PODCASTS – Nur heiße Luft oder Zeit abzuheben?

Eigentlich sind Hörfunkformate mit hohem Wortanteil – sogenannte Talkradios – bereits seit den 1950er Jahren bekannt. Aktuell erobert dennoch ein ähnliches Format in neuem Gewand die Ohren der Nutzer und die Herzen der Unternehmer. Dabei eröffnet sich durch Podcasting ein vielseitiger neuer Marketingkanal, dessen Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist.
Was auch immer das Herz begehrt, mittlerweile lässt sich zu nahezu jedem Thema ein entsprechender Podcast finden. Ob Literatur, Nachrichten oder Ratgeber und Fußballer, Professoren oder Coaches, die darüber sprechen – nahezu alles ist möglich. Doch nicht nur die Anzahl verfügbarer Podcasts steigt, sondern auch die der Nutzer. So fand beispielsweise das Marktforschungsinstitut Statista kürzlich heraus: Die Zahl der Menschen, die regelmäßig Podcasts hören, liegt bei 33 Prozent. Nur vier Jahre zuvor lag der Anteil mit 14 Prozent nicht einmal bei der Hälfte und die Tendenz nach oben hält weiter an. Somit stellen Audioformate nach Social Media eine weitere attraktive Plattform für ganz persönliches Marketing dar, die trotz des starken Wachstums noch immer viel Potenzial bietet.
Mit keinem anderen Medium ist es derzeit möglich, leichter potenzielle Kunden zu monetarisieren. In einer Studie von splendid research gaben 41 Prozent der Befragten an, durch Podcasts bereits zum Ausprobieren neuer Produkte angeregt worden zu sein. 37 beziehungsweise 28 Prozent wurden zum Erlernen neuer Fähigkeiten oder zu einem neuen Hobby inspiriert. Wer mit dem Gedanken spielt, selbst in das Business einzusteigen, sollte jedoch bereits vorab einiges beachten.
Immer verfügbar und doch persönlich
Der Begriff Podcast stellt ein Kunstwort dar, das sich aus den Abkürzungen für „play on demand“ und „broadcast“ zusammensetzt. Der Unterschied zu klassischen Talkradios liegt damit darin, dass sich Podcasts zu jeder gewünschten Zeit abrufen lassen. Nutzer können die Sendungen dann beispielsweise per Feed abonnieren oder von den gängigen Anbieterplattformen herunterladen. Darin liegt auch der große Vorteil: Sie können quasi nebenbei konsumiert werden. Viele Menschen verbringen bereits beruflich einen großen Teil ihres Tages vor dem Bildschirm. Um in der Freizeit dann noch ein Video anzuschauen, benötigen sie sowohl Zeit als auch freie Hände, Augen und Ohren. Podcasts lassen sich demgegenüber auch nebenbei verfolgen, etwa beim Sport, im Auto oder bei der Hausarbeit. Wer einen Podcast hört, verliert keine Zeit und kann ihm dennoch seine Aufmerksamkeit schenken. Das Smartphone als ständiger Begleiter macht es möglich. Denn laut Statista nutzen ganze 73 Prozent der Befragten dieses Gerät, um einen Podcast zu hören. Ein weiter Vorteil, der das Medium besonders macht: Die Botschaft geht direkt ins Ohr. Eine Stimme hat in vielen Fällen eine ganz andere, persönlichere Wirkung als Bild oder Schrift allein. Die authentischere Darstellung baut Vertrauen auf.
Erst planen – dann handeln
Als Grundausstattung benötigen Podcaster neben einem Raum ohne Störgeräusche und einem kostenlosen Schnittprogramm lediglich noch ein gutes Aufnahmegerät mit Popschutz, um unerwünschte Knallgeräusche, die etwa beim Sprechen der Laute „B“ und „P“ entstehen, zu mindern. Damit erweist sich die Erstellung auf den ersten Blick als wesentlich einfacher, als beispielsweise eigene Videos bei YouTube einzustellen. Diese scheinbar geringe Hemmschwelle bewirkt allerdings auch, dass aktuell besonders viele auf den Podcast-Zug aufspringen möchten, sodass der Markt immer dichter wird.
Noch ist das Potenzial nicht ausgeschöpft, aber um entsprechende Reichweiten zu generieren, sollte ein solches Projekt auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit angegangen werden. Denn was für den eigenen Social-Media-Kanal gilt, ist auch im Podcast-Business zu beachten. Wer sich dafür entscheidet, muss es auch durchziehen. Schließlich stellen Podcasts nichts anderes als eine Serie von Audiobeiträgen dar. Dabei liegt die Betonung auf Serie. Zwar müssen nicht, wie beispielsweise auf dem Instagram-Kanal, zwei- bis fünfmal pro Woche neue Beiträge erscheinen. Aber wenigstens monatlich sollte eine neue Folge online gehen.
Es bietet sich daher an, anhand eines Redaktionsplans die Themen bereits im Voraus zu planen. Wer sich vorher überlegt, worüber er reden möchte, kommt nicht vom Hundertsten ins Tausendste, sondern bleibt informativ. Aktuelle Ereignisse lassen sich trotzdem entsprechend einarbeiten. Die Länge kann dabei nur wenige Minuten, aber auch mehrere Stunden betragen. Sehr lange Podcasts stellen jedoch eher die Ausnahme dar. Hierzu fand Statista heraus, dass die Mehrheit der Befragten eine Länge von 11 bis 20 Minuten bevorzugt.
Nicht nur wie, auch was?
Neben einem guten Equipment und einem angenehmen Redestil ist vor allem auch der Inhalt entscheidend für eine große Reichweite. Wer sich für einen eigenen Podcast entscheidet, sollte dabei in erster Linie seine eigene, ganz spezielle Zielgruppe vor Augen haben, statt einfach eine breite Masse ansprechen zu wollen. Um eine erste Orientierung zu haben, gilt es zunächst folgende Fragen zu stellen:
- Wen möchte ich erreichen?
- Was stellt meinen Mehrwert dar?
- Was interessiert meine Zuhörer?
Daraus ergibt sich bereits eine Marschrichtung für einen authentischen Podcast. Wer sich beispielsweise an ein Fachpublikum wenden möchte, sollte auch Fachsprache nutzen und andersherum einfache Sprache, wenn das Ziel des Podcasts zum Beispiel darin besteht, Laien hilfreiche Tipps aus der eigenen Branche zu vermitteln.
Generell eignet sich das Audioformat aber weniger für besonders komplexe oder kleinteilige Inhalte sowie detaillierte Zahlen und Daten. Vielmehr bietet sich ein Podcast an, um den eigenen Expertenstatus zu festigen. Wer nach und nach über sein Angebot oder seine Branche Details, Vorteile und Wissen vermittelt, gewinnt an unternehmerischer Glaubwürdigkeit. Jedoch stellt ein Podcast kein reines Werbeformat dar. Eine große Reichweite erhält nur, wer auch Interessantes zu erzählen hat, wie zum Beispiel persönliche Geschichten oder den eigenen Werdegang.
Für ein wenig Abwechslung eignet es sich auch, weitere Gesprächspartner einzuladen. Ein spannendes Gespräch mit Kunden, Partnern oder Weggefährten spricht potenzielle Hörer besser an als simple Eigenwerbung. Das bedeutet Storytelling in Höchstform – mit relativ geringem Budget. Um ein Gefühl für mögliche Themen zu bekommen, lässt sich auch auf den gängigen Portalen durch bereits veröffentlichte Podcasts streifen. Auf Websites wie beispielsweise fyyd lässt sich außerdem ein gut sortiertes Verzeichnis finden.
Aufwand nicht unterschätzen
Einen wichtigen Punkt gilt es zudem im Vorfeld zu bedenken: Ein Podcast bedeutet zusätzlichen Aufwand. Nicht nur die Erstellung einer Sendung, sondern auch die Vorbereitung der Themen, die Einladung und das Briefing potenzieller Gäste ebenso wie der Schnitt und das Hochladen der fertigen Folge kosten Zeit. Zusätzlich bedarf es einer regelmäßigen Pflege, die noch über die einzelnen Formate hinausgeht. Denn nachdem die einzelnen Folgen im Netz verfügbar sind, gilt es diese auch auf verschiedenen Kanälen zu pushen.
Je nach Zielgruppe kann es zum Beispiel sinnvoll sein, auf den eigenen Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram, aber auch Xing oder LinkedIn, über eine neue Folge zu informieren. Über den eigenen Blog lassen sich zusätzlich Bilder oder kleine Videos einsetzen oder mit einem RSS-Feed im iTunes-Store anmelden. Darüber hinaus sollten auf diesen Kanälen auch die Nutzer individuell eingebunden werden. Podcaster können beispielsweise in einer Folge dazu aufrufen, Meinungen, Erfahrungen oder Fragen mittels Kommentaren oder Direktnachrichten zu senden, die wiederum in der nächsten Folge aufgegriffen werden. Das bringt eine besonders hohe Relevanz und Identifikation mit der Hörerschaft.
Es kann eine Herausforderung sein, journalistisch zu denken und nicht wie ein Unternehmer. Im Internet finden sich aber mittlerweile von der Planung und Vorbereitung über den technischen Support bis hin zur Rundumversorgung zahlreiche Tipps und Tricks, Fachliteratur oder auch Seminare zum Thema Podcast.
Darüber hinaus können Podcasts wie andere Onlinemarketing-Instrumente getrackt werden und agieren doch unabhängig von Algorithmen – eine Sendung wird Nutzern nicht vorgeschlagen, sondern bewusst von ihnen ausgewählt. Daraus entsteht eine persönliche Verbindung mit den Hörern. Wer schließlich zwar gerne Audioformate nutzen, aber keinen eigenen Podcast erstellen möchte, hat natürlich auch die Möglichkeit, durch sogenanntes „Podvertising“ oder auch „Podsponsoring“, auf beliebten Audiostreaming-Seiten eine Anzeige zu schalten.

Autor
Mike Warmeling
Gründer von Warmeling Consulting
Mike Warmeling ist Speaker und Erfolgstrainer aus Osnabrück sowie Gründer von Warmeling Consulting. Mit seinem Unternehmen vertreibt er Lizenzen, die Unternehmensgründern den Einstieg in die Selbstständigkeit in verschiedenen Bereichen des Onlinemarketings erleichtern sollen.