Mit Avataren und Künstlicher Intelligenz zur ganzheitlichen Patientenversorgung in der digitalen Dermatologie?

KI-basierte Avatare ermöglichen Deep-Fakes. Sie bieten aber auch faszinierende neue Möglichkeiten – zum Beispiel im Rahmen personalisierter, ganzheitlich-medizinischer Versorgung. Spezielle Gesundheitsexperten haben gemeinsam mit Avatar-Experten begonnen, die Möglichkeiten und Herausforderungen KI-basierter Avatare im Dermatologie-Kontext auszuloten.
Um die Möglichkeiten KI-basierter Avatare zu verproben, ist der Bereich der Dermatologie von Hause aus gut geeignet: Im Rahmen telemedizinischer Lösungen können Bilder von Patienten und Patientinnen einfach aufgenommen und Ärzten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus können Ärztin und Patient per Chat und Video miteinander interagieren. Im Hinblick auf Avatarisierung noch wichtiger ist, dass dermatologische Inhalte mittels „Digitaler Companions“ hochgradig personalisiert werden können: Sie schaffen die Gleise für eine medizinisch-qualitätsgesicherte Interaktion von Avatar und Patientin. Zudem personalisieren sie die Inhalte, die von Informationen zu chronisch entzündlichen Hauterkrankungen über Symptomfragebögen bis hin zu Lerninhalten oder Erinnerungen reichen.
Entsprechende Tools gewährleisten zudem, dass stets alle datenschutzrechtlichen Anforderungen und regulatorischen Voraussetzungen erfüllt werden, u. a. die Zertifizierung als Medizinprodukt entsprechend der Medical Device Regulation (MDR I/IIa). Aus diesem Grund sind nicht nur im Bereich der Dermatologie Kooperationen unterschiedlicher Marktteilnehmer erforderlich, um gemeinsam in Form eines Ökosystems Derma-Patienten eine ganzheitliche und optimale Versorgungs- Qualität bieten zu können: Diese reicht von der Prävention, über die Diagnosestellung bis hin zum Monitoring bei Langzeit-Therapien. Innerhalb entsprechender Ökosysteme können zukünftig auch KI-basierte Arzt-Avatare spannende Mehrwerte ermöglichen.
Digitale Gesundheitsversorgung ist Vertrauenssache
Ziel bei der Kooperation der Gesundheitsexperten mit den Avatar-Experten ist es, die potenziellen Vorteile, aber auch die Grenzen der Avatar-Technologie u. a. im Hinblick auf ihre Akzeptanz auf Basis von Pilotprojekten auszuloten.
Dazu müssen „Sandbox“-Umgebungen konzipiert und geschaffen werden, um Praxistests mit Ärzten und Patienten durchführen zu können. Dies ist u. a. deshalb so wichtig, um Missbrauch und „Deep Fakes“ zu verhindern – dabei handelt es sich um täuschend echt wirkende, manipulierte Bild-, Audio- oder Videoaufnahmen, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und auch unter Verwendung von modernster Avatar-Technologie erzeugt werden. Während man früher unter einem Avatar eine Comic-ähnliche 2D- oder 3D-Figur im Kopf hatte, sind KI-basierte Avatare kaum mehr von einer realen Person zu unterscheiden. Das gilt natürlich auch für Mediziner*innen sowie Patienten und deren Avatare, die irgendwann in Zukunft im allseits diskutierten „Metaversum“ medizinisch interagieren könnten. KI-basierte Avatare sind aber keine Zukunftsmusik mehr – sie sind heute schon vielfältig im Einsatz.
Neue digitale Wege zu gehen, heißt Vertrauen auf allen Seiten zu schaffen – vor allem dann, wenn Missbrauchsmöglichkeiten nicht auszuschließen sind und Missbrauchsfolgen gravierend sein können. Im hoch sensiblen Gesundheitsbereich ist dies definitiv der Fall: Dort stehen zahlreiche Technologien und Lösungen in den Startlöchern. Um ein Höchstmaß an Akzeptanz zu ermöglichen, müssen in den kommenden Jahren Standards entwickelt werden, die auf der umfassenden Interessenabwägung von Kranken, Ärzteschaft und anderen Stakeholdern im Gesundheitsbereich beruhen und mit neuen technischen Möglichkeiten und regulatorischen sowie ethischen Aspekten in Einklang gebracht werden müssen. Das gilt u. a. für die Frage, wie Patienten künftig erkennen können, ob es sich z. B. im Rahmen eines Videochats um einen echten Arzt oder um seinen Avatar handelt. Um all dies zu ermöglichen, benötigt man vor allem eines: anschauliche, praxisnahe Beispiele.
Avatare als Erweiterung persönlicher Betreuung
Im Hinblick auf Avatare im Gesundheitsbereich bietet sich als Test-Case der persönliche Austausch von Patientinnen und Ärzten als Dreh- und Angelpunkt jeder Behandlung an: Patienten wissen in der realen Welt in der Regel, welcher Ärztin sie behandelt, die Diagnose stellt, den Behandlungsplan aufstellt, das Rezept ausstellt und für Folgekonsultationen ihr Ansprechpartner ist. Umgekehrt kennen Ärzte „ihre“ Patienten. Der persönliche Austausch ist und bleibt auch in der digitalen Welt der entscheidende Vertrauens-Faktor im Gesundheitswesen – aber er kostet meist enorm viel Zeit. Die Chance der Digitalisierung liegt gerade darin, die persönliche Betreuung mittels Avataren realitätsnah und vertrauenswürdig zu verlängern und zu effizienzieren.
Vor diesem Hintergrund lassen Sie uns evaluieren, wie diese hybride Betreuung durch einen realen Arzt als auch dessen Avatar konkret aussehen könnte:
- Erforderlich ist dafür zunächst ein Avatar eines real existierenden Arztes. Mit ihm interagiert der Patient oder die Patientin mittels Video, Texten und synthetisierter Sprache.
- Der Avatar begleitet die Patienten zwischen den Arztbesuchen und entlastet dabei einerseits als virtueller, individualisierter Ansprechpartner den behandelnden Arzt. Andererseits begleitet er Patientinnen auf ihrer Journey.
- Kommuniziert wird mit dem Avatar rund um die Uhr und in jeder gewünschten Sprache, u. a. auf Deutsch, Englisch, Italienisch oder sogar chinesisch.
- FAQs, Fachbegriffe, Unsicherheiten oder Ähnliches erklärt der Avatar im Laufe der Behandlung sowie der engmaschigen Therapiebegleitung bis ins Detail. Er hilft dadurch dabei, dass mögliche Ängste jederzeit ausgeräumt werden.
Das Grundprinzip ist recht einfach und basiert auf cloud-basierter KI-Technologie, ähnlich wie bei herkömmlichen Chat-Bots. Eine Herausforderung liegt nun darin, die Inhalte so aufzubereiten, dass sie nicht nur fachlich richtig sind, sondern auch im richtigen Moment ausgespielt werden. Insofern gilt es, die mittels Avatar-Technologie erstellten Inhalte nicht nur inhaltlich zu erstellen, sondern auch so mit einem medizinischen „Digital Companion“ zu verbinden, dass sie aus therapeutischer Sicht korrekt bzw. im richtigen Kontext ausgespielt werden.
Wie genau funktioniert die Avatarisierung?
Voraussetzung für all das ist die Existenz eines hochwertigen Avatars. In einem physischen Studio werden zunächst die Mimik und die Stimme des realen Arztes aufgenommen und genauestens analysiert. Durch Anwendung von künstlicher Intelligenz wird aus diesen Aufnahmen ein digitaler Klon erstellt. Dieser sieht nicht nur aus wie die reale Person und spricht wie diese, sie kann auch auf Knopfdruck über 40 Sprachen sprechen – lippensynchron, authentisch und zunehmend auch empathisch. Zudem besteht Zugang zu einer großen Auswahl von bestehenden Avataren unterschiedlicher Ethnien, Geschlechter und Altersgruppen.
Im Kern der Technologie steht dabei die sogenannte „Content-Alchemie“ – die Extraktion des vorhandenen Wissens und die Aufbereitung dieser Inhalte in einfach zu verstehenden, unterhaltsamen kleinen Wissenseinheiten.
Egal in welcher Form das Wissen zunächst vorliegt – dank der Kombination von Technologie und humaner Qualitätssicherung entstehen im Ergebnis multi-modale (Audio, Video, Text) sowie multi-linguale Lernhäppchen, die perfekt auf die Situation und den Kontext der Patientinnen und Patienten abgestimmt sind.
Konsumierbar sind diese über eine Learning Experience Platform (LXP). Dies ist eine cloudbasierte Lösung, die Patienten eine personalisierte, kontext-optimierte Lernerfahrung bietet. Ob Video, Audio oder Text, Sprache oder Länge – die Wissenshäppchen können je nach Präferenz und Kontext bedarfsgerecht ausgespielt werden. Mittels von KI generierten Zusammenfassungen können Inhalte automatisiert auf die vom Patienten und Patientinnen gewünschte Länge verdichtet und wiedergegeben werden. So kann z. B. je nach Wissensstand eines Patienten eine mehr oder weniger detaillierte Erklärung einer Krankheit oder einer Übung erfolgen.
Vorteile für Patienten und Ärzte
Der Einsatz von dermatologischen Arzt-Avataren befindet sich aktuell noch im Evaluationsstadium. Es zeichnen sich jedoch schon jetzt konkret greifbare Vorteile ab.
Für Patienten und Patientinnen:
- Avatar-basierte Informationen sind hoch vertrauenswürdig, zudem kann die emotionale Bindung zum jeweiligen Arzt die Aufnahme wichtiger Informationen verbessern (z. B. Therapiepläne, Informationsvermittlung etc.).
- Wissenseinheiten können besser als bisher in der passenden Landessprache der Patientinnen übermittelt und an ihr Wissensniveau angepasst werden.
- Die Bereitschaft, Fragen, Aktivitäten und Übungen durchzuführen, kann durch realistisch wirkende Arzt-Avatare erhöht werden.
Für Ärzte und Ärztinnen:
- Sie können auf Basis von realitätsnahen Avataren „persönliche“ Beziehungen zu ihren Patienten und Patientinnen skalierbar besser pflegen als auf Basis anonymer digitaler Infrastrukturen.
- Die Kommunikation wird insbesondere bei fremdsprachigen Patienten und/oder Ärzten durch Übersetzung von Texten verbessert.
- Die dadurch ermöglichte bessere Information von Betroffenen führt zu kürzeren Behandlungszeiten, sowie zu besseren Ergebnissen bei niedrigeren Kosten.
Natürlich gilt es, die zuvor skizzierten Vorteile in der Praxis empirisch weiter zu bestätigen, regulatorisch- ethisch genauer zu bewerten, als auch im Hinblick auf mögliche Bedenken verschiedener Stakeholder zu untersuchen. Basis dafür ist die kollaborative Erforschung entsprechender Lösungen im Rahmen eines medizinischen Ökosystems, das medizinisches Fachwissen, eine regulatorisch abgesicherte Care-Infrastruktur sowie umfassende Expertise bei der Umsetzung avatarbasierter Lösungen integriert.

Autor
Dominik Haller
Geschäftsführer der Derma2go GmbH
Dominik Haller ist Geschäftsführer der Derma2go GmbH und verantwortet den gesamten DACH-Raum. Derma2go ist führender Teledermatologie- Anbieter und begleitet Patienten und Patientinnen ganzheitlich – von der Vorsorge über die medizinische Diagnose bis hin zur Therapie-Begleitung.
https://www.derma2go.com
https://www.linkedin.com/in/dominik-haller-807666a4/

Autor
Prof. Dr. Marc Drüner
Gründer und CEO der eduBITES GmbH
Prof. Dr. Marc Drüner ist Gründer und CEO der eduBITES GmbH. eduBITES hat sich zum Ziel gesetzt, mit neuesten synthetischen Technologien und KI das bestmögliche Lern- und Interaktionserlebnis bereitzustellen. Mit Derma- 2go wird dieses Versprechen auf die Arzt-Patienten Interaktion übertragen.
https://www.edubites.com
https://www.linkedin.com/in/dominik-haller-807666a4/