Fünf Gründe für eine negative Customer Experience

Viele Kundinnen und Kunden sind mit ihrem virtuellen Kauferlebnis unzufrieden. Wie der Customer Experience (CX) Trends Report 2022 von Zendesk zeigt, haben 54 % der weltweit Befragten das Gefühl, dass Customer Experience für die meisten Unternehmen eine Nebensache ist. Personalisierung kann als wichtiger Treiber der Customer Experience zum Einsatz kommen. Allerdings gibt es noch immer zahlreiche Schwachstellen, von mangelhaften Produktdaten, über eine lückenhafte Personalisierung bis hin zu einer schlechten Kaufberatung.
Gründe, warum Kunden und Kundinnen eine negative Customer Experience haben, gibt es viele. Dieser Beitrag zeigt Ihnen die fünf häufigsten Stolpersteine.
1. Unzureichende Basisfunktionen
Die beste Personalisierungsstrategie nützt nichts, wenn die Basisfunktionalitäten eines Onlineshops nicht optimiert sind. Ein Beispiel dafür ist die Suche: Das Nutzererlebnis, welches User*innen über diese Funktion geboten wird, muss das gleiche sein wie auf einer Kategorieseite. Die Suche nach „Blazer“ muss zum einen alle Produkte ausgeben, die auch in der entsprechenden Kategorie gelistet sind. Zum anderen sollte die Suchergebnisseite die gleichen Filtermöglichkeiten (beispielsweise nach Farbe, Größe, Material, Marke, Passform) zur Verfügung stellen, wie auch die Kategorieseite des Shops. Es darf für die Kundinnen und Kunden beim Onlineshopping keinen Unterschied machen, ob sie über die Suchfunktion oder über die Navigation eines Shops zu einem bestimmten Produkt gelangen.
Eine weitere wichtige Basisfunktion stellen die Produktempfehlungen dar, die in fast jedem Shop auf einer Produktseite eingebunden werden. Hier ist es wichtig, dass die einzelnen Artikel des Shops sinnvoll miteinander verknüpft sind, sodass nur Produkte vorgeschlagen werden, die auch wirklich zusammenpassen. Kundinnen, die sich gerade einen Blazer ansehen, erwarten beispielsweise Vorschläge für passende Schuhe oder Blusen, nicht aber für Jogginghosen oder Kapuzenpullover.
2. Mangelhafte Produktdaten
Ein sorgfältig aufbereiteter Produktdatenfeed ist die wichtigste Voraussetzung für viele Basisfunktionalitäten eines Shops. Grundsätzlich gilt: Je granularer die Produktdaten erfasst sind, desto nützlicher können sie eingesetzt werden und desto größer sind auch die Möglichkeiten zur Personalisierung. Neben wichtigen Basisdaten wie Preis, Bezeichnung, Farbe und Größe sollten möglichst viele weitere Attribute in den Produktdatenfeed eingepflegt werden. Bei Bekleidung könnten das beispielsweise Passform, Ärmel- oder Beinlänge, Materialzusammensetzung, Stil, Kragenform oder Bundhöhe sein. Diese Attribute lassen sich oft in der Produktbeschreibung finden und können dem Produktdatenfeed entweder händisch oder automatisiert mit Hilfe von Tools hinzugefügt werden.
Ist der Produktdatenfeed nur unzureichend aufbereitet, kann die Suchfunktion nicht alle relevanten Treffer liefern, Filter können nur unzureichend eingesetzt werden und Produktempfehlungen lassen sich nicht sinnvoll ausspielen. Produktdaten sind außerdem essenziell für eine KI-gestützte Personalisierung. Eine KI benötigt eine ausreichend große Datengrundlage, um zu lernen und die Vorlieben der Kundinnen und Kunden zu erkennen.
3. Lückenhafte Personalisierung
Personalisierung wird oft nur an bestimmten Touchpoints eingesetzt, statt entlang der kompletten Customer Journey. So wird zwar an einem Touchpoint ein positives Erlebnis für die Kunden und Kundinnen erzeugt, am nächsten dann aber ein negatives. Schuld daran sind oftmals Datensilos. Shopbetreiber*innen verfügen zwar über alle relevanten Daten, um eine personalisierte Customer Experience zu schaffen, scheitern aber daran, diese Daten sinnvoll zu verknüpfen. Gerade in großen Onlineshops arbeiten zahlreiche Kategorie-Manager*innen unabhängig voneinander mit dem Fokus alleine für ihre Kategorie. Im E-Commerce gibt es oft keinen Head of Personalisation. Eine solche Person wäre aber in der Lage, alle Verantwortlichen der einzelnen Touchpoints zu koordinieren und somit Datensilos aufzubrechen und Lücken in der Personalisierung zu schließen.
Auch die mangelnde Integration der vorhandenen Technik fördert die Entstehung von Datensilos. Gerade wenn Onlineshops schnell wachsen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben, gerät die Integrierbarkeit zu bereits vorhandenen Tools bei der Auswahl neuer Technik in den Hintergrund. Wenn aber alle Systeme vom Shop über das CRM bis hin zum Marketing ineinandergreifen und mit der gleichen Datengrundlage arbeiten, lässt sich eine positive, personalisierte Customer Experience über alle Touchpoints hinweg erreichen.
4. Schlechte Kaufberatung
Die persönliche Beratung vor Ort war lange Zeit das Alleinstellungsmerkmal des stationären Handels. Ein so hohes Maß an Personalisierung auch online zu erreichen, ist für viele Shopbetreiber* innen nach wie vor eine Herausforderung. Basisfunktionen wie ein Größenberater sind ein erster Schritt. Und auch hier gilt: Je detaillierter die Datengrundlage ist, desto besser ist das Ergebnis. Statt einer einfachen Größentabelle mit Maßangaben können Shopbetreiber*innen beispielsweise einen mehrstufigen Größenberater einsetzen, der verschiedene Kriterien abfragt: Welche Größe trägt die Person üblicherweise? Welchen Figurtyp hat sie? Welche Passform wird bevorzugt?
Das sogenannte Guided Selling geht noch einen Schritt weiter: Ein intuitiver Produktberater tritt über visuelle und interaktive Elemente in den Dialog mit den Kundinnen sowie Kunden und ahmt so die 1:1-Kommunikation des stationären Handels nach. Schritt für Schritt können Kunden und Kundinnen ihren Bedarf definieren und die Auswahl passender Produkte soweit eingrenzen, dass am Ende genau das richtige Produkt gefunden wird. Auch hier ist eine umfangreiche und gut strukturierte Datenbasis die Grundlage des erfolgreichen Einsatzes eines digitalen Produktberaters. Vor allem bei beratungsintensiven Produkten, wie Laufschuhe, BHs oder Kinderwagen, können Shopbetreiber punkten und die Customer Experience enorm verbessern. Außerdem lässt sich so die Zahl der Retouren minimieren, was Kosten, Zeit und Energie spart.
5. Fehlende Harmonie der Funktionen
Usability entsteht durch Maßschneiderung nicht durch Lösungen von der Stange. Die einzelnen Tools – wie eine Suche, ein Empfehlungssystem und ein Chatbot zur Kaufberatung – müssen perfekt zusammenarbeiten. Wählt beispielsweise eine Userin über die Filterfunktion die Konfektionsgröße 38 für ihren Blazer aus, sollten ihr in den Empfehlungen keine Blusen oder Hemden angezeigt werden, die in dieser Größe nicht mehr vorrätig sind. Das kann nur gelingen, wenn die Produktdaten vernetzt sind und Tools, die für das Filtersystem und Empfehlungen eingesetzt werden, zusammenarbeiten. Statt standardisierte All-in-One-Lösungen einzusetzen, sollten sich Shopbetreiber*innen zunächst überlegen, welcher Funktionalitäten sie benötigen und wie diese zusammengreifen sollen. Mit dieser Bedarfsermittlung kann dann eine Auswahl passender Tools getroffen werden. Dabei müssen nicht alle Funktionen, die ein Tool bietet, genutzt werden. Dadurch lassen sich Prozesse verschlanken und die Übersicht beim Betreiben des Shops bleibt gewahrt.
Personalisierung zur Steigerung der Customer Experience
Auch wenn Personalisierung für Onlineshops zunächst einmal Investitionen bedeutet, stellt sie für Shopbetreiber*innen eine klare Win-Win-Situation dar: Das positive Kundenerlebnis zahlt auf wichtige KPIs wie Klickrate, Bestellwerte oder Absprungrate ein und führt letzten Endes zu einer besseren Kundenbindung. Vor allem in stark umkämpften Seasons wie dem Weihnachtsgeschäft oder Black Friday kann dieses Extra in der Customer Experience den Ausschlag geben, um sich von der Konkurrenz abzusetzen.

Autor
Thorsten Mühling
CEO und Co Founder bei epoq
Thorsten Mühling ist CEO und Co Founder der epoq internet services GmbH. Der studierte Betriebswirt gründete bereits 2003, gemeinsam mit seinem Partner Michael Bernhard, ein Tech-Unternehmen. Dieses entwickelte selbstlernende Systeme, die in verschiedenen Branchen zum Einsatz kamen. 2013 hat er zusammen mit Michael die epoq internet services GmbH gegründet und sich ganz der KI-gestützten 1:1-Personalisierung des digitalen Handels gewidmet. Er leitet seit der Gründung das operative Geschäft von epoq und ist für die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens verantwortlich.