Aktuelle Studie: Wie gut sind deutsche Unternehmenswebsites wirklich?

Die moderne Internetnutzung könnte so schön sein: Wer sein Smartphone zum Surfen verwendet, sieht eine mobil optimierte Ansicht der aufgerufenen Website. Wer eine Onsite-Suche nutzt, wird direkt auf die gewünschte Seite verwiesen. Wer online Kontakt zu einem Unternehmen aufnehmen möchte, wählt bequem zwischen E-Mail, Social Media oder dem Chat. So könnte es sein, ist es aber nicht. Auf den Websites deutscher Unternehmen erst recht nicht, wie der neue „Branchenreport Industrie 2014 – Websites deutscher Industrieunternehmen auf dem Prüfstand“ der Pinuts media+science GmbH zeigt. Die Studie deckt zahlreiche Schwächen der Websites auf und liefert gleichzeitig branchenübergreifende Lösungsvorschläge.
Auf vielen Websites von deutschen Unternehmen hakt und ruckelt es an allen Ecken und Enden: Mal lässt sich die Website auf einem kleinen Touchscreen nicht bedienen, mal ist die Hauptnavigation völlig unverständlich. Oft führt nicht einmal die Onsite-Suche zuverlässig zum Ziel, stattdessen wird ein frustrierendes „Keine Treffer gefunden“ angezeigt. Bei Internetnutzern, die höhere Standards gewohnt sind, führt das schnell zu Frustration und sie verlassen die Website wieder, ohne sich mit den Inhalten beschäftigt zu haben. Mittlerweile zählen dazu fast alle Internetnutzer, da der Großteil schon mindestens einmal eine Website genutzt hat, die die oben skizzierten Anforderungen erfüllt. Beispielhaft seien Google und Amazon genannt, wenngleich es selbstverständlich noch zahlreiche andere Websites auf technisch sehr hohem Level gibt.
Mit drei Schritten die Kundenzufriedenheit steigern
Sie sehen, worauf ich hinaus will: Die Kunden sind zu Recht anspruchsvoll und alle Unternehmen müssen sich an hohen Standards messen lassen. Welche Faktoren sind also wichtig, um mit der eigenen Unternehmenswebsite zu überzeugen und den Kunden sowie Interessenten eine rundum gelungene Customer Experience zu bieten? Entscheidend sind drei Bereiche, mit deren Erfüllung mit Sicherheit ein positiver Eindruck bei den Nutzern hinterlassen wird:
- die technische Funktionsfähigkeit der Website
- eine benutzerfreundliche Gestaltung
- umfangreiche Möglichkeiten zum direkten Dialog
Die Realität sieht anders aus. Anhand des aktuellen „Branchenreport Industrie 2014“ soll gezeigt werden, wie die Qualität deutscher Corporate Websites wirklich ist. Da die Ergebnisse der Studie allgemein gültige Benchmarks liefern sollen, die somit auch kleineren Unternehmen als Vorbild dienen können, wurde gezielt die finanzstarke und international anerkannte sowie technisch versierte Branche als Untersuchungsobjekt ausgewählt. Es wurde erwartet, dass die Qualität der Websites entsprechend auf hohem Niveau angesiedelt ist. Umso überraschender waren die Ergebnisse: Trotz der genannten positiven Grundvoraussetzungen zeigten die Websites im Durchschnitt teils gravierende Schwächen.
Die Technik muss stimmen
Für jede Website sollte ein solides technisches Fundament gelegt werden und sichergestellt sein, dass sie auf allen denkbaren Geräten – vom klassischen Rechner bis zum Smartphone – problemlos bedient werden kann. Das erhöht nicht nur die Nutzerfreundlichkeit, sondern sorgt auch für eine positive Bewertung durch die Suchmaschinen, was wiederum bessere Rankings und erhöhte Sichtbarkeit nach sich zieht. Die untersuchten Unternehmen erfüllten häufig nicht einmal die Standardanforderungen. Sprechende URLs sind zwar weit verbreitet (bei 92% der Unternehmen sind sie im Einsatz), darüber hinausgehende SEO-Grundlagen werden hingegen oft sträflich vernachlässigt.
Beispielsweise liegt die durchschnittliche Ladezeit der Websites bei 5,41 Sekunden, was Studien zufolge deutlich zu viel ist. Das amerikanische IT-Unternehmen Akamai hat herausgefunden, dass die Hälfte der Besucher eine Website sofort wieder verlässt, wenn sie nicht innerhalb von zwei Sekunden vollständig geladen ist. In dieses Bild passen auch die Ergebnisse von Kissmetrics: Mit jeder zusätzlichen Sekunde Ladezeit verringert sich die Conversion Rate um rund 7%. Doch mit gezielten und verhältnismäßig einfachen Optimierungsmaßnahmen lässt sich die Ladezeit oft deutlich reduzieren. Ein ebenfalls simpler technischer Standard, der von vielen Unternehmen missachtet wird, sind suchmaschinenoptimierte Sitemaps, um Google & Co das Crawling zu erleichtern. Nur 35% der untersuchten Unternehmen erfüllen diese Anforderung.
Komplizierte Bedienung auf kleinen Bildschirmen
Schaut man sich die mobile Website-Optimierung der untersuchten Unternehmen an, offenbart sich ebenfalls ein ernüchterndes Bild: Dass die Zukunft der Internetnutzung im mobilen Bereich liegt, kann kaum ernsthaft in Frage gestellt werden, dennoch sind zahlreiche Unternehmen nicht darauf vorbereitet. 81% aller untersuchten Webseiten lassen sich auf einem Touchscreen nur schwerlich bedienen, eine separate mobile Website verwenden nur 18%. Den aktuellen und mutmaßlich dauerhaften Trend des Responsive Designs haben erst 12% der untersuchten Unternehmen umgesetzt. Angesichts der aktuellen Statistiken zur mobilen Nutzung ist das ein fataler Wert. Denn laut Statistischem Bundesamt geht mittlerweile mehr als die Hälfte der Internetnutzer regelmäßig über ein mobiles Gerät online. Tendenz steigend.
Potential bei der User Experience
Der Versuch, die eigene Website nutzerfreundlich zu gestalten, fördert große Unterschiede beim Design zutage. Das ist grundsätzlich nicht überraschend, da es bei vielen Gestaltungselementen – abgesehen von Aspekten der mobilen Optimierung – kein Richtig oder Falsch gibt. Entscheidend sind ausschließlich eine leichte Bedienung und eine insgesamt positive User Experience. Das am weitesten verbreitete Element, um dem Website-Besucher eine klare Orientierung zu geben, ist eine Pfadnavigation, die von 72% der Unternehmen verwendet wird. Von der gleichen Zahl an Unternehmen wird zusätzlich ein Produktfinder genutzt, der als Ergänzung der Suchfunktion verstanden wird. Nur schwach ausgeprägt ist hingegen das Auffrischen der Website durch Videos. Lediglich 5% nutzen häufig bewegte Bilder auf ihrer Website, immerhin 55% binden gelegentlich Videos ein.
Mit einer Onsite-Suche die relevanten Inhalte finden
Ein entscheidender Faktor, der den Nutzern eine Orientierung auf der Website bietet, ist die interne Suchfunktion, die auch für das Unternehmen entscheidende Vorteile bietet. Bei Website-Besuchern, die die Onsite-Suche nutzen, ist Studien zufolge die Conversion Rate dreimal so hoch wie bei denen, die darauf verzichten. Das macht eine Suchfunktion auf jeder Unternehmenswebsite unverzichtbar, 85% der untersuchten Unternehmen haben diese Notwendigkeit erkannt und eine entsprechende Funktion in ihre Website integriert. Nur selten anzutreffen sind allerdings Ergänzungen der Suche um zusätzliche Funktionen, die einerseits die Bedienung erleichtern und andererseits passendere Treffer hervorbringen sollen. Eine Type-Ahead-Funktion bietet beispielsweise nur jedes fünfte Unternehmen, Rechtschreibkorrekturen setzen sogar nur 5% ein. Entsprechend häufig erscheint für die Nutzer die frustrierende Meldung „Zu Ihrer Suchanfrage gab es leider keine Treffer“. Angesichts der technischen Möglichkeiten ist dieses Ergebnis durchaus eine Überraschung. Für jede Onsite-Suche sollte gelten: Kein Treffer ist keine Option.
Im Dialog mit den Kunden
Sobald die ersten beiden Anforderungen (technische Funktionsfähigkeit und User Experience) zufriedenstellend erfüllt sind, ist grundsätzlich gewährleistet, dass Ihre Unternehmenswebsite erstens gefunden werden kann, zweites auf allen Geräten funktioniert und drittens ohne große Probleme bedient werden kann. Nun ist entscheidend, dass der noch unbekannte Website-Besucher erfolgreich zu einem Lead konvertiert wird. Dieses Ziel lässt sich nur mit Hilfe von Call to Action-Elementen erreichen, die den Nutzer beispielsweise auffordern, einen Newsletter zu abonnieren oder sich telefonisch oder per E-Mail an den passenden Mitarbeiter zu wenden. Überraschenderweise haben dennoch nur 6% der untersuchten Unternehmen konsequent Call-to-Action-Elemente auf ihrer Seite berücksichtigt, 80% nutzen sie überhaupt nicht. Stattdessen werden auf einer schwer auffindbaren Unterseite die allgemeinen Kontaktdaten angegeben. Entsprechend bleibt auch die wichtige Zielgruppenansprache beim Großteil der Unternehmen auf der Strecke.
Interessenten erfolgreich ans Unternehmen binden
Auch die Kundenbindung über die Online-Kommunikationskanäle E-Mail und Social Media ist stark verbesserungswürdig. Nur 22% der Unternehmen versenden regelmäßig Newsletter, 43% sind bei Facebook und Co. aktiv. Selbst die Möglichkeit, einen Inhalt der Unternehmenswebsite über die Sozialen Medien zu teilen, besteht nur auf jeder fünften Website.
Weitreichender Nachholbedarf
Der „Branchenreport Industrie 2014 – Websites deutscher Industrieunternehmen auf dem Prüfstand“ hat gezeigt, dass viele Industrieunternehmen überraschend schlechte Websites anbieten und somit gute Chancen auf die Gewinnung neuer Kunden verschenken. Eine ernüchternde Erkenntnis, die bewusst genutzt werden sollte, um sich den Zustand des eigenen Online-Auftritts vor Augen zu führen: Ist meine Website technisch auf dem aktuellsten Stand und für die mobile Nutzung optimiert? Ist die Gestaltung nutzerfreundlich und die Struktur leicht verständlich? Biete ich den Nutzern ausreichend Möglichkeiten, um mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten? Nur mit der ehrlichen Beantwortung dieser Fragen lassen sich echte Verbesserungen erzielen.
Wie ist die Studie aufgebaut?
Untersuchungsgegenstand des „Branchenreport Industrie 2014 – Websites deutscher Industrieunternehmen auf dem Prüfstand“ sind die Online-Auftritte von 120 marktführenden Industrieunternehmen mit Hauptsitz in Deutschland, die anhand von 69 Prüfkriterien untersucht wurden. Im Durchschnitt verzeichnen die untersuchten Unternehmen einen Jahresumsatz von 679 Millionen Euro. Anhand der Ergebnisse wurden Benchmarks abgeleitet, die auch für kleinere Unternehmen und andere Branchen allgemeine Gültigkeit beanspruchen können.
Autor

Torben Naujokat arbeitet bei der Berliner Multimedia-Agentur Pinuts media+science GmbH im Online-Marketing, wo er vorrangig für das Inbound Marketing, das Content Marketing und die Pflege des Firmenblogs „piKnowledge“ zuständig ist. Für die Themenrecherche und die Erstellung von hochwertigen Inhalten nutzt er vor allem die Erfahrung aus seiner früheren Tätigkeit als Journalist. Beim “Branchenreport Industrie 2014″ kümmerte er sich um die Datenauswertung und -aggregation sowie die Produktion der Studie und flankierenden Seeding-Maßnahmen.
www.pinuts.de