Die Welt hinter dem Onlineshop: Diese Tipps und Tricks sollten Onlinehändler kennen

Onlinehändler, die erfolgreich wachsen wollen, benötigen einen erstklassigen internen Ablauf: Vom Bestelleingang-, zur Versandabwicklung-, über den Einkauf, bis hin zum Retourenmanagement. Denn manuelle Bestellexporte oder langwierige Pickprozesse funktionieren nur mit einer sehr geringen Anzahl an Bestellungen pro Tag.
Um den Versandprozess im E-Commerce unabhängig vom Versandvolumen effizient und schlank zu halten, bedarf es eines ausgefeilten Prozesses. Dieser muss nicht immer kompliziert sein und kann schon durch das Justieren an ein paar Stellschrauben dauerhaft verbessert werden:
- Wareneingang – Zur richtigen Verwendung am richtigen Ort!
- Cross Docking
- Flexible Arbeitszeiten
- Geordnete vs. Chaotische Lagerhaltung Einzelkommissionierung vs. Sammelkommissionierung
- Richtige Laufwegstrategie
- Taggleicher Versand
- Intelligente Kontrolle
- Retourenmanagement

Wareneingang – Zur richtigen Verwendung am richtigen Ort!
Das Einlagern von Waren, sofern diese keine offenen Bestellungen bedienen, sollte an Tagen mit hohem Versandvolumen entweder vermieden, oder auf den späten Nachmittag/Abend verschoben werden. So können sich die Mitarbeiter voll und ganz auf den Versandprozess konzentrieren. Für die zielgerichtete Einlagerung der Waren im Lager sollte folgender Satz Anwendung finden: Zur richtigen Verwendung am richtigen Ort! Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es einer physischen Dreiteilung des Lagers in:
- 1. Das Nachfülllager
- 2. Das Picklager
- 3. Den Versandbereich

Zudem bietet sich eine weitere Dreiteilung der Waren in A-, B- und C-Waren an:
- A-Artikel: Diese Artikel weisen eine sehr hohe Absatzmenge, Umschlagrate oder Zugriffshäufigkeit auf.
- B-Artikel: Diese Artikel weisen eine mittlere Absatzmenge, Umschlagrate oder Zugriffshäufigkeit auf. Die Grenzen zwischen A und C Artikeln werden in der Regel individuell festgelegt.
- C-Artikel: Diese Artikel weisen eine niedrige Absatzmenge, Umschlagrate oder Zugriffshäufigkeit auf. Auch werden Nachfüllartikel als C-Artikel definiert.
Cross Docking
Hinter jedem Kauf verbirgt sich der Wunsch eines Kunden, seine Bestellung möglichst schnell zu erhalten. Warten Kunden unnötig lange auf die bestellten Artikel, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese wieder zurücksenden und den Kauf anderweitig tätigen. Eine zügige Lieferung durch smarte Verfahren wie dem Cross Docking spart Zeit und erhöht die Chance auf glückliche Kunden und auf eine geringere Retourenquote.
Beim Cross Docking wird die angelieferte Ware vor Einlagerung via Barcodescan identifiziert. Liegt für einen der angelieferten Artikel bereits eine Kundenbestellung vor, wird dieser dem Mitarbeiter noch vor der Einlagerung des Artikels gekennzeichnet. Der Mitarbeiter kann den identifizierten Artikel infolge umgehend zur Versandstation bringen und versenden. Ein unnötiges und zeitaufwendiges Einlagern und ein nachfolgendes erneutes Picken der Ware wird beim Cross Docking-Verfahren somit umgangen. Waren, die keine Markierung auf Grund einer vorliegenden Kundenbestellung aufweisen, können wie gewohnt eingelagert werden.
Diese „Artikel-Früherkennung“ schon vom Kunden bestellter Artikel, birgt eine Vielzahl an Vorteilen: So werden die Umschlagzeit vom Wareneingang bis zum Warenausgang drastisch verkürzt, der Weg des Pickers durch geringere Laufzeiten reduziert und die Versandzeit maßgeblich beschleunigt.
Visualisieren wir das Potenzial von Cross Docking anhand eines Praxisbeispiels: Ein Onlinehändler, der die Warenwirtschaft pixi* nutzt, hat einen hohen Anteil an Waren, die er „on-demand“, also umgehend nach einer Kundenbestellung, beim Lieferanten bestellt. Vor dem Einsatz von Cross Docking versendete der Onlinehändler über den ganzen Tag hinweg (X-Achse) eine konstant hohe Menge an Artikeln (Y-Achse). Die Versandmenge ohne Cross Docking wird als graue Linie im Diagramm visualisiert. Nach einer Lagerberatung durch das pixi* Consulting Team hat sich der Onlinehändler für den Einsatz von Cross Docking entschieden. Die Versandmenge mit diesem Verfahren wird als grüne Linie im Diagramm dargestellt.

Durch die Verkürzung des Wareneingangs mittels Cross Docking, kann der Onlinehändler zu einer früheren Uhrzeit im Tagesablauf deutlich mehr Artikel versenden. Auch die Versandmenge bis zur Cut-off-Zeit, also der Zeitpunkt zu dem eine Bestellung das Lager verlassen muss und an den Transporteur übergeben wird, sodass sie noch innerhalb eines vorab definierten Zeitraums geliefert wird, konnte maßgeblich gesteigert werden. So versenden Händler eine deutlich höhere Anzahl an Bestellungen einen ganzen Tag früher. Durch die geschaffenen freien Kapazitäten am Nachmittag können nun zusätzliche Kundenbestellungen schneller und in einer größeren Menge bedient werden. Das freut den Kunden, wie auch den Onlinehändler.
Flexible Arbeitszeiten
Kaum ein E-Commerce-Business weist jeden Tag zur gleichen Zeit ein gleich hohes Bestellvolumen auf. Onlinehändler sollten bei der Personaleinsatzplanung jene bestellintensiven Wochentage und Zeiten kennen, um ausreichend Personal für die Bearbeitung der erhaltenen Bestellungen einplanen zu können. Von starren Arbeitszeiten (max. 8 Arbeitsstunden pro Tag) sollte sich im E-Commerce-Business verabschiedet werden. Flexibilität ist hier das Schlagwort. Clevere Onlinehändler sprechen mit ihrem Team offen über versandintensive Zeiten und bieten Mitarbeitern einen Ausgleich an weniger intensiven Tagen oder nach der Saison.
Eine elektronische Arbeitszeiterfassung, darunter die Nutzung von Stechkarten, kann bei einer freieren Disposition des Personaleinsatzes unterstützen. Auch das Mehr an Personal zu besonders versandintensiven Zeiträumen sollte Beachtung finden. Zusätzliche Zeitarbeitskräfte für versandintensive Phasen sollten rechtzeitig akquiriert und frühzeitig angelernt werden. Eine „Wir schaffen das auch ohne ausreichend Personal-Haltung“ ist zwar lobenswert, führt bei Überlastung der Mitarbeiter aber zu deutlich weniger Arbeitsmotivation, geringerer Arbeitsleistung und einer höheren Fehlerquote.
Geordnete vs. Chaotische Lagerhaltung
Ordnung ist das halbe Leben? Unter E-Commerce Profis findet diese Aussage nur wenige Anhänger. So hat bei der geordneten, auch statische Lagerhaltung genannten, jeder Artikel einen spezifischen Platz im Lager. Diese Einlagerungsstrategie wird häufig von kleinen Onlinehändlern zu Beginn ihres Business betrieben und meist schon nach kurzer Zeit, bei steigendem Bestellvolumen, wieder verworfen. Denn ein Nebeneffekt dieser Lagerung: Leere, halbvolle oder überfüllte Lagerplätze, sowie Lagermitarbeiter, die mühselig einen freien Platz für die neu eingetroffene Ware suchen.
Die Chaotische Lagerhaltung hingegen ermöglicht eine optimierte Nutzung der Lagerfläche und Laufwege. Artikel werden per Barcode-Scan einem eindeutigen Lagerplatz zugewiesen. So wird der Raum im Lager optimal ausgenutzt. Auch können bei diesem Verfahren mehrere unterschiedliche Artikel an einem Lagerplatz gelagert werden.
Von diesem Verfahren profitiert auch Tim Keding, Geschäftsführer von SHOEPASSION.com:
„Ein echtes Warenwirtschaftssystem weiß stets, wo sich alles befindet und garantiert zudem eine einhundertprozentige Verfügbarkeit. Das lästige Sortieren und die Angst, einen Fehler im Ausgang und Bestand zu verursachen, gehören der Vergangenheit an.“

Einzelkommissionierung vs. Sammelkommissionierung
Die Einzelkommissionierung ist häufig bei Onlinehandel Start-Ups zu finden. Bei diesem Verfahren läuft der Mitarbeiter mit einem Packschein und einer Kiste bzw. einem Wagen durch das Lager und kommissioniert jede Bestellung einzeln. Dieses Verfahren funktioniert jedoch nachweislich nicht mal bei wenigen Bestellungen einwandfrei. Fehler im Pickprozess durch falsch zugeordnete Artikel oder lange Laufwege kosten viel Zeit und reduzieren die Versandgeschwindigkeit.
Das kann auch Birgit Rackel, Geschäftsführerin des Onlineshops Dirndl.com, bestätigen:
„Eingehende Bestellungen wurden per Einzelkommissionierung zeitaufwendig aus dem Lager zur Packstation gebracht. Und so waren die Ressourcen des Teams, bei steigendem Bestellaufkommen, schnell am Limit.“
Beim Verfahren der Sammelkommissionierung erhält der Lagerist für eine bestimmte Anzahl von Bestellungen eine durch das System generierte, laufwegoptimierte Pickliste. So kann er auf seinem Weg mehrere Bestellungen auf einmal bedienen. Im Versandbereich werden die Bestellungen wieder automatisiert zusammengeführt, idealerweise werden zeitgleich Rechnungen und Versandunterlagen automatisch gedruckt. Mit diesem Verfahren können erste deutliche Beschleunigungseffekte erzielt werden.

Richtige Laufwegstrategie
Für die richtige Laufwegstrategie sollten folgende Aspekte beachtet werden:
- Vermeiden von leeren Laufwegen des Lagermitarbeiters im Pickprozess. Intelligente Warenwirtschaftssysteme geben Lagermitarbeitern per intelligenter Pickliste die bestmögliche Laufwegstrategie vor.
- Zu enge Gassen zwischen den Lagerregalen verhindern ein gleichzeitiges Picken und Einlagern von Waren mehrerer Lagermitarbeiter.
- Positionieren der Waren entsprechend ihrer Versandhäufigkeit und ihres Versandbedarfs.
- Jeder zusätzliche gelaufene Meter ist ein Meter zu viel! Laufwege sollten kurz sein, intelligent sein und effektiv genutzt werden. Schrittzähler können die Mitarbeiter anspornen, ihre Laufwege kurz und die Pickdauer gering zu halten. Bei gleicher Auslastung (Anzahl der Picks) erhält der Mitarbeiter mit der geringsten Schrittanzahl einen Bonus.
- Spaß während des Pickprozesses: Moderne Gamification-Ansätze machen aus dem Pickprozess ein Spiel, das zu schnelleren Pickzeiten und mehr Freude bei den Mitarbeitern während der Arbeit führt.
Taggleicher Versand
Onlinehändler sollten in ihrem Web-Shop kommunizieren, dass ein taggleicher Versand nur dann ermöglicht werden kann, wenn die Bestellung vom Kunden vor 14 Uhr bzw. vor 16 Uhr des gleichen Tages aufgegeben wird. Artikel, die aktuell nicht auf Lager liegen, einen Tag Lieferzeit benötigen oder erst nach dem Wochenende geliefert werden können, sollten ebenso gekennzeichnet werden. Diese Kennzeichnung ist auch für heterogene Warenkörbe (d. h. Warenkörbe mit Artikeln, die umgehend versendet und Artikeln, die erst zu einem späteren Zeitpunkt versendet werden können) relevant.
So sollten Produkte im Warenkorb eines Kunden, bei denen ein taggleicher Versand möglich ist, markiert werden, um dem Kunden die Möglichkeit anzubieten die Bestellung in kleinere Bestellungen, abhängig vom möglichen Lieferzeitpunkt, zu unterteilen. Kunden werden die ehrliche Kommunikation schätzen und sich nicht aufgrund von fehlerhaften Versandinformationen bzw. falschen Versandversprechen vom Shop abwenden.
Auch ein strategisches Zeitmanagement ist hierfür essentiell. So sollten im Vorfeld Zeitfenster definiert werden, die vorgeben, welche Arten von Bestellungen zu welcher Zeit abgearbeitet werden können. Bestellungen, bei denen kein taggleicher Versand angeboten wird, oder Artikel, die noch beim Lieferanten bestellt werden müssen, können schwerpunktmäßig am Vormittag, zum Beispiel zwischen 7:00-11:00 Uhr, bearbeitet werden. Damit wird gewährleistet, dass die bestellten Waren nach Erhalt schnellstmöglich an den Kunden weitergeleitet werden können.
In der Zeit zwischen 11:00 Uhr und 19:00 Uhr kann sich dann auf die Bestellungen konzentriert werden, die keine Lieferantenbestellung erfordern und ad hoc versendet werden können. Onlinehändler sollten für eine effiziente Abbildung des Versandprozesses auch mit ihren Logistik-Dienstleistern sprechen, um Abholbedingungen für sehr späte Abholzeiten, den sogenannten „Nachtsprung“ über Postverteilzentren zu vereinbaren.
Auch hier sollte auf die richtige Personaldisposition geachtet werden, um die Versandmenge zwischen der Order-Deadline und der Abholung vom Logistikdienstleister effizient bewältigen zu können.
Intelligente Kontrolle
Wer prüft, ob die Ware korrekt gepickt wurde? Wer stellt fest, ob noch genügend Artikel auf Lager sind? Wer weiß, wo etwas liegt, wenn beispielsweise alteingesessene Mitarbeiter krank oder im Urlaub sind? Im stark umkämpften E-Commerce Markt können solche Schwachstellen zu Risikofaktoren werden. Durch eine vollständige Automatisierung und einwandfrei ineinandergreifende Prozesse bei der Zahlungsfreigabe, dem Picken und Versenden der Ware sowie beim Einkaufsprozess, werden Fehler und Schwachstellen vollständig umgangen. So haben sich bei Dennis Heidtmann, Gesellschafter bei koffer-direkt.de, „klassische Versandfehler, wie falsche Adressierung oder nicht lieferbare Artikel, in Luft aufgelöst.“
Retourenmanagement
Während der Retourenbearbeitung sollten die Gründe für die Rücksendungen softwarebasiert erfasst und regelmäßig ausgewertet werden. Für eine schnelle Rückerstattung sollte die eingesetzte Warenwirtschaftslösung in der Lage sein, Teilbeträge zu erstatten, Rabatte, Gutscheine oder Versandkosten abzuziehen und eine manuelle Bearbeitung zu ermöglichen. Nach Einlagerung der retournierten Artikel muss der neue Lagerbestand automatisiert im Onlineshop und in allen weiteren Verkaufskanälen aktualisiert werden, um einen schnellen Neuverkauf zu ermöglichen. So konnten Onlineshops wie calida-shop.de mittels der E-Commerce Warenwirtschaft pixi* den Zeitaufwand für die Retourenbearbeitung um 50% reduzieren – und das bei einer steigenden Lieferschnelligkeit von bis zu 40%.
Weitere Tipps und Tricks zum Thema E-Commerce-Abwicklung erhalten Sie zudem im kostenlosen Logistik-Ratgeber der E-Commerce Warenwirtschaft pixi* unter:
http://www.pixi.eu/downloads/whitepaper-logistik-ratgeber/
Autor

Dirk Haschke ist Vice President eCommerce Operations der pixi* Software GmbH, einem Mitglied der Descartes Systems Group. Der Dipl.-Chem., Dipl.-Wirtsch.-Chem. war vor seiner Zeit bei pixi* als Unternehmensberater bei der Münchner Management Beratung TCW Transfer-Centrum GmbH und Co. KG für Projekte im Bereich Restrukturierung, Unternehmenssanierung, Process Reengineering, Produktion und Logistik tätig.