Turbo im Projektmanagement – Agile Transformation sorgt für nachhaltiges Wachstum

Unternehmen sind der Dynamik im Markt oft nicht gewachsen. Die vermeintliche Lösung heißt agiles Management, weil es verspricht, flink und wendig zu machen. Doch bei der Einführung agiler Methoden im Projektmanagement gilt es einiges zu beachten. In kleineren Unternehmen lässt sich durch die Beschränkung des Work in Process (WIP) der Durchsatz steigern und schnell gute Ergebnisse erzielen. Arbeitet ein Unternehmen an mehreren Standorten oder entwickelt plattformbasiert, kann ‚agil’ in seiner ursprünglichen Form keine Wirkung entfalten. Die Skalierung stellt eine bekannte Hürde dar.
Industrie 4.0, Globalisierungsdruck, Innovationen… gerade mittelständische Unternehmen, die im Tagesgeschäft gefordert sind und alles geben, tun sich oft schwer damit, sich strategisch auf die neuen Anforderungen auszurichten: Die Konkurrenz wächst, der Wettbewerb wird härter, alles soll immer schneller und billiger werden.
Um auf diesen Märkten überleben oder gar wachsen zu können, müssen Unternehmen dem Wettbewerb vorauseilen, Innovationen und neue Produkte immer schneller verkaufsreif sein. Um diesen komplexen Themen gerecht zu werden, müssen Unternehmen die erfolgreiche Synergie von klassischem vernetzten Projektmanagement und agilen Arbeitsmodellen nutzen.
Wie aber gestaltet man eine hochskalierbare agile Umgebung so, dass auch klassische Organisationen von agilen Methoden profitieren können?
Braucht es überhaupt neue Methoden?
Viele Unternehmen stehen vor der Frage: Brauchen wir neue Methoden und/oder neue Mitarbeiter, die mit den alten und/oder neuen Methoden bessere Ergebnisse erzielen? Dabei ist agil oder klassisch eigentlich egal – wenn es nur richtig gemacht wird. Die gelebte Unsicherheit in Unternehmen verbunden mit den Fragen "Was ist denn nun letztendlich wirklich besser? Was sollen wir tun? Gibt es ein Allheilmittel?" bedingt eher ein ständiges Hin-und-Her anstatt eines Voll-und-Ganz. Dieser Wechsel der Methoden, die mangelnd konsequent umgesetzt werden, hilft weder den Menschen noch den Projekten oder Prozessen.
Nehmen wir als Beispiel die Anpassungen an die Industrie 4.0, die in Unternehmen parallel zu bereits bestehenden Projekten erfolgt und sich damit mitten ins Multiprojekt-Geschäft einreiht. Wichtig: Erst wenn der Wandel selbst als vollwertiges und zukunftsträchtiges Projekt angesehen und aufgenommen wird, können Unternehmen den Weg hin zu Industrie 4.0 auch ganzheitlich gehen. Damit die notwendigen Anpassungsprozesse nicht ins Stocken geraten, ist eine durchdachte Vorgehensweise erforderlich: Eine einfache, engpassorientierte Steuerung, eindeutige und robuste Prioritäten, Unternehmens- statt Bereichs-Optimierung sowie ein Fokus auf Geschwindigkeit sorgen dafür, dass Projekte tatsächlich fließen.
Agile Methoden im Projektmanagement
Projekte zielorientiert und termingerecht mit Erfolg abschließen – in vielen Unternehmen Anspruch und Wunschdenken zugleich. In der Realität gerät bei aufwändigen Projekten oft nicht nur das Ziel außer Blickweite, mindestens genauso dramatisch ist der Zeitverzug: Der Kunde kann nicht zum besprochenen Termin beliefert werden. Sowohl Verdruss beim hingehaltenen Kunden als auch dem bearbeitenden Team ist die Folge.
Passiert dies öfter, können Kunden im schlimmsten Fall abwandern. Mitarbeiter werden zunehmend desillusionierter, da sie unter Dauerstress stehen und dennoch kein passendes Ergebnis erreichen können. Ein Teufelskreis…
Im Projektmanagement setzen sich in den letzten Jahren agile Methoden immer mehr durch. Die bekanntesten bilden derzeit wohl Scrum und Kanban. Sie stellen bereits einen großen Fortschritt dar und konzentrieren sich darauf, den Work-In-Progress, also die Aufgaben, die aktuell in Bearbeitung sind, deutlich zu begrenzen. Das ermöglicht Agilität und verkürzt die Durchlaufzeit.
Jedoch weisen auch sie grundlegende Schwächen für die praktische Anwendung auf: Verbindliche Zusagen für einen definierten Leistungsumfang zu einem fixen Zeitpunkt können Teams, welche nach Scrum oder Kanban arbeiten, nicht treffen.
Nach wie vor dreht sich in Projekten alles darum, schnellstmöglich Ergebnisse liefern zu können. Wer näher am Optimum arbeitet, hat einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten. Im Vordergrund aller Überlegungen im agilen Projektmanagement sollte der optimale Fluss den angestrebten Zustand darstellen, welchen auch die Mitarbeiter als erstrebenswert ansehen.
Um ebendiesen Flow zu erreichen, sind viele Aspekte zu berücksichtigen: Die richtigen Projekte, die richtigen Aufgaben, sehr gute Führungskräfte und ebenso gute, leistungsbereite Mitarbeiter. Die agilen Methoden setzen hierbei massiv auf die Selbstorganisation der Teams – doch wer garantiert, dass diese das Optimum schnell und sicher erreichen? Die Arbeitsorganisation bildet als Basis und Ermöglicher das passende Gerüst. An diesem Punkt kann mit wenigen Handgriffen schnelle Wirkung erzielt werden.
Optimum als Ziel erkennbar machen
Von der Führungskraft initiiert, reduziert ein Team im ersten Schritt den Bestand an offenen Tasks auf das absolute Minimum, um damit optimalen Fluss zu erreichen. Daraufhin entsteht schnell die Situation, dass ein Teammitglied aufgrund eines Hindernisses nicht weiter an der begonnenen Task arbeiten kann. Das ist kein Fehler – sondern die Chance zur Optimierung. Die Hindernisse können vielfältig sein: unter anderem fehlende oder unvollständige Spezifikation und Dokumentation, fehlende Freigaben oder die Nichtverfügbarkeit von Ressourcen.
Traten in der Vergangenheit diese Hindernisse auf, wurden sie nur selten ausgeräumt. Stattdessen wurde eine neue Task begonnen. Genau diese Vorgehensweise untersagt Ultimate Scrum als Weiterentwicklung der Scrum-Methode. Die Anzahl der offenen Tasks darf nie höher liegen als die Anzahl der Mitarbeiter im Team. Der Mitarbeiter und das Team setzen ihre freie Kapazität nun ein, um das erkannte Hindernis zu beseitigen.
Die Idee dahinter stärkt die Selbstorganisation innerhalb des Teams ungemein und in ungeahnter Weise. Jeder Einzelne im Team übernimmt innerhalb kürzester Zeit die Verantwortung für die Optimierung der Arbeitsorganisation. Teammitglieder lernen so, Hindernisse ohne externen Anstoß und ohne Verzögerung selbst aufzulösen. Mit der nachhaltigen Lösung jedes Hindernisses verringert sich zugleich der Aufwand für die Erstellung zukünftiger Tasks – Arbeitsabläufe nähern sich innerhalb weniger Wochen dem Optimum.
Erst wenn dem Team klar ist, wo das Optimum liegt, kann es sich selbstorganisiert dort hinentwickeln. Die Suche nach dem Leistungsoptimum ist dabei nicht nur für das Top-Management von hoher Bedeutung. Oder kann es für ein Team etwas Motivierenderes geben, als die eigene Überzeugung, dass man gute Arbeit leistet und so dem Kunden und dem Unternehmen den größtmöglichen Nutzen beschert?
Agilität und Zuverlässigkeit vereinen
Optimaler Fluss und Agilität sind ein primäres Ziel, damit Projekte besser und schneller abgewickelt werden können. Um die Zufriedenheit seiner Kunden zu erlangen und in letzter Konsequenz mit den Projekten auch Geld zu verdienen, ist es ebenso notwendig, rechtzeitig und termingerecht zu liefern.
Um diese Zielsetzungen zu realisieren, ist der nächste Schritt die Kombination aus Ultimate Scrum mit dem Puffermanagement von Critical Chain. Das daraus hervorgehende Reliable Scrum vereint optimalen Fluss, Agilität und Zuverlässigkeit. Damit Projekte nicht nur im „Flow“ sind, sondern auch zuverlässig und terminorientiert geliefert werden.
Die wichtigsten Begriffe im Überblick:
Critical Chain
ergänzt ein bestehendes Projektmanagement-System um zwei einfache, aber hoch effektive Steuerungen. Die erste verhindert Überlastungen und ermittelt realistische Termine, die eingehalten werden können. Die zweite steuert die Ressourcen so, dass die Termine auch eingehalten werden.
Theory of Constraints
legt den Fokus konsequent auf zwei Schritte:
- 1. Den Unternehmensengpass lokalisieren und optimal für den gesamten Betrieb nutzen.
- 2. Dieser Entscheidung alles andere unterordnen. Sehr oft stehen hierbei bestehende Kennzahlen, Regeln sowie Management-Paradigmen im Wege.
Reliable Scrum:
Die agilen Methoden Scrum/Kanban werden mit dem Puffermanagement von Critical Chain kombiniert. Ergebnis sind agile UND zuverlässige Projekte.
Ultimate Scrum:
Die agilen Methoden Scrum/Kanban werden mit dem minimalen Work-in-Progress aus der Theory of Constraints kombiniert. Projekte werden extrem schnell.
Das Entwicklungspotential ist enorm…
Agilität wird oft als ‚nur’ der Einsatz von Methoden im Projektmanagement verstanden. Dabei bedeutet Agilität mehr – nämlich eine agile Grundhaltung zu implementieren. Ebendiese bietet Unternehmen eine signifikante Entwicklungsmöglichkeit und einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil, u. a. durch die Gestaltung eines Arbeitsumfeldes, das Mitarbeiter langfristig bindet, weil diese sich frei entwickeln können.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Unternehmen es schaffen, auf klassische Art und Weise den Transformationsprozess zu gestalten, um den Veränderungsprozess selbstorganisierend und gleichzeitig sicher ablaufen zu lassen. Dazu ist es notwendig, den Kulturwandel Schritt für Schritt so zu planen, zu kommunizieren und umzusetzen, dass das Risiko deutlich minimiert wird und die Ergebnisse gesichert sind. Es gilt, die komplexe Transformation am offenen Herzen zu schaffen und dabei die operative Lieferfähigkeit sicherzustellen.
… wenn alle an Bord sind!
Schnell greifbare Ergebnisse (= kurzfristige Motivation) und eine dauerhafte Implementierung (= langfristiges Engagement), das sind die Erfolgsbausteine für eine nachhaltige Veränderung. Doch das gelingt nur, wenn wirklich alle an Bord sind. Dann entsteht eine Veränderungsdynamik, mit der Unternehmen ihre Performance und Effizienz außergewöhnlich steigern können. Ein Spezialist für Mess- und Automatisierungstechnik in der verfahrenstechnischen Industrie hatte beispielsweise das Ziel, Terminhaltigkeit und Agilität innerhalb der aufwändigen Projekte zu vereinen.
Die übergeordnete Frage lautete: Wie können wir unsere Performance so verbessern, dass wir ein Optimum für das gesamte Projektportfolio erreichen?
Schließlich gelang es innerhalb von 18 Monaten den Terminverzug von 50 % auf 25 % zu senken, was einer um 50 % höheren Terminzuverlässigkeit gleichkommt. Der Durchsatz stieg um das Dreifache – bei gleichbleibendem Ressourceneinsatz. „Das ist erfolgreicher als alles, was wir uns je von diesem Changeprozess erwünscht haben. Eine Riesenüberraschung“, so das Resümee. Wie bei vielen anderen Projekten, die wir in den letzten Jahren begleitet haben, zeigte sich auch hier: Nicht immer ist neu gleich besser. Bei Changeprozessen muss deshalb nicht alles Alte weggefegt und zwanghaft Neues eingeführt werden.
„Wir haben manch Bewährtes belassen sowie Neues ergänzt und damit eine passende Klaviatur individuell mit unseren Kunden zusammengestellt. Die Arbeit an den Rahmenbedingungen hat unsere Mitarbeiter und damit uns zu mehr Erfolg verholfen. Die neu gewonnene Transparenz hilft allen, daran teilzuhaben und auf dem weiteren Weg mitzuhelfen.“
Die Kombination machts
Kombinieren Unternehmen Methoden aus den drei Bereichen Lean, Advanced Agile und CCPM zu einem kompletten und einheitlichen Produktions- und Projektmanagement-Framework, erreichen sie eine Flexibilisierung sowie eine deutliche Durchsatzsteigerung.
So geschehen bei einem Unternehmen aus der Medizintechnik, das noch dazu die Effizienz und Termintreue deutlich steigern konnte. Eingesetzte Taskboards stellten sicher, dass Transparenz und Kapazität täglich visualisiert und so Prioritäten deutlich sichtbar gemacht werden konnten. Die neue Projektorganisation ermöglichte in erster Linie ein Plus an Ruhe und Konzentration für alle Mitarbeiter, was letztendlich in steigender Zuverlässigkeit der Projekte mündete.
Eine deutliche Entlastung der Mitarbeiter stellte auch ein namhafter Hersteller von Spezialelementen in Luft- und Raumfahrt, Automobil-, Bauindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau fest: „Es ist viel stressfreier und effektiver, wenn man eine Aufgabe nach der anderen erledigen kann“, so die einhellige Meinung. Die Reduzierung des Work in Progress brachte die erwartete Durchflusserhöhung mit sich, vor allem aber ist „auch nach mehreren Monaten die neu gewonnene Transparenz noch für alle Beteiligten greifbar.“
Vergleich Projektmanagement und Agile Methoden
Besonders deutlich wird das Ganze beispielsweise an dem Faktor Multitasking, wie zuletzt in der Studie „Multitasking im Projektmanagement – Status Quo und Potentiale“ beleuchtet.
Diese zeigt deutlich auf: Unternehmen verlieren 20 % Leistungsfähigkeit durch Multitasking. Die Befragung von mehr als 500 Teilnehmern ergab, dass Unternehmen ohne Multitasking viel mehr mit den gleichen Ressourcen leisten und sehr viel schneller sein können. Die Einsparpotentiale werden übrigens dort als besonders hoch eingestuft, wo die Indikatoren für Multitasking besonders ausgeprägt waren.
Um diese Potentiale zu heben, ist laut Studie ein hoher Reifegrad im Projektmanagement und bei den agilen Methoden gleichermaßen notwendig. Eine nur lokale oder teilweise Einführung von Projektmanagement oder agilen Methoden ist weitgehend wirkungslos. Die besten Ergebnisse werden mit einem Hybrid aus Critical Chain Projektmanagement und agilen Methoden erreicht.
Wenn man den Multitasking Score mit dem Reifegrad des Projektmanagements kombiniert, erhält man einen Hinweis.

Unternehmen, die kein Projektmanagement betreiben, weisen klar starkes Multitasking auf (mittlerer Score von fast 8 Punkten)! Leider hilft allein die Ausbildung der Projektmanager gar nichts. Erst wenn Prozesse implementiert sind, zeigt sich eine leichte Verbesserung. Sobald Portfoliosteuerung (z. B. Freigabeprozesse) und Ressourcenmanagement, hinzukommen, wird es deutlich besser. Von sehr gut kann aber auch hier noch keine Rede sein. Ganz klar lässt sich festhalten: Projektmanagement ist zwar eine Verbesserung, aber noch verbesserungsfähig.
Wie sieht es nun mit den Agilen Methoden aus? Ohne Agile Methoden muss das Multitasking natürlich genau so ausgeprägt sein wie ohne Projektmanagement.

Das Ergebnis liegt auch hier knapp unter acht Punkten. Danach wird das Bild etwas verschwommen – offensichtlich sind agile Methoden aber in keiner Weise besser geeignet, das Multitasking in den Griff zu bekommen. Eine Erklärung wäre, dass Portfoliomanagement in den Agilen Methoden nicht explizit vorgesehen ist und damit die Anzahl der Projekte nicht begrenzt wird. Erst wenn man das ganze Unternehmen auf Agil umstellt, wird auch dieses Thema adressiert. Hier kommt die Studie aber an ihre Grenzen – nur drei von 500 Unternehmen geben an, dass sie den Schritt „vollständige Umstellung auf Agil“ vollzogen haben.
Kostenloser Schnelltest zeigt Multitasking-Score
Für alle, die sich mit den Teilnehmern der Studie vergleichen wollen, gibt es einen Schnelltest. Neun Fragen aus dem alltäglichen Arbeitsleben werden anonym und möglichst spontan beantwortet, die Antworten mit Punkten von 0 „paradiesischer Zustand“ bis 10 „hier ist negatives Multitasking maximal vorhanden“ versehen und bilden den Negativen Multitasking-Score. Dieser gibt Auskunft, wie stark das Multitasking im Unternehmen ausgeprägt ist und wie viel Potential dadurch verschenkt wird.
http://vistem.eu/studie-negatives-multitasking/
Autor

Uwe Techt ist Geschäftsführer der VISTEM GmbH & Co. KG und gilt als Vorreiter im deutschsprachigen Raum für die Nutzung der Theory of Constraints (TOC) und des Critical Chain Projektmanagements. Als strategischer Denker für grundlegende Verbesserungen und Durchbruchsinnovationen ist der Topmanagement Coach auch gefragt als Speaker und Autor. Zuletzt von ihm erschienen ist das Fachbuch „PROJECTS that FLOW“.
Autor

Wolfram Müller ist Director of Customer Success (Sales) bei der VISTEM GmbH & Co. KG und verantwortlich für die Integration agiler Projektmanagement-Methoden unter Nutzung von Critical Chain auf der systemischen und auf der Softwareseite. Bereits seit 1987 brennt Wolfram Müller für „schnelle Projekte“ und vermittelt inzwischen als gefragter Coach, Berater, Referent und Buchautor die neuesten Methoden des Critical Chain- und "High-Speed“-Projektmanagements.