Influencer als erfolgreiches Marketing-Instrument

Warum die Relevanz von klassischer Reichweite in den Sozialen Medien dem Ende naht?
Folgen die Menschen in den Sozialen Medien lieber realen Personen oder Firmen- profilen? Die Antwort fällt nicht schwer, da die Sozialen Medien von Austausch und Beteiligung leben – eine ganz neue Herausforderung für die Marketingstrategen. Der klassische Weg ging bisher über den Einsatz von traditionellen Massenmedien
– TV, Radio und Print. So konnten Marketing und PR Abteilungen vorhersagbare und garantierte Ergebnisse abliefern. Doch heute führt an den Sozialen Medien kein Weg mehr vorbei.
Der neue Instagram-Algorithmus als Bedrohung für Unternehmen
Die Aufmerksamkeit der Menschen, die sich in den Sozialen Medien bewegen, hat sich gewandelt – weg von perfekt produzierter Werbung hin zu authentischen Inhalten anderer Nutzer. Durch diese Verschiebung des Medienkonsums verlieren aufwendig durchkomponierte Werbekampagnen an Strahlkraft, was zu einer erschwerten Erreichbarkeit der Nutzer durch klassische Werbung führt. Zahlreiche Beispiele belegen, wie wichtig die Sozialen Medien geworden sind, inwieweit sie den Konsumenten in seinen Kaufentscheidungen beeinflussen und die Öffentlichkeitswirkung von Unternehmen bestimmen.
Nicht verwunderlich ist es also, welche Macht die einzelnen Kanäle haben, sodass schon die kleinste technische Veränderung eine große Bedeutung für die Marketer hat. Vor kurzem hat Instagram beispielsweise eine Änderung seines Algorithmus bekannt gegeben: Posts sollen künftig nach möglichem Interesse sortiert werden und nicht mehr nach simpler Zeitabfolge. Das kann jedoch sehr schnell das Ende der organischen Reichweite von Unternehmensposts bedeuten. Wenn eine junge Firma mit noch vergleichsweise wenig Followern seinen neuen Werbespot postet, dann wäre er vor der Änderung des Algorithmus ganz oben im Feed erschienen.
Da aber nun nach Interesse und Interaktion geordnet wird, kommt der Beitrag aller Wahrscheinlich nach weit unter denen, die genau auf die Nutzer abgestimmt sind. Dabei werden vor allem die Beiträge von Freunden und Stars im neuen Newsfeed an die oberste Stelle befördert, da die Engagement Rate (Querschnitt aus Kommentaren, Likes und weiter geteilten Inhalten) hier in der Regel besonders hoch ist – ein Hauptaugenmerk für die Bemessung der Relevanz von Beiträgen, die entsprechend dann auch anderen Nutzern angezeigt werden. Das bedeutet, dass die Beiträge der Unternehmen durch die (noch) niedrige Engagement Rate im Newsfeed der eigentlichen Zielgruppe schnell verloren gehen können.
Unternehmen versuchen mit ihrem Internetauftritt in den Sozialen Medien ihre gesamte Zielgruppe anzusprechen. Dazu nutzen die Marketingstrategen leider viel zu häufig Inhalte, die bereits für andere Kampagnen verwenden wurden. Natürlich sind diese in der Regel aufwendig produziert und durchaus gelungen, aber sie sind nicht auf die speziellen Kanäle zugeschnitten. Und das ist ein Problem, denn sie laden nicht zu einer Interaktion ein, produzieren also auch kein Engagement – das für die Bewertung jedoch wichtig ist. Dabei ist der Fehler gar nicht bei den Marketingverantwortlichen zu suchen. Klassische Marketinginhalte für TV oder Printwerbung sind von Natur aus zur Darstellung gedacht und laden maximal noch zu einem Like ein. Doch braucht man in den Sozialen Medien konstante Interaktion und echten Austausch, wofür große Unternehme oftmals nicht die Kapazitäten haben. Leider führen diese auf Präsentation getrimmten Beiträge zu einer schlechten Relevanzbewertung der Beiträge – weshalb sie dann in der breiten Masse der Posts unterzugehen drohen.
Ein Positivbeispiel für fantastische Social Media-Arbeit sind die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die zur Betreuung ihres Twitter-Accounts wohl eigens eine Agentur beschäftigen, die sich rund um die Uhr mit der Beantwortung von Tweets beschäftigt. Und das kommt gut an bei den Followern. Die Antworten sind bissig, witzig und werden darüber hinaus auch tausendfach auf allen möglichen Kanälen geteilt. Es ist genau die Art Engagement, die Unternehmen auch für ihre Profile auf Instagram erreichen müssen.
Influencer produzieren interaktive Inhalte
Für das Problem der unpassenden Inhalte gibt es heute glücklicherweise schon zahlreiche Lösungsansätze. In den Sozialen Medien gibt es viele Nutzer, welche im Auftrag eines Unternehmens Beiträge produzieren und über ihre eigenen Kanäle verbreiten. Diese regen zur Interaktion an und ziehen damit das wichtige Engagement nach sich, was mittels komplizierter Algorithmen zu einer guten Positionierung der Beiträge führt. Die Rede ist natürlich von sogenannten Influencern. Das sind Menschen, die sich perfekt in den Sozialen Medien zu bewegen wissen, selbst Inhalte produzieren und dadurch auch in modernen Marketingplänen einen festen Platz gefunden haben.
Katy Perry zum Beispiel hat eine Anhängerschaft von 95,5 Millionen Menschen auf Twitter. Das sind mehr Follower als klassische Medien oder Marketingchefs je erreichen könnten. Kein Wunder, dass Unicef so stark daran gearbeitet hat, sie auf ihre Seite zu ziehen, um von ihren Aktivitäten auf Twitter zu profitieren.
Inhalte für Soziale Medien outsourcen
Um erfolgreiches Influencer-Marketing betreiben zu können, muss man weder Katy Perry noch Heidi Klum sein. Es sind vor allem die kleineren Nutzer – sogenannte Mikro- Influencer – die Unternehmen dabei unterstützen können, ihre Marken in den Sozialen Medien zu stärken. Und mittlerweile ist dies eine immer stärker werdende Marketing-Bewegung mit tausenden Teilnehmern, die Produkte großer und kleiner Unternehmen zielgerecht in Szene setzen und dafür gutes Geld bekommen. Das zeigt: Werbung wird immer digitaler.
Mister_Fred_Berlin zum Beispiel, ein sehr kreativer Influencer und Zeichner aus Berlin, hat mehr als 2.000 Follower auf Instagram, wo seine Fans die künstlerischen Beiträge zu schätzen wissen. Kürzlich hat dieser eine Kampagne von Zipjet, der on-demand Reinigung, unterstützt, bei der öffentlichkeitswirksam die Befreiung vom Wäschewaschen proklamiert wurde. Das gepostete Bild hat dabei 222 Likes und viele Kommentare bekommen – für Mister_Fred_Berlin schnell verdiente 50€.
Die Zahlen erscheinen auf den ersten Blick nicht beeindruckend, doch die Masse macht es hier auf lange Sicht. Der Return ist jedoch im Vergleich zum Investment ein ganz anderer. Zehn ausgewählte Influencer haben jeweils ein Foto zur Kampagne veröffentlicht und damit sehr große Erfolge erzielt.
Für einen finanziellen Aufwand von ungefähr 500 Euro gab es:
- eine Reichweite von insgesamt 174.195 Followern
- 3.388 Likes
- ein Engagement von 2,11 Prozent
- 84 Kommentare zu den Posts
Hätte ZipJet mit jemandem wie Anke Engelke gearbeitet, dann hätten sie für 500 Euro vielleicht noch einen feuchten Händedruck bekommen. So sollte jeder Marketer sich genau überlegen, wo seine Prioritäten bei einer Kampagne sind und welche Ergebnisse erwartet werden. Doch wie man es dreht und wendet, in der Regel bewerben Mikro-Influencer Produkte und vor allem regionale Dienstleistungen deutlich besser, als die hochtrabende Prominenz.
Beide Seiten profitieren von einer gelungenen Kampagne
Für die Influencer bieten die Kampagnen mit großen und kleinen Unternehmen die Möglichkeit, ihre treue Anhängerschaft für einen Zuverdienst zu nutzen. Auf diesem Weg wird der Influencer für den langwierigen Aufbau eines authentischen Profils entlohnt und die Marken haben die Möglichkeit, ihre Botschaft etwas weniger aufdringlich an die potenziellen Kunden zu bringen.
Sólrún Diego ist beispielsweise eine junge Mutter aus Island mit über 7.000 Followern auf Instagram, die immer wieder Bilder ihrer schön geputzten Wohnung postet. Jede Woche macht Sólrún einen ordentlichen Hausputz und zeigt die Ergebnisse ihren Followern. Als sie einmal Bilder online gestellt hat, auf denen sie ein bestimmtes Reinigungsmittel mit in ihren Putz-Mix schüttete, war das Putzmittel kurz darauf in der ganzen Stadt ausverkauft.
Auch wenn das so wirkt, Sólrún hatte keinerlei Absprachen mit dem Hersteller – entsprechend wurde sie für die Aktion auch nicht bezahlt. Ärgerlich für sie, umso besser für die Marke. Doch zeigt Sólrún damit aber eindrucksvoll die Macht von den Sozialen Medien und kleinen Influencern, wie sie einer ist. Jetzt kann man sich recht gut vorstellen, was ein geplanter und vorbereiteter Beitrag hätte auslösen können. Der Einsatz von Social Media-Profis unterstützt und komplettiert die Marketingabteilungen bei der Umsetzung ihrer Werbekampagnen. Im Bereich Konsumgüter und regionaler Dienstleistungen – Eis, Elektrogeräte, Kleidung und Co – funktioniert das besonders gut, da auch die Blogger, Twitterer und Instagrammer selbst diese Dinge im Alltag nutzen.
Influencer Marketing ist für viele Unternehmensstrategen, vor allem in den großen Konzernen und Agenturen, zu einem festen Bestandteil für ganzheitliche Kampagnen geworden. Influencer bedienen dabei nicht nur einen neuen, sondern auch einen ganz besonderen Kanal der Kommunikation. Verglichen mit traditioneller Werbung ist Influencer Marketing eine Bewegung weg von der klassischen Eins-für-alle–Kommunikation hin zu einer Vieles-für-viele-Kommunikation. Die einzelnen Follower fühlen sich von Influencern, vor allem auch durch die Möglichkeit der Interaktion, viel direkter angesprochen. Zudem stehen die Follower den Influencern viel näher und setzen sich während des Surfens in den im Internet und dem Betrachten der verschiedenen Posts bereits mit den Produkten auseinander.
Nicht jeder Influencer passt zu jeder Kampagne
Neben den vielen Vorteilen des Influencer Marketings erwachsen aber auch ganze neue Verpflichtungen – für die Influencer genauso wie für die Marken. Die Meisten Social Media-Akteure haben ihr Profil nicht primär mit der Intention aufgebaut, daraus einen Werbekanal für Unternehmen zu machen. Für die Influencer ist es daher enorm wichtig, nur solche Inhalte und Produkte zu bewerben, die auch sonst in ihre Darstellung passen würden. Denn für die einzelnen Social Media Künstler ist es nicht sehr hilfreich, wenn die Inhalte nicht mehr zur Person passen und somit wie billige Werbung aussehen. Das würde unweigerlich zu Ablehnung, schlechten Kommentaren und einem Abwandern der Follower führen – weder Influencer, Agenturen noch die Marke können das wollen.
Solberg Audunsson rät: “Eine der wichtigsten Faustregeln bei der Arbeit zwischen Unternehmen und Social Media-Akteuren ist, dass die Inhalte und die Marke auch zum Influencer passen müssen und nicht gekünstelt wirken.”
Nicht jede Kampagne muss dabei mit Geld finanziert werden. Häufig kommen Marken auch an eine günstige Möglichkeit für ihre Produkte zu werben, indem sie dieses dem Influencer zur Verfügung stellen oder ihn zu einem Unternehmensevent einladen. Es ist dabei nur wichtig, dass der Umgang untereinander und dann entsprechend nach außen, auch mit den Followern, ein ehrlicher ist, damit kein gegenseitiges Vertrauen verloren geht.
Ehrlichkeit erzeugt Engagement
Die Bloggerin und Fotokünstlerin Vivien “projekt_viejola” ist von der Wirkung der Ehrlichkeit überzeugt. Ihrem Instagram Account folgen fast 20.000 Follower. Über Takumi hat sie unter anderem für die Frozen Joghurt Marke Yomaro und für den Onlinestore Etsy jeweils eine Kampagne durchgeführt. Während Etsy vor allem von den modebegeisterten Followern und der guten Darstellung durch Vivien profitiert hat, konnte Yomaro besonders durch die Lokalität punkten. Für Shops, die nicht ausschließlich im Internet auftreten, sondern vielmehr von ihrem Ladengeschäft abhängig sind, ist es durch Influencer nämlich in einer speziellen Art und Weise möglich, Werbung nicht nur auf eine thematische, sondern vielmehr auch auf eine lokale Zielgruppe zu fokussieren.

Wichtige Hinweise für den Einsatz von Influencer Marketing
1. Wähle die Influencer nach den richtigen Kriterien aus!
Klar kann man einem auf Technologie fokussierten Social Media-Künstler, der sonst Apps bewertet, das neue Calvin Klein Parfüm schicken und auf ein cooles Bild hoffen. Die Chancen auf Erfolg stehen aber eher schlecht. Wenn der Influencer den Auftrag annehmen sollte, wäre trotzdem nichts gewonnen. Weder er, noch die Follower oder die Marke würden von dieser entkoppelten Darstellung profitieren. Wer sich aufgrund der falschen Kriterien zu schnell für einen Partner in den Sozialen Medien entscheidet, zahlt für gewöhnlich doppelt – mit seinem Geld und mit der verschwendeten Zeit.
2. Beschränke den Influencer nicht zu sehr in seiner Kreativität!
Egal ob in Worten oder Bildern ausgedrückt, Influencer sind die kreativen Köpfe in den Social Media-Kanälen. Sie haben ihre Followerschaft mit ihren Ideen oder künstlerischen Fähigkeiten aufbauen können. Das ist das echte Potenzial, das es zu nutzen gilt. Auch wenn Marketer gerne alle Inhalte bis aufs kleinste Detail kontrollieren möchten, so sollten sie den Influencern auf ihren eigenen Kanälen die größtmögliche Freiheit bieten – es lohnt sich.
3. Achte nicht nur auf die Followerzahl!
Zugegeben, die Anzahl der Follower ist der erste und größte Anhaltspunkt, wenn man sich die verschiedenen Social Media-Profile anschaut. Aber Influencer mit vielen Followern und einer großen Reichweite bringen auch große Kosten mit sich. Im Verhältnis haben sie meist sogar eine viel geringere Engagement Rate als die Influencer mit nur einigen Tausend Followern. Das liegt meist daran, dass die großen Stars der Szene viele Fans haben, die gar nicht an den Inhalten interessiert sind, oder dem Profil nur deshalb folgen, um ihr eigenes bekannter zu machen. All diese nicht relevanten Follower werden bei einer Buchung aber mitbezahlt. Von daher ist es in vielen Fällen klüger, auf mehrere kleine Influencer zu setzen, anstatt Alles auf ein Pferd.
Für den Erfolg in Sozialen Medien braucht man Menschen aus den Sozialen Medien
Zusammenfassend sollte also deutlich geworden sein, dass die Sozialen Medien die Werbelandschaft verändert und gleichzeitig ergänzt haben. Über die interaktiven Kanäle erreicht ein Unternehmen seine Zielgruppen direkt und kann mit diesen sofort in Kommunikation treten. Der Einsatz von Influencern ist dabei ein notwendiges Mittel, um den eigenen Auftritt im Netz zu komplettieren. Dabei ist es wie bei jedem neuen Medium jedoch wichtig, offen für Neues zu sein. Die Kooperation mit den neuen Multiplikatoren aus den Sozialen Medien gelingt nur, wenn das Unternehmen auch bereit ist, diese als Partner zu akzeptieren. Die bezahlten Beiträge auf Instagram oder in YouTube werden anders aussehen, als der Marketingchef sich das vorgestellt hat, was jedoch durchweg positiv ist.
Influencer sind Teil der Zielgruppe und nah an den Leuten, denen sie die Produkte und Dienstleistungen großer und kleiner Marken empfehlen und präsentieren. Als Außenstehender muss man ihnen daher ein gewisses Vertrauen entgegen bringen. Der Erfolg ist planbar, die Ausgestaltung des Weges sollte jedoch dem Influencer überlassen werden. Nicht umsonst konnten die Influencer eine so große Anzahl an Followern für sich gewinnen.
Autor

Solberg Audunsson ist Mitgründer und Produktverantwortlicher bei dem isländischen Unternehmen Takumi. Davor war er als Head of Product bei QuizUp.