Wie Unternehmen First-Party-Daten gewinnen und aktivieren
Eine First-Party-Daten-Strategie stellt Unter- nehmen und Advertiser vor Herausforderungen, es bieten sich aber auch Chancen

Daten sind für das Marketing unerlässlich. Doch Browser-Hersteller beschränken die Sicht auf den Nutzer mithilfe von Third-Party-Cookies zunehmend, Google will die kleinen Textdateien bald gar nicht mehr unterstützen. Unternehmen und Advertiser brauchen daher neue Strategien, um potenzielle Kundschaft datenbasiert anzusprechen. Eine davon ist das bevorzugte Nutzen von First-Party-Daten. Hierbei ergeben sich jedoch einige Herausforderungen. Welche das sind und wie sich First-Party-Daten gewinnen und aktivieren lassen, klärt der folgende Beitrag.
Unternehmen kommen langfristig nicht an eigenen Daten vorbei, wollen sie ihre Zielgruppen datenbasiert ansprechen. Denn ohne Daten kein Audience-Targeting. Für Unternehmen ist es daher unerlässlich, eigene Daten zu erheben und zu nutzen.
First-Party-Daten sind Daten, die Unternehmen direkt von ihrer Kundschaft oder ihren Website-Besuchern haben. Um diese Daten zu gewinnen, können beispielsweise Onlineformulare eingesetzt werden, Informationen über Umfragen gesammelt, Erkenntnisse aus Social-Media-Interaktionen oder der Kaufhistorie herangezogen werden. Hierfür kommen Tools wie Website Analytics, CRM-Systeme und Data-Management-Plattformen (DMPs) zum Einsatz. Als Anreiz für Kunden und Kundinnen sowie Website-Besucher*innen ihre Daten zu teilen, können Unternehmen einen Mehrwert bieten, zum Beispiel durch Personalisierung, exklusive Angebote oder eine verbesserte Kundenerfahrung. Ein Vorteil von eigenen Daten ist der Datenbesitz. Indem Unternehmen First-Party-Daten sammeln, können sie ihre eigene Datenbank aufbauen.
Herausforderung: Geringe Reichweite
First-Party-Daten gelten im Vergleich zu anderen Datenquellen als besonders zuverlässig. Außerdem sind sie kostengünstig, da sie im Unternehmen bereits vorliegen. In Sachen Reichweite sind sie jedoch aufgrund ihrer Herkunft begrenzt, da sich die Informationen auf bestehende Kundschaft und Website-Besucher*innen beschränken. Wollen Unternehmen neue Zielgruppen ansprechen, stoßen sie mit dieser Datenquelle schnell an ihre Grenzen.
Um dieses Problem zu beheben, können Unternehmen mithilfe von Data Clean Room (DCR) die Menge an First-Party-Datensätzen erhöhen, indem sie ihre eigenen Daten mit denen anderer Parteien datenschutzkonform abgleichen und nutzbar machen. DCR ist die technologische Infrastruktur, die dabei zugrunde liegt. Hierbei verknüpfen die Parteien unter Einhaltung von Verschlüsselungsmechanismen ihre Datensätze, die dabei jedoch in „granularer Form“ für die jeweils andere Partei nicht einsehbar sind. Machine Learning hilft dabei, Überschneidungen und Muster zu identifizieren. Diese Erkenntnisse können im Anschluss zur Aktivierung, für Insights zu Zielgruppen und Kundschaft, zur kanalübergreifenden Kampagnenmessung oder zur Attributionsmodellierung eingesetzt werden. Das bietet den beteiligten Parteien, die relevante Merkmale weiterer Daten erhalten, erhebliche Mehrwerte und erweitert die eigenen Targeting-Möglichkeiten.
Data Clean Room (DCR) Unter dem Begriff Data Clean Room (DCR) versteht man gemeinsam genutzte technologische Infrastrukturen – meist cloudbasiert –, in denen mehrere Partner ihre großen Datensätze auf Überschneidungen überprüfen und aktualisieren können. Dafür werden gemeinsame Variablen oder Identifier wie E-Mail-Adressen herangezogen. Finden sich beim Abgleich Übereinstimmungen, können sie danach verwendet werden. Jede Partei behält dabei die Hoheit über ihre Informationen. Die Daten werden verschlüsselt und so aufbereitet, dass eine übergreifende Nutzung möglich ist, ohne dass Partner die Ursprungsdaten einsehen können. |
Herausforderung: Datensicherheit
Unternehmen müssen datenschutzkonform agieren und beim Gewinnen und Aktivieren von Daten gewährleisten, dass die Kundschaft informiert und damit einverstanden ist, dass ihre Daten für Werbezwecke verwendet werden. Dies geschieht über das Einholen des Opt-In beispielsweise mittels Consent-Management-Plattformen (CMP). So zeigen Unternehmen Transparenz und stellen sicher, dass die User mit dem Verwenden ihrer Daten einverstanden sind – ein essenzieller Bau- stein einer First-Party-Daten-Strategie.
Herausforderung: Zu wenig Daten
Unternehmen, die nur wenige eigene Daten zur Kundschaft und Website-Besucher*innen haben, haben weniger Möglichkeiten, ihre Zielgruppe personalisiert und passgenau anzusprechen. Auch für Unternehmen, die keine Web-Präsenz haben und damit keine Online-Tools einsetzen können, um an Daten zu kommen, ist es schwieriger, sich First-Party-Daten zu erschließen. Solche Unternehmen haben jedoch die Möglichkeit, direktes Feedback beispielsweise via E-Mail einzuholen oder Umfragen per Telefon durchzuführen, um wertvolle Einblicke in die Präferenzen und Verhaltensmuster ihrer Kundschaft zu bekommen und die gewonnenen Informationen für Targetingzwecke zu nutzen. Auch Treueprogramme und Kundenclubs sind Optionen, Daten zu Kunden und Kundinnen zu erhalten – auch ohne Online-Tools. Es kommen zudem auch Offline-Maßnahmen auf Messen oder Pop-up-Stores in Frage, um den Datenstamm an First-Party-Daten auszubauen.
Chance: Daten-Partnerschaften und Multi-ID-Ansätze
Für werbetreibende Unternehmen, die ein besseres Verständnis ihrer Zielgruppe erhalten und ihre Werbung möglichst passgenau ausspielen möchten, bieten Datenpartnerschaften viele Chancen, denn die Insights, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben, bergen großes Potenzial. In diesem Zusammenhang gewinnen die eingangs erwähnten Data Clean Rooms zunehmend an Bedeutung. Sie sind eine Möglichkeit, die eigenen Daten anzureichern und zu veredeln sowie nutzbringend anzuwenden. Sie stecken insbesondere in Deutschland aber noch in den Anfängen ihrer Entwicklung. Alle Partner, die an einem DCR beteiligt sind, sollten hohes Vertrauen am Markt genießen und unabhängig agieren – was insbesondere für den Technologiepartner, der die Infrastruktur bereitstellt, wichtig ist.
Im Zuge der First-Party-Daten-Strategie, die viele Unternehmen nun verfolgen, spielen auch alternative IDs und damit Multi-ID-Ansätze eine immer größere Rolle. Multi-ID-Ansätze bündeln alle relevanten ID-Lösungen in einem Graph. Hierüber werden die relevanten Informationen bereitgestellt. So erhalten werbetreibende Unternehmen Zugang zu präzisen und reich- weitenstarken Daten.
Fazit
In Zukunft ist absehbar, dass Third-Party-Daten, die lange Zeit die wichtigste Quelle für Targeting- Maßnahmen waren, in deutlich geringerer Anzahl zur Verfügung stehen werden. First-Party- Daten-Sätze rücken daher in den Vordergrund. Für Unternehmen ist das Erschließen dieser Datenquelle unerlässlich, wollen sie auch künftig ihre Zielgruppen erreichen. Personalisierte Werbung wird auch weiterhin Teil des Web sein, weil sie die wesentliche Grundlage der Finanzierung von kostenfreien Inhalten darstellt. Wer jedoch Nutzer und Nutzerinnen passgenau ansprechen möchte, wird künftig nicht an First-Party-Daten und Multi-ID-Lösungen vorbeikommen.
First-Party-Daten | Second-Party-Daten | Third-Party-Daten |
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Unternehmen stehen grundsätzlich drei Datenquellen zur Verfügung: First-, Second- und Third-Party-Daten. Wo liegen die Unterschiede?

Autor
Peter Lorenz
Product Lead bei emetriq
Peter Lorenz ist Product Lead bei emetriq (Deutsche Telekom Gruppe) und verantwortlich für die emetriq-Targeting-Produkte sowie die strategische Weiterentwicklung für die Post-Cookie-Ära-Produkte. Außerdem war er produktverantwortlich für den emetriq-Geschäftsbereich Media und mitver- antwortlich für den Aufbau des Telekom-Agenturteams. Peter war zuvor unter anderem als Manager bei BearingPoint für den Finance- & Banking-Bereich tätig.
www.emetriq.com/
info(at)emetriq.com
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