Skalierbarer Support für Spitzenzeiten im E-Commerce

Im Onlinehandel kann es immer zu Schwankungen bei Anfragen und Aufträgen kommen. Ob durch die Auswirkungen von COVID-19 oder saisonale Anlässe, wie Black Friday oder Weihnachten – diese saisonalen Anlässe bedeuten immer auch eine erhöhte Nachfrage und dadurch auch ein höheres Arbeitsvolumen für Kundenservice-Teams. Nicht immer sind solche Lastspitzen vorhersehbar. Deshalb müssen Onlinehändler stets für einen Anstieg der Kundenanfragen gewappnet sein und ihren Support kurzfristig und einfach skalieren können. Omnichannel, Künstliche Intelligenz und Selfservice sind dabei die Schlüssel zum Erfolg.
Selten wandelt sich unsere Welt so stark und so schnell wie momentan durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Diese Veränderungen machen sich natürlich auch in Unternehmen bemerkbar. Um am Markt bestehen zu können, müssen sie sich – und nicht nur jetzt – immer wieder anpassen und flexibel agieren. Insbesondere gilt das für Servicemitarbeiter, die die Auswirkungen außergewöhnlicher Umstände mit am schnellsten spüren. Wenn, wie zurzeit, große Nachfrageschwankungen herrschen und es zu besonders hohen Ticketvolumen kommt, müssen Unternehmen ihre Kundenservice-Kapazitäten schnell skalieren. Gleichzeitig müssen sie ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, sicher auf Remote-Arbeit umzusteigen, ohne den Fokus auf das Kundenerlebnis zu verlieren.
Kundenerlebnis unter erschwerten Bedingungen
Ticketspitzen und Nachfrageschwankungen sind eine große Herausforderung, die insbesondere Onlinehändler betrifft, da sich der Trend zum Online-Einkauf aufgrund der aktuellen Situation beschleunigt. Mit der erhöhten Nachfrage steigt naturgemäß auch der Druck auf die Supportabteilung. Kunden haben verständlicherweise aktuell mehr Fragen, zum Beispiel zur Logistik ihrer Bestellungen oder zu den Produkten, die sie kaufen möchten, so dass sie sich häufiger an den Kundendienst wenden. Dieser Trend wird im aktuellen Zendesk Benchmark Snapshot zu den Servicetrends während der COVID-19-Pandemie deutlich. Gleichzeitig sehen sich Unternehmen mit steigenden Kundenerwartungen konfrontiert: Kunden erwarten ein nahtloses Serviceerlebnis, um einer Marke treu zu bleiben. 40 Prozent der deutschen Kunden geben an, dass sie nach nur einer schlechten Erfahrung zu einer anderen Marke wechseln würden. Diese Zahl steigt nach mehr als einer schlechten Erfahrung sogar auf bis zu 75 Prozent. Dies gilt insbesondere in der Welt des E-Commerce, wo der Markenwechsel oft nur einen Klick entfernt ist.
Zendesks Benchmark Snapshot analysiert seit Beginn des COVID-19-Ausbruchs wöchentlich die Daten zur Interaktion mit dem Kundenservice von mehr als 23.000 Unternehmen weltweit. Den Daten zufolge lag die Zahl der wöchentlichen Supportanfragen in Deutschland in der ersten Maiwoche um 24 Prozent höher im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres. Außerdem verzeichneten E-Commerce-Unternehmen von Ende Februar dieses Jahres bis Anfang Mai weltweit einen Anstieg der durchschnittlichen wöchentlichen Supportanfragen um 32 Prozent.

Trotz dieser erschwerten Bedingungen müssen E-Commerce-Unternehmen für ihre Kunden da sein. Insbesondere müssen sie auf den Kontaktkanälen präsent sein, auf denen ihre Kunden sich im Alltag bewegen, wie beispielsweise Chat und Messaging-Apps. Die Beliebtheit eines Kanals sticht dabei besonders heraus: Anfragen über WhatsApp sind seit Ende Februar 2020 weltweit um 101 Prozent gestiegen. Im Onlinehandel ist es neben WhatsApp vor allem der Chat, der einen besonders hohen Zuwachs verzeichnet: Unternehmen weltweit verzeichneten im selben Zeitraum einen Anstieg der Anfragen via Chat um mehr als ein Drittel.
„Klassische“ Kanäle verlieren in Zeiten hoher Nachfrage hingegen an Zugkraft. Während branchenweit vor allem Telefonanrufe um sieben Prozent zurückgingen, verzeichneten E-Commerce Unternehmen auch einen leichten Rückgang der Anfragen über E-Mail oder Webformulare.
Ein gutes Beispiel für einen gelungenen Einsatz von Live Chat ist die Firma Dashlane, die digitale Passwortverwaltung betreibt. Ihre Omnichannel-Strategie für den Kundenservice schließt Chat mit ein, um näher an ihren Kunden zu sein und deren Bedürfnisse zu unterstützen. Dank des Chats sind die Agenten in der Lage, an mehreren Tickets gleichzeitig zu arbeiten und können damit mehr Kunden zeitnah Rückmeldung geben. Das Unternehmen hat dadurch einen Kundenzufriedenheitswert von 95 Prozent erreicht.

Mit der richtigen Omnichannel-Strategie zum Erfolg
Die Zahlen sprechen dafür, dass das Telefon eher kein geeigneter Kanal ist, um den Support schnell zu skalieren. Kunden wollen in Krisenzeiten noch mehr als sonst zügige, effiziente Lösungen für ihre Anliegen. Um lange Wartezeiten bei Anrufen zu vermeiden, müssten Unternehmen mehr Personal einstellen und schulen. Langfristig mag das kein Problem sein. Doch kurzfristig ist es meist nicht machbar, Support-Teams in Spitzenzeiten entsprechend zu skalieren. Gleichzeitig wenden sich Kunden offenbar zunehmend solchen Kanälen zu, die sie für die Kommunikation mit Freunden und Familie gewohnt sind, um eine schnelle Antwort von Support-Teams zu erhalten. So können sie Unterstützung auf bequeme Weise erhalten, anstatt in der Warteschleife warten zu müssen.
Der Trend hin zu Messagingkanälen zeichnete sich bereits vor der Pandemie ab. Die aktuelle Beschleunigung dieses Trends ist ein deutliches Zeichen für Onlinehändler, dass eine Omnichannel-Strategie unabdingbar ist. Sie müssen auf den Kontaktkanälen präsent sein, die ihre Kunden bevorzugt nutzen. Das ist jedoch keine schlechte Nachricht für Unternehmen – im Gegenteil! Denn diese neueren Kanäle eignen sich hervorragend dazu, den Support auch ohne neue Mitarbeiter schnell zu skalieren. Anstatt sich nur auf ein einziges Telefongespräch zu konzentrieren, ermöglichen es diese asynchronen Kanäle den Agenten, mehr als eine Anfrage gleichzeitig zu bearbeiten. Im Vergleich zum Telefon erhöht das die Effizienz ungemein und reduziert für beide Seiten lästige Wartezeiten. Zum anderen kann die Effizienz mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in diesen Kanälen noch zusätzlich gesteigert werden.
Künstliche Intelligenz schafft höhere Effizienz
Viele Anfragen an den Support sind oft repetitiv und einfach zu klären. Nachfragen zur Lieferzeit etwa sind besonders in Zeiten hoher Nachfrage im Onlinehandel nicht unüblich. Muss ein Servicemitarbeiter all diese Anfragen manuell einzeln bearbeiten, kostet ihn das wertvolle Zeit und Ressourcen, die er stattdessen für komplexere Anliegen nutzen könnte. Genau da kommt KI ins Spiel. Bots, die mit der Wissensdatenbank des Unternehmens verknüpft sind, können in Sekundenschnelle auf solche Informationen zugreifen und automatisiert reagieren, indem sie schnelle Antworten anbieten oder Kunden zu einem nützlichen Self-Service-Artikel leiten. Mit jedem bearbeiteten Ticket lernen sie außerdem hinzu und können nach und nach immer besser mitunter auch komplexere Anfragen beantworten. So erhalten Kunden einfach und effektiv die Lösung für ihr Anliegen. Und jedes Ticket, das ein Bot löst, räumt bei den Serviceagenten Zeit für schwierigere Tickets frei.
Bei besonders hohen Ticketvolumen dämmt der Einsatz von KI auf diese Weise massiv die Flut an Tickets ein. Das zeigen auch die Kundeninteraktionsdaten der letzten Wochen. Im E-Commerce hat sich die Zahl der Tickets, die mit Hilfe solcher Bots gelöst wurden, glatt verdoppelt. Lebensmittellieferdienste sowie Unternehmen, die Produkte und Services für mobiles Arbeiten und Lernen anbieten und momentan eine besonders hohe Nachfrage verzeichnen, haben gar drei- bis viermal so viele Tickets mit dem Einsatz von KI gelöst wie noch zu Beginn der Pandemie.
Ein Unternehmen, das auf Automatisierungen im Kundenservice setzt, ist Discord, ein kostenloser Dienst, der es Freunden und Gruppen erleichtert, über Sprache, Video und Text zu kommunizieren. Als die Pandemie ausbrach stieg die Nutzung des Dienstes um bis zu dreimal so stark an wie sonst, was auf verstärkte Onlineaktivitäten wie Spiele, aber auch virtuelle Klassen und Lerngruppen zurückzuführen ist. Die Zahl der Personen, die private Inhalte streamen und ansehen können, stieg bis um das Fünffache an, was unter anderem einen Anstieg des Supportaufkommens und mehr Besuche des Helpcenters zur Folge hatte. Zwischen Februar und März 2020 allein stiegen die Seitenaufrufe um 70 Prozent, die Zahl der Einzelbesucher hat sich mehr als verdoppelt, und die Self-Service-Quote des Unternehmens kletterte um zehn Punkte. Die Entscheidung von Discord, in Automatisierung, Umleitung von Tickets und KI zu investieren, bedeutete, dass Nutzer schnell die Antworten erhalten konnten, die sie benötigten, so dass sich die Servicemitarbeiter auf die Gespräche mit der höchsten Priorität konzentrieren konnten.

Selbsthilfe-Ressourcen entlasten den Kundenservice
Ein weiterer wichtiger Baustein für die Skalierung des Supports und damit die Entlastung der Agenten ist ein Helpcenter für den Selfservice. Ob es sich um eine durchsuchbare FAQ-Seite oder ein Community-Forum handelt: einem guten Selfservice-Angebot liegt eine umfassende und stetig aktualisierte Wissensdatenbank zu Grunde, auf die Kunden zu jeder Tages- und Nachtzeit zugreifen und die gesuchten Informationen abrufen können. Ein solches Angebot spart wertvolle Ressourcen, da es den Kunden hilft, schnelle Antworten zu erhalten, ohne sich überhaupt an den Kundendienst wenden zu müssen. Auch beim Selfservice spielt künstliche Intelligenz eine große Rolle und kann die Agenten weiter entlasten. Denn es können nicht nur Kunden selbst aktiv auf Selfservice-Angebote zugreifen, auch die bereits erwähnten Bots können eine solche Wissensdatenbank nutzen, um Kunden, die Unterstützung suchen, automatisiert Helpcenter-Artikel oder FAQ-Einträge als Lösung vorzuschlagen. Können Kunden dann auch noch auswählen, ob ihnen der Vorschlag weitergeholfen hat, lernt der Bot auch in diesem Fall stetig hinzu und kann seine Antworten auf Basis des Kunden-Feedbacks laufend verbessern. Außerdem kann es auch eine wertvolle Informationsquelle für Serviceteams sein, um sich häufiger der Kundenanfragen bewusst zu werden, die noch nicht in der Wissensdatenbank beantwortet werden, dort aber zu finden sein sollten.
Selfservice ist ein essenzieller Bestandteil jeder guten Omnichannel-Strategie und mindert effektiv die Arbeitslast der Mitarbeiter. Allerdings bieten derzeit weniger als 30 Prozent der deutschen Unternehmen Selfservice-Möglichkeiten, Live-Chat, Social Messaging, In-App-Messaging, Bots oder Peer-to-Peer-Communities an.
Kunden nehmen solche KI-gestützte Selfservice-Angebote dankend an. 71 Prozent der Deutschen wollen so viele Probleme wie möglich selbst lösen und 55 Prozent der Kunden beginnen immer oder fast immer mit einer Suche in den Online-Ressourcen eines Unternehmens, wenn sie eine Frage haben.
Unternehmen weltweit verzeichnen seit Beginn der Pandemie einen enormen Anstieg der Nachfrage für diese Ressourcen ihres Supports. Die Suchen über Selfservice-Angebote sind seit Ende Februar um etwa 70 Prozent gestiegen. In Branchen, die zur Zeit besonders gefragt sind, wie mobiles Arbeiten und Lernen, Gaming und Fitness, liegt dieser Wert noch höher: bei bis zu 376 Prozent.
Unternehmen wie Babbel, eine Sprachlern-App und -Plattform, sehen die Vorteile von Selfservice-Angeboten zur Unterstützung ihrer Kunden. Als Reaktion auf ihr exponentielles Wachstum hat das Unternehmen eine Kunden-Community aufgebaut und diese in den Mittelpunkt ihres Geschäfts gestellt. Auf diese Weise können die Kunden von Babbel sich selbst und auch gegenseitig bei Problemen helfen, die nicht unbedingt ein Gespräch mit einem Servicemitarbeiter erfordern. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Marken ihre Kunden mit den Informationen versorgen können, die sie benötigen und gleichzeitig die Kundenbetreuungsteams entlasten können.

Bloß nicht den Überblick verlieren
Omnichannel-Strategie, KI und damit verknüpfte Selfservice-Angebote sind also gute Möglichkeiten, den eigenen Support in Spitzenzeiten mit hohem Ticketvolumen schnell zu skalieren. Um die Kunden wirklich glücklich zu machen, sollten Unternehmen dennoch sicherstellen, dass alle ihre Kanäle miteinander verbunden sind. Damit behalten die Agenten einen vollständigen Überblick über den Kunden, seine bisherigen Anfragen und seine Präferenzen. Dadurch wird es einfacher, jede Interaktion als Teil eines kontinuierlichen Gesprächs zu behandeln, so dass der Kunde sich nicht jedes Mal wiederholen muss, wenn er mit einem anderen Mitarbeiter spricht – eine Quelle der Frustration für mehr als drei Viertel der deutschen Kunden. Daher sollten Sie bei der Implementierung neuer Kanäle darauf achten, dass diese nicht in neuen Plattformen und Datensilos isoliert werden, sondern dass alle Interaktionen mit einem Kunden auf einer einzigen Plattform zusammenlaufen.
Durch die Kombination einer intelligenten Omnichannel-Strategie, der KI und der Selfservice-Tools und die anschließende Zusammenführung all dieser Daten in einer flexiblen Plattform erhalten die Servicemitarbeiter die Einblicke und Werkzeuge, die sie benötigen, um selbst in Spitzenzeiten, wie während der COVID-19-Pandemie, einen besseren Kundenservice zu bieten. Diese Tools, die die Serviceteams dabei unterstützen, sich anzupassen und agil zu sein, helfen nicht nur bei der Verwaltung des Anfragevolumens, sondern sind auch in der Lage, durch ein herausragendes Kundenerlebnis Loyalität aufzubauen. Immerhin mehr als die Hälfte der Deutschen sieht den Kundenservice als einen Schlüssel, der sie einer Marke gegenüber loyal macht – an zweiter Stelle nach dem Preis. Wenn man dies bedenkt, dann ist die Konzentration auf das Kundenerlebnis nicht darauf beschränkt, auf saisonale Spitzenzeiten zu reagieren, sondern etwas, von dem Marken das ganze Jahr über profitieren können.
Autor
Ulrich Hoffmann
Head of Central EMEA bei Zendesk
Ulrich Hoffmann verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Software-Industrie. Er kam 2018 zu Zendesk und leitet das Central EMEA-Team, das für das Wachstum und den Erfolg des CRM-Unternehmens in der Region verantwortlich ist. Vor seiner Tätigkeit bei Zendesk hatte Ulrich verschiedene Positionen bei IBM und Salesforce inne.
https://www.zendesk.de/contact/
https://twitter.com/ZendeskDE