Holistische CX
Der Einfluss von Conversational Design auf die Customer Experience

Unternehmen kommunizieren und interagieren heutzutage mit ihrer Kundschaft über viele Kanäle und Touchpoints hinweg – und dies möglichst authentisch, stringent und nahtlos. Wer dabei besondere, dialogische Erlebnisse bietet, ist dem Wettbewerb schnell einen Schritt voraus. Folglich sollten Suchtools, Chatbots und Voice-Anwendungen so gestaltet sein, dass eine durchdachte, personalisierte Konversation gelingt.
Ob Kunden oder Kundinnen ein teures Fahrrad kaufen, eine Reise inklusive Reiserücktrittsversicherung buchen oder sich über ein Finanzprodukt informieren: Oft haben sie keine Lust, dafür komplizierte Texte zu lesen und Formulare zu befüllen. Also geben sie nach einigen Klicks frustriert auf. Ebenso, wenn ein Chatbot nicht die passende Antwort auf eine Frage kennt.
Wer hingegen als Unternehmen seine Kundschaft auf digitalen Plattformen in sinnvollen, kleinen Schritten zum Ziel begleitet und in all diesen Momenten für eine positive Erfahrung sorgt, der hat die Kontaktpunkte richtig konzipiert. Idealerweise haben die Kunden und Kundinnen das Gefühl, ein lebendiges Gespräch zu führen und gut durch Prozesse geleitet zu werden. Dann kommen sie gerne wieder und kaufen vielleicht mehr.
Damit dies gelingt, bedarf es eines umfassenden Blicks auf die Customer Experience und einer ganzheitlichen Customer-Journey-Strategie. Alle Angebote eines Unternehmens müssen die beste Kundenerfahrung im gegebenen Szenario bieten. Und sie sollten diese positive Erfahrung in jedem wichtigem Kanal reproduzieren. Eine Website mit wertigen Inhalten und gut strukturierten Formularen ist ein Muss, reicht jedoch heute nicht mehr aus. Ein zusätzlicher WhatsApp-Chat oder ein nachträglich erstellter Chatbot, der nur vermeintlich auf jede Frage eingehen kann, erzielt isoliert ebenfalls nicht die gewünschte Wirkung. Design-Optimierungen an ausgewählten Touchpoints sind nur der eine Teil der Aufgabe. Auf ihre Orchestrierung kommt es an. Im Idealfall agieren alle Kontaktpunkte harmonisch miteinander und halten den Dialog zur Kundschaft in Gang.
Die zwei folgenden, fiktiven Beispiele zeigen wie es künftig laufen könnte:
Eine begeisterte Fahrradfahrerin sucht online nach einem neuen Gravel Bike. Vertrauenswürdige Marke, gute Website mit großen Produktbildern, Videos, allen wichtigen Daten – na klar. Welche Rahmengröße ist die richtige? Ein interaktiver Größenberater steht bereit. Wie messe ich meine Schrittlänge? Hier hilft der Chatbot schnell und präzise. Soll ich die Variante mit den teureren Komponenten wählen? Zeit für eine persönliche Beratung im Livechat.
So weit, so gut – das wird bereits heute realisiert bei Fahrradhändlern wie Canyon oder Rose. Doch: Wie baut man das Fahrrad korrekt zusammen, sobald die Lieferung da ist? Dank eines Chats mit Alexa agiert die frohe Neukundin freihändig mit audiovisueller Unterstützung.

Ein Kunde ruft bei Problemen mit der Waschmaschine den Kundendienst an und wird unterbrochen, bevor alle Daten erfasst sind. Der Auftrag wird trotzdem bearbeitet und zu seiner Zufriedenheit abgewickelt, weil der Chatbot nahtlos an den telefonischen Dialog anknüpft und proaktiv auf im CRM hinterlegte Kundendaten zurückgreifen kann, um die nächsten Schritte einzuleiten. Voraussetzung dafür wäre allerdings eine bewilligte Datenspeicherung sowie eine kanalübergreifende Verkettung – von der Handynummer über den Kundenservicebereich, dem Voice Device Interface bis hin zum Userkonto.
Dialoge richtig aufsetzen
Voice-, Chat- und Messengerdienste sind allesamt Conversational-Touchpoints, die darauf abzielen, einen Dialog mit der Kundschaft zu führen. Dialogische Erlebnisse sind ausschlaggebend für die Customer Experience. Hier setzt das Conversational Design an. Es nimmt die Kunden und Kundinnen kanalübergreifend an die Hand. Der gesamte Aufbau eines Portals, einer App oder Shops sollte als Dialog gedacht und gestaltet werden. Chat-Elemente und Voice-Angebote sind funktionell und visuell intelligent in das Gesamtbild zu integrieren – leicht auffindbar, ohne optisch zu stören. Neben Chat- oder Sprach-Schnittstellen partizipieren klassische Hilfsangebote wie FAQs oder Suche am Dialog.
Konversationen müssen ineinandergreifen
Für Unternehmen empfiehlt es sich, Prioritäten zu setzen: Was sucht die Kundschaft am häufigsten? Welche Nachfragen oder Problemstellungen treten auf? Zu welchen Tageszeiten nehmen User Kontakt auf? Im nächsten Schritt sind relevante Triggerwörter (Slottypes) oder Suchanfragen (Keywords) zu definieren und die passenden Antworten zu entwickeln. So werden die häufigsten Nutzungsszenarien aufgearbeitet, um entsprechende kommunikative Lösungen anzubieten. Wer sich hier nur auf Keywordanalysen verlässt, macht nur die halbe Arbeit. Es braucht Customer Journeys und mentale Modelle, die auf umfassender User Research basieren.
Führen Menschen untereinander einen Dialog, knüpfen sie im Gespräch oft an Gesagtes an. Und genauso funktioniert es mit Kundenbeziehungen. Der Dialog bildet die Grundlage für einen dauerhaften, aufeinander aufbauenden Austausch, was technisch durchaus komplex ist: So müssen im Hintergrund die Daten an den Touchpoints in einer zentralen Customer Data Plattform (CDP) konsolidiert vorliegen und mit allen Ausgabegeräten verknüpft sein. Im Vordergrund braucht es eine Consent Management Platform (CMP), die Nutzereinverständnisse – zum Beispiel Opt-Ins – zentral verwaltet.
Conversational Design und Branding: Der Ton macht die Musik
Mit kanalübergreifenden Customer Journeys und optimierten, verzahnten Dialogen sind die ersten Schritte hin zu einer holistischen CX getan. Für positive Erlebnisse bedarf es auch Emotionen und dem richtigen Einfühlungsvermögen. Wer als Unternehmen nach erfolgtem Kundeneinverständnis schriftliche oder gesprochene Dialoge auswertet, kann Stimmungen analysieren und auf bestimmte Themenmuster abgleichen. So ergeben sich Hinweise darauf, welche Themen emotional belegt sind und wie darauf reagiert werden sollte.
Unternehmen können Kundinnen und Kunden anhand solcher Analysen bestimmten Profilen zuordnen, was die Personalisierung erleichtert. Nicht nur das nahtlose technische Zusammenführen ist wichtig. Zu holistischer CX gehört auch Conversational Branding. Ob Chat, Voice oder Social Media: Die Tonalität sollte vorab abgestimmt werden, um den Markenkern zu vermitteln.
In der Kundenkommunikation gibt es nicht nur ‚Sie‘ oder ‚Du‘. Der Duktus kann auch „seriös“, „charmant“ und/oder „humorvoll“ klingen. Ein Reiseanbieter etwa vermittelt Spaß und Leichtigkeit, eine Bank steht für Sicherheit. Die dem Chatbot zugrunde liegenden Textbausteine berücksichtigen dies und sind entsprechend programmiert. Idealerweise spricht die/der (digitale) Ansprechpartner* in durchgehend die gleiche Sprache und Tonalität. Bei Voice-Angeboten sind es die Sprechgeschwindigkeit, der Akzent oder Höflichkeitsfloskeln sorgen für den richtigen Ton. Technisch lässt sich das in semantische und akustische Parameter übersetzen.
Die Konsistenz ist wichtig – egal ob es um die Begrüßungsfloskel, Sprechpausen, Intonation, das Geschlecht, Sprachlaute, semantische Tonalität oder die Ansprache geht. Alle sollten in einem Conversational-Design-System dokumentiert werden. Im Idealfall sind quantifizierbare Parameter wie Sprechgeschwindigkeit und Stimmlage mathematisch definiert als Konfigurationswerte für die Sprachausgabe. Zudem müssen sie mit einer zentralen Datenbank (Content Delivery Network, kurz: CDN) verknüpft sein.
Tonalität, Content oder Businesslogik gehören auch in der Voice-Anwendung zum Gesamtkonzept und lassen sich genauso integrieren: Für den einfachen Einstieg könnte über die Voice-Funktion die Website-Suche betätigt werden. Die Website bietet weitere Funktionalitäten über Voice Apps oder einen Chatbot an. Chatfenster vergrößern sich „auf Zuruf“ automatisch oder die Buttons für Mailkontakt und WhatsApp poppen auf.
Bei allen KI-Assistenten ist es entscheidend, Kunden und Kundinnen automatisiert an einen persönlichen Beratenden weiterzuleiten, sollte der Chatbot keine befriedigende Lösung liefern. Idealerweise weiß die/der Beratende bereits, worum es geht – ohne dass die Kundschaft alles wiederholt. Daher sollten wichtige Daten aus den Gesprächen im Chatbot von anderen Systemen und Call-Center-Mitarbeitenden einsehbar sein.

Ganzheitliche Conversational-Strategie ist unverzichtbar
Wer eine holistische CX mit allen Touchpoints und Kanälen aufsetzen will – von der Customer Research via Chatbot, über die Bestellung per App bis hin zur menschlichen Kundenberatung – der sollte von Anfang an ganzheitlich agieren. Nur Unternehmen, die ein authentisches Kunden- und Kundinnenerlebnis in ihre Kommunikation integrieren, heben sich von ihren Mitbewerbern positiv ab. Für Menschen und Marken sind lebendige Kundschaftskontaktpunkte entscheidend. Ob getippt oder gesprochen – es sind die verschieden Dialog-Optionen, die die Customer Experience beeinflussen und für zufriedene Kunden und Kundinnen und somit für höhere Umsätze sorgen.

Autor
Daniel Fitzpatrick
Head of Conversational Solutions bei Triplesense Reply
Daniel Fitzpatrick ist Head of Conversational Solutions bei Triplesense Reply. Er ist verantwortlich für die hohe Qualität der technischen Lösungen sowie die Entwicklungs- und Publikationsprozesse. Zudem ist er Leiter der weltweiten Reply Practice für Voice Interfaces.

Autor
Marc O. Schürmann
Head of UX bei Triplesense Reply
Marc O. Schürmann ist Head of UX bei Triplesense Reply. Er kombiniert mit seinem Team nutzerzentriertes Design, Content-Strategie und Data-driven Insights, um Nutzer und Anbieter in einen gelingenden Dialog zu bringen.
www.triplesensereply.de
https://www.linkedin.com/company/triplesense-gmbh/