Social Media Advertising
Die Zukunft des Marketings

Ob Zuhause oder Unterwegs, fast automatisch geht der Griff zum Smartphone. Man tippt und scrollt durch Instagram, TikTok, Facebook und Co. Bei einer aktuellen Umfrage zur Mediennutzung von Jugendlichen in Deutschland gaben rund 93 % der Befragten im Alter von 12 bis 19 Jahren an, täglich ihr Smartphone zu verwenden. Dem Digital 2021 Report von Hootsuite und We are Social zufolge, verbringen Menschen in Deutschland durchschnittlich knapp 5,5 Stunden täglich im Internet, davon etwa 1,5 Stunden auf Social Media.
Auch im weltweiten Vergleich steigt die Nutzung von Social-Media-Kanälen stetig an. Laut des April-Updates zum Digital 2021 Report gibt es weltweit 4,33 Milliarden aktive Nutzende – 13,7 % mehr als noch im Vorjahr. Mehr als ein Viertel der User im Alter von 16 bis 64 geben an, dass die Suche nach Inspiration und neuen Produkten einer der Hauptgründe für sie sei, auf Social- Media-Kanälen aktiv zu sein, und fast 45 % nutzen soziale Netzwerke, um sich über Marken zu informieren. All diese Menschen sind potenzielle Kund*innen für zahlreiche Unternehmen. Sie müssen nur gefunden und gezielt angesprochen werden. Doch wo findet man welche Zielgruppe? Wie spricht man sie am besten an? Welche Social-Media-Kanäle eignen sich für welche Art des Marketings?
Die Qual der Wahl
Die Welt der Social-Media-Kanäle ist ständig im Wandel. Neue Kanäle tauchen auf und gewinnen zusehends an Beliebtheit, andere verschwinden genauso schnell wieder in der Versenkung. Werbung auf Social-Media-Plattformen zu platzieren ist der direkteste Weg, mit der gewünschten Zielgruppe in Kontakt zu treten und zu interagieren. Dabei werden sowohl neue Kund*innen angesprochen als auch bestehende. Zudem bietet diese Art der Werbung die Möglichkeit, anhand von A/B-Tests klar zu analysieren, welche Themen, Kampagnen und Werbeformen bei den Kund*innen gut ankommen.
Alle großen Kanäle bieten verschiedene Werbemöglichkeiten. Das heißt jedoch nicht, dass jedes Unternehmen alle Optionen nutzen muss. Um Streuverluste zu vermeiden, muss sorgfältig bedacht werden, wo es sich lohnt, Anzeigen zu schalten. Unternehmen müssen ihre Zielgruppe klar definieren und analysieren – wo diese am engagiertesten, am konzentriertesten und am besten erreichbar ist.
Laut Social-Media-Atlas ist Youtube das beliebteste soziale Medium der Deutschen, dicht gefolgt von WhatsApp und Facebook. Laut Hootsuites Digital 2021 Report wird Instagram besonders bei Usern zwischen 16 und 34 immer beliebter, während die vorherigen Generationen Facebook weiterhin treu sind. Das heißt jedoch nicht, dass auf Facebook keine jüngere Zielgruppe angesprochen werden kann. Die wenigsten Social-Media-User beschränken sich nur auf eine Plattform. Weltweit hat Facebook noch immer die meisten Nutzenden, gefolgt von YouTube, WhatsApp, Instagram und TikTok.
Der Social Media Trends Report von Socialbakers zeigt, dass das Werbebudget für Facebookund Instagram-Anzeigen in 2020 73 % des gesamten Anzeigenbudgets ausmachte. Der Löwenanteil ging dabei noch immer an den Facebook-Feed.
Die Mutter aller Social-Media-Kanäle – Facebook
Facebook stellt ein sehr marketingfreundliches Umfeld dar, was viele Unternehmen anzieht. So gut wie jede Zielgruppe ist auf Facebook vertreten – 29 Millionen Menschen allein in Deutschland und zu gleichen Teilen Männer und Frauen. Dank der großen Anzahl an Usern und der Möglichkeit, einzelne Gruppen gezielt anzusprechen, eignet sich Facebook für viele Unternehmen als Startpunkt in Sachen Social Media Advertising. Die meisten Likes erzielen Marken aus den Bereichen Einzelhandel, Services, Fashion und Elektronik.
Facebook Ads eignen sich vor allem, wenn eines der folgenden drei Ziele erreicht werden soll:
- Sichtbarkeit schaffen, Markenbekanntheit aufbauen und Reichweite erhöhen
- Kund*innen weiterleiten, um den Traffic auf der eigenen Website zu erhöhen, zur App-Installation oder Videoaufrufen zu ermutigen oder Leads zu generieren
- Erhöhung der Anzahl der Käufe oder Leads über die eigene Website, App oder Ladengeschäfte
Die Werbeanzeigeformate und Seiten auf Facebook sollen in erster Linie Aufmerksamkeit wecken und zu Handlungen anregen. Dabei bieten sie große Flexibilität bei der Gestaltung und viele verschiedene Formate, die auf allen Geräten funktionieren. Darunter klassische Foto Ads, die von einer knappen Headline und einem bis zu 90 Zeichen langem Text, sowie einem Call-to-Action wie Jetzt shoppen! begleitet werden.
Zudem bietet Facebook die Möglichkeit, Video Ads in verschiedenen Längen im Feed zu platzieren – wobei kurze Videos eher zu Ende geschaut werden als längere. Auch Slideshow Ads bieten sich an. Hier wird aus mehreren statischen Bildern ein Video erstellt und – wenn gewünscht – mit Musik hinterlegt. So werden User von den fesselnden Bewegungen eines Videos angezogen, wobei sich Unternehmen die Erstellung videospezifischen Contents sparen.
Die sogenannten Carousel Ads ermöglichen es den Usern, sich innerhalb der Anzeige durch einen Bilderkatalog mit bis zu 10 Bildern sowie dazugehörigen Links und Informationen zu klicken. So können etwa verschiedene Funktionen eines Produktes gezeigt, ein Schritt-für-Schritt-Prozess erklärt oder mehrere Produkte oder Dienstleistungen präsentiert werden. Ähnlich funktionieren Collection Ads, die ein Coverfoto oder -video und vier kleinere Produktfotos beinhalten. Dieses Format erlaubt einen ersten kleinen Einblick in den Produktkatalog einer Marke, ohne dass der User Facebook verlassen muss.
Facebooks Ad Manager sowie die Werbeanzeigen-Manager anderer Plattformen ähneln in vielerlei Hinsicht den Technologieplattformen, die bei Programmatic Advertising genutzt werden. Facebook verkauft seine Werbeplätze ebenfalls in Echtzeit und auch der Targetingmechanismus ist vergleichbar. Anhand ihrer demografischen Daten können Zielgruppen sehr genau eingegrenzt werden – aufgrund der von Facebook-Usern gespeicherten Daten sogar granularer als beim programmatischen Display Advertising. Der Ad Manager erlaubt das Definieren klarer Kampagnenziele. Facebook Pixel erlaubt das Retargeting bereits bekannter Kunden. Dennoch passen Social Media Self-Service Plattformen nicht ganz in das offene Bild von Programmatic Advertising. Wie die meisten anderen Plattformen ist auch Facebook ein Walled Garden und daher nicht mit den restlichen Programmatic-Anbietern verbunden. Alle Medialeistungen und Targetings laufen über den Facebook Business Manager und Werbung wird nur im Facebook-Universum geschaltet.
Facebook mag zwar nach wie vor die beliebteste Plattform sein, doch die ARD-ZDF-Onlinestudie zeigt, dass die tägliche Nutzung zurückgegangen ist. 2019 gaben 21 % der Studienteilnehmer* innen an, sich täglich durch ihren Facebook-Feed zu scrollen, 2020 waren es nur noch 14 %. Andere Kanäle wachsen hingegen stetig und werden Facebook eines Tages den Rang ablaufen – auch wenn es bis dahin noch ein weiter Weg ist.
Der Aufsteiger – Instagram
26 Millionen Menschen in Deutschland nutzen Instagram, davon sind knapp 52 % weiblich. Das Unternehmen wurde 2010 gegründet und gehört seit 2012 zu Facebook, doch im Gegensatz zur großen Schwester nimmt auf Instagram die tägliche Nutzung der Plattform zu. Laut der ARD-ZDF-Onlinestudie lag diese 2020 bei 15 % aller Plattform-User – 6 % mehr als noch 2018. Schaut man auf die verschiedenen Altersklassen, werden die Unterschiede noch deutlicher. 53 % der 14- bis 29-Jährigen nutzten Instagram täglich, bei den 30- bis 49-Jährigen waren es nur 13 %. Bei Usern jenseits der 50 nimmt die Nutzung noch stärker ab. Diese sind – wenn überhaupt – noch eher auf Facebook zu finden.
Wie die jüngere Zielgruppe bereits vermuten lässt, erfreuen sich auf Instagram besonders Marken aus dem Lifestyle-Bereich großer Beliebtheit. Fashion, Beauty und Retail sind die Branchen, die auf Instagram die meisten Interaktionen erzielen. Unter den 20 meistgefolgten Accounts sind international bekannte Musiker*innen, Schauspieler*innen, Sportler*innen, die ihre eigenen Marken promoten, aber auch der Account des Sportherstellers Nike – ein Paradebeispiel für einen erfolgreichen Account mit einem starken Thema und qualitativ hochwertigen Posts. Der beliebteste Account ist, mit mehr als 400 Millionen Followern, der von Instagram selbst. In Sachen Eigenmarketing hat Instagram also auch die Nase vorn. Das stetige Wachstum der Plattform sorgt dafür, dass Instagram schon jetzt nicht mehr aus dem Marketing-Mix wegzudenken ist, besonders im Bereich des Influencer-Marketings. Selbst traditionelle Unternehmen aus dem Finanzwesen oder dem Gesundheitsbereich öffnen sich zunehmend dieser Art des Marketings und stoßen dabei auf gute Resonanz.
Da Instagram zu Facebook gehört ähneln sich auch die Werbeformate stark. Instagram-Anzeigen unterstützen die gleichen drei großen Kategorien von Kampagnenzielen und Unternehmen haben auch auf dieser Plattform die Möglichkeit, zwischen Foto, Video, Carousel oder Collection Ads zu wählen. Diese können entweder in den Feed oder in Instagram Stories integriert werden und heben sich dabei kaum von regulären Inhalten ab. Für Story Ads können Fotos oder Videos von bis zu 120 Sekunden Länge verwendet werden, die dann im Vollbildformat zwischen den Stories anderer User angezeigt werden. Da bei Instagram visuelle Inhalte deutlich im Vordergrund stehen, empfiehlt es sich, bei Fotos und Videos einen bestimmten Stil beizubehalten, um einen größeren Wiedererkennungswert zu schaffen. Auch hier bietet sich die Integration eines interaktiven Elements an, beispielsweise eine Umfrage oder Abstimmung.
IGTV, quasi eine Plattform in der Plattform, erlaubt seit Juni 2020 das Integrieren von Werbung in von bestimmten Usern veröffentlichte Videos, ähnlich wie man es bereits von YouTube kennt. Die Ads müssen ein vertikales Format haben und können bis zu 15 Sekunden lang sein. Das neueste Feature, Instagram Reels, bringt spannende neue Inhalte auf die Plattform, bietet bisher aber noch keine bezahlten Werbemöglichkeiten. Doch was nicht ist, kann ja noch werden.
Der Newcomer – TikTok
Erst Ende 2016 gegründet, räumt TikTok, der Nachfolger der chinesischen Plattform Musical.ly, das Feld von hinten auf. Der Social-Media-Atlas 2021 listet TikTok auf Platz 8 der beliebtesten sozialen Medien in Deutschland. Die Plattform konnte ihren Marktanteil um 16 % im Vergleich zum Vorjahr steigern, während sich bei den Spitzenreitern YouTube, WhatsApp und Facebook kaum etwas tut. Lange Zeit gab es keine genauen Auskünfte über die Userzahlen der Plattform. Doch Ende 2020 gelang es der Nachrichtenseite Bloomberg, Licht ins Dunkel zu bringen. 100 Millionen aktive User in ganz Europa konnte die Plattform damals für sich verzeichnen, davon 10,7 Millionen Anwender in Deutschland. Nimmt man eine ähnliche Steigerung auch für 2021 an, erreicht TikTok noch dieses Jahr die 20 Millionen Marke.
Besonders jüngere Zielgruppen werden von den Mini-Videoclips angesprochen: 55 % der 16- bis 19-Jährigen und 57 % der 20- bis 29-Jährigen Internet-Nutzenden sind auf der Plattform aktiv, wobei Frauen (60 %) etwas stärker vertreten sind als Männer (40 %).
TikTok regt nicht nur zum Konsumieren, sondern vor allem auch zum Kreieren von Content an. Ein Großteil der Nutzenden hat bereits eigene Videos veröffentlicht. Da das Netzwerk vor allem auf Kreativität und aktuelle, schnelllebige Trends ausgerichtet ist, sind primär Branded Hashtag Challenges und Brand Takeovers Formate, mit denen Unternehmen schnell viel Aufmerksamkeit generieren können, sehr beliebt.
Bei Branded Hashtag Challenges wird ein Video mit einem gesponserten Hashtag geteilt. Dann ist es an der TikTok-Community, mit eigenen, kreativen Videos unter dem gleichen Hashtag darauf zu reagieren. Eine Brand Takeover Anzeige wird direkt beim Öffnen der App angezeigt und kann aus einem Bild oder einem GIF bestehen. Über einen Call-to-Action können User auf eine Landing Page weitergeleitet werden. Auch eine Kombination beider Formate ist möglich und wurde von 20th Century Fox bereits erfolgreich durchgeführt. Ebenfalls möglich sind native Videoanzeigen, die direkt im TikTok Feed angezeigt werden und eine Länge von 9 bis 15 Sekunden haben, sowie gesponserte TikTok Lenses, bei denen Unternehmen 2D, 3D und gesponserte AR Lenses – also Filter und Effekte, die über die Videos gelegt werden können – zur Verfügung stellen. Dieses Feature kennt man vor allem von Snapchat, wo auch die Qualität der Filter bisher noch weitaus besser ist.
Um Marken bei Bedarf die nötige Inspiration zu liefern, speichert TikTok die erfolgreichsten Kampagnen aus aller Welt und deren individuelle Performance auf dem Netzwerk. Dabei kann sowohl nach Branche als auch nach Art der Kampagne gefiltert werden. Bei einer Kampagne der Lebensmittelmarke Lay’s, die in Thailand ausgespielt wurde, gab es mehr als Hunderttausend Video-Einreichungen infolge einer Branded Hashtag Challenge und Millionen von Views wurden erzielt – das ist bei TikTok-Kampagnen keine Seltenheit. Wer eine junge Zielgruppe ansprechen und starkes Brand Building betreiben will, der kommt nicht mehr um TikTok herum.
Doch bei den unzähligen Möglichkeiten, Social-Media-Plattformen als Marketingkanäle zu nutzen, denken viele Unternehmen nicht daran, dass nicht alle User – und damit oft auch nicht alle Angehörigen ihrer Zielgruppe – Inhalte in sozialen Netzwerken uneingeschränkt konsumieren können. In Sachen Barrierefreiheit besteht bei vielen Unternehmen noch Nachholbedarf. Dabei ist es gar nicht so schwer, barrierefreie Beiträge zu erstellen.
Werbung für alle
Korrekte Rechtschreibung und Grammatik, die Basis für barrierefreie Kommunikation, sollten immer gegeben sein. Zu den häufigsten Gründen, weshalb Nutzende auf barrierefreie Postings angewiesen sein können, gehören: Sehbehinderungen und Blindheit sowie Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit. Damit also wirklich alle Informationen allen Usern zugänglich sind, sollten Bilder immer mit Bildbeschreibungen versehen sein, die von einem Screenreader vorgelesen werden können, und Videos sollten Untertitel besitzen.
Soziale Netzwerke bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre definierten Zielgruppen dank der von ihnen geteilten Daten und Informationen ohne nennenswerte Streuverluste anzusprechen, sie noch besser kennen zu lernen und mit ihnen zu interagieren. Dank der zahlreichen Formate und Werbemöglichkeiten gelingt es Marken, sowohl ihre Bindung zu Bestandskunden zu vertiefen als auch neue Kund*innen für sich zu gewinnen. Der Schlüssel für erfolgreiche Kampagnen liegt darin, sich der Vielschichtigkeit der eigenen Zielgruppen bewusst zu werden, denn nur so können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Markenbotschaften ihre komplette Zielgruppe erreichen. Unternehmen, die Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe nehmen, werden außerdem positiver wahrgenommen, was auch Einfluss auf die Entscheidungen ihrer Kund*innen haben kann. Social-Media-Plattformen und ihre Werbemöglichkeiten werden sich in den kommenden Jahren noch rasanter weiterentwickeln als bisher. In jedem Fall sind sie aus modernen Kampagnen nicht mehr wegzudenken. In ihnen liegt die Zukunft des Marketings.

Autor
Christoph Berg
Co-Gründer und Geschäftsführer von MINT Square
Christoph Berg ist Co-Gründer und Geschäftsführer von MINT Square, einer Strategie- und Technologieberatung für datengetriebenes Marketing. Er verfügt über mehr als zehn Jahre Marketing- und Vertriebserfahrung und berät Werbungtreibende auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung im Online-Marketing.
MINT Square steht für unbedingte Transparenz im Programmatic Advertising. Das Unternehmen berät Advertiser und Agenturen richtungsweisend in allen strategischen und technologischen Fragen des digitalen Marketings.