Win-win-win: die Vorteile von PWAs aus drei verschiedenen Perspektiven

Progressive Web-Apps (PWAs) erobern derzeit den E-Commerce. Viele Onlinehändler nutzen bereits PWAs und konnten ihre Zahlen dadurch erheblich verbessern: Laut PWA.BARerzielte Indiens größte E-Commerce-Webseite Flipkart nach Umstieg auf eine PWA eine dreifache Steigerung der Nutzungsdauer im Vergleich zur vorherigen mobilen Webseite und eine 70 Prozent höhere Conversion Rate.
Auch Alibabas Progressive Web-App verzeichnet unter iOS 14 Prozent mehr Nutzer und konnte die iOS Conversion um 76 Prozent steigern. Solche Zahlen sind beeindruckend und erklären, warum nach und nach immer mehr Onlinehändler auf PWAs umsteigen. Die Auswirkungen der Technologie auf den E-Commerce sind allerdings noch viel weitreichender und betreffen nicht nur die Gewinnzahlen der Unternehmen: Auch die Kunden und sogar Entwickler profitieren von der Lösung.
Um diese vielseitige Win-win-win-Situation verstehen zu können, muss zunächst einmal klar sein, auf welchen technischen Grundlagen Progressive Web-Apps basieren. Eine PWA ist eine Anwendungssoftware, die über das Internet bereitgestellt und mit gängigen Webtechnologien wie HTML, CSS und JavaScript erstellt wird. Sie ist für alle Plattformen gedacht, die einen standardkonformen Browser verwenden. Was sie von herkömmlichen Webseiten unterscheidet, sind weitere Funktionalitäten, über die normalerweise nur nativen Apps verfügen. Diese umfassen das offline-Bearbeiten, Push-Benachrichtigungen sowie den Zugriff auf die Gerätehardware. PWAs sind also eine Symbiose aus Webseite und mobiler App, wobei sie deren jeweils beste Eigenschaften miteinander verbinden. Welche Vorteile das alles mit sich bringt, lässt sich zunächst am besten aus der Perspektive der Nutzer erklären.
– Vorteile für Kunden –
Service Worker ermöglichen schnelleres Laden und offline-Bearbeitung
Mobile Nutzer sind eine stetig wachsende und gleichzeitig ungemein anspruchsvolle, weil ungeduldige, Gruppe von Anwendern. Von schlechter Netzverbindung über mangelnden Speicherplatz bis hin zu langen Ladezeiten entstehen für sie diverse Hemmnisse und Wartezeiten, die eine reibungslose User Experience verhindern. Für dieses Problem bieten PWAs gleich mehrere Lösungen. So sorgen sie zum Beispiel für besonders kurze Ladezeiten – PWAs laden zwei- bis dreimal schneller als reaktionsschnelle Webseiten, sodass Nutzer viel seltener aufgrund einer langsam ladenden Seite abspringen. Dies funktioniert dank sogenannter Service Worker sogar bei schlechter Internetverbindung. Hierbei handelt es sich um ein Skript, das der Browser im Hintergrund und getrennt von der Webseite ausführt, wodurch PWAs den Nutzern unabhängig von der Qualität der Verbindung ein stabiles Erlebnis bieten. Selbst bei nicht vorhandener Internetverbindung können Nutzer nach dem ersten Laden der App offline im Produktkatalog stöbern oder sogar Artikel zum Warenkorb hinzufügen. Das ist besonders für Kunden, die in ländlichen Regionen leben oder auf Zugfahrten regelmäßig von Funklöchern heimgesucht werden, ein Vorteil.
Wie eine App, nur einfacher und platzsparend
Nutzer profitieren weiterhin davon, dass sie PWAs genau wie native Apps mit einem Symbol auf ihrem Homescreen verankern und jederzeit von dort aus starten können. Der positive Unterschied zu nativen Apps: PWAs müssen nicht über den Umweg des App Stores oder Google Play installiert werden, sondern lassen sich auch direkt aus dem Browser herunterladen. Für Kunden entfällt somit ein zusätzlicher Schritt. Zudem benötigen PWAs, die so auf der Gerätehardware installiert wurden, deutlich weniger Speicherplatz – 80 bis 90 Prozent weniger als native Apps. So müssen Nutzer seltener um die Speicherkapazität ihres Smartphones bangen.
– Vorteile für E-Commerce-Händler –
PWAs verbessern die Conversion Rate
Diese zahlreichen Vorteile für Nutzer sind in letzter Konsequenz ebenfalls Vorteile für Unternehmen. Denn eine schnelle, zuverlässige und einfache Bedienung macht nicht nur Kunden glücklich – sie sorgt auch für eine stärkere Kundenbindung und vor allem für eine Steigerung der Conversion Rate. Was viele Unternehmenszahlen bereits belegen, lässt sich technisch relativ einfach erklären: Kunden, denen sich weder lange Ladezeiten noch Funklöcher oder umständliche Installationsprozesse in den Weg stellen, werden ihre Käufe letztlich auch häufiger durchführen, anstatt sie vorzeitig abzubrechen. Onlineshops, die auf PWAs umstellen, erzielen so deutlich höhere Gewinne.
Weniger Kosten für Entwicklung und Wartung
Auf der anderen Seite können Unternehmen aber auch Kosten beim Programmieren und Warten von PWAs einsparen. Dies wird möglich, weil bei einer PWA nur eine Webseite vorhanden ist, die auf dem Desktop, mobil auf Smartphones und Tablets und als Multi-Plattform-App genutzt wird. Daher ist es nicht mehr notwendig, sowohl eine responsive Desktop-Webseite als auch eine Android- und eine iOS-App gleichzeitig zu erstellen, zu testen und bereitzustellen. Ebenfalls müssen regelmäßige Updates nicht mehr separat auf der Webseite und in der App durchgeführt werden, denn alle Daten stammen von der gleichen Quelle. Somit lassen sich sowohl für die Entwicklung als auch für die Wartung eines Shops mit PWA-Technologie bis zu 75 Prozent der Kosten im Vergleich zu einer nativen App einsparen.
– Vorteile für Entwickler –
Dank Frameworks schnell und effizient auf den Markt
Wie sich die PWA-Technologie auf die Arbeit der Entwickler auswirkt, ist in der Beschreibung der Vorteile für Kunden und Unternehmen bereits angeklungen. Da PWAs auf gängigen Webstandards wie JavaScript, CSS und HTML basieren, können sie in einigen nicht besonders anspruchsvollen Projekten relativ einfach von einem internen Team von Frontend-Entwicklern erstellt werden. Bei komplizierteren Geschäftsbereichen oder Marktplätzen wird die Erstellung einer Progressive Web-App auch für Entwickler komplexer. Wenn ein Unternehmen über viele verschiedene Systeme verfügt, die sehr eng miteinander verbunden sind, müssen alle Änderungen – einschließlich PWAs – mit besonderer Vorsicht vorgenommen werden. Gerade aufgrund veralteter Technologie-Stacks ist dies häufig eine Herausforderung für E-Commerce-Plattformen.
Eine große Hilfestellung bieten hierbei PWA-Frameworks und Ready-to-use-Lösungen. Mit Microservices und Headless-Architektur ermöglichen sie es Entwicklern, eine Website in eine Progressive Web-App zu verwandeln, ohne die E-Commerce-Engine zu beeinträchtigen. Bei der Entwicklung hilft es besonders, dass sie das Frontend vom Backend der Plattform trennen können. Außerdem müssen sie nicht lange warten, um das Ergebnis ihrer Arbeit zu sehen. Produkte, die auf PWA-Frameworks basieren, können in nur 160 Arbeitsstunden vollständig entwickelt, getestet und auf den Markt gebracht werden.
– Fazit –
PWAs lohnen sich – für alle
Ob Kunde, Unternehmen oder Entwickler – PWAs eröffnen allen drei Beteiligten neue Möglichkeiten und werfen ein verändertes Licht sowohl auf das Nutzererlebnis als auch auf die Geschäfts- und Entwicklungsprozesse. Seit das Konzept von Progressive Web-Apps im Jahr 2007 erstmals von Steve Jobs während der iPhone-Einführung präsentiert wurde, hat es sich immer weiter entwickelt und ist in den letzten Jahren zu einem potentiellen Game-Changer für die mobile Welt geworden. Die Win-win-win-Situation wird nicht folgenlos bleiben und immer mehr Unternehmen und Entwickler von der Umstellung auf die neue Technologie überzeugen. PWAs haben das Potential, den E-Commerce nachhaltig zu verändern, indem sie das Shopping-Erlebnis für Kunden verbessern, die Conversion Rate vergrößern und das Entwickeln beschleunigen.

Autor
Lukas Jeznach, Managing Director des internationalen Softwareanbieters Divante, verantwortet die Aktivitäten auf dem DACH-Markt. Als Experte im Mobile-first-Commerce und E-Commerce ist er Business Partner von Vue Storefront, Open Loyalty und Storefront Cloud. Lukas hat langjährige Erfahrung als Produkt- und Projektmanager und arbeitete an Projekten mit MediaSaturn, Samsung, MIG und Norauto (A.T.U.).