Zweckes für die Datenerhebung erfolgen.
- Gerade im Bereich des Data-Minings gilt es, sich über die Rechtslage zum Gebrauch der Daten zu informieren.
- Bei der Nutzung von Cloud-basierten Systemen zur Datenspeicherung ist Vorsicht geboten: Gerade wenn sensible Daten im internationalen Raum gespeichert werden, droht die Gefahr eines Datenverlusts.
- Diese Zusammenstellung dient lediglich als kurzer Einblick in die Datenschutzrechtlichen Probleme, die unter Umständen auftreten könnten. Man sollte sich stets auch bei den Anbietern von CRM-Software über diese Problematik informieren.
Fazit
Egal nach welcher Definition man das e-CRM auch betrachtet, am Ende zeigt sich, dass auf dem Weg zur optimalen Kundenpflege viele neue Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Wie viel man dafür investieren möchte und welchen Nutzen man daraus zieht, sind Fragen, die sich für jeden Unternehmer individuell stellen. Die Türen für die technische Umsetzung stehen jedenfalls offen und zur Einführung eines CRM-Systems ist es nur ein kleiner Schritt. Nie zuvor war es möglich, dem Kunden durch gezieltes Informationsmanagement in solch umfangreicher Art und Weise maßgeschneiderte Angebote zu unterbreiten und ihn dauerhaft an das eigene Unternehmen zu binden. Eine Chance, die sich niemand entgehen lassen sollte.
Autor
Michael Gründing
Michael Gründing studiert Technische Redaktion an der Hochschule Hannover. In diesem Studiengang geht es unter anderem um die externe Kommunikation von Unternehmen und die Vermittlung technischer Sachverhalte für den Endverbraucher. Im Laufe seines Studiums hat er sich im Speziellen mit der Usability von Softwareprodukten und von Webauftritten beschäftigt.
E-Mail: michael.gruending(at)stud.fh-hannover.de