Erfolgreiche Customer Experience im B2B-Onlinehandel
Welche B2C-Standards auch im Business-to-Business-Kontext wichtig sind

Im B2C-Bereich häufig bereits gelebte Realität – im B2B-Sektor oft noch eher stiefmütterlich behandelt: Customer Experience. Doch welche Rolle spielt die Customer Experience heute bereits im Geschäftskundensegment und was kann der B2B-Handel vielleicht noch vom Endkundengeschäft lernen? In unseren umfangreichen Studien haben wir uns genau damit beschäftigt und zeigen: Eine erfolgreiche Customer Experience ist unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Customer Experience – das Buzzword schlechthin für eine erfolgreiche E-Commerce-Strategie. Die Customer Experience, kurz schlicht CX, beschreibt alle Kundenerfahrungen, die im Rahmen der Customer Journey entstehen und entstehen können. Was im stationären Handel wichtig ist, um den Aufenthalt im Laden möglichst zielführend zu gestalten, ist im Onlinehandel mindestens genauso grundlegend. Schließlich ist hier die Gefahr, die Kundinnen und Kunden zu verlieren, ständig gegeben. Daher ist eine benutzerfreundliche, kunden- und zielgruppenorientierte CX in Onlineshops das A und O. Was im B2C-Bereich so von Händlerinnen und Händlern bereits – meistens – verstanden wurde, wird im B2B-Bereich oft noch vernachlässigt. Ein grober Fehler, denn eine optimierte Customer Experience stellt gerade im oft komplexen B2B-Onlinehandel den Schritt zur Erfolgssicherung dar!
Status quo: Eine optimierte CX als Standard bei B2B-Unternehmen?
Diese Frage haben wir in unserem B2BEST Barometer im Frühjahr letzten Jahres gestellt und eine klare Antwort erhalten: Die Customer Experience im B2B-Bereich wird als ein sehr wichtiger Faktor wahrgenommen. Sogar als der wichtigste Faktor, fragt man B2B-Unternehmer*innen nach den wichtigsten Aspekten in ihren Geschäftsbeziehungen. Das Produktangebot und der Faktor Preis folgen auf den Plätzen zwei und drei. Eine weniger starke Relevanz schreiben kleinere Unternehmen der CX zu. Gründe lassen sich hierfür nur mutmaßen. Allerdings ist der Digitalisierungsgrad insbesondere bei KMUs (kleine und mittelständische Unternehmen) oft noch weniger ausgebaut als bei großen Unternehmen.

Aber ob nun großes oder mittelständisches Unternehmen: Die Herausforderungen rund um eine optimierte digitale Customer Experience sind nicht zu unterschätzen. Die größten Schwierigkeiten liegen für Unternehmer*innen in der wachsenden Anzahl von digitalen Vertriebskanälen. Ob Plattformen, Onlineshop oder gar Social Media – hier gilt es den Überblick zu behalten und stetig zu prüfen, was für die eigene Zielgruppe wirkt. Schließlich werden die Anforderungen der Kundinnen und Kunden immer anspruchsvoller. Aber auch unternehmensinterne Faktoren stellen B2B-Firmen vor Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer guten, optimierten CX: 60 % der Unternehmer*innen nennen aufwendige, interne Abstimmungen als größte Hürde, 57 % bemängeln fest verankerte, veraltete Strukturen und 56 % fehlendes Personal. Aber von den Herausforderungen zu einer positiven Nachricht: 80 % der B2B-ler, die ihre CX bereits hoch priorisieren, kontrollieren den Erfolg der Maßnahmen auch regelmäßig. Denn Kundenerlebnisse ändern sich, deshalb gilt es, ihre Effektivität immer wieder zu hinterfragen. Größtenteils passiert das über das Einholen von Kundenfeedback, zum Beispiel über Umfragen unter Kundinnen und Kunden oder die Auswertung von Reklamationen über das Verkaufspersonal.
Mit den beiden Studien Der moderne B2B-Einkauf und dem B2BEST Barometer beleuchtet das ECC KÖLN den B2B-Handel ganzheitlich. Während sich der moderne B2B-Einkauf mit den Anforderungen, Wünschen und Meinungen der B2B-Einkäufer*innen auseinandersetzt, werden im B2BEST Barometer aktuelle Themen bei B2B-Herstellern und Händlern abgefragt. Die Studien können im IFH Shop kostenfrei heruntergeladen werden. |
Customer View: Was erwarten B2B-Kundinnen und -Kunden von einer guten CX?
Klare Antwort: Den gleichen Standard wie im B2C-Kontext. Diese Antwort gaben 77 % der befragten B2B-Kundinnen und -Kunden. Dieser Standard kann aktuell nur selten gehalten werden. So ist sogar jeder zweite mit seinem beruflichen Einkauf ausgesprochen unzufrieden. Bei den Jüngeren, der sogenannten Generation Z (den „Post Millennials“, geboren ab 1997) sind es sogar rund zwei Drittel.

Ein Feedback, das ernst zu nehmen ist. Schließlich führt eine schlechte CX auch ganz konkret zu Kaufabbrüchen. Dabei ist B2B-Einkäufer*innen zunehmend auch eine mobile Präsenz des jeweiligen Unternehmens wichtig. Jede fünfte Informationssuche findet heute über das Smartphone statt, besonders beliebt sind dabei die Kategorien Büro- und IT-Bedarf. Diese Präferenz der Kundinnen und Kunden zeigt sich auch in der Kommunikation: Beratung über mobile Chatfunktionen ist vor allem in der Generation Z der Kanal der Wahl und somit der optimale Touchpoint für diese Zielgruppe.
Touchpoint Außendienst
Wenn wir über den B2B-Handel sprechen, ist nach wie vor mit der wichtigste Touchpoint der klassische Außendienst. Hier bestehen Kundenbeziehungen oft über Jahre und Jahrzehnte. Denn egal, wie digitalisiert der Handel ist und sein wird: Menschen sind soziale Wesen und persönlicher Kontakt wird auch im Handel wichtig bleiben. Aber die Konkurrenz online steigt. Daher ist hier Expertise und individuelle Beratungsleistung der springende Punkt, der den Unterschied machen kann. In unseren Studien beobachten wir allerdings in den letzten Jahren eine Veränderung der Wahrnehmung von Außendienstlern. Waren sie früher klassische Verkäufer*innen vor Ort bei den Unternehmen, werden sie heute vielmehr als kompetente Berater*innen und Problemlöser* innen wahrgenommen.
Das ist kein Wunder, schließlich kann der reine Einkauf von standardisierten Produkten heute genauso gut online stattfinden. Komplexe Produkte, welche oft der Standard im B2B-Sektor sind, benötigen dagegen ein hohes Maß an Beratung – die Nische und Zukunft des B2B-Außendienstlers. Auch deswegen dürfen Außendienstler sich nicht vor digitalen Tools versperren. Kontakte zu den Kunden und Kundinnen über alle Kanäle – vom face-to-face-Termin bis hin zur Whatsapp- Beratung oder Mailkontakt – müssen der Standard sein. Der Außendienst muss für eine erfolgreiche CX alle Handelsprozesse so gestalten, dass sie möglichst convenient für die Kundschaft sind.
„Digitalisierung ist mehr als nur eine App oder ein Onlineshop. Es geht darum, interne Handelsprozesse so zu gestalten und zu digitalisieren, dass der Außendienstler bei seiner Arbeit und in seiner veränderten Rolle unterstützt wird. Dabei ist nicht mehr nur eine reine Reaktion auf die Kunden und Kundinnen notwendig, sondern eine digital gestützte Antizipation der Kundenbedürfnisse.“ – Christian Meier, Geschäftsführer, 4sellers

Autor
Michael Mertens
B2B Commerce Expert am IFH KÖLN
Michael Mertens verantwortet seit 2019 als B2B Commerce Expert alle Themen rund um den B2B-Handel am IFH KÖLN und der dort angesiedelten Tochtermarke ECC KÖLN. Neben vertriebsrelevanten Fragestellungen beschäftigt er sich auch mit Innovationen, Geschäftsmodellen und Start-Ups im B2B-Umfeld. Neben der strategischen Beratung von Hersteller- und Handelsunternehmen gehören Vorträge, Workshops und öffentlichkeitswirksame Arbeit zu seinem Tätigkeitsfeld.
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