Big Data und Customer Journey – Träume werden wahr...

Die Customer Journey in Online Shops wird heute zwar vielfach analysiert, ein wirklicher Mehrwert für den Kunden entsteht dadurch häufig aber nicht. Es hakt nicht selten am richtigen Wissen, um geeignete Ableitungen aus den Analysen zu bilden. Oft können mit Unterstützung von kompetenter Seite die vorhandenen Problemstellungen gelöst und die Relevanz der Marketingaktivitäten deutlich erhöht werden.
Sie wissen, dass Ihre Kunden durchschnittlich vier Werbemittelkontakte benötigen, bis diese ihren Kauf abschließen und dass dieser Prozess in etwa zwei Tage dauert. Welchen Nutzen ziehen Sie aber aus diesen Informationen? Die entsprechenden Datengrundlagen sind meist vorhanden, aber es fehlt an sinnvollen Verwendungsmöglichkeiten dafür.
Hürden der Customer Journey
Betrachten wir beispielsweise folgenden Case: Sie sind ein Multichannel Händler, der sowohl über einen Online Shop, als auch stationäre Ladengeschäfte verfügt. Selbstverständlich bedienen Sie verschiedene Online Marketing Kanäle wie SEA, Affiliate und weitere. Ihre Kunden kommen nun an verschiedenen Stellen mit den Marketingaktivitäten Ihres Unternehmens in Berührung und bilden damit die jeweilige Customer Journey ab. Doch was passiert mit den Kunden, die sich online über Ihre Produkte informiert haben und offline gekauft haben? Die reine Online-Betrachtung der Customer Journey Analyse weist diese Ketten als abgebrochen aus, obwohl diese Kunden nachweislich Umsatz eingebracht haben. Das Ergebnis: Sie ziehen falsche Schlüsse aus diesen Ketten.
Ein leider immer noch häufig auftretendes Phänomen im Online Marketing ist das Gießkannenprinzip. Die Werbebotschaften der Advertiser erreichen die Kunden oftmals zur falschen Zeit am falschen Ort. In welcher Phase sich dieser in der Customer Journey befindet, wird häufig nicht mit in die Aussteuerung der Werbemittel miteinbezogen. Die Folge sind Streuverluste und damit verlorenes Budget. Ein prominentes Beispiel ist an dieser Stelle Retargeting. Aus eigener Erfahrung können Sie sicherlich von Fällen berichten, in denen Sie online in verschiedenen Online Shops nach bestimmten Produkten recherchiert haben und danach noch wochenlang durch Retargeting-Banner wieder angesprochen wurden – dabei haben Sie das Produkt entweder offline gekauft haben oder das Interesse verloren. In beiden Fällen ist aus Sicht der Advertiser festzustellen: Das investierte Marketingbudget wird in diesem Fall keinen messbaren Return mehr erwirtschaften.
Der Fokus der Marketingaktivitäten von Unternehmen liegt häufig auf Neukundengenerierung. Bereits 2008 stellte Prof. Dr. Gerrit Heinemann in seinem Buch „Multi-Channel-Handel: Erfolgsfaktoren und Best Practices“ fest, dass es bis zu zehn Mal teurer ist, Neukunden zu gewinnen, als Bestandskunden an das Unternehmen zu binden. Aufgrund des immer stärker werdenden Wettbewerbs in den Online Marketing Kanälen wird es immer teurer, Neukunden zu generieren und bestehende Kunden werden vernachlässigt. Dabei ist das Potenzial der Bestandskunden häufig noch nicht ausgeschöpft.
Wie können diese Herausforderungen durch Big Data Analysen gelöst werden?
Um geeignete Schlüsse aus den Big Data Analysen für die Customer Journey zu ziehen, bedarf es zuerst der richtigen Datengrundlage. Das bedeutet, dass ausnahmslos alle Kundendaten, sofern dies datenschutzrechtlich gebilligt ist, intelligent miteinander verknüpft werden müssen. Dies schließt sowohl Onsite-, als auch Offsite-Daten von Drittanbietern ein. Nur wenn diese Grundlage geschaffen ist, lassen sich akkurate Schlüsse aus diesem Datenberg ziehen.
Big Data ermöglicht Ihnen, Ihre Kunden besser kennen zu lernen als jemals zuvor. In Zukunft legen Sie keine Zielgruppen a priori mehr für Ihre Produkte fest, sondern diese basieren auf datengestützten Analysen. Weiterhin können diese Analysen zu dem Ergebnis führen, dass Sie nicht mehr die große, relativ unscharfe Zielgruppe definieren, sondern viele Kunden-Cluster mit sehr präzise definierten Interessen, da diese am affinsten sind. Optimalerweise lernt die Software mit jedem Kunden dazu. Sie erhalten von allen Kunden Informationen darüber, für welche Produkte sie sich interessiert haben und welche Produkte sie im Verbund gekauft haben. Auch wenn nicht jeder Kunde exakt die selben Interessen hat, lassen sich doch häufig Bewegungsmuster erkennen, die Ihnen ermöglichen, ähnlichen Kunden Produktempfehlungen während oder nach dem Einkauf auszusprechen.
Die gesammelten Daten können Sie auch extern zur Online Marketing Steuerung verwenden. Ziel sollte sein, die Customer Journey bestmöglich auszugestalten und an jedem Touchpoint mit relevanten Informationen einen echten Mehrwert zu liefern – basierend auf historischen Daten ähnlicher Kunden (sogenannter Look-alikes) werden die nächsten Touchpoints gewissermaßen vorhersagt und darauf aufbauend die passende Werbebotschaft ausgesteuert. Ein denkbares Szenario wäre beispielsweise, dass ein Kunde, der an Testberichten zu einem Produkt interessiert ist, gezielt mit Werbebotschaften angesprochen wird, in denen der Advertiser sein Produkt als Testsieger platziert. Diese Relevanzsteigerung der Marketingaktivitäten resultiert in einer höheren Effizienz des Marketingbudgets und einem höheren ROI. Der amerikanische RTA-Anbieter Rocket Fuel nennt in einer Case Study eine mögliche ROI-Steigerung von rund 200% über einen Zeitraum von drei Jahren. Durch die gezieltere Aussteuerung der Kampagne ein durchaus realistischer Wert!
Die derzeit verbreiteten Customer Journey Modelle enden zumeist mit dem Kauf des Produktes. Advertiser sollten aber auch die Touchpoints nach dem Kauf im Auge behalten. Viele Kunden teilen ihre Erfahrungen in sozialen Netzwerken oder auf Bewertungsplattformen. Hier gilt es, diese Bestandskunden zu erkennen, mit ihnen in den Dialog zu treten und von ihnen Feedback zu erhalten. Wie heißt es so schön: Nur ein zufriedener Kunde ist ein guter Kunde. Hier wird auch deutlich, dass die Customer Journey nicht mehr als abgeschlossenen Prozess betrachtet werden sollte, sondern als fortlaufenden Kreislauf. Basierend auf den vorherigen Käufen können daraufhin die wahrscheinlichen Touchpoints dieses Kunden vorhergesagt und entsprechend optimiert werden. Das permanente Lernen der Software dient der besseren Ausschöpfung des Kunden.

Was kann ich tun, um meinen ROI mit Big Data zu steigern?
Mit dem reinen Datensammeln ist es allerdings noch nicht getan, denn mit der Analyse beginnt erst die eigentliche Arbeit. Das beste Tool hilft wenig, wenn kein Know-how vorhanden ist, wie dieser Datenwust intelligent genutzt werden kann. Sie brauchen einen Analysten, der Ihr Geschäftsmodell versteht und aus Nutzersicht die richtigen Fragen stellt: Was suchen Ihre Kunden und was kaufen sie? Wie viel Information benötigt der Kunde mini- und maximal auf dem Weg zum Kauf? Welche Hinweise wirken unterstützend nach dem Kauf?
Die Antworten auf diese Fragen helfen vorherzusagen, wie sich bestimmte Kundengruppen und -typen entwickeln, für welche Produkte sie sich in absehbarer Zeit interessieren und, viel wichtiger, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Kaufes ist. Die gesammelten Bewegungs- und Aktivitätsdaten können zur Erstellung sogenannter „business rules“ dienen. Mit dieser Hilfe können Sie personalisierte Informationen auf der eigenen Website oder extern ausspielen. Anbieter wie nugg.ad, aber auch Rocket Fuel, xplosion oder Criteo bieten mit punktgenauer Werbemittelausstrahlung die Möglichkeit, die Relevanz und damit den ROI massiv zu steigern.
Um die gesamte Customer Journey inklusive Drittanbieter-Seiten abdecken zu können, ist es sinnvoll, alle Marketing Aktivitäten zentral zu steuern. Dies hat einen einfachen Grund: Nur wenn alle Touchpoints der Customer Journey abgebildet werden, können Sie die richtigen Botschaften vermitteln. Verwenden Sie bei der Bewertung der Online Marketing Kanäle sogenannte Attributionsmodelle. Dabei wird der Warenkorbwert auf die verschiedenen Touchpoints aufgeteilt und damit ein deutlich realistischerer ROI auf Touchpoint-Ebene ausgewiesen. Sie erhalten nur dann valide Zahlen, wenn Sie alle Berührungspunkte in der Übersicht haben. Die Bewertung und Gewichtung der einzelnen Touchpoints erfolgt nach verschiedenen vorab festgelegten Kriterien wie beispielsweise Verweildauer, Zeitraum zwischen zwei Touchpoints, demografische oder geografische Merkmale und Erfahrungswerte aus vorherigen Käufen des Kunden.
Handlungsempfehlungen:
- Sicherstellen, dass ein lückenloses und fehlerfreies Multichannel Tracking eingerichtet ist
- Alle Daten, die zur Verfügung stehen, müssen zentral verwaltet und intelligent miteinander verknüpft werden
- In kompetente Unterstützung investieren, die aus Nutzersicht die richtigen Fragen stellt
- Relevanz der Marketingaktivitäten anhand von Touchpoint-Analysen erhöhen
- Bestandskunden besser an das Unternehmen binden und diese auch nach dem Kauf begleiten
Resümee
Viel Potenzial versteckt sich in den Analysedaten der Kunden. Mit der richtigen Strategie können Sie sich einen nicht zu unterschätzenden Vorteil gegenüber den Mitbewerbern sichern. Die reine Analyse und Auswertung der vorhandenen Daten ist dabei nur eine Station auf dem Weg zum Erfolg. Wichtig sind die richtigen Fragestellungen, um den Mehrwert für den Nutzer herauszukristallisieren. Die gewonnene Erkenntnis und die damit verbundene ROI-Steigerung werden den investierten Aufwand in jedem Fall rechtfertigen.
Autor

Thorben Fasching
Thorben Fasching steuert seit 2007 den Bereich Marketing & User Experience der hmmh. In dieser Funktion treibt er auch die Geschäftsentwicklung der Agentur voran.
Daneben ist er stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe E-Commerce im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.