Erfolgsfaktoren für den Webshop

Der Erfolg eines Onlineshops hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die Herausforderung liegt zum einen im Einrichten des eigenen Shops, zum anderen darin, Besucher auf den Shop aufmerksam zu machen und drittens darin, Kunden zu halten. Doch welche Fehler sollten zukünftige Shopbetreiber vermeiden und welche Dinge müssen auf dem Weg zu einem erfolgreichen Onlineshop beachtet werden?
Tipp1: Realistische Ziele definieren
E-Commerce hat eine hohe Veränderungsdynamik. Darum ist es wichtig, ein Projekt mit einer Standortbestimmung und einer Zieldefinition zu starten. Ein Beispiel: Im Jahr 2000 war der erste Adidas-Onlineshop ein Instrument, das eingebettet in die Marketingstrategie der Olympischen Sommerspiele in Sydney die Chance bot, Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln. Die generierten Umsätze lagen im einstelligen Millionen DM Bereich. Entsprechend verhalten war die Reaktion des damaligen CEO.
16 Jahre später haben sich aus Erfahrungen Prioritäten entwickelt. Der Adidas-eigene E-Commerce wuchs 2016 um 59 Prozent und setzt inzwischen eine Milliarde Euro um. „Wir müssen dort sein, wo der Konsument einkauft“, erklärte erst kürzlich der jetzige Adidas-Chef Kasper Rorsted seine Prioritäten in Sachen Online-Store. Das bedeutet konkret:
1. Präsenz beim Kunden zeigen
Das Beispiel von Adidas zeigt, dass zum jeweiligen Zeitpunkt ein realistisches und sinnvolles Ziel für den E-Commerce festgelegt wurde. Denn ein häufiges Problem sind falsch gesteckte Ziele und unrealistische Leistungsversprechen wie der schlichte Ruf nach mehr Umsatz.
Wer heute erfolgreich handeln will, muss den stationären und den digitalen Handel beherrschen. Am Ende geht es darum, den Kunden aus einer Hand möglichst optimal dort zu bedienen, wo und wie er es will – online, offline, tagsüber, nachts im Laden oder an einem elektronischen Gerät.
Online darf man nicht als Parallelwelt betrachten, sondern als integrierte Kommunikationsplattform. Die Kunst ist es, an allen Touchpoints des Kunden präsent zu sein, auch wenn sich nicht jeder Kanal lohnen wird.
2. Kundenabwanderung verhindern
Beim Kunden präsent zu sein ist das erste Ziel, für ihn relevant zu sein das zweite. Alle Marktsegmente sind tendenziell mit Anbietern gut besetzt und umkämpft. Heutzutage ist es ein realistisches Ziel, den Kunden nicht zu verlieren. Es geht also nicht um mehr Umsatz, sondern um Umsatzsicherung. Das gilt insbesondere für klassische Retail-Bereiche wie Elektronik, Sportartikel, Mode etc.
3. Digitale Produktkataloge erstellen im B2B
Produktkataloge zu digitalisieren ist das dritte Ziel. Bei B2B-Projekten sollte es zu einer zentralen Anforderung gehören, dass der Außendienst auf dem Tablet Zugriff auf aktuelle Informationen wie Produkte, Medien und Dokumente hat und diese dem Kunden ansprechend präsentieren kann.
Digitale Produktkataloge sind modern und umweltfreundlich, sie ermöglichen schnelle und kontinuierliche Produktaktualisierungen und lassen sich schnell und flexibel individualisieren. Voraussetzung hierfür sind für den E-Commerce geeignete Produktdaten. Etwa 90 Prozent der B2B-Unternehmen haben zwar digitale Kataloge, viele Daten sind jedoch nicht E-Commerce-tauglich aufbereitet.
4. Marketingkanäle erschließen & Produktrecherche ermöglichen
Egal, ob ein bereits bestehender Onlineshop optimiert oder ein Onlineshop neu aufgesetzt werden soll: Wichtig ist zunächst zu definieren, welche Marketingkanäle erschlossen werden sollen und welche Online-Absatzwege echte Erfolgschancen bieten. Wichtig ist dabei die Online-Produktrecherche zu ermöglichen. Diese ist Grundvoraussetzung dafür, bei der Auswahl des Kunden überhaupt in Betracht zu kommen und für seine Kaufentscheidung relevant zu sein.
5. Effizienz steigern
Effizienzsteigerung ist ein Dauerthema für Digitalisierungsprojekte. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Blick zehn Jahre zurück, der fahrrad.de Onlineshop wächst rasant. Die Customer Care-Abteilung nimmt Bestellungen auch telefonisch entgegen. Die bestehenden Mitarbeiter und Systeme sind mit dem Aufkommen überfordert. Es wird ein schneller Weg gesucht, um diese Bestellungen abzuarbeiten. Der Weg über den Onlineshop ist zu langsam. Die Lösung: Der Shop wird optimiert und die Mitarbeiter aus dem Customer Care können nun direkt im Shop-Frontend Bestellungen aufgeben. Heute ist das durchweg Standard in allen E-Commerce-Systemen.
6. Beratung verbessern
Wenn ein Unternehmen den Kunden richtig und zielführend – entsprechend seiner Bedürfnisse – digital steuern kann, wird das Fachpersonal entlastet und kann entsprechend hochwertig in der Produkt- und Verkaufsberatung eingesetzt werden.
Tipp 2: Eigene E-Commerce Organisationstruktur aufbauen, Nucleus bilden
Sind die Ziele realistisch gesteckt, dann stellt sich die Frage nach der Organisationsentwicklung: Wer macht eigentlich E-Commerce?
Erfahrungsgemäß steigt die Chance auf ein erfolgreiches Projekt, wenn zwei Grundregeln berücksichtigt werden:
Erstens ist E-Commerce kein IT-Projekt. IT ist eine interne Servicedienstleistung. Die IT soll und will nicht verkaufen, sondern sichere und stabile Systeme schaffen. E-Commerce ist der digitale Vertriebsweg. Dabei geht es um Verkaufen, Kundenservice und -zufriedenheit.
Und zweitens ist E-Commerce auch kein Stabstellenprojekt. Der E-Commerce muss organisatorisch möglichst weit oben und zentral aufgehängt werden. Denn er wird die komplette Wertschöpfungskette des Unternehmens betreffen. Ein Start-up kommt mit relativ einfachen, oft informellen Strukturen aus. Wachsende Unternehmen können hingegen die zunehmende Komplexität der Funktionen, Produkte und Märkte nur noch durch eine strukturierte Arbeitsteilung beherrschen.
Die klassische „funktionale“ mittelständische Unternehmensstruktur war in den letzten Jahren noch die typische Struktur. Die Koordination und Abstimmung zwischen den Funktionen kann dabei problematisch werden. Die „Funktion“ E-Commerce war hier eine typische Stabstelle. Heute nimmt E-Commerce aber eine zentrale Rolle in Vertrieb und Marketing ein und wird entsprechend auch durchdringend positioniert.
Mitarbeiter spüren die große Dynamik der Digitalisierung. Daher ist es wichtig, im Unternehmen eine stabile Basis zu finden. Empfehlenswert ist es, einen Mitarbeiter zu finden, der bereits Erfahrungen in Sachen E-Commerce gesammelt hat. Ist einer gut, so kann er noch fünf andere mit auf die Reise nehmen. Um diesen Kern oder Nucleus kann sich ein Projektteam stabil entwickeln.
Tipp 3: Schnell starten, kleine Zwischenziele anvisieren
Die Ziele sind definiert, eine passende Organisationsstruktur ist gebildet. Im nächsten Schritt macht sich das Projektteam auf den Weg, startet beim Konzept und arbeitet auf den Go-Live hin. Wichtig ist, das Projekt klein zu halten und in kleinen Schritten vorzugehen. Die Kunst der kleinen Schritte bewirkt sehr viel: Mehr Schnelligkeit und Justierbarkeit.
Mitentscheidend für den Projekt-Scope ist der Technologie-Setup. Hier sollte mit dem absolut Nötigsten gestartet werden. Von Anfang an müssen weder ein CMS oder externe Warenwirtschaftssysteme angebunden werden. Zusatzfunktionen wie z. B. ein Händler-Login können zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden. Auch hier gilt der minimalistische Ansatz.
Zum Projektbeginn kann ein Unternehmen allenfalls Projektvorstellungen und Schätzungen haben. Diese müssen nach und nach konkretisiert werden. Was am Ende dabei herauskommt, wird meist erst kurz vor dem Live-Gang klar. Zudem ist es nahezu unmöglich, einen „wasserdichten“ Plan zu erstellen. Wichtig ist, sich auf die Kernprozesse zu fokussieren und einen Fuß vor den anderen zu setzen. Dabei ist es völlig in Ordnung, Fehler zu machen, denn Fehler gehören dazu. Genauso sollte der Anspruch auf die perfekte Lösung vermieden werden. Vielmehr sollte während des Projekts die Regel gelten: Versuchen, hinfallen, aufstehen, korrigieren, erneut versuchen – und dabei immer die Prozesse vom Kunden an rückwärts denken.
Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird: Werden für die externe Umsetzung 200.000 Euro budgetiert, braucht man die gleiche Summe, um das Projekt intern zu managen. Die internen Kosten werden oft unterschätzt oder schlichtweg ausgeblendet.
Der Erfolg eines E-Commerce-Projektes hängt schlussendlich auch von der Wahl des Dienstleisters ab. Doch wie wählt man einen passenden Anbieter aus? Ein guter Anhaltspunkt ist der Vergleich „Wo stehe ich in meiner Branche und wo steht der Dienstleister?“ Ein Mittelständler sollte sich daher eine Agentur im mittleren Segment suchen. Denn es geht um Augenhöhe, Erfahrungsschatz und Arbeitsmethodik. Hier sollte die Chemie unbedingt stimmen.
Passen muss auch die technische Umsetzung. Bei typischen Mittelstands-Projekten mit hohen Anforderungen ist der Individualisierungsgrad der Lösung entscheidend. Hier kann entweder ein Dienstleister gefunden werden, der als Solution Partner darauf spezialisiert ist, die Lösung anzupassen oder man entscheidet sich für einen Softwareanbieter, der die eigene Software anpassen kann.
Tipp 4: Projekt- und Servicemanagement voneinander trennen
Das Projekt ist abgearbeitet, der Shop startet und geht live. Mit welcher Organisationsstruktur geht es nun weiter? Egal mit welchem Setup ein Unternehmen ein E-Commerce-Projekt umgesetzt hat, im operativen Betrieb sollte sich etwas ändern. Vor allem geht es darum, die Kernprozesse des E-Commerce in den Griff zu bekommen und eine getrennte kontinuierliche Weiterentwicklung sicherzustellen. Erfahrungsgemäß sollte man das Projekt- und das Servicemanagement voneinander trennen. Ein E-Commerce Projekt braucht die kontinuierliche Weiterentwicklung, um nicht von der Dynamik abgehängt zu werden.
Fazit:
Realistisch gesteckte Ziele, die passende Organisationsstruktur, inkrementelles Vorgehen sowie die Erkenntnis, dass ein E-Commerce-Projekt niemals fertig ist, sind wesentliche Faktoren für einen langfristigen Erfolg des Onlineshops.
Autor

Martin Grether ist einer der Geschäftsführer der NETFORMIC GmbH, der E-Commerce-Agentur mit Sitz in Stuttgart und Berlin. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit E-Commerce und digitalen Geschäftsmodellen und leitet die Bereiche Sales, Consulting und Marketing.
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