Ohne Social Media? Ohne mich!

Soziale Netzwerke sind aus dem Marketing-Mix der Gegenwart und Zukunft kaum wegzudenken. Gründe dafür gibt es viele, Möglichkeiten – vor allem auch für Unternehmen – noch mehr! Doch was gibt es dabei zu beachten und welche Potenziale bietet Social-Media-Marketing?
Dass soziale Netzwerke aus dem Alltag unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sind, belegen zahlreiche Studien, die die Mediennutzung und den Umgang mit sozialen Medien untersuchen. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene verbringen einen Großteil ihrer Freizeit damit, Beiträge in Form von Bildern, Videos und Kurznachrichten zu konsumieren. Dabei geht es in erster Linie darum, sich die Zeit zu vertreiben, mit Bekannten in Kontakt zu bleiben oder sich zu informieren.
Doch nicht nur im privaten Kontext, sondern auch auf geschäftlicher Ebene bieten Social- Media-Plattformen die Möglichkeit, sich zu vernetzen und geschäftliche Beziehungen zu pflegen. Die ehemals klare Trennung von privaten und geschäftlichen Netzwerken verschwimmt zunehmend, denn auch Unternehmen haben Netzwerke wie Facebook, Instagram und TikTok mittlerweile für sich entdeckt. Und diese Entwicklung verwundert nicht, wenn man die großen und beliebten sozialen Netzwerke über die letzten Jahre betrachtet. Viele Plattformbetreiber arbeiten seit Jahren daran, ihre Anwendungen und Netzwerke nicht nur für die User und Userinnen attraktiver zu gestalten, sondern auch für den Handel und andere Branchen – indem sie Business- Accounts, Marktplatzfunktionen und Analysetools bereitstellen, die die unternehmerischen Tätigkeiten erleichtern und unterstützen.
Social Media im beruflichen Kontext – aber wie?
Die Möglichkeit, mit spitz definiertem Targeting genau die Zielgruppen erreichen zu können, an die sich die Werbebotschaften richten, ist ein großer Vorteil der Social-Media-Ads gegenüber klassischen Werbemedien. Denn auch wenn Plakat-, Kino-, Fernseh- oder Zeitungswerbung immer noch weit verbreitet sind, ist der Streuverlust hoch und die Reichweite des Werbebeitrags mitunter aufwändig zu messen. Digitale Werbung, vor allem in sozialen Netzwerken, kann dagegen zielgerichtet an die passenden Nutzer*innen ausgespielt werden: Soziodemographische Merkmale, Vorlieben, Hobbies und Interessen sowie viele weitere Informationen, die die Plattformen von ihren Nutzer*innen sammeln, können dann dazu genutzt werden, den Unternehmen möglichst genaue Targeting-Optionen anzubieten und das Marketingbudget erfolgsversprechend einzusetzen.
Mit Blick auf die einzelnen sozialen Medien wird aber auch deutlich, dass nicht jede Plattform alle Zielgruppen ansprechen kann. Denn gerade jüngere Konsument*innen bewegen sich in anderen sozialen Netzwerken als ältere Generationen – und auch die Nutzung ist anders. Die Wahl der richtigen Plattform bestimmt folglich auch den Erfolg von geschäftlichen Aktivitäten und Werbekampagnen. Einig sind sich die Befragten altersübergreifend darin, dass YouTube die allgemeine Lieblingsplattform ist. Rund ein Drittel aller Teilnehmer*innen der Studie „Social Commerce. TikTok, Instagram und Co. auf der Überholspur“ (ECC KÖLN, 2021) benannten YouTube als ihren Lieblingskanal unter den Social-Media-Plattformen. Bei der Wahl um Platz zwei und drei unterscheiden sich hingegen die Präferenzen der jungen Bevölkerung deutlich zu denen der älteren Social-Media-Nutzer*innen. Zwar kann Facebook altersübergreifend bei 32 % der Befragten als Lieblingskanal punkten und sich damit auf Platz zwei der beliebtesten Netzwerke halten. Im Relevant Set der jungen Nutzer*innen taucht Facebook dagegen nicht mehr auf – hier spielen Instagram und TikTok eine zunehmend wichtigere Rolle.
Besonders spannend ist die Tatsache, dass über Influencer-Marketing in sozialen Medien – allen voran Instagram – auch die Produktwahrnehmung gesteuert wird. Nicht selten werden insbesondere junge Nutzer*innen in sozialen Netzwerken über die Video- und Bildbeiträge reichweitenstarker Content Creator*innen auf neue Trends und Produkte aufmerksam. Somit ist Influencer- Marketing ein wichtiger Bestandteil für ganzheitliches Social-Media-Marketing. Unternehmen wie Sugar Daddies setzen mit besonderer Intensität auf Social-Media-Marketing allgemein und Influencer-Marketing im Speziellen – und das mit großem Erfolg, wie die Gründer und Marketingverantwortlichen in Interviews berichten. So werden die beiden Eigenmarken „Cookie Bros. Keksteig zum Naschen“ und „O-MOCHI Eiscreme“ vor allem über TikTok beworben.

Aufmerksamkeit erfahren in sozialen Medien insbesondere Branchen wie Fashion und Accessoires sowie Elektronik und Computer zudem Produkte aus dem Bereich Beauty, Kosmetik und Drogerieartikel, wie die Studie des ECC KÖLN zeigt. Auch hier liegt der Einfluss von Content Creator*innen auf der Hand. Ein Beispiel dafür ist Bianca Claßen (Bibis Beauty Palace): Mit rund 7,8 Millionen Follower*innen bei Instagram gehört sie zu den einflussreichsten und reichweitenstärksten Influencerinnen Deutschlands und ist damit seit Jahren beliebte Werbepartnerin für Unternehmen aus dem Bereich Fashion oder Beauty. Unter anderem hat sie bereits auch mehrere eigene Produkte auf den Markt gebracht und über ihre Kanäle beworben.
Influencer-Marketing als Erfolgskonzept
Aber auch die Zusammenarbeit mit weniger reichweitenstarken Influencer*innen kann sich gerade für kleine Unternehmen lohnen. Denn es kommt nicht immer auf die größte Reichweite an, um nachhaltiges Influencer-Marketing umzusetzen. Wichtiger ist, dass der bzw. die Influencer*in zum Unternehmen passt, hohes Engagement innerhalb der Zielgruppe aufweist und mit den passenden Themen authentisch umgeht. Dazu zählen auch der professionelle offene Umgang und die Interaktion mit den Follower*innen. Solche Faktoren sollten vor einer Kooperation genauestens überprüft werden. Wie wichtig die sorgfältige Auswahl der Werbepartner ist, machte spätestens das Debakel rund um die Kaufland-Kampagne mit Michael Wendler deutlich, deren Erfolg für das Unternehmen infolge fragwürdiger Aussagen des Promis zu diversen gesellschaftspolitischen Themen ausblieb, worauf die Kooperation umgehend beendet wurde.
Für kleinere stationäre und lokale Handelsunternehmen bieten sich Kooperationen mit Influencer* innen an, die einen Bezug zu dem Unternehmen oder der Region haben. Dann können auch mit einer geringeren Followerzahl erfolgreiche Werbekampagnen umgesetzt werden. Darüber hinaus ist es ratsam, nicht mit nur einer bzw. einem Content-Creator*in zusammenzuarbeiten, sondern mehrere Partner zu identifizieren, die die eigenen Zielgruppen möglichst umfassend mit Beiträgen versorgen. Bei der Auswahl und der Zusammenarbeit mit den Influencer*innen können Agenturen oder Tools unterstützen.

Social Media als Chance mit Potenzial
Zusammenfassend zeigt sich, dass soziale Netzwerke ein enormes Potenzial bieten – besonders neuere und innovative Netzwerke wie TikTok und Instagram, die bei jungen Zielgruppen mitunter als die sozialen Netzwerke der Zukunft eingeordnet werden. Der Erfolg des Social-Media- Marketings steht und fällt mit dem Einsatz und den kreativen Ideen, die Unternehmen ihren Kund*innen bieten. Versteht man also als Unternehmen soziale Netzwerke nicht als zusätzliche Herausforderung, sondern als Chance und zukunftsweisende Marketinginstrumente, kann hier großes Potenzial ausgeschöpft werden. Kleine Handelsunternehmen werden zunehmend mutiger, um ihre lokal oder online verfügbaren Produkte und Services auch über soziale Netzwerke sichtbar zu machen. Dabei bedarf es aber mitunter noch Hilfestellungen. Die mehrwertstiftende Ausgestaltung der Präsenz in den sozialen Netzwerken liegt letztlich bei jedem Unternehmen individuell – ein allgemeingültiges Rezept für den Erfolg gibt es nicht.
Das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel bietet Händler*innen Unterstützung in Form von Leitfäden, Unternehmenssprechstunden, Workshops und vielem mehr zum Thema Social- Media-Marketing und weiteren Digitalisierungsthemen an. Damit können anfängliche Hürden überwunden und den Unternehmen eine solide Grundlage für ihre geschäftlichen Tätigkeiten auf den handelsrelevanten Social-Media-Plattformen gegeben werden. Weitere Informationen dazu finden sich unter www.kompetenzzentrumhandel.de. |

Autorin
Svenya Scholl
Projektreferentin am Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel / IFH KÖLN
Svenya Scholl ist seit Juli 2019 am IFH KÖLN tätig und unterstützt im Rahmen des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Handel kleine und mittlere Unternehmen in Form unterschiedlicher Formate bei verschiedenen Fragestellungen rund um die Digitalisierung im Handel. Zuvor studierte sie an der Philipps-Universität Marburg Sozialwissenschaften sowie Markt- und Medienforschung an der TH Köln.
www.ifhkoeln.de
s.scholl(at)ifhkoeln.de
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