Wie COVID-19 den Onlinehandel traf
und wie Händler durch PPC-Kampagnen trotzdem das Beste aus der Krise und Q4 machen können

Die Welt hat sich in den vergangenen neun Monaten einmal auf den Kopf gestellt. Und so hat sich durch den Ausbruch von COVID-19 auch das Geschäftsjahr 2020 zu einer wilden Achterbahnfahrt entwickelt. In Deutschland rechnet die Bundesregierung beispielsweise in ihrer Frühjahrsprognose mit einem Rückgang von 6,3 Prozent der Wirtschaftsleistung und laut Statistischem Bundesamt sank im ersten Quartal bereits das Bruttoinlandsprodukt um 2,2 Prozent. Nachbarländer wie Frankreich (-10,6 Prozent) und Italien (-11,2 Prozent) soll es laut Statista in diesem Jahr noch schlimmer treffen. Eine der am stärksten betroffenen Branchen war der Einzelhandel, der Corona-bedingt wochenlang schließen musste. Hier gibt es allerdings weitreichende Unterschiede: Während der stationäre Handel zeitweise fast lahmgelegt wurde, verschob sich die Kaufkraft auf das Onlineshopping, wodurch der Traffic unter anderem auf Amazon deutlich stieg.
So wirkte sich COVID-19 auf den Umsatz aus
Zu Beginn der Krise gab es zunächst einige Umsatzeinbußen im Onlinehandel, da das Coronavirus zuerst China und damit einen der wichtigsten Produktionsstandorte für viele Anbieter lahmlegte. Als die Maschinen später in China wieder liefen, entwickelte sich aus dem Angebotsproblem ein Nachfrageproblem. Zu dieser Zeit führte Sellics, Anbieter einer führenden E-Commerce-Software, eine Befragung unter Amazon-Händlern durch. Die Antworten sowie eine weitere von Sellics durchgeführte Studie zeigen, dass einige Produktkategorien (z. B. Mode und Schuhe) im weiteren Verlauf Rückgänge verzeichneten, andere jedoch – wie Lebensmittel und Haushaltswaren, Homeoffice-Ausstattung, Garten, Fitness oder der Unterhaltungssektor (Videospiele) – in der Gunst der Käufer stiegen. Gründe für diese Trends waren einerseits vorgezogene Einkäufe – Stichwort Hamsterkäufe – sowie andererseits eine Form von „Quarantäne-ready“-Shopping. Letztes bezieht sich auf Produkte wie Homeoffice-Ausstattung oder Fitnessgeräte, die gekauft wurden, um bereit zu sein für eine mögliche Quarantäne und strikte Ausgangssperren.

Diese neue Nachfrage brachte aber auch weitere Herausforderungen mit sich, die meist ihren Ursprung in der Logistik hatten. Um das gestiegene Versandaufkommen zu bewältigen, stellte Amazon selbst bis Mitte Mai etwa 175.000 zusätzliche Mitarbeiter ein und setzte den Versand durch Amazon von nicht-essentiellen Artikeln zeitweise aus. Dagegen standen Mode oder Gartenzubehör vor langen Lieferzeiten oder gar einem Ausverkauf, da Amazon das eigene Lager nicht mehr mit nicht-essentiellen Produkten aufstockte.
Diese Ausverkäufe beeinflussten Händler nicht nur kurz-, sondern teilweise auch langfristig. Denn bei langen Lieferzeiten oder gar Out-of-Stock-Artikeln sinken Artikel im Ranking der Suchergebnisse. Folglich werden diese Produkte dann auch deutlich weniger gekauft als ohnehin schon.
Unerwartete Wendung bei Werbeausgaben und -einnahmen
Obwohl viele Onlinehändler zu Beginn der Krise angaben, ihr Werbebudget eher verringern zu wollen, stieg das Gesamtvolumen der Werbeausgaben und -umsätze seit Anfang März in Deutschland (und in UK) steil an. Die Effekte auf die Umsätze waren aber selbstverständlich auch stark abhängig von der Produktkategorie.

Vermehrter Traffic auf Amazon führte unter anderem zu deutlich mehr Klicks auf Werbeanzeigen – beim Spitzenreiter UK konnten Ende April 53 Prozent mehr Klicks registriert werden als noch zum Jahresanfang. Dank des Lockdown-Effekts in Kombination mit weniger Wettbewerb durch Unternehmen, die ihr Werbebudget zurückfuhren, sank der Marktpreis für Anzeigenplatzierungen; das heißt niedrigere CPCs (Costs-per-Click) – in Deutschland um bis zu minus 24 Prozent – was etwa zur Folge hatte, dass die allgemeine Performance und der ROAS (Return on Ad Spend) von PPC-Kampagnen klar anstieg.

Die Conversion Rate (CVR) der Werbeanzeigen, sprich die Anzahl der Klicks auf die Anzeige im Verhältnis zur Anzahl der Kaufabschlüsse, fand in den USA ihren Peak etwa Mitte März, um dann bis Mitte April wieder auf das Vorkrisenniveau zu fallen. Die Trends, die diese Entwicklung begleiten, sind klar: Zunächst stieg die CVR mit der erhöhten Nachfrage auf Amazon zu Beginn der Krise an. Durch die verzögerten Versandzeiten – und weil die E-Commerce- Plattform zeitweise den Versand über Amazon für nicht-essentielle Artikel zurückfuhr – sank zwangsläufig auch die CVR, denn Onlineshopper erwarten, dass die Ware schnell geliefert werden kann. Als sich die Logistiksituation wieder normalisierte, ging auch die CVR wieder auf das Vorniveau zurück.

Chancen auch im Ausnahmefall nutzen
Der bisherige Höhepunkt der Coronakrise hat gezeigt: den Kopf in den Sand zu stecken ist keine sinnvolle Strategie. Die Krise bietet auch Chancen, die es zu ergreifen gilt – fallende Klickpreise für Kampagnen sind nur ein Beispiel. Doch was sollten Händler und Marken bei ihren PPC-Kampagnen beachten? Zunächst gilt es, ein genaues Auge auf den Markt zu haben, um Trends in den wichtigsten Kennzahlen (wie z. B. Conversion Rate) oder in der Nachfrage unterschiedlicher Produkte frühzeitig zu erkennen und schnell darauf reagieren zu können.
Sobald Marken wissen, welche ihrer Produkte im Trend sind und ein gut gefüllter Lagerbestand garantiert ist, können sie sich darauf fokussieren, das meiste aus ihren Werbekampagnen für diese Artikel herauszuholen: Budgets neu verteilen, Gebote und Targeting optimieren, neue Werbeformate und -platzierungen testen, Produktbeschreibung und -bilder verbessern und mehr. Wenn die eigenen Produkte nicht zu den Trendartikeln gehören, ist geschicktes Agieren angesagt. Es kann sich lohnen, neue Produkte ins Sortiment aufzunehmen und bestehende Produkte lassen sich ggf. neu positionieren: Aus Bürobedarf wird Homeoffice-Bedarf etc. Auch hier ist kontinuierliches Monitoring und schnelles Reagieren wichtig, um Such-Trends rechtzeitig zu erkennen und Keywords (Stichwort SEO) entsprechend anzupassen.
Zuversicht und Anpassungsfähigkeit ist essentiell – besonders für Q4
COVID-19 hat Händler und Marken vor viele Herausforderungen gestellt: Es gab viele neue Situationen und Trendwenden zu meistern. Eine wichtige Lektion daraus war: Zuversicht und Anpassungsfähigkeit sind essentiell. Das gilt auch für das 4. Quartal 2020. Die Erwartungen sind hoch, denn es ist weiterhin mit einer deutlich erhöhten Nachfrage im E-Commerce zu rechnen. Zusätzlich findet auch der Prime Day von Amazon dieses Jahr im Oktober statt. Insgesamt könnte das Q4 2020 das “Q4 des Jahrhunderts” für den E-Commerce werden. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Unbekannte, denn die Situation ist einzigartig und nie dagewesen. Auf die Erfahrungen der letzten Jahre, z. B. mit Amazon PPC Kampagnen zum Prime Day, kann man sich also nur zum Teil verlassen. Der andere wichtige Teil ist: anpassungsfähig bleiben, beobachten und schnell reagieren. Dazu heißt es, Trends nutzen oder sogar selbst zum Trend werden und gleichzeitig auf Trendwenden vorbereitet sein. Bloß nie den Mut verlieren.

Autor
Franz Jordan
Gründer und CEO von Sellics
Sellics ist der weltweit führende Anbieter einer All-in-one-Software-Plattform für Marken und Agenturen auf Amazon. Zu den über 4.000 Kunden in 30 Ländern zählen unter anderem Bosch, Mammut, Medion und WMF. Nutzer der Software können mit der umfassenden Lösung Rankings und Content optimieren (Amazon SEO), Amazon Werbekampagnen steuern und automatisieren sowie Business- und Gewinnanalysen durchführen. Sellics ist die einzige Software, die innovative Tools sowohl für SEO als auch für Werbung auf Amazon bietet und es so Marken und Agenturen ermöglicht, die Synergien zwischen den beiden Marketingdisziplinen zu nutzen, die zu den wichtigsten im E-Commerce zählen.