Mit Digitalisierung am Point-of-Sale überzeugen
Resilienz durch digitale Technologien stärken

Die Digitalisierung ist in aller Munde und aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Nicht nur dem Onlinehandel bietet sie Potenziale, sondern auch dem stationären Handel. Doch welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung und was gilt es zu beachten?
Die jüngsten Krisen wie die Coronapandemie oder der Krieg in der Ukraine zeigen, wie schnell sich unser aller Alltag verändert und wie die Digitalisierung uns bei der Bewältigung von schwierigen Situationen unterstützen und resilienter machen kann. Sei es das Homeoffice statt des Büros oder das Onlineworkout statt des Besuchs im Fitnessstudio.
Hatte der stationäre Handel bereits vor der Pandemie Probleme, wurden diese dadurch noch einmal verstärkt. Lockdowns, Kapazitätsgrenzen sowie Hygiene- und Abstandsregeln sorgten für Frequenzverluste und Umsatzeinbußen. Viele Kundinnen und Kunden wechselten von stationären zu Onlinehändlern – die durch Convenience überzeugten – und blieben auch nach Beendigung der Maßnahmen bei diesen. Auch wenn die Digitalisierung in diesem Zusammenhang mehr Fluch als Segen zu sein scheint, bietet sie dem stationären Handel Potenziale, die ein Onlineshop nicht bieten kann. So müssen sich Händler*innen auf ihre Stärken konzentrieren und vor allem die persönliche Beratung und das Einkaufserlebnis in den Mittelpunkt stellen. Digitale Technologien bieten dabei eine Vielzahl an Möglichkeiten. Dennoch muss der Leitgedanke sein, dass alle Macht von der Kundschaft ausgeht und nicht jede Technologie diesen Mehrwerte bietet.
„Wir müssen mit einem Kundenerlebnis beginnen und uns dann zurückarbeiten zur Technologie.“ – Steve Jobs, Gründer von Apple.
Digitalisierung entlang der Customer Journey
Um die digitalen Technologien sinnvoll einzusetzen, bedarf es nicht nur technischen Know-hows, sondern vielmehr – und das ist entscheidend – des Wissens über seine Zielgruppe. Wie erleben die Kundinnen und Kunden einen Einkauf vom ersten Besuchsimpuls über die Informationssuche, den Besuch und Kauf bis hin zur Bindung an das Geschäft? Diese sogenannte Customer Journey beschreibt den gesamten Kaufprozess, den die Kundschaft durchlebt. So ist es unerlässlich, sich entlang dieser Reise zu orientieren, die Touchpoints zu nutzen und digitale Technologien zu integrieren.
Zu Beginn der Reise steht der Besuchsimpuls, der sowohl online als auch offline gezielt bedient werden kann. Sogenannte „Digital-Signage-Lösungen“ können am Point-of-Sale eingesetzt werden, um Kundinnen und Kunden in das Geschäft zu locken. In Form von digitalen Ladenplakaten oder Schaufenstern kann so auf Produkte, Sonderangebote oder Aktionen hingewiesen werden. Über QR-Codes können die Besucher*innen zusätzliche Informationen, wie Produktdetails, Öffnungszeiten oder Verlinkungen zu Homepage und Onlineshop, aufrufen.
Digitale Technologien auf der Fläche helfen Kunden und Kundinnen sich zu orientieren, geben Informationen zu Produkten oder sorgen für ein besonderes Einkaufserlebnis. Ebenso unterstützen sie die Verkäufer*innen im Beratungsprozess und Kaufabschluss. So hat insbesondere das Thema Self-Check- Out und kontaktloses Bezahlen in Folge der Pandemie an Fahrt aufgenommen und wird bereits von über 60 % der Kundschaft regelmäßig genutzt, wie der Consumer Barometer der KPMG und des IFH KÖLN zeigt (Abb.1).

Hier bieten digitale Kassensysteme und Selbstkassierer- Kassen gute Lösungen, um sich resilient und zukunftsfähig zu behaupten. Zur Kundenbindung bieten im stationären Geschäft vor allem Feedbacksysteme eine gute Alternative, um Kundendaten zu generieren. Neben den genannten gibt es eine Vielzahl weiterer Technologien, von denen einige in Abbildung 2 dargestellt sind.

Der richtige Einsatz zum richtigen Zeitpunkt
Um die Digitalisierung des Geschäfts erfolgreich zu gestalten, müssen Technologien am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden. Denn nicht alle digitalen Helfer werden von Kunden und Kundinnen sowie Mitarbeitenden in gleicher Weise akzeptiert. So wird vor allem die Nutzung von Live-Beratung durch Roboter und über KI gestützte Videobildschirme von zwei Dritteln bisher abgelehnt. Die Nutzung digitaler Wegweiser oder das Schalten von allgemeinen Angeboten und Aktionen über das Smartphone, sowie Pick & Go Supermärkte finden hingegen bei der Mehrheit Zustimmung, wie die Befragung des IFH KÖLN und der KPMG zeigt (Abb.3).

Dennoch können auch Technologien, die zum jetzigen Zeitpunkt wenig Beachtung finden, zukünftig an Bedeutung gewinnen. So dauert es eine gewisse Zeit, bis ein Implementierungsprozess stattgefunden hat und die Akzeptanz in der breiten Bevölkerung steigt. Hier zeigt – wie bereits erwähnt – das Beispiel des kontaktlosen Bezahlens deutlich, wie schnell eine solche Anpassung stattfindet. Vor allem bei interaktiven Technologien braucht es Zeit, bis die Kunden und Kundinnen mit diesen vertraut sind. Um diesen Prozess zu beschleunigen, ist es wichtig das eigene Personal zu schulen und als Ansprechpartner*innen vor Ort zu haben. Hierbei muss vermittelt werden, dass die digitalen Technologien unterstützen und die Mitarbeitenden nicht ersetzen sollen.
Digitalisierung zur Prozessoptimierung
Um der Kundschaft nicht nur Erlebnisse zu bieten, sondern dieser das Shoppingerlebnis bequemer zu machen und gleichzeitig Mitarbeitende zu entlasten, bieten sich digitale Lösungen zur Prozessoptimierung an. Vor allem InStore-Analytics-Systeme bieten Mehrwerte, sowohl auf Kunden- als auch auf Betriebsseite. So gibt es in der Zwischenzeit viele Anwendungsmöglichkeiten, die das einfache Zählen der Kundschaft über Lichtschranken am Eingang überschreiten. Über Bluetooth/Beacons, WLAN, Ultraschall oder Kamerasysteme lassen sich verschiedene Daten sammeln und analysieren. Kundenfrequenzen, Laufwege, Heatmaps und die Bestimmung von Alter, Geschlecht und Stimmungslage der Kunden und Kundinnen sind dabei nur einige Beispiele. Doch auch hier gilt für Händler*innen: Kenne deine Ziele und setze Technologien gezielt zu deren Erreichung ein! Ist dieser Gedanke verankert, lassen sich Prozesse wie etwa die Mitarbeiterplanung zu Stoßzeiten, die Verbesserung der Ladengestaltung oder die Anpassung des Warenangebots an die Zielgruppe optimieren. Darüber hinaus bieten Softwaresysteme die Möglichkeit, weitere betriebsinterne Prozesse, wie die Warenwirtschaft oder die Buchhaltung, zu vereinfachen. Hier bieten sich vor allem digitale Kassensysteme an, die aus einem Hardwarepaket bestehen, worauf – je nach Bedarf – verschiedene Softwareanwendungen gespielt werden können.
Kerngedanke bei der Implementierung digitaler Technologien muss sein, der Kundschaft und den Mitarbeitenden Mehrwerte in Form von Erlebnissen zu bieten und den Convenience-Gedanken in den Vordergrund zu stellen. |
Digitalisierung des stationären Handels bietet Potenzial
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Digitalisierung des Point-of-Sale zukünftig unumgänglich ist, um erfolgreich zu bleiben und sich resilient gegenüber Krisen aufzustellen. Die Technologien müssen den Kundinnen und Kunden Mehrwerte bieten und Erlebnisse schaffen, die der Onlinehandel nicht bieten kann. Möglichkeiten gibt es viele, doch nicht jede wird gleich angenommen oder ist für Händler*innen von Bedeutung. Wichtig ist es, Ziele zu definieren und seine Zielgruppe genau zu kennen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen können so von den digitalen Helfern profitieren. Dabei bedarf es aber mitunter noch Hilfestellungen.
Das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel bietet Händler*innen Unterstützung in Form von Leitfäden, Unternehmenssprechstunden, Workshops und vielem mehr zum Thema Digitalisierung des Point-of-Sale und weiteren Digitalisierungsthemen an. Informationen dazu finden sich unter www.kompetenzzentrumhandel.de. Dort finden Sie unter anderem auch einen 360°-Rundgang, in dem an zehn Stationen digitale Technologien für den stationären Handel vorgestellt werden (https://digitalmobilhandel.cuuub.com/). Die Ausgestaltung des Ladengeschäftes liegt bei jedem Geschäft selbst – ein allgemeingültiges Rezept für den Erfolg gibt es nicht. |

Autor
Alexander Weßling
Junior Projektmanager am IFH KÖLN
Alexander Weßling ist seit August 2020 am IFH KÖLN tätig und unterstützt im Rahmen des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Handel kleine und mittlere Unternehmen in Form unterschiedlicher Formate bei verschiedenen Fragestellungen rund um die Digitalisierung im Handel. Zuvor studierte er an der Universität zu Köln Geografie.
www.ifhkoeln.de
a.wessling(at)ifhkoeln.de
https://www.linkedin.com/in/alexander-weßling-0611211aa/