Gemeinsam sind wir stark
Wie Agenturen vom kreativ-strategischen Approach profitieren

Kreativ- und Influencer-Marketingagenturen sehen sich von einer ganzen Generation herausgefordert: Während Millennials Veränderungen und neue Erfahrungen positiv erleben, zeigt sich die Generation Z skeptisch gegenüber Markenkommunikation. Marketingverantwortliche sind zum dringenden Umdenken angehalten – „Snackable Content“ lautet das Stichwort. Konventionelle Kampagnen-Arbeit und ihr Endprodukt, die klassische Produktwerbung, gehören der Vergangenheit an. Die Zukunft des Influencer-Marketings liegt in lebendigen Brand-Stories und starkem Community-Management.
Influencer-Marketing im Wandel
Testimonials transportieren, wenn richtig eingesetzt, Werbebotschaften glaubwürdig und begünstigen so entscheidend den Markenerfolg. Das Bedürfnis nach authentischen und glaubhaften Identifikationsfiguren steigt angesichts unüberschaubarer Marken- und Produktvielfalt exponentiell. Testimonial-Marketing, die Mutter des Influencer-Marketings, verbindet Creator*innen und Brand, um so Imagetransfer zu generieren. Dabei profitiert die Marke vom etablierten Image des Influencers und andersherum. Eine Wechselwirkung, die bei effektiver Nutzung Kampagnen- Performance positiv beeinflusst.
Voranschreitende Digitalisierung und Influencer-Marketing heben diese Wechselbeziehung auf ein neues Level: Im Gegensatz zu prominenten Werbegesichtern zeichnen sich Influencer*innen durch Nahbarkeit aus. Als Privatperson sprechen sie zu ihrer Zielgruppe und sind gleichzeitig Teil derselbigen. Insbesondere die Generation Z ist auf die Nutzung von Social-Plattforms wie Instagram und TikTok konditioniert – hier liegt selbst für Micro-Influencer*innen Potenzial, hohe Reichweiten zu erzielen und als Rising Star am Content- Creator-Himmel aufzusteigen. Auf diesem Weg entsteht ein Pool aus diversen Persönlichkeiten, die – mit unterschiedlichen Marken verbunden – eindrückliche, echte Kampagnen realisieren. Agenturen, die Creator*innen als Kreative betrachten und sie ihre Handschrift umsetzen lassen, wählen die effizienteste Route, um Botschaften erfolgreich in sozialen Netzwerken zu platzieren.

Markenkommunikation à la Generation Z
Wer Advertisements an die junge Zielgruppe adressiert, distanziert sich künftig von langfristig gedachtem Kampagnen-Management. Unter Digital Natives gilt eine starre Planung von Ads als unauthentisch und nimmt Misserfolg vorweg. Respekt heimst die Marke ein, die Social Media auf ganzer Strecke lebt, mit ihrer Community in Kontakt tritt und Content-Spielraum bietet. Drei Hauptfaktoren weisen Marketers den Weg zu wirkungsvollem, zukunftsorientiertem Marketing:
1. Realitäten verschmelzen lassen
Als untrennbar miteinander verwoben versteht Generation Z den Online- und Offline-Kosmos. Die Nachfolgegeneration der Millennials definiert die Online-Sphäre als natürlichen Bestandteil ihres Alltages und folglich dem realen Leben gleichwertig. Brands wie Agenturen tun gut daran, beide Welten als gleichberechtigt anzuerkennen.
2. Personal Branding is Key
Generation Z beherrscht Personal Branding uneingeschränkt. Von Social Media geprägt, verstehen die Digital Natives ihr Handwerk, wenn es um den Aufbau und das Branding individueller, digitaler Persönlichkeiten geht. Diese Fähigkeit nutzend, zeigt die Altersgruppe der 12- bis 27-Jährigen, der Post-Millennials, unverblümt, wer sie ist und für welche Werte sie einsteht. Brands müssen Creator*innen die Chance geben, sich zu zeigen und das Zepter innerhalb der Kommunikationsstrategie zu übernehmen. Anders als Millennials möchte die Gen Z nicht im Hintergrund bleiben, sondern in Interaktion treten und sich gleichzeitig präsentieren.
3. Menschen hinter der Marke auf den Plan bringen
Um im Blickfeld der Zielgruppe zu bleiben, lautet das Erfolgsrezept Community-Management. Generation Z wächst mit Smartphone in der Hand auf – an der Brand beteiligte Personen müssen in der beidseitigen Markenkommunikation starke Präsenz zeigen, die Kommentarfunktion als Sprachrohr und Basis zum Austausch nutzen und auf die Needs der User*innen mit darauf abgestimmten Content eingehen. Als Marke eine digitale Persönlichkeit auszubilden, schafft Authentizität und Nähe zu Konsumierenden und eine Abgrenzung zu Wettbewerbern.

Data und Creative vereinen
Wo sich Kreativagenturen im performancegetriebenen Influencer-Marketing verlieren, stocken Social-Media-Agenturen oft bei kreativen Ansätzen. Es lohnt sich, Mut zu beweisen, Marketing ganzheitlich zu denken und Freiräume für die Kreativität der Influencer*innen zu schaffen. Social- Plattforms und ihre User*innen kreieren Hypes, die viral gehen und zu digitalen Taktgebern avancieren. Co-Creation Approach rückt an die Stelle von langfristigem, unflexiblem Kampagnen- Management. Als sinnvoll erweist sich ein Team von Creator*innen, deren kreativer Rahmen lediglich die monatlich zu produzierenden Content Anzahl definiert. Schöpferischer sowie gedanklicher Spielraum erwirkt meiner Erfahrung nach sowohl gestalterisch als auch in puncto Performance die besten Ergebnisse – Creator*innen sind sich über die Bedürfnisse ihrer Communities im Klaren und landen mit daran angepasstem Content höhere Treffer-Quoten als jede Zielgruppenanalyse. Agenturen, die Influencer*innen ausschließlich als Reichweitenquellen betrachten, verfolgen einen falschen Ansatz. Im Worst Case sind ideenarme Umsetzungen der Kampagnen und Flops auf contentsensiblen Plattformen wie TikTok die Folge.
Social first? TikTok first!
Die Corona-Pandemie hat das Konsumverhalten der User*innen mit Blick auf die sozialen Netzwerke nachhaltig verändert: Eilte TikTok vor Pandemiezeiten noch der Ruf einer jugendlichen für Unternehmen eher unattraktiven Plattform voraus, läuft sie heute Instagram immer mehr den Rang ab und genießt eine breit aufgestellte Fanbase. Instagram funktioniert ganz eindeutig nach dem Prinzip „Creator first“. Creator*innen mit einer immensen Reichweite ist diese garantiert, unabhängig von der Stärke der publizierten Inhalte. TikTok bewertet Content immer wieder neu. Die Reichweite spielt zwar eine nicht unerhebliche Rolle, doch performen unabhängig von ihr nur native Inhalte. Unter den Millennials rangiert Instagram als Favorit, TikTok hingegen entspricht mit seiner Idee einer contentstarken Social App dem Zeitgeist. Co-Creation ist hier das klar zu verfolgende Konzept – wer auf TikTok Erfolge feiert, der weiß, welche Handgriffe dafür nötig sind.
Ich sehe zwei Entwicklungsfelder in der Agenturlandschaft:
- „Social first“ lautet der unumstößliche Kampagnen-Approach, um die junge Zielgruppe zu erreichen – unter den 12- bis 27-Jährigen sogar „TikTok first“.
- Agenturen sollten Marken von jetzt an dahingehend beraten und unterstützen, Creator*innen einen Teil der Markenkommunikation in die Hände zu legen.
Um eine erfolgreiche Strategie für Influencer-Marketing-Aktivitäten auf TikTok aufzubauen, braucht es Routine und tiefes Verständnis für die Struktur und Funktionsweise der Plattform. Hierin liegt die Abgrenzung zu Instagram: Die Realisierung wirkungsvoller Kampagnen auf der Creator-first-Plattform setzt keinen Heavy Use voraus – ein undenkbares Szenario für Content Creation auf TikTok, hier sind Agenturen wie Unternehmen noch ganz klar auf das Know-how der Co-Creator*innen angewiesen.
Auf Wolke sieben mit der Love Brand
Was Marketers zusätzlich beachten sollten, um Gen Z gerechte Advertisements effektiv zu platzieren und gleichzeitig eine Love Brand hervorzubringen, verraten die folgenden fünf Insights:
1. Dinge bewirken, anstatt nur über sie zu reden
Soziales Engagement als Marketinginstrument einzusetzen, erfordert Sensibilität. Generation Z wertschätzt ausschließlich Unternehmen, die sowohl in ihrer Außenwirkung als auch in ihren internen Prozessen wertegetrieben sind. PR-getriebene Wohltätigkeit wird schnell als Fake entlarvt, die Marke verliert ihre Glaubwürdigkeit. Mein Appell an Brands lautet deshalb: Tut Gutes und sprecht darüber – allerdings nur dann, wenn Charity ein unlösbarer Bestandteil der Marken-DNA ist.
2. Minderheiten einbeziehen
Vielfalt steht außer Frage und Genderfluidität verwischt jegliche Grenzen: Digital Natives protestieren gegen gesellschaftlich vorgegebene und lang etablierte Wesensattribute. Marken sollten auf die Einbindung von Stereotypen in Advertisements verzichten, sondern vielmehr Inklusion und Diversität wahrhaftig leben.
3. In Erfahrungen investieren
In einer Kultur des Teilens erheben die Post-Millennials weniger Anspruch auf materielle Dinge, sondern sammeln und investieren in Experiences. Setzen Unternehmen gemeinsam mit Agenturen Brand-Strategien auf, muss ganz klar unternehmerisches Handeln und Initiativergreifung im Fokus stehen, um darauf aufbauend eine Persönlichkeit zu entwickeln.
4. Authentische Brand Storys kreieren
Wie keine andere Altersgruppe strebt die Generation Z nach Wahrheit und Authentizität. Freie Meinungsäußerung hat oberste Priorität. Um Erfolge zu erzielen, müssen sich Brands künftig personifizieren und, am Wichtigsten, echtes, ehrliches Storytelling-Marketing betreiben, anstatt nur ihre Produkte sprechen zu lassen.
5. Position beziehen
Anerkennung gewinnt, wer sich zu Tabuthemen, sogenannten Topics „en woke“, äußert. Folglich punkten Brands, die mit Mut nach vorn preschen, kritische Sachlagen besprechen und Position dazu beziehen. Insbesondere Großkonzerne tun sich schwer, wenn es darum geht, Stellung zu unbequemen Thematiken zu nehmen. Dabei gehen erfahrungsgemäß die Marketing-Aktivitäten viral und erzeugen große Resonanz, die in ihrer Aussage klare Haltung zeigen. Konflikte mit Teilen der Zielgruppe sind so zwar vorprogrammiert, gehören jedoch zum Prozess der Markenpositionierung dazu.
Digital-Pioniere der Zukunft
Den elementaren Schritt macht, wer die Lücke zwischen performance- und kreativgetriebenen Prozessen anerkennt. Das bedeutet einen Zusammenschluss beider Arbeitsbereiche mit maßgeblichen Investitionen sowie einen internen Shift. Denkbar ist auch die Partnerschaft mit einer anderen Agentur, um Know-how zu bündeln und zügig positive Bilanz zu ziehen. Eine zusätzliche Herausforderung stellt es zum einen dar, Potenzialträger aus der kreativen Sparte für das Influencer-Marketing-Umfeld zu begeistern, zum anderen, Social-Media-Profis auf Kampagnen- Management einzuschwören. Nur mit Ausdauer und Kontinuität bauen Marketers einen funktionierenden Influencer-Marketing- oder Kreativ-Apparat auf.
Datengetriebenes und gestalterisch phantasievolles Marketing müssen künftig Hand in Hand gehen, um bestmögliche Ergebnisse zu vollbringen. Selbst herausragende Advertisements erreichen nur ihr Ziel, wenn sie richtig ausgespielt und von der Zielgruppe wahrgenommen werden. Umgekehrt erfordert es innovative Ads, um die Aufmerksamkeit dieser Zielgruppe zu gewinnen. Für effiziente Resultate bedürfen Influencer, Agenturen und Brands gegenseitigen Verständnisses füreinander sowie ganzheitlich gedachten Marketings.

Autorin
Marie-Josephine Ludewig
Director of Creative Strategy and Concept bei Joli Berlin
Marie-Josephine Ludewig ist als Director of Creative Strategy and Concept bei der Influencer-Marketing-Agentur Joli Berlin tätig. Bevor Ludewig beim Berliner Start-Up anheuerte, war sie als Kernmitglied des Tinder Deutschland Teams maßgeblich an der Planung der Marketingstrategien des Dating-App Providers beteiligt. Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte sie an der FHDW Hannover und knüpfte daran einen Besuch an der renommierten Hamburg Media School an, die sie mit einem MBA in Medienmanagement abschloß. Ein früher Einstieg Ludewigs ins Influencer- Marketing verleiht ihr Expertinnen-Status auf diesem Gebiet.
https://joliberlin.com/de/
https://de.linkedin.com/in/marie-josephine-ludewig-55b29b89