Vom Abverkauf zum Storytelling: Wie man bei Google zur Marke wird

Viele Händler erwirtschaften einen Großteil ihrer Umsätze über Plattformen wie Amazon oder eBay – und vernachlässigen dabei komplett die eigene Marke. Dabei zeigt ein einfaches Rechenbeispiel: Der Verkauf an einen Kunden, der Ihrer Marke treu ist, kann rund 100-fach günstiger sein als der Verkauf an einen Neukunden. In diesem Artikel erfahren Sie, warum das so ist und wie Sie Ihre Marke erfolgsversprechend aufbauen.
Was ist eine Marke überhaupt?
Die etwas trockene Wikipedia-Definition lautet: „[…] Marke (engl. brand, wörtlich: Brandzeichen) steht für alle Eigenschaften, in denen sich Objekte, die mit einem Markennamen in Verbindung stehen, von konkurrierenden Objekten anderer Markennamen unterscheiden.“ (Quelle: wikipedia.org)
Das bedeutet: Eine Marke entsteht dort, wo ein Kleid mehr wird als nur ein Kleid – zum Beispiel ein „Kleid von Zalando“. Glauben Sie, dass es für Ihre Marketingausgaben einen Unterschied macht, ob ein Kunde bei Google nur nach dem Produkt sucht oder nach dem Produkt im Zusammenhang mit Ihrer Marke? Dazu ein beeindruckendes Rechenbeispiel:
So viel teurer sind Neukunden im Vergleich zu Bestandskunden
Wir nutzen für unser Rechenbeispiel die Marke „Home24“. Home24 verkauft Möbel aller Art. Als typisches nichtgebrandetes Keyword bietet sich also beispielweise „Möbel online kaufen“ an. Die Google-Ads-Kosten dazu sehen folgendermaßen aus:
- Cost per Click (CPC) für „Home24“: 0,04 €
- Cost per Click für „Möbel online kaufen“: 1,47 €
Gehen wir von einer Conversion-Rate von 2 % für Neukunden und 5 % für Bestandskunden aus, ergibt sich folgende Rechnung:
- „Home24“: 0,04 € * (100/5) = 0,80 €
- „Möbel online kaufen“: 1,47 € * (100/2) = 73,50 €
Fazit: Ein Neukunde ist fast 100-mal teurer als ein Bestandskunde! Hinzu kommt, dass Bestandskunden immer wieder reaktiviert werden können – eine weitere Möglichkeit, die Marketingkosten deutlich zu senken.
Aber Vorsicht: Undurchdachte Markennamen verbrennen Geld
Das richtige Branding kann also äußerst lukrativ sein. Doch sehen wir uns an, was passiert, wenn der Markenname ungeschickt gewählt ist:
Ein zu allgemein gewählter Markenname führt zu hohen CPCs, da der Wettbewerb natürlich enorm ist:
- Keyword: „möbel 24“ → CPC: 1,38 €
- Keyword: „möbel 24 de“ → CPC: 1,94 €
Im Vergleich dazu Home24:
- Keyword: „home24“ → CPC: 0,04 €
- Keyword: „home24 de“ → CPC: 0,16 €
Doch es kommt noch schlimmer:

Da auch Home24 – und weitere Möbelhändler – auf Keywords wie „Möbel“ setzen, führt selbst die direkte Suche nach dem Markennamen „Möbel24“ zu Suchergebnissen konkurrierender Unternehmen! Sie bezahlen also horrende Klickpreise für Ihre Ads – und senden gleichzeitig Ihre potenziellen Kunden auf die Website der Konkurrenz. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Marke posterXXL:

Und jetzt wird es richtig dramatisch: Wissen Sie, was ein TV-Werbespot kostet? Laut dem FOCUS 2.085 € pro Sekunde (Quelle: 2015, focus.de: Tagesschau, 20-sekündiger Spot, 41.700 €). Stellen Sie sich vor, Sie investieren solche vier- oder fünfstelligen Summen – und aufgrund Ihres generischen Markennamens profitiert Ihre direkte Konkurrenz davon. Wie machen Sie es also besser?
Mit dem richtigen Markennamen eine Geschichte erzählen
Eine Marke ist mehr als nur ein Produkt. Eine Marke erzählt eine Geschichte für eine bestimmte Zielgruppe, aus der gerade aufgrund dieser Geschichte (und natürlich der Qualität der Produkte) treue, begeisterte Kunden hervorgehen. Eine solche Marke hat Noblego aufgebaut: Der Zigarrenhändler setzt statt auf generische Markennamen wie „Zigarre24“ auf eine Wortschöpfung aus „nobel“ und „Ego“ und präsentiert mit „Noblego“ die Zigarre für das noble Ego:
Die Tabakindustrie steht außerdem vor der Herausforderung, dass Tabakprodukte von Google Ads ausgeschlossen sind. Die Marken sind also auf organischen Traffic angewiesen. Umso wichtiger ist es, einen Markennamen zu kreieren, der sich von der Konkurrenz abhebt und dessen Suchergebnisse sich verteidigen lassen. Die Marke „Noblego“ belegt bei einer Google-Suche – allein! – die gesamte erste Seite der SERPs:

Den Kunden besser verstehen und an der richtigen Stelle abholen
Doch das Storytelling einer Marke geht noch weiter. Es begleitet den Kunden vom ersten Aufmerksamwerden bis hin zur langjährigen Kundenbindung. Mit sinnvoll ausgewähltem Content können wir den Kunden in jeder Phase seiner Customer Journey abholen.
Die Phasen der Customer Journey
- Attention: Kunde wird auf die Marke aufmerksam
- Interest: Kunde zeigt Interesse am Angebot
- Desire: Kunde verspürt Verlangen nach dem Produkt
- Action: Kunde entscheidet sich zum Kauf
- Satisfaction: Kunde ist mit dem Produkt zufrieden
- Conviction: Kunde ist vom Wert der Marke nachhaltig überzeugt
In den Phasen „Attention“, „Interest“, „Desire“ und „Action“ verschiebt sich das Marketingziel zunehmend von „Bedarf wecken“ hin zu „Bedarf decken“. Gute Anhaltspunkte zum Bedarf des Kunden in den verschiedenen Phasen liefert answerthepublic.com:

Am Beispiel Noblego bieten sich folgende Content-Arten und -Themen an, um den Kunden in jeder Phase der Customer Journey abzuholen:
Magazine Content (Phasen „Attention“ und „Interest“)
Hauptziel: Branding. Der Kunde soll auf die Marke aufmerksam werden und Interesse dafür entwickeln. Mögliche Themen/Keywords:
- beste Zigarre für Anfänger
- teuerste Zigarre der Welt
- Geschenk zum Vatertag
Category Content (Phasen „Interest“, „Desire“ und „Action“)
Hauptziel: Performance. Der interessierte Kunde soll zum Kauf angeregt werden. Mögliche Themen/Keywords:
- Montecristo Zigarre
- Cohiba Zigarre
- kubanische Zigarre
Product Content (Phasen „Desire“ und „Action“)
Hauptziel: Performance. Der interessierte Kunde ist bereits dabei, eine Kaufentscheidung zu treffen. Diese wird ihm durch konkrete Produktangebote erleichtert.
Mögliche Themen/Keywords:
- Churchill Zigarre
- Robusto Zigarre
- Romeo y Julieta Mille Fleurs
Service Content (Phasen „Satisfaction“ und „Conviction“)
Hauptziel: Retention. Der zufriedene Kunde soll durch immer weiteren hochwertigen Content und entsprechende Angebote dauerhaft gebunden werden. Auch der Verkauf von passendem Zubehör fällt in diesen Bereich. Mögliche Themen/Keywords:
- Wie raucht man eine Zigarre?
- Wie schneidet man eine Zigarre an?
- Wie lange brennt eine Zigarre?
Fazit: Der Weg vom Abverkauf zum Storytelling
Indem Sie auf eine starke eigene Marke setzen, werden Sie als Händler unabhängiger von Plattformen wie Amazon etc. Es ist rund 100-mal günstiger, mit einem starken Markennamen über Google gefunden zu werden, als für generische Keywords (z. B. „Möbel kaufen“) zu ranken. Entscheidend ist dabei der richtige Markenname, denn zu allgemein gehaltene Markennamen führen zu hohen Klickpreisen. Außerdem lassen sich die Suchergebnisse generischer Markennamen schlecht verteidigen – potenzielle Kunden werden auf die Konkurrenz aufmerksam. Eine starke Marke begleitet mithilfe von Storytelling den Kunden vom ersten Augenblick der Aufmerksamkeit bis hin zur langfristigen Kundenbindung. Dabei spricht sinnvoll ausgewählter Content den Kunden in jeder Phase der Customer Journey an – von „Attention“ bis „Conviction“. So trägt eine starke Marke zu langfristiger Kundenbindung bei günstigsten Klickpreisen bei.

Autor
Matthäus Michalik ist Gründer und Geschäftsführer von Claneo, einer Berliner Performance-Marketing-Agentur mit den Schwerpunkten auf Search, Content und Commerce. Mit seiner Expertise berät er Start-ups, KMUs und Konzerne in den Bereichen Content Marketing, Suchmaschinenoptimierung (SEO), Suchmaschinenwerbung (SEA), App Store Optimierung (ASO) und Marktplatzoptimierung (MPO). Als Berater hat er unter anderem folgende Unternehmen bei ihrer digitalen Strategie unterstützt: 1&1, Schwarzkopf, Mercedes Benz, Merck, QIAGEN, Media-Saturn uvm. Matthäus Michalik spricht als Referent auf nationalen und internationalen Konferenzen, u.a. CeBit, Net&Work, OMCap, Real.de e-Commerce Day und DroidCon. Zuvor war Matthäus Michalik über 6 Jahre Senior Consultant bei Performics, einer weltweit führenden Performance Marketing Agentur der Publicis Media, im Online Marketing bei Hitmeister (heute real.digital) und SoQuero (heute BlueSummit) tätig.
Kontaktdaten:
- E-Mail: matthaeus.michalik@claneo.de
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