Magento Business Intelligence als zentrales Reporting- und Analysewerkzeug im E-Commerce

Warum sind bestimmte Onlineshops, rein auf die wirtschaftliche Komponente bezogen, erfolgreich, wohingegen sich andere Unternehmen im E-Commerce schwertun und der erhoffte Erfolg ausbleibt?
Diese komplexe Frage lässt sich definitiv nicht mit einem einfachen Statement beantworten, da es schlicht zu viele Faktoren gibt, die über Erfolg oder Misserfolg eines Onlineshops entscheiden. Jedoch existiert meiner Meinung nach eine Komponente, die ganz maßgeblich zum Erfolg im E-Commerce beiträgt und aus diesem Grund bei den erfolgreichen E-Commerce Unternehmen einen sehr hohen Stellenwert einnimmt.
Es handelt sich hierbei um die Erfassung und Auswertung von Daten, ganz gleich, ob es sich um Web-Analyse Daten handelt, die direkt im Onlineshop gewonnen werden, oder um Performance-Ergebnisse aus Marketingkampagnen, die an anderen Stellen gewonnen werden. Daten sind die erfolgskritische Komponente im E-Commerce, denn nur wenn die gesamten E-Commerce Aktivitäten in Zahlen gemessen werden, können Probleme identifiziert, Lösungen erarbeitet und der Erfolg oder Misserfolg der Anpassung ausgewertet werden. Für den Erfolg im E-Commerce ist es essenziell, so viele Daten wie möglich zu erfassen und diese in einen logischen Kontext zu bringen.
Daten müssen gesamtheitlich betrachtet werden
Der springende Punkt ist hierbei die gesamtheitliche Betrachtung, die meiner Meinung nach viel zu oft vernachlässigt wird. Unternehmen verfügen zwar über Daten, die aus der Web Analyse gewonnen werden sowie über Daten aus weiteren Lösungen wie Google AdWords, Facebook oder Helpdesk-Lösungen. Die gesamtheitliche Betrachtung fehlt jedoch viel zu häufig. In der Praxis führt dies bei Auswertungen anschließend zu merkwürdigen und fehlerhaften Entscheidungen. So kann eine Google AdWords Kampagne, rein isoliert betrachtet, als erfolgreich eingestuft werden, da die CTR, Impressionen und Klickkosten, verglichen mit anderen Kampagnen, sehr gut sind. Die Kampagne hat also mit einem optimalen Budget viel Traffic geliefert. Doch was passiert anschließend im Onlineshop bzw. auf der E-Commerce Plattform?
Wie ist die Conversion-Rate des zugeführten Traffics und was passiert mit den Bestellungen, die diese Nutzer aufgeben. Werden überdurchschnittlich viele Bestellungen nachträglich storniert? Gibt es einen Sprunghaften Anstieg an Helpdesk Tickets, da gegebenenfalls der „falsche“ Traffic generiert wurde? Für die gesamtheitliche Betrachtung sind diese Informationen essenziell, da eine reine Betrachtung von AdWords, Analytics, des ERP-Systems oder der Helpdesk-Lösung nur einen sehr isolierten und dadurch verfälschten Blick ermöglicht.
Magento Business Intelligence (kurz Magento BI) möchte genau dieses Problem lösen und E-Commerce Unternehmen einen umfassenden Blick ermöglichen sowie erfasste Daten und Informationen in einen logischen Kontext rücken, mit dem Ziel, isolierte Betrachtungen von Kennzahlen zu vermeiden und immer das „große Ganze“ zu analysieren.
Was genau ist Magento Business Intelligence?
Bei Magento Business Intelligence handelt es sich um ein recht junges Produkt innerhalb der Magento Produktfamilie, auch wenn Magento BI selbst eine gewisse Historie besitzt. Denn Magento hat die Software nicht komplett selbst entwickelt, sondern das Unternehmen RJMetrics, welches diese Lösung entwickelt hat, komplett übernommen und eingegliedert. Dadurch handelt es sich bei Magento BI um ein bereits etabliertes und erprobtes System, welches ausschließlich im Magento Kosmos als neu bezeichnet werden kann.
Die Zielsetzung und der große Vorteil von Magento BI bestehen primär darin, verschiedene Datenquellen anzubinden und die durch die Datenquellen bereitgestellten Informationen an einer zentralen Stelle, nämlich innerhalb der Magento BI Applikation, zu verwalten. Auf Basis dieser Informationen können Berichte und Metriken erstellt werden, die anschließend für die Auswertung erfolgskritischer Kennzahlen dienen.
Magento BI hat in erster Linie den Fokus auf der Einfachheit und einer durchdachten und guten Usability. Es handelt sich nicht um ein „klassisches“ Business Intelligence Tool, welches mit einer gar unendlichen Liste an Features und somit verbundenen Komplexität auffährt. Magento BI konzentriert sich bewusst auf die nützlichsten, hilfreichsten und populärsten Funktionen und ermöglicht die Nutzung ohne intensive Schulungen und Trainings.
Magento BI soll ein Werkzeug für alle Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens darstellen und richtet sich bewusst nicht ausschließlich an Datenanalysten und Experten. Diese Einfachheit zeichnet sich sowohl bei der Anbindung externer Systeme wie Google Analytics oder Facebook ab, jedoch auch bei der Erstellung von Reports und Metriken. Doch genug der grauen Theorie, die folgende Seite möchte ich an dieser Stelle nutzen um einen Einblick und Überblick über Magento BI zu geben, so dass ein Gefühl für die Stärke, Schwächen und den Fokus dieser Lösung entsteht.
Aufbau und Struktur von Magento BI
Die Anwendung Magento BI unterteilt sich insgesamt in drei Bereiche, die alle im System vorhandenen Funktionen abbilden. Beim Dashboard, es handelt sich um den Bereich in dem man nach jedem Login landet, werden alle Berichte und Charts dargestellt.
Neben dem Bereich „Dashboards“ existiert darüber hinaus der Bereich „Report Builder“. Dieser ermöglicht die grafische und nicht grafische Anlage von Berichten. Mit nicht grafischen Berichten ist an dieser Stelle die Möglichkeit gemeint, direkt per SQL Statements Berichte zu entwickeln. Zugegebenermaßen ist das ein Feature, welches sich speziell an Profis richtet. Alternativ hierzu steht ein grafischer Report-Builder zur Verfügung.
Als dritter und letzter Bereich existiert der „Manage Data“ Bereich. In diesem werden jedoch nicht nur Daten als solche verwaltet, sondern Einstellungen in Magento BI vorgenommen. So kann man beispielsweise Datenquellen verwalten und E-Mail Reports generieren sowie weitere Einstellungen vornehmen. Aufgrund dieser Struktur und der insgesamt drei Bereiche ergibt sich eine äußerst einfach zu nutzende Applikation mit einem sehr gut strukturierten User Interface.
Anbindung und Verwaltung von Datenquellen
Da Magento BI selbst keine Daten erfasst – es handelt sich also nicht um eine Lösung wie Google Analytics oder econda die wiederum über eine Tracking-Komponente verfügen – müssen zwangsläufig Datenquellen an Magento BI angebunden werden. Diese Datenquellen lassen sich im Bereich „Manage Data“ verwalten und konfigurieren, wie in der folgenden Abbildung zu erkennen ist.
Von Haus aus existieren verschiedenste Möglichkeiten, um Datenquellen anzubinden. Magento BI ist grundsätzlich in der Lage, direkt Datenbanken anzubinden und somit eine Datenübertragung herzustellen. Unterstützt werden aktuell folgende Datenbanktechnologien:
- Microsoft SQL Server
- PostgreSQL
- MySQL
- MongoDB
Auch die Anbindung von Magento erfolgt standardmäßig direkt per MySQL Anbindung, d. h. Magento BI verwendet aus Gründen der Performance nicht die in Magento vorhandenen APIs sondern zieht die Daten direkt aus der Datenbank. Neben der Anbindung per Datenbank verfügt Magento BI zudem über bereits existente Anbindungen zu den folgenden Services, die praktisch per Knopfdruck angebunden werden können:
- Shopify
- Amazon Redshift
- Salesforce Desk
- Facebook Ads
- Google AdWords
- Google Analytics Warehoused
- Google Analytics Live
- Google E-Commerce
- Mixpanel
- Netsuite
- Salesforce Pardot
- Quickbooks
- Salesforce
- Segment
- Square
- Stripe
- Trello
- Zendesk
- Zuora
Last but not least können zudem Daten direkt per API in Magento BI eingespielt werden. Auch ein klassischer Upload einer CSV Datei steht zur Verfügung. Egal auf welche Art eine Datenquelle angebunden wird, als Ergebnis landen die Informationen immer im zentralen Data Warehouse. Ab diesem Zeitpunkt kann ohne Einschränkung mit jeder Information gearbeitet werden, ganz gleich aus welcher Datenquelle diese bereitgestellt wird. Welche Informationen aus der bereitgestellten Quelle übertragen werden, lässt sich übrigens recht granular definieren. Nur weil Magento BI Zugriff auf eine Datenbank hat, werden nicht zwangsläufig alle Daten verwendet und übertragen. Das ist speziell unter Berücksichtigung der rechtlichen Themen bzw. des Datenschutzes eine äußerst wichtige Funktion und Eigenschaft von Magento BI.

Metriken und Filter
Sind erst einmal Datenquellen angebunden, lassen sich im nächsten Schritt Metriken und Filter erstellen. Eine Metrik definiert sozusagen den Wert, mit dem innerhalb eines Reports gearbeitet werden kann. Hierbei kann es sich beispielsweise um die Anzahl an Bestellungen, die Höhe des durchschnittlichen Warenkorbs oder auch die Gesamtsumme der stornierten Beträge handeln. Jeder Wert, der im Data Warehouse zur Verfügung steht, kann für die Erstellung einer Metrik verwendet werden.

In Magento BI lassen sich Metriken recht einfach und unkompliziert verwalten, was auch in der folgenden Abbildung zu sehen ist. Zunächst muss eine Aktion ausgewählt werden, wobei hier z. B. Count, Average, Maximum Value, Minimum Value etc. bereitstehen. Ist die Aktion definiert, muss sie auf einen Wert bzw. eine Tabelle bezogen werden. An dieser Stelle stehen die angebundenen Datenquellen zur Verfügung, die im ersten Schritt konfiguriert wurden. Zusätzlich lässt sich die Ergebnismenge einschränken. Bei der Gesamtstumme vorhandener Bestellungen könnten z. B. nicht bezahlte oder stornierte Bestellungen herausgerechnet werden.
Die Filterung der Ergebnismenge kann dabei entweder auf Basis einer Metrik basieren, d. h. jede Metrik kann individuelle Filter enthalten. Wenn jedoch allgemeine Filteroptionen existieren, so können diese unter Filter-Sets definiert werden. Filter-Sets ergeben immer dann Sinn, wenn in jeder Metrik derselbe Filter angewendet werden soll. Beispielsweise, wenn stornierte Bestellungen nie in eine Statistik hineingerechnet werden sollen. Bevor diese Filter von Hand bei jeder Metrik definiert werden, empfiehlt sich die Nutzung von Filter-Sets.
Reports
Basierend auf in Magento BI vorhandenen Metriken lassen sich die Reports und somit eigentlichen Auswertungen erstellen. Die Erstellung von Reports befindet sich im Bereich Report Builder, wie der Name bereits impliziert. Ein Report kann entweder visuell oder auf Basis von SQL Statements erstellt werden, auch eine Kohortenanalyse ist möglich. Die einfachste Art der Berichtserstellung ist sicherlich der Visual Report Builder, bei dem die gesamte Erstellung grafisch erfolgt und der Nutzer durch die Erstellung geführt wird.
Für die Erstellung eines Reports wird mindestens eine Metrik benötigt, wobei es problemlos möglich ist, mehrere Metriken pro Report zu verwenden. Auch Formeln lassen sich erstellen, wodurch auf Basis einer Metrik ein fiktiver Wert errechnet und visualisiert werden kann. Ist die Stornoquote beispielsweise immer 10 %, kann auf Basis des Wertes „Bestellungen“ mit einer Formel die Anzahl der Stornierungen errechnet werden. Zugegebenermaßen ist das nur ein theoretisches Beispiel, welches in der Praxis nicht verwendet werden sollte, aber grundsätzlich lassen sich mit Formeln alle möglichen Berechnungen für Werte abbilden, die nicht in dem Data Warehouse vorliegen.
Neben den verwendeten Metriken kann die Visualisierung pro Report definiert werden, sprich ob es sich um ein Tortendiagramm, Balkendiagramm bzw. eine sonstige Visualisierung handelt. Auch die Deaktivierung der Visualisierung ist möglich, wodurch Magento BI ausschließlich eine Datentabelle liefert.
Sobald ein Report aufgebaut und erstellt ist, lässt sich dieser innerhalb des Dashboards verwenden. Magento BI trennt hierbei strikt zwischen dem Bereich, in dem Reports erstellt werden können und dem Bereich, in dem die visualisierten Reports dargestellt werden. Die Darstellung der Reports erfolgt ausschließlich innerhalb des Dashboards.

Dashboards
Bei den Dashboards handelt es sich um das zentrale Auswertungswerkzeug innerhalb von Magento BI. Nachdem Berichte mit Hilfe des Report-Builders erstellt wurden, lassen sich diese Berichte auf Dashboards anlegen. Die Anzahl der Dashboards ist nicht limitiert und Magento BI erlaubt zudem die Zuweisung von Dashboards. Somit sieht nicht jeder Nutzer alle Dashboards, sondern letztendlich nur die für ihn erlaubten. Berechtigungen lassen sich recht granular einstellen und verwalten, wodurch jeder Nutzer nur die Berichte und Kennzahlen sieht, die für ihn relevant sind. Im nächsten Schritt werden die vorhandenen Reports im Dashboard angeordnet, woraus sich eine Ansicht mit allen wichtigen Berichten und Kennzahlen ergibt.
Ob ein Dashboard pro Nutzer oder für eine Fachabteilung erstellt wird, hängt immer ganz vom jeweiligen Anwendungsfall an. In der Praxis kommt meist eine Mischung aus beiden Ansätzen vor. So gibt es individuell für die Geschäftsführung jeweils ein Dashboard, welches die Kennzahlen und Bericht aus dem jeweiligen Bereich enthält, Fachabteilungen teilen sich meistens ein Dashboard. Wichtig ist zudem die Tatsache, dass die Reports nicht nur innerhalb des Dashboards in Magento BI genutzt werden können.
Auf Basis der vorhandenen API können die Reports auch in externen Anwendungen integriert werden. Jeder Report lässt sich individuell per API ansprechen und somit auch in externen Anwendungen einbetten. Möchte man, bleibt man gedanklich im Magento Universum, innerhalb des Benutzerkontos den Kunden gewisse Berichte und Kennzahlen darstellen, kann sich Magento BI um die Errechnung und das Datenmanagement kümmern. Magento würde direkt per API Magento BI ansprechen und auf Basis des Ergebnisses den in Magento BI generierten Bericht in Magento darstellen.
Time to Market, Preisgestaltung und Hosting
Die Features und Möglichkeiten von Magento BI sind ein wichtiges Thema. Bei der Entscheidung für bzw. gegen Magento BI spielen jedoch auch die Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle, die an dieser Stelle daher auch erwähnt werden sollten. Da es sich bei Magento BI um eine Software as a Service Applikation handelt, ist die potentielle Time to Market recht kurz. Der Aufbau einer Hosting-Infrastruktur entfällt genauso wie ein aufwändiges Setup der Applikation. Ein Magento BI Account ist innerhalb weniger Minuten angelegt und auch die Anbindung an Magento selbst erfolgt innerhalb kürzester Zeit. Die Basis ist daher enorm schnell erstellt, je nach Projektumfang und Anforderungen an die Reports leitet sich eine entsprechende Implementierungszeit ab.
Aufgrund des SaaS-Ansatzes entfallen zudem Kosten für Hosting und die Wartung der Hosting-Infrastruktur. Der Preis von Magento BI hängt maßgeblich von der Anzahl der Datenquellen, der Nutzer sowie der gewählten Edition ab. Die Editionen unterscheiden sich vom Funktionsumfang, daher gilt es im ersten Schritt genau zu prüfen, was die Anforderungen sind und mit welcher Edition diese abgebildet werden können. Die monatlichen Kosten, um an dieser Stelle ein Gefühl zu vermitteln, starten bei 100 Dollar und können gut und gerne auf 1.000 bis 1.500 Dollar pro Monat steigen. In den meisten Fällen befindet man sich jedoch bei ca. 1.000 Dollar im Monat. Das Hosting, das ist speziell aus rechtlicher Sicht wichtig, erfolgt auf Wunsch innerhalb der Europäischen Union.
Fazit
Mit Magento Business Intelligence steht ein im Magento Universum neues, aber dennoch bewährtes und erprobtes Werkzeug zur Verfügung, welches bei der Konsolidierung und der Auswertung von Daten behilflich ist. Auch wenn der Name „Business Intelligence“ auf ein äußerst umfangreiches und komplexes Werkzeug schließen lässt, hat Magento es geschafft, eine einfach zu nutzende Anwendung zu entwickeln, die über eine schnelle Time to Market verfügt und die Auswertung von unternehmenskritischen Daten ermöglicht. Magento BI eignet sich daher speziell für die Unternehmen, die ein schnelles und einfach zu nutzendes Analyse- und Reportingtool benötigen, über eine Vielzahl an Datenquellen verfügen und die gewonnenen und vorhandenen Daten in einen logischen Kontext bringen möchten.
Autor

Alexander Steireif ist E-Commerce- und Magento-Experte bei netz98. Vor seinem Wechsel zu netz98 hat er lange Jahre die Magento-Agentur ITABS geführt. Von seiner Branchenexpertise und dem Verständnis für Kundenbedürfnisse profitiert nun das Consulting von netz98. Alexander ist zudem Autor von Fachbüchern und hat zahlreiche Artikel zu E-Commerce-Themen in Fachmedien veröffentlicht.
www.netz98.de
a.steireif(at)netz98.de
www.xing.com/profile/Alexander_Steireif