Next Gen Google Analytics
Willkommen in der neuen Ära von Google (Teil 2 / 2)

Dies ist der zweite Teil zum Thema Google Analytics 4. Wer den ersten Teil verpasst hat, sollte das unbedingt in der eStrategy Ausgabe 04/2022 nachholen. Dort haben wir uns mit den technischen Aspekten von Google Analytics 4 auseinandergesetzt und zusammen mit Rechtsanwalt Dr. Matthias Orthwein von der Kanzlei SKW Schwarz mit der rechtlichen Situation zum Tracking beschäftigt.
In diesem Teil wollen wir uns den Fragen widmen, welche uns im Alltag bei der Auswertung der Daten beschäftigen. Dazu versuchen wir einen Vergleich zwischen den Kennzahlen in Universal Analytics und GA4 zu ziehen, außerdem wird die neue Analytics Oberfläche genauer unter die Lupe genommen.
KPI Overview
Jetzt aber all eyes on numbers. Die nachfolgende Tabelle zeigt ausgewählte KPIs und deren Unter- schiede oder Gemeinsamkeiten zwischen UA und GA4 auf. Wir beschäftigen uns also nach- folgend mit konkreten Inhalten und Kennzahlen, die eventuell in beiden Systemen gleich heißen – das Measurement dahinter ist aber teilweise ein ganz anderes.
KENNZAHL | GA4 | UA |
Sitzungen | Die Anzahl der Sitzungen wird in GA4 tendenziell weniger sein, da Sitzungen um Mitternacht oder bei neuen Kampagnenparametern nicht neu gestartet werden. | Verwendet ein*e Nutzer*in die Website nach Mitternacht weiter, wird eine neue Sitzung gestartet. Werden für Nutzer*innen während ihres Besuchs auf der Website neue Kampagnenparameter erfasst, wird eine neue Sitzung gestartet. |
Sitzungsdauer | Gibt in UA und GA4 komplett unter- schiedliche Werte wieder. Grund hierfür ist die unterschiedliche Messweise. Die Dauer der Sitzung richtet sich in GA4 nach dem Session_start und dem Session_end Event. Die Zeit zwischen dieser beiden Events ist die Sitzungsdauer | In UA ist diese meist deutlich kürzer. Hier wird der erste und letzte Page View als Grundlage der Berechnung verwendet. Wenn hier 2 Minuten dazwischen liegen und der User auf der letzten Seite 5 Minuten scrollt, ist die Sitzungsdauer trotzdem nur 2 Minuten – In GA4 wäre sie bei 7 Minuten |
Absprungrate / Interaktionsrate | Die Absprungrate ist der Kehrwert der Interaktionsrate, welche in den Standardreports in GA4 ausgewiesen wird. In der explorativen Datenanalyse ist die alt bekannte Absprungrate aber weiterhin vorhanden. | Die Absprungrate ergibt sich aus den Besuchen einer einzigen Seite geteilt durch alle Sitzungen. Sie ist der Prozentsatz aller Sitzungen auf der Website, bei denen Nutzer*innen nur eine einzige Seite besucht und somit nur eine Anfrage an den Analytics-Server ausgelöst haben. |
Nutzer | Der Begriff Nutzer wird zwar in beiden Versionen verwendet, der Messwert dahinter wird jedoch anders berechnet. Der primäre Nutzermessert in GA4 ist “Aktive Nutzer” | In UA werden „Nutzer insgesamt“ angegeben. Ein neuer Bericht muss erstellt werden, mit der Dimension “Gesamtzahl der Nutzer”, um die Messerwerte in UA und GA4 vergleichen zu können. |
Umsatz / Transaktionen | Sowohl Umsatz als auch Transaktionen sollten in beiden Systemen gleich sein. Endlich eine Kennzahl, die sich so richtig übereinander legen lässt (juhuuu). Sie ist somit auch ein sehr guter Indikator, ob ein Trackingfehler vorliegt. |
Die oben stehende Auflistung macht deutlich, wie viel Unterschied im Detail steckt. Aufgabe für uns alle wird es sein, in den kommenden Monaten mehr in die Tiefe der Kennzahlen und die neue Art zu Tracken einzutauchen.
Wer Kennzahlen beim Parallelbetrieb von Universal Analytics und GA4 bereits verglichen hat und aufgebracht nach dem Tracking Fehler gesucht hat, kann jetzt aufatmen. Die vermeintlich gleichen Kennzahlen sind vielleicht gar nicht so gleich, wie auf den ersten Blick gedacht. Wer sich jetzt fragt: Ja und was ist jetzt richtig? Die Antwort ist ganz klar: Beides. Die unterschiedliche Definition der Zahlen und die Art und Weise des Trackings im Hintergrund liefern ein anderes Bild, mit dem wir bald vertraut sein werden.
Apropos vertraut machen. Lasst uns die neue Oberfläche im Detail unter die Lupe nehmen.
Die neue Google Analytics Oberfläche
Wer sich viele Jahre mit Universal Analytics vertraut gemacht hat, erlebt beim ersten Besuch der neuen Oberfläche von Analytics 4 schon ein seltsames Gefühl: Auf der einen Seite irgendwie vertraut, nur eben modernisiert.

Manche mögen gar nicht erst verstanden haben, dass sie zufällig die falsche Property wählten und sich vom damaligen Standpunkt aus in der Zukunft wiederfanden. Dinge wie Menü-Struktur und Farbgebung sind immerhin gleich geblieben. Und hey, dass sich bei Google das CI hier und da mal ändert, ist für viele vom Fach nix Neues. Auf der anderen Seite spürt man einen Verlust. Obwohl das Menü einem Vertraut ist, sucht man nach diversen Berichten, welche einem schnell Zahlen aus mittlerer Datentiefe liefern. Von Oktober 2020 bis jetzt hat sich daran nicht viel geändert: Die Standard-Berichte, welche auf der obersten Aggregationsstufe begannen und in die man anschließend bis zur letzten Stufe eintauchen konnte, gibt es nicht mehr. Weitere Beiträge, die das Verlustgefühl leider verstärken, sind fehlende Datenansichten. Das zwingt Nutzer, die Kontostruktur neu zu denken, die wiederum Einfluss auf das Rechte- und Rollensystem hat. Auch die beliebte Notizfunktion fehlt, welche nützliche Hinweise zur Historie festhält. Technische aber auch externe Umstände, die einen Unterschied bei der Interpretation der Zahlen machen, können in UA kommentiert werden – in GA4: weit gefehlt. Eine weitere schlechte Nachricht: Die Standard-Kanal-Gruppierungen lassen sich weder erweitern oder bearbeiten noch kann man Neue anlegen.
Also Fazit: Alles ist schlecht? Zugegeben, die größte Baustelle von Analytics liegt offensichtlich momentan bei der Oberfläche. Aber keine Angst, es gibt auch gute Nachrichten: Man ist nicht mehr auf ein Attributionsmodell festgelegt. Stellt man es um, scheinen die Zahlen bereits im Hintergrund auf ihren Einsatz zu warten. Darüber hinaus gehört auch das datengetriebene Attributionsmodell zur Auswahlliste. Das war bei Universal Analytics im Multichannel-Trichter nur in der Bezahl-Version verfügbar. Gleiches gilt auch für den Connector zu BigQuery. Die freie Verfügbarkeit kann man schon fast als Handlungsaufforderung verstehen in Anbetracht der halbfertigen Berichtsebene. Wobei die Explorativen Datenanalysen eine potentere Möglichkeit darstellen, eigene Berichte zu erstellen. Im Vergleich zu dem, was UA mit den Benutzerdefinierten Berichten und den Dashboards angeboten hat, ein echter Fortschritt.

Es sollte vielleicht auch erwähnt werden, dass mehr Einfluss auf die Berichtsebene genommen werden kann, indem man Standardberichte ändert oder weitere hinzufügt. Aber egal wie man es dreht oder wendet: Es wird mehr Zeit aufgewendet werden müssen, um an die Zahlen zu kommen, die einen interessieren. Eine gute Interpretationsgrundlage heißt erstmal Aufwand und Bastelei. Zumindest vorerst, es bleibt immer noch zu hoffen, dass Google mit der Zeit eigene Standard-Berichte hinzufügen wird. Das verhielt sich bei UA, als es noch neu war, ja auch nicht anders.
Fazit
Unterm Strich: Ein riesiges Projekt für alle. Vom gut durchdachten Tracking-Konzept über die neuen Begrifflichkeiten und Datenmodelle, bis hin zur neuen Oberfläche. Eine Neuerung jagt die Nächste. Im Gegenzug hat Google ein kostenloses Tool zur Verfügung gestellt, welches den Transformationen der digitalen Welt zu folgen versucht. Machine Learning, Data Wearhousing mit Big Query und Datenmodellierung sind nur drei Schlagworte, welche das MarTech Universum beschäftigen und GA4 an den Puls der Zeit bringen. Wir persönlich sind gespannt, was noch kommt.
Wenn nach oder während dem Lesen Fragen aufkommen oder Sie Hilfe bei der Umstellung von UA auf GA4 benötigen, freuen wir uns jederzeit über eine E-Mail.


Autoren
Oliver Stecher & Anna-Lucia Mahler
Digital Marketing Specialists bei TechDivision
Die beiden Autoren sind Digital Marketing Specialists bei der TechDivision GmbH aus Kolbermoor. Mit dem Fokus auf alles rund um die Themen Tracking und Analytics fühlen sie sich in der Data Analytics Welt mehr als wohl. Schlagwörter wie der Google Tag Manager, Analytics und Reportings oder Excel lassen die Herzen der beiden höher schlagen. Seit über einem Jahr beschäftigen sie sich mit GA4 und haben schon einige Kunden beim Wechsel von UA auf GA4 begleiten dürfen. Und das Schöne ist: Die Reise ist noch nicht zu Ende.
www.techdivision.com
a.mahler(at)techdivision.com
o.stecher(at)techdivision.com