Google MUM
Was Websitebetreiber wissen sollten

Das MUM Update der Suchmaschine Google soll zukünftig helfen, die Suchintention des Users besser zu verstehen. Da der Roll Out für dieses Update begonnen hat, ist es Zeit, sich mit den Änderungen auseinanderzusetzen. Damit kann evaluiert werden, ob oder wie man seinen Content aufbaut, um auch weiterhin als relevant erachtet zu werden. Relevanz wird auch künftig ein noch größerer Engpassfaktor auf dem Weg zur Sichtbarkeit sein.
Es ist hinlänglich bekannt, häufig beschrieben und belegt: Die Bedeutsamkeit von Suchmaschinen wird vor allem dadurch unterstrichen, dass Nutzer nicht nur generische, sondern auch sensible und persönliche Suchanfragen an Suchmaschinen übergeben1. Selbst Symptome eigener Krankheiten werden ohne Aufschrei der Suchmaschine anvertraut. Diese Verhaltensbeobachtung ist so bedeutend für die Suchmaschine selbst, wie für Leistungsanbieter und Vermarkter. Den „Intent“, also die Absicht hinter der Suchanfrage, zu decodieren, das ist der Schlüssel zum Erfolg oder besser gesagt: der Schlüssel zur Conversion.
Das Erkennen der Absicht hinter einer Abfrage bzw. der Eingabe einer Keywordkombination muss bestmöglich erfolgen, um irrelevante Resultate zu vermeiden2. Dies ist im Interesse der Suchmaschinen, hier sei an erster Stelle Google genannt, und letztlich natürlich auch im weiteren Sinne der Websitebetreiber oder Leistungsanbieter. Google hat im vermeintlichen Wettbewerb um Marktanteile bei den Suchanfragen das Ziel, für den Nutzer relevante Inhalte anzuzeigen und immer die für den jeweiligen User besten Suchergebnisse zu liefern. Das Unternehmen hat sich daher darauf spezialisiert – gestützt durch KIs und Algorithmen – zu analysieren, welche Suchintention hinter einer bestimmten Suchanfrage steht.
Google hat bereits vor einigen Jahren damit begonnen, die Suchergebnisse zu personalisieren3 und hat dies zur Sicherung der eigenen Marktposition besser und erfolgreicher gemacht als andere Suchmaschinen. Dies gilt, sofern man amazon.com nicht als direkten Suchmaschinen-Wettbewerber zu Google betrachtet. Das sogenannte kollaborative Filtern zur Verbesserung der Ergebnisse und Akzeptanz von „empfohlenen“ Produkten über die Produktsuche findet hier ebenfalls bereits schon sehr lange Anwendung4.
Die Forschung über Algorithmen und deren Funktionsweisen hat innerhalb des Feldes der Informationstechnologie und Informationswissenschaften enorm an Bedeutung gewonnen5. Das lässt sich aus der stark steigenden Zahl der Publikationen insbesondere in den letzten Jahren ableiten.
Was sagt Google selbst über das Thema Intent? Das ist vielleicht der einfachste Weg Antwort auf die Frage zu erhalten, wie man Inhalte bestmöglich für einen User erstellt und aufbereitet. „User Intent: When a user types a query, he or she is trying to accomplish something. We refer to this goal as the user intent.” so die einfache oder eben eher die verklausulierte Definition aus dem Jahr 2018.
Für eine strukturierte Vorgehensweise in der Aufbereitung und Distribution von Content lohnt es sich, den „Userintent“, also die Benutzerabsicht, in verschiedene Klassen zu unterteilen. Denn je höher der Deckungsgrad zwischen der Absicht, der Eingabe der Keywordkombination in Verbindung mit dem Userverhalten und dem durch Google vorgeschlagenen Ergebnis, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass positive Usersignale entstehen. Hierzu zählen u.a. die Verweildauer, die Absprungrate, Klick- oder Scrolltiefe und Conversionrates. Im Umkehrschluss gilt eben auch, sofern der gleiche Inhalt für die unterschiedlichen „Absichtsklassen“ aufbereitet wird, je niedriger der Deckungsgrad zwischen der Absicht, der Eingabe der Keywordkombination in Verbindung mit dem Userverhalten und dem durch Google vorgeschlagenen Ergebnis, desto höher die kognitive Dissonanz und in der Folge daraus auch die Produktion negativer Messwerte (KPI = Key Performance Indicator). In der Chronologie führt dies dann wiederum zu einer Rankingverschlechterung. Unabhängig davon, ob die richtigen Keywords im Text enthalten sind. Das allein hilft schon lange nicht mehr, um dauerhafte Rankingverbesserungen zu erzielen.
Noch vor einiger Zeit wurden die Suchintentionen in 3 Klassen6 unterteilt:
- Navigationsabsicht
- Transaktionsabsicht
- Informationsabsicht
Der Tool- und Softwareanbieter Sistrix definiert die Klassen folgendermaßen auf dem Blog (September, 2021): „Möchte der User etwas wissen (Know), eine Aktion ausführen (Do), zu einer bestimmten Webseite (Website), zu einem physikalischen Standort (Visit-in-person) oder handelt es sich um eine Mischung der vorangehenden Intentionen (Multi-Intent).“
Mittlerweile werden die Klassen um die Folgenden7 ergänzt:
- Kommerziell getriebene Suchabsicht &
- Brandgetriebene Suchabsicht
„Die zielgerichtete Ansprache der Sucher sollte zügig zur Beantwortung der Suchintention führen. Für einen umfangreichen Internetauftritt ist z. B. auf relevante Teilbereiche, anstatt auf die Startseite zu verweisen. Die Suchintention im Vorfeld zu identifizieren und somit in der Gestaltung der Suchmaschinenwerbeanzeige vorwegzunehmen, stellt eine herausfordernde Aufgabe dar, da auch bei gleicher Suchanfrage die Intention abweichen kann. So kann die Suche nach einer bestimmten Marke z. B. der Informationsbeschaffung dienen oder eine Transaktion anzubahnen. Die adäquate Befriedigung der Suchintentionen beeinflusst zumindest teilweise die Wirkung einer Suchmaschinenwerbekampagne.“ So beschreibt es Carsten Schulz 2012, und dieser grundsätzlichen Handlungsempfehlung kann man sich heute problemlos anschließen.
Sich in die Zielperson hineinzuversetzen, eigene Inhalte unter Hinzunahme der Daten aus den Analysetools kritisch zu reflektieren und mit den Inhalten im Competition Set zu vergleichen, bleibt eine fortwährende Aufgabe im Marketing, natürlich auch im Online-Marketing und erst recht dann, wenn man erfolgreich Suchmaschinen-Marketing betreiben will.
Und jetzt? Jetzt kommt auch noch das lange angekündigte Update MUM.
MUM steht für Multitask Unified Model und bedeutet, dass die Künstliche Intelligenz bzw. der Algorithmus komplexe Suchanfragen des Users besser versteht und somit die Anzahl der Suchanfragen reduzieren kann.
„MUM kann nicht nicht kommunizieren“ frei nach Watzlawick
Google will es dem User noch einfacher machen, was wiederum die Komplexität der Analyse, Erstellung und Distribution von Content auf der Anbieter-Seite erhöht. Google will in den beratenden Dialog mit dem Nutzer treten. Das Update ist eine Weiterentwicklung zum Update BERT aus dem Herbst 2019. MUM erkennt durch den exponentiellen Ausbau semantischer Datenbanken Informationen in Dokumenten (z. B. auch in pdf-Dateien), Bildern und Videos – und zwar unabhängig von den verwendeten Alt-Tags. Kontexte komplexer Suchanfragen können, so zumindest die beispielhaften Ankündigungen des Suchmaschinengiganten, besser verstanden werden. Die „altgediente“ und zuvor beschriebene Klassifizierung der Such-Absicht reicht langfristig nicht mehr aus, um im Wettbewerb um die vordersten organischen (unbezahlten) Plätze die Nase vorn zu haben. Content muss noch nutzerzentrierter gedacht werden. Einzelne Themen werden zukünftig wahrscheinlich in verschiedene Kampagnenseiten für unterschiedliche Zielpersonen dekliniert in Bezug auf Sprache und Contentelemente, um im jeweiligen Milieu eine höchstmögliche Relevanz zu erzielen. One Size fits all ist spätestens mit der Ankündigung dieses Updates bzw. dem Roll out vorbei.

Fazit
Mit dem Vorläufer Update von MUM, dem sogenannten BERT Update, wurden Websitebetreiber bereits durch Google animiert, noch stärker die Userrelevanz über die reine Sprache bei der Contentkonfiguration in den Vordergrund zu stellen. BERT war hauptsächlich darauf ausgerichtet, die Semantik besser zu verstehen, und zwar losgelöst von Satzbau, Verwendung von Präpositionen, Füllwörtern und unterschiedlichen Schreibweisen.
MUM führt diese Entwicklung fort und wird versuchen, Sachzusammenhänge und komplexere Fragen mit weniger Antworten aufzulösen. MUM soll, in der Google Vision, zu Suchanfragen umfassende Antworten geben.
Die jeweilige Relevanz leitet sich aus dem ab, was Nutzer zuvor suchten – sofern dies getrackt wurde – und dem, was Google als Intent – als Absicht – versteht. Weniger Anfragen werden also auch zu weniger Traffic für Einzelbereiche führen. Umso wichtiger sind mittelfristig die Evaluierung der bestehenden Inhalte und eine Überprüfung des Relevanzfaktors aus Sicht der potentiellen User. Je nach Produkt und Dienstleistung ergibt hier eine Unterscheidung nach sog. „Brand“ und „Non-Brand“ Suchanfragen Sinn.
Neben den gewöhnlichen Text-Inhalten werden mit MUM auch andere Formate wie Video, Bild- oder Audiodateien an Bedeutung gewinnen, weil auch diese Contentformate eine bessere Zuordnung zum Suchterm erfahren. Die Suchintention und Longtail-Suchanfragen werden relevanter, da die Semantik komplexer Suchanfragen von Google verstanden werden kann. Eine Anpassung bzw. Erweiterung der Keywordsets macht hier durchaus Sinn, weil im Bereich der Longtail-Searchterms auch neue Vertriebschancen stecken – sofern der Content entsprechend aufbereitet wird.
Der Definition von Buyer Personas und tiefergehenden Kenntnissen über die Customer Journey kommt weiterhin eine steigende Bedeutung zu. Lieber relevanten Content für wenige, der dann wiederum in unterschiedlichen Formaten dekliniert wird, als durchschnittlichen Content für Viele, so lässt es sich sehr vereinfacht formulieren.

Autor
Michael Pütter
Geschäftsführer Puetter Online Communications
Michael Pütter kann neben langjähriger Marketingerfahrung auf Geschäftsleiterund Managementebene umfangreiche Beratungsprojekte im Bereich Digitalisierung und Unternehmenskommunikation vorweisen. Seine Agentur Puetter Online Communications besteht bereits seit 10 Jahren und sorgt mit seinen 20 Mitarbeiter* innen in den Bereichen SEO, SEA, E-Mail und Social Media für mehr Sichtbarkeit, eine bessere Website-Performance und eine Steigerung der Leads. Seit 2014 ist er Hochschuldozent für digitale Psychologie und E-Commerce in Köln und Düsseldorf.
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Literatur & Links
[1] Swar et.al. 2017
[2] Lie et al., 2017
[3] Sullivan, 2009
[4] Linden, 2003
[5] Lewandowski und Sünkler, 2013
[6] Broder, Jansen et al., 2009
[7] Auler, Huberty, 2019