Retail Media ist kein Trend ...
... sondern eine neue Phase der Onlinewerbung

Retail Media ist derzeit einer der am schnellsten wachsenden Kanäle für Media-Ausgaben – und das völlig zu Recht! Experten und Expertinnen sind sich sicher, dass Retail Media im deutschen Werbemarkt weiterhin rasant an Bedeutung gewinnen und die TV-Werbung in nicht allzu ferner Zukunft überholen wird. Doch was genau ist unter Retail Media zu verstehen und ist der aktuelle Hype gerechtfertigt?
Kritiker*innen mögen behaupten, dass es sich bei Retail Media lediglich um längst bekannte Anzeigenwerbung im E-Commerce handelt – dabei steckt viel mehr dahinter. Die klassische Werbeanzeige auf der Website eines Händlers ist ein konkreter Anwendungsfall, doch Retail Media hat sich längst über das einfache Shopper Marketing hinaus weiterentwickelt.
Diese Entwicklung hängt unter anderem auch mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zusammen, die den Trend zum Onlineshopping deutlich vorangetrieben hat. Es wird mehr als je zuvor auf Online-Marktplätzen und in Onlineshops eingekauft, was dazu führt, dass Händler*innen heute über große Mengen von unternehmenseigenen Kundendaten verfügen. Diese Daten sollten sie nutzen, um ihrer Kundschaft ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten, wobei ihnen Retail Media eine große Hilfe sein kann. Retail Media bezeichnet die Ansprache von potenziellen Kunden und Kundinnen in einer Kaufsituation – beispielsweise im direkten Umfeld von Produkten oder Dienstleistungen. Die genutzten Werbeflächen gehören dabei dem Händler oder der Händlerin.
Der Gedanke, Werbung genau dort zu platzieren, wo potenzielle Kundschaft nach Produkten sucht, ist nicht neu. Besonders das Werbegeschäft von Amazon hat die Entwicklung vorangetrieben. Bereits seit mehr als 10 Jahren können Marken und Händler*innen Werbeplätze auf von Amazon verwalteten Websites und Apps buchen. Seitdem hat sich Retail Media deutlich weiterentwickelt und Händler*innen agieren nicht mehr nur als Inventar-Anbieter – ihr Ziel sollte es sein, Marken eine durchgängige, zielgruppenorientierte Media-Lösung anbieten zu können.
Online- und Offline-Anwendungsfälle von Retail Media
Der Begriff „Retail Media“ bezeichnet keine einzelne Werbeform, sondern ist vielmehr ein Begriff für eine ganze Werbegattung mit diversen Anwendungsfällen, zu denen auch das klassische Shopper Marketing gehört. Im Rahmen von Retail Media können Händler*innen mit verschiedenen Marken zusammenarbeiten, um deren Bekanntheit und Produktnachfrage zu steigern. Indem Marken ihre eigenen Daten mit den Shopping-Daten der jeweiligen Händler*innen abgleichen, können sie wertvolle neue Erkenntnisse über ihre Kundschaft gewinnen und diese auf Grundlage dessen über die verschiedenen Kanäle der Händler*innen ansprechen. Dabei müssen sie sich nicht auf gesponsorte Produktanzeigen in Onlineshops oder Apps beschränken – auch Out-of-Home-Werbung oder die Ansprache potenzieller Kunden und Kundinnen in stationären Geschäften über das Kaufhausradio, Video-Walls oder klassische Plakate können zu Retail Media gehören.
Diese Ansprache kann auch auf Websites abseits von Marktplätzen und Onlineshops erfolgen. Da die verwendeten Daten jedoch im Shopping-Umfeld erhoben wurden, gehören auch diese sogenannten Off-Site-Aktivierungen zu Retail Media. Durch die Zusammenarbeit mit Medieneigentümern können Marken und Einzelhändler*innen ihre kombinierten Kundeninformationen nutzen, um Verbraucher*innen anzusprechen und die Wirkung über mehrere Kanäle hinweg zu messen. Marken können so nachvollziehen, wo, wie und wann ihre Zielgruppe bestimmte Inhalte konsumiert. Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um leistungsstarke Medienkampagnen zu planen, die der richtigen Zielgruppe die richtige Botschaft zur richtigen Zeit vermitteln. Einzelhändler*innen können darüber hinaus das Wachstum genau messen, das mithilfe ihrer Daten generiert wurde.
First-Party-Daten als wertvolle Grundlage
In der Vergangenheit verließ man sich für das Shopper Marketing und die Off-Site-Aktivierungen lange auf Third-Party-Cookies. Ihre bevorstehende Abschaffung ist einer der Gründe für den aktuellen Retail-Media-Boom. In der Post-Cookie-Ära gewinnen Daten von eingeloggten Kunden und Kundinnen oder aus Bonusprogrammen stark an Bedeutung. Es liegt daher nahe, dass viele Marken ihr Budget von Search und Social hin zu Retail Media verlagern werden, um von den First-Party-Daten der Handelsunternehmen zu profitieren. Laut einer aktuellen Umfrage von Criteo empfehlen die befragten Media-Agenturen zwar weiterhin, die Ausgaben für Search und Social zu erhöhen, doch 66 % denken gleichermaßen, dass neuere digitale Kanäle wie Retail Media einen höheren Return of Investment (ROI) liefern werden.
Laut IAB Europe sehen Agenturen und Werbetreibende vielversprechende Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit Händler*innen – insbesondere, wenn sie Zugang zu deren First-Party-Daten erhalten. Diese Daten, die die Grundlage jeder Retail-Media-Kampagne bilden, sind für Marken und Dienstleister so attraktiv, weil sie direkt am Point-of-Sale (POS), also am Verkaufsort ihrer Produkte, erhoben werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Informationen zum Nutzungs- und Einkaufsverhalten der Kundschaft. Dieser Datenschatz bietet Chancen für alle Akteure der Werbebranche, doch um sie zu nutzen, müssen Netzwerke geschaffen werden, in denen alle Beteiligten zusammenarbeiten.
In Retail-Media-Netzwerken können sich Händler mit Marken, Publishern und anderen Datenanbietern zusammenschließen, um gemeinsam Erkenntnisse aus First-Party-Datensätzen zu gewinnen. Dabei müssen sie sicherstellen, dass bei dem stattfindenden Datenabgleich keine Daten direkt geteilt oder an Dritte weitergegeben werden. Schließlich haben die Verbraucher*innen ihre Daten vertrauensvoll zur Verfügung gestellt – dieses Vertrauen dürfen die Unternehmen nicht verspielen. Eine Lösung für diese Herausforderung sind Media-Netzwerke, die auf sicheren Data-Clean-Room-Technologien basieren. Diese ermöglichen es allen Beteiligten, ihre Datensätze über mehrere Organisationen hinweg zu verbinden und zu analysieren, ohne dass diese Daten zu irgendeinem Zeitpunkt verschoben oder geteilt werden. Händler*innen behalten so die Kontrolle über ihre Daten und können diese durch Partnerschaften mit Marken und Publishern monetarisieren. Außerdem verhindern sie, dass ihre Daten mit anderen Datensätzen vermischt werden und schützen sich so vor Datenmissbrauch und Datenschutzverletzungen.
Für wen eignet sich Retail Media?
Händler*innen, die gerade erst mit Retail Media in Berührung gekommen sind, stellen sich natürlich die Frage, ob sich diese Art des Werbens auch für ihr Unternehmen lohnt. Die Antwort ist einfach: Grundsätzlich eignet sich Retail Media für alle Händler*innen, die als datengetriebenes Unternehmen ihre Kundendaten für Marken und Publisher zugänglich machen wollen, um dadurch von personalisierter Werbung zu profitieren. Sogar miteinander konkurrierende Händler*innen können gemeinsam in einem Retail-Media-Netzwerk agieren und von den Daten des jeweils anderen profitieren, um sich am Ende gegen größere Händler*innen zu behaupten. Auch Marken, die keinen Direktvertrieb betreiben und daher nur über wenige eigene Daten verfügen, können von Retail Media profitieren, indem sie das Wissen über ihre Kundschaft mit den gesammelten Erkenntnissen von Händlern sowie Medien- und Datenanbietern ergänzen.
Besonders für Unternehmen, die ihre Produkte über Einzelhändler*innen verkaufen, liegt der Beitritt zu einem Retail-Media-Netzwerk auf der Hand. Dank der umfassenden Datensätze der Partner haben diese Marken die Möglichkeit, die von ihnen gewünschte Zielgruppe mit der richtigen Botschaft genau zum richtigen Zeitpunkt anzusprechen, und können im Anschluss die Wirkung ihrer Kampagne genau nachvollziehen. In Retail-Media-Netzwerken trägt jeder Akteur zur Erfolgsmessung bei: Händler liefern Shopper-Marketing-Daten aus ihren Online- und Offlineshops, Marken berichten, wer ein bestimmtes Produkt wie oft gekauft hat, und Publisher steuern Informationen darüber bei, wer von einer Kampagne erreicht wurde und wer nicht. So können schnell und einfach inkrementelle Messungen durchgeführt werden, die zeigen, ob eine Kampagne die gewünschten Ergebnisse erzielt hat. Beispielsweise kann ein Hersteller von Outdoor-Artikeln die Schnittmenge zwischen den Verbraucher*innen ermitteln, die ein Produkt entweder bei ihm oder bei einem Einzelhändler gekauft haben und der Zielgruppe, an die sich die Retail-Media-Kampagne gerichtet hat. So ermöglicht Retail Media allen Beteiligten ein transparentes Verständnis für die zunehmende Wirkung ihrer Kampagnen und die Nutzung dieser Erkenntnisse zur Optimierung künftiger Kampagnen. Ein unschätzbarer Vorteil in Zeiten, in denen Verbraucher*innen und Unternehmen gleichermaßen darauf achten müssen, wofür sie ihr Geld ausgeben.
Letztlich können auch Publisher und Datenanbieter von Retail Media und der Zugehörigkeit zu einem Netzwerk profitieren. Indem sie mit Händler*innen und Marken Geschäftsbeziehungen aufbauen, ergeben sich für sie neue Möglichkeiten, Umsätze zu generieren und zu steigern. Datenanbieter profitieren davon, anderen Akteuren im Media-Netzwerk in einem sicheren Umfeld ihr Kundenwissen zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise können sie ihr Wissen über ihre Kundschaft erweitern und diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Zielgruppen direkt anzusprechen.
Retail Media – Gekommen, um zu bleiben!
Die Hoffnungen, die die Werbebranche in Retail Media setzt, sind groß. IAB Europe sagt voraus, dass die Werbeausgaben für Retail Media in Europa im Jahr 2026 bei etwa 25 Milliarden Euro liegen werden – damit hätte Retail Media die TV-Werbung überholt. Für den deutschen Markt prog- nostiziert GroupM im Global End-of-Year Forecast 2022, dass Einzelhandelsmedien 2023 um fast 13 % wachsen werden.
Die Höhe der Investitionen ist nachvollziehbar, wenn man die Vorteile betrachtet, die auf Data- Clean-Room-Lösungen basierende Retail-Media-Netzwerke ihren Mitgliedern verschaffen. Händler*innen können ihre Daten durch Partnerschaften vollständig monetarisieren, ohne sie aus der Hand geben und das Vertrauen ihrer Kundschaft riskieren zu müssen. Marken können die für sie relevanten Zielgruppen direkt in Kaufsituationen am POS erreichen und Publisher und Datenanbieter können durch neue Partnerschaften nie dagewesene Wachstumschancen erschließen. Retail Media ist nicht nur gekommen, um zu bleiben, sondern ebnet der Werbebranche den Weg in eine neue Phase der Onlinewerbung.

Autor
Dennie Trost
Director Sales CE bei InfoSum
Dennie-Alexander Trost ist Director Sales CE bei InfoSum und verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in den Bereichen Sales, Business Development und Account Management. In den letzten zwei Jahren baute er ein eigenes Unternehmen auf und kehrte 2022 mit InfoSum zurück in den Technologiesektor. Zuvor war Trost als Market Lead DACH bei Facebook für das Audience Network verantwortlich und in leitender Position bei Xandr (damals AppNexus).
InfoSum ist die weltweit führende Data Collaboration Platform und die einzige sichere Data-Clean-Room-Infrastruktur, mit der Unternehmen weltweit ihre First-Party-Daten in großem Umfang sicher nutzen können, um bessere Kundenerlebnisse zu schaffen.