Content Supply Chain Management

Im digitalen Marketing mangelt es nicht an Aufgaben – insbesondere im stürmischen Wandel, in dem sich Konsumentenerwartungen und Kanäle befinden. Unter dem Begriff „Content Supply Chain” ist ein neuer Ansatz zur Steigerung der Effizienz, Kostenkontrolle und Aufgabenverteilung bei den Herstellern aufgetaucht, der eine nähere Betrachtung verdient.
Was bedeutet Content Supply Chain?
Die Lieferkette von Content für das Marketing oder andere Zwecke im Sales oder Kundendienst etc. schließt verschiedene Rollen, Aufgaben und Freigabemechanismen ein. Ob es sich um Text, Bild, Audio, Video oder ein Kombination dieser Formate handelt, die Abläufe der Produktion, Redaktion, Freigabe und Ausspielung in diverse Kanäle – von der Website bis zu LinkedIn, vom Stadionscreen bis zur Smart Watch – sind komplex, fehlerträchtig und schwer zu erfassen.
Oft verwendete Tools wie Sharepoint, Excel-Listen, Trello oder auch Ticketsysteme wie JIRA können hier weiterhelfen und sind schon einen Schritt weiter, als ein Wust von E-Mails. Weitergedacht enthält eine Software-Lösung zur Organisation der Content Supply Chain aber Vorlagen für Standard-Workflows, die als Grundlage für eine neue Aufgabe im Content Life Cycle dienen und dann alle Schritte zur Abarbeitung vorsehen und in der richtigen Reihenfolge verteilen. Zudem sollte es keine zusätzliche Arbeit machen und nicht erfordern, dass Mitarbeitende im Workflow in das Tool Informationen einpflegen über Arbeitsschritte, die sie bereits an anderer Stelle vollziehen. Niemand sollte in einem Kanban Board festhalten müssen, dass er ein Asset hochgeladen hat, wenn stattdessen der Vorgang des Hochladens auch automatisch erkannt werden könnte.

Und was ist daran (bitteschön) neu?
Bislang war es in der Praxis häufig so, dass die Arbeitsabläufe in der Content-Erstellung, Kuration, Publikation und der Erfolgsmessung in verschiedenen Systemen erfolgten. Ein System, das den Prozess strukturiert begleitet sowie auswert- und damit optimierbar macht, ist die Ausnahme. Content-Planungs-Lösungen wie Scompler legen den Fokus auf die strategisch konsequente Planung. Finanzplanungssoftware wie Anaplan hilft bei der Budgetkontrolle. Erst Systeme wie Monday oder Workfront, welches Adobe vor zwei Jahren gekauft hat, stellen jetzt eine Planungsund Durchführungsebene zur Verfügung.
Das führt schon bei der Einführung dazu, dass über Workflows dezidiert nachgedacht wird und meistens auch schon Optimierungen stattfinden. Im laufenden Betrieb und bei der Verwendung an allen Touchpoints von den Kreativtools bis zu den zu bespielenden Marketingkanälen bieten sich Effizienzpotentiale an, die dem Marketing-Apparat (oder jeder anderen Abteilung, die die Tools einsetzt), hilft, Aufgaben besser bewältigen und priorisieren zu können.

Der Hawthorne Effekt: warum es sich immer lohnt, Arbeitsweisen zu untersuchen
Die Hawthorne-Experimente von Fritz J. Roethlisberger und William J. Dickson waren eine Reihe von Studien, die zwischen 1924 und 1933 in der Hawthorne-Fabrik der Western Electric Company in Cicero (Illinois, USA) durchgeführt wurden, um festzustellen, wie man die Arbeitsleistung von Arbeitern steigern kann.
Man untersuchte zunächst, ob die Arbeitsleistung steigt, wenn die Werkhalle heller ausgeleuchtet wurde.
„Tatsächlich stieg die Arbeitsleistung der Experimentalgruppe bei verbesserten Lichtverhältnissen. Allerdings stieg die Leistung auch in der Kontrollgruppe, die bei unverändertem Licht arbeitete. Die Leistungssteigerung blieb sogar erhalten, als wieder zur ursprünglichen Beleuchtungsstärke zurückgekehrt wurde.”1
Das Beleuchtungsexperiment machte die Forscher darauf aufmerksam, dass allein die Anwesenheit der Forscher und das Bewusstsein der Arbeiter*innen, Teil eines Versuchs zu sein und beobachtet zu werden, die Leistung steigerte.
Es lohnt sich also immer, die eigenen Prozesse mit dem Team zu reflektieren und die Organisation und Durchführung dieser Abläufe in Dashboards zu verstetigen. Alle echten Effizienzgewinne durch die Optimierung sind sozusagen ein „Bonus”.
Auf dem Weg zum Paradigmenwechsel im Marketing
Wenn man das Thema Personalisierung zusammen mit generative AI und der Content Supply Chain zu Ende denkt, erschließt sich einem fast automatisch die Vision, die hier verfolgt wird: In Zukunft soll es keinen nutzlosen Content mehr geben. Ausgehend von einem sehr viel genaueren Verständnis dessen, was der Content Konsument in dem speziellen Moment sucht oder wünscht, liefert eine Personalisierungs-Engine passende Inhalte, die von Menschen in einem möglichst effizienten Prozess und unter Zuhilfenahme umfangreicher AI-Assistenz erstellt worden sind. Das Ergebnis ist sehr viel weniger Arbeit für die Menschen, sehr viel schnellere Erstellung und praktisch kein Content „auf Halde” oder ohne aktuelle Relevanz.
Ein weiterer Effekt stellt sich durch höhere Effizienz ein, nämlich in Hinsicht auf die Nachhaltigkeit. Auch wenn dies im einzelnen Unternehmen nur eine kleine Stellschraube darstellen mag, ist es global betrachtet doch von beträchtlicher Wirkung. Die Konsumenten sind bereits soweit, Änderungen in ihrem Nutzungsverhalten von Onlinediensten zugunsten des Klimaschutzes in Kauf zu nehmen. Wie sieht es mit den Unternehmen und speziell dem digitalen Marketing aus?

Treffsicherer Content bedeutet eine sehr viel höhere, messbare Effizienz, kaum repetitive Tätigkeiten und am Ende auch weniger Energieverbrauch. Weniger nutzloser Content und weniger Zeit am Bildschirm für Aufgaben, die AI schneller und besser erledigt, bedeutet auch weniger Ressourcenverbrauch. Wer heute anfängt, die Content Supply Chain zu analysieren und dabei zu optimieren, schafft die Voraussetzungen für die Effizienzgewinne von übermorgen.
Wie geht man es an?
Wie bei einer Lieferkette in der Industrie steht am Anfang eine Prozessanalyse, in der alle Beteiligten, alle wesentlichen Arbeitsschritte, Rollen und Rechte, notwendige Assets und Ressourcen analysiert und schematisch dargestellt werden. Dabei entsteht auch ein Katalog von Begriffen – eine Taxonomie genauer gesagt – die hilft, eine gemeinsame Sprache zu sprechen. An dieser Stelle am Anfang des Projekts bietet sich bereits die Gelegenheit, Qualitätsmerkmale für den Prozess und die erwarteten Ergebnisse festzulegen. Dann kann die Quantifizierung des Einflusses verschiedener Faktoren auf diese Qualitätsmerkmale erfolgen und die Optimierung strukturiert angegangen werden.
Als nächstes stellt sich die Frage, wie der Prozess oder Workflow überwacht werden sollte. Daraus ergeben sich Anforderungen an ein Dashboard, mit dem der laufende Betrieb überwacht werden soll. Schließlich wird eine erste Version des Workflows in ein passendes Tool übertragen, wie z. B. Workfront. Nach einer Schulung, einigen Testdurchläufen und dem Einsatz werden Verbesserungsvorschläge sowie weitere Anwendungsideen gesammelt und die Content Supply Chain sukzessive optimiert und erweitert.
Was braucht man dazu?
Am besten ein paar zentrale Workflows, die Optimierungsbedarf haben, aber auch oft genug vorkommen. Dazu ein Team, das bereit ist, die Arbeitsweise zu überdenken und neu aufzustellen. Danach Zeit für einen Workshop sowie ein paar Folgetermine und eine Phase, in der möglichst viele Beteiligte mitarbeiten können, um die neue Arbeitsweise einzuführen und zu erproben. Schließlich braucht man ein Management, das klare Erwartungen an die Qualitätsmerkmale hat und ein Budget für Dienstleister und Tools bereitstellt, um die Investition in die Weiterentwicklung der Arbeitsweise tätigen zu können.
Fazit
Unternehmen gewinnen ein effizientes Marketing. Zufriedene Mitarbeiter*innen, die weniger Zeit mit Tools und mehr Zeit mit kreativer und sinnvoller Arbeit verbringen, werden es Ihnen danken, wenn man sich mit ihrer Arbeitsweise auseinandersetzt und hier bereit ist, zu investieren.

Autor
Daniel Hinderink
Director Strategy & Growth der TechDivision GmbH
Daniel Hinderink ist Director Strategy & Growth der TechDivision GmbH, seine Kernaufgabe ist die Unterstützung der Geschäftsleitung bei der Weiterentwicklung und der Umsetzung der Unternehmensstrategie. Zudem ist er in der strategischen Kundenberatung und im Sales aktiv.
https://www.techdivision.com/
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