Die starke Führungspersönlichkeit als positiver Leader

Führung braucht Persönlichkeit. Nur so können Führungskräfte das tun, was sie sollen: Menschen inspirieren. Dabei wird in Unternehmen – vor allem, wenn die Zeiten stürmisch sind – oft eher über Macht und Autorität geführt. Manche Führungskräfte sind es zwar auf dem Papier, aber was die Persönlichkeit anbelangt, weit entfernt von einem positiven Leader. Aber wie wird man zu so einer starken Führungspersönlichkeit?
Bei seinem Besuch im Frühjahr 2019 in Köln sagte Barack Obama: „Eine gute Führungsperson ist jemand, der zuhört und fühlt, was die Menschen fühlen. Was dich vorantreibt als Leader, ist die Arbeit, nicht der Applaus, also konzentriere dich auf das, was du tun willst und nicht, was du sein willst.“
Was macht eine starke Führungspersönlichkeit aus? Ist es das Charisma eines Barack Obama? Dem alle an den Lippen hängen, wenn er lächelnd eine Bühne betritt? Oder ist es der machtvolle Manager, der die Eigendarstellung genauso gekonnt beherrscht wie das Schönreden von Entscheidungen, die „wichtigen“ Zielen und dem Wohle aller dienen sollen, letztendlich aber nur ihm selber nutzen?
Niemand wird als Leader geboren!
Starken, selbstreflektierten Führungspersönlichkeiten folgen andere Menschen gerne. Doch wie entwickelt man sich zu einem solchen Leader? Nicht immer ist es tatsächlich eine persönliche Entwicklung. Manchmal rutscht man einfach hinein in die Führungsverantwortung, obwohl man noch gar nicht so weit ist. Andere zeigen Führungsqualitäten, ohne auf dem Papier eine Führungskraft zu sein. Marie von Ebner-Eschenbach hat einmal gesagt:
„Ein Merkmal großer Menschen ist, dass sie an andere weit geringere Anforderungen stellen als an sich selbst.“
Passend dazu die Aussage des charismatischen Unternehmers Steve Jobs:
„It doesn`t make sense to hire smart people and then tell them what to do. We hire smart people so they can tell us what to do.“
Drei Fakten unterstreichen das:
Fakt 1: Erfolgreiche Führungskräfte brauchen eine stabile und starke Persönlichkeit.
Sie ist die Voraussetzung und zugleich das Ergebnis einer regelmäßigen Selbstreflektion. Führungspersönlichkeiten müssen dazu bereit sein, Handlungs- und Denkmuster wahrzunehmen und die Erkenntnisse daraus als Basis für ihr persönliches Wachstum zu nutzen.
Fakt 2: Führungspersönlichkeiten müssen mit jeder Faser ihres Seins an sich selbst und die eigenen Ideen glauben.
Wenn sie selbst nicht an sich glauben – wer dann? Allerdings muss es sich dabei um ein gesundes Selbstvertrauen handeln. Dann übertragen sich der Glaube und die Zuversicht fast automatisch auf die Mitarbeiter.
Fakt 3: Führungspersönlichkeiten durchbrechen oft die Routine.
Sie setzen Impulse für Veränderungen und erwarten auch von ihren Mitarbeitern die Bereitschaft, Altes loszulassen und Neues zu lernen. Sie treten dafür an, alles zu geben und schätzen bei sich selbst und anderen Exzellenz. Um all das herum bauen sie ein Erfolgssystem auf.
Von Sportlern lernen
Die Welt des Sports ist für mich faszinierend. Ebenso viele faszinierende Persönlichkeiten finden sich darin. Erfolgreiche Sportler verkörpern oft Eigenschaften, die wir starken Persönlichkeiten generell zuschreiben: Vor allem Leistungssportler gelten als zielstrebig, diszipliniert und belastbar. Willensstärke gehört ebenso zu den Eigenschaften, die man ihnen nachsagt, sowie Durchsetzungsfähigkeit. Als Teamplayer – und das gilt auch für Einzelsportarten – müssen sie sozial kompetent und kompromissbereit sein. Ohne Ehrgeiz geht im Wettkampf nichts, trotzdem können sie Niederlagen möglichst gut und schnell wegstecken. Ihre Stress- und Frustrationstoleranz ist entsprechend hoch, ebenso wie ihr Engagement. Na, wenn das keine Beschreibung für eine Persönlichkeit, ich würde sogar sagen, eine starke Persönlichkeit ist!
Oft bringen Sportler über eine lange Zeit konstant hohe Leistungen. Sie fokussieren sich voll und ganz auf ihre Disziplin. Sie analysieren gemeinsam mit ihrem Trainer die Abläufe und was sich verbessern lässt, um vielleicht noch eine Millisekunde herauszuholen. Dann liegt es an ihnen selbst, das in unzähligen Trainingseinheiten zu vertiefen, damit sie im Wettkampf unter Druck mühelos abgerufen werden können.

Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn Unternehmen nur ansatzweise ähnlich vorgehen würden. Womit ich nicht ausschließen möchte, dass es in einigen passiert. Aber ich höre auch so viele Führungskräfte jammern, dass die Mitarbeiter nicht bereit sind, sich zu verändern, und es überhaupt generell und überall an der Motivation mangelt.
Das Leben ist ein Auf und Nieder
Ja, im Business ist es wohl eher die Ausnahme, dass sich jemand über spontane Veränderungen freut. Viel zu sehr hängen wir an Gewohntem, sind gegenüber Neuem skeptisch – schließlich bedeutet das meist, sich selbst umstellen zu müssen. Für das Neue haben wir kein Muster, keine Erfahrungswerte und oft macht es uns einfach nur Angst. Das kann durchaus ein Treiber sein, allerdings nur, wenn es Aussicht darauf gibt, dass wir unsere Angst UND die Veränderung bewältigen können. Dann wächst auch unsere Persönlichkeit.

In diesem Prozess nutzt uns vor allem eines: Verständnis für uns selbst. Verständnis, dass wir einzigartige Persönlichkeiten sind und dafür, dass wir uns in einem „selbst-stabilisierenden Prozess“ befinden. Machen wir uns klar, was der Hirnforscher und Biologe Gerhard Roth in seinem Grundlagenwerk „Warum es so schwierig ist, sich und andere zu verändern“ zusammenfassend schreibt: „Wissenschaftliche Erkenntnisse und praktischer Realismus sagen uns: Menschen wandeln sich ihr Leben lang, aber die hierbei auftretenden Veränderungen können in Art und Ausmaß sehr unterschiedlich ausfallen.“
Erfolgreich scheitern und wieder Anlauf nehmen
„Trial and error“ (Versuch und Irrtum) ist eine Methode, um Probleme zu lösen, die sehr erfolgreiche Menschen immer wieder anwenden. Scheitern ist also nicht das Gegenteil von Erfolg, sondern vielmehr eine Voraussetzung dafür, als Persönlichkeit zu wachsen. Wer nach höheren Zielen strebt, muss Risiken eingehen und sich auf unbekanntes Terrain begeben. Das birgt die Gefahr, Fehler zu machen und zu scheitern – aber nur so kommen wir voran. Denn der Weg zum Ziel ist länger als ein Schritt aus unserer Komfortzone. Es gibt keine Garantien, aber gewinnbringende Aussichten für den, der sich wirklich auf den Weg macht.

Auch wenn Scheitern und Veränderung nur bedingt miteinander zu tun haben, bleibt beides im Leben nicht aus – im persönlichen Umfeld ebenso wie in der Führung. Starke Persönlichkeiten wissen eines ganz genau: Nicht immer gelingt alles auf Anhieb. Manchmal ist etwas schwierig und langwierig – und sei es nur mental. Dann hilft die Triple-A-plus-A-Methode:
- Akzeptieren
- Analysieren
- Abhaken
- Aufstehen (Krone richten, aufstehen, weitergehen).
Ich möchte an dieser Stelle noch ein weiteres A dazunehmen:
- Anlauf nehmen
Die eigene Relevanz erkennen – dabei authentisch und echt sein
Wir reifen als Menschen und Persönlichkeiten, wenn wir herausfinden, was uns antreibt, wofür wir morgens aufstehen. Allein die Suche und die Beschäftigung damit verleiht uns eine gewisse Relevanz. Selbst wenn diese Wichtigkeit und Bedeutsamkeit nur in einem bestimmten Zusammenhang gilt, so hebt sie doch unsere gefühlte Wertigkeit. Machen wir uns also ruhig einmal öfter bewusst, dass wir für unser System und Umfeld als Mensch und als Persönlichkeit relevant sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt einer starken Führungspersönlichkeit ist die Authentizität. Als Leader bedeutet es: ehrlich sein, sich nicht verstellen, ganz man selbst sein. Sind Menschen authentisch, stehen sie zu sich selbst und zu den eigenen Stärken und Schwächen. Ihre Begeisterung ist spürbar. Sie füllen ihre Rollen voll und ganz aus, sei es als Motivator oder nur als Zuhörer, je nachdem, was die Situation erfordert. Kompromisslosigkeit ist Teil ihrer Persönlichkeit und sie wissen: Ich kann bei anderen Menschen nur dann Begeisterung für ein Thema oder eine Tätigkeit erzeugen, wenn ich selbst diese Begeisterung vorlebe.
Fazit
An sich selbst zu arbeiten und ständig bereit sein zu lernen, ist ein zentraler Faktor einer starken Führungspersönlichkeit. Wir haben als Führungskraft kein Recht, die Persönlichkeit eines Mitarbeiters zu ändern, auch wenn in einigen Trainings dazu angeleitet wird. Führungskräfte haben vielmehr die Aufgabe, sich den Menschen voll und ganz zuzuwenden. Im persönlichen Gespräch fühlen sich diese dadurch angenommen und gut verstanden.

Führungskräfte lösen damit noch lange nicht jedes Problem für den Mitarbeiter, aber sie helfen, dass dieser sich nicht allein fühlt. Tatsache ist: Ohne Kapitän geht das Schiff unter – vor allem, wenn ein Sturm die Mannschaft fordert. Ohne Führung keine Steuerung. Ohne Persönlichkeit kein Vertrauen. Oder zumindest keines, das dem Strudel standhält.

Autorin
Antje Heimsoeth
Business- und Mental-Coach
Sie ist „Deutschlands renommierteste Motivationstrainerin“ (FOCUS), „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021, „Top 100 Erfolgstrainer“ (Magazin ERFOLG) und Expertin für die Themen mentale und emotionale Stärke, Positive Leadership, Motivation und Selbstführung. Ihr Know-how beruht auf Praxiserfahrungen, die durch wissenschaftliche Impulse stets untermauert werden.
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Weiterführende Lektüre der Autorin:
ANTJE HEIMSOETH
Erfolgreich mit Persönlichkeit und Charisma
128 Seiten, 9,95 Euro
ISBN: 978-3-648-15305-5
Haufe Verlag 2021