Content-Marketing: Ehrliche Antworten auf harte Fragen

Content-Marketing steckt nach wie vor im Hinterkopf vieler Marketingspezialisten und -Strategen. Für manchen Leser mag es auf der To-Do-Liste sogar die höchste Priorität besitzen. Doch wer auf dem Gebiet selbst kein absoluter Experte ist, findet selten ehrliche Antworten auf die drängendsten Fragen. Das soll hier geändert werden. Es soll nun um Fragen gehen, die nicht mit einer einfachen Definition oder wenigen Beispielen beantwortet werden können, sondern eine Art zu Denken vermitteln.
Wann passt Content-Marketing zu einem Unternehmen?
Zu wenige Website-Besucher
Eine Website ist in der Regel das Ergebnis eines nervenaufreibenden und teuren Prozesses. Doch auch, wenn alle Verantwortlichen mit der Optik und Funktion sehr zufrieden sind, braucht es auch ausreichend Besucher auf der Seite. Durch zu niedrige Traffic-Zahlen bleiben entsprechend auch Käufe, Anfragen und andere Conversions auf der Seite aus. Die Kosten für die Website amortisieren sich nur langsam. Neben anderen Onlinemarketing-Maßnahmen wie Suchmaschinenoptimierung, Suchmaschinenwerbung, Social-Media-Marketing, Affiliate-Marketing etc. stellt Content-Marketing eine weitere gute Möglichkeit dar, durch passende Inhalte für interessante Zielgruppen und das entsprechende Streuen dort, mehr Besucher auf die eigene Seite zu locken.
Antworten auf einfachere Einsteigerfragen wie „Was ist Content-Marketing überhaupt?“, „Warum Content-Marketing?“ oder „Wer macht Content-Marketing?” finden sich in kompakter Form unter https://www.internetkapitaene.de/2016/09/13/content-marketing-faq/
Schlechte Conversion Rates
Doch selbst, wenn die reine Anzahl der Besucher einer Website passt, kommt es vor, dass die Ergebnisse nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Hier kommt es dann auf einen guten Plan an, um Aufmerksamkeit zu kanalisieren und sie in Leads und kostenpflichtige Transaktionen zu verwandeln. Bei dieser Conversion-Strategie kann Content-Marketing helfen. Denn mit der genauen und konkreten Zielsetzung, die Teil jeder guten Content-Marketing-Strategie ist, kann bewusst gesteuert werden, was Nutzer auf der Website tun – ganz gleich, ob es weitere Seitenaufrufe, eine Newsletter-Anmeldung, ein Download oder das Ablegen eines Produkts im Warenkorb ist.
Konkurrenten erzielen bessere/mehr Rankings
Ein wichtiger Kanal, über den Menschen die eigene Präsenz im Web erreichen, sind Suchmaschinen. Wird ein Unternehmen bei allen wichtigen Begriffen, die häufig gesucht werden, von der Konkurrenz in den Suchergebnissen überflügelt, stellt das ein Problem dar. Denn nur die allerwenigsten Klicks auf Suchergebnisseiten entfallen auf die Positionen unterhalb der Top-Drei. Auf die zweite Seite der Suchergebnisse klicken sich sogar nur ca. zehn Prozent der Suchenden durch (Quelle).
Neben der reinen Position in den Suchergebnissen für bestimmte Suchbegriffe sollte gleichzeitig auch beachtet werden, für wie viele verschiedene Suchanfragen die Website eines Unternehmens überhaupt auftaucht. Eine häufige Herausforderung für Unternehmen besteht darin, dass es in den Website-Bereichen von Unternehmenspräsentation oder Shop keinen Platz gibt, um breitere Themen zu behandeln, die nicht unmittelbar mit angebotenen Produkten oder Dienstleistungen in Zusammenhang stehen. Content-Marketing bietet hier Abhilfe, indem eine entkommerzialisierte, informative Zone auf der Website geschaffen wird, wo auf Fragen potenzieller Kunden ganz anders eingegangen werden kann. Dort können beispielsweise kaufvorbereitende Recherchen bedient werden, etwa eine Suche nach „bestes Handy“, „iPhone Alternativen“ oder „iPhone 8 vs. Samsung Galaxy S8“.
Aktuelle Marketingmaßnahmen stoßen an ihre Grenzen
Um als Unternehmen zu wachsen, muss der Marktanteil stetig erhöht werden – er sollte zumindest nicht schrumpfen. Darum kommt es zu einer Suche nach immer neuen Zielgruppen. In vielen Fällen lassen sich interessante Zielgruppen selbst mit hohen Mehrkosten durch einfache Werbemaßnahmen nicht zuverlässig erreichen. Interessante, unkommerzielle Inhalte, die im Content-Marketing entstehen, bieten da eine gute und im Idealfall günstige Möglichkeit, denn sie können genau auf die Bedürfnisse eines bestimmten Publikums zugeschnitten werden.
First-Mover-Bonus
Leider bleibt das überzeugendste Argument für eine bestimmte Marketingstrategie der Konkurrenzdruck. Wenn alle Wettbewerber einen E-Mail-Newsletter haben, wird es nicht lange dauern, bis relativ weit oben in der Unternehmenshierarchie die Frage „Warum haben wir denn keinen Newsletter?“ ertönt. Ganz ähnlich verhält es sich auch bei Unternehmensblogs oder Onlinemagazinen. Tatsächlich ist die Feststellung, dass bisher in einer Branche noch gar niemand Content-Marketing betreibt, ein viel besserer Einstieg ins Thema. Denn aufzupassen, dass man nicht überholt wird, fällt sehr viel leichter als viel Vorsprung aufzuholen, weil man zu spät auf den Content-Marketing-Zug aufgesprungen ist.
Es gibt bereits gute Inhalte
In den allermeisten Unternehmen ist irgendwo on- oder offline schon eine solide Grundlage für Content-Marketing geschaffen worden. Inhalte, die auf die Interessen der Zielgruppe abgestimmt sind, können dabei beispielsweise aus folgenden Bereichen stammen:
- Standardantworten und Schriftsätze aus dem Kundenservice, die als Rückmeldung auf die häufigsten Fragen und Anliegen dienen
- Präsentationen aus der Sales-Abteilung oder Dokumente für den Außendienst zu Produkten und Dienstleistungen.
Werden solche Ressourcen nur für eine Abteilung erstellt und nur dort genutzt, führen diese Silos im Unternehmen zu unnötiger Mehrarbeit bei der Ausarbeitung einer Content-Marketing-Strategie.
Was kostet Content-Marketing?
Leider lautet hier die ehrliche aber sehr unbefriedigende Antwort: „Es kommt darauf an…“. Eine erste, kleine Investition, beispielsweise richtig guter Text für 50 Rubriken eines Onlineshops, kann preislich bei erschwinglichen 4000 Euro anfangen. Je nach Umfang und Qualitätsanspruch an die Texte verdoppelt sich so ein Preis jedoch schnell. Allerdings kann bei dieser Texterstellung noch nicht die Rede von einer echten Content-Marketing-Strategie sein. Abseits von SEO-Traffic wird dieser Standard-Content nicht dazu beitragen können, Reichweite zu steigern und neue Zielgruppen zu erreichen. Bei der Planung, Recherche und Erstellung sowie dem Seeding dieser redaktionellen, unkommerziellen Inhalte für Blog oder Magazin, gestaltet sich die Kalkulation schwieriger. Zwei wichtige Faktoren sind erstens die Erwartungen an Inhalte in der angepeilten Zielgruppe und zweitens welche Inhalte von Konkurrenten zu diesem Thema erstellt wurden und regelmäßig geliefert werden.
Im laufenden Content-Marketing-Prozess wird die Frage nach den absoluten Kosten zur Nebensache. Viel wichtiger bleibt die Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, also die Frage: „Lohnt sich Content-Marketing für uns?“. Allerdings sollte die Errechnung dieses Return on Investment frühestens nach einigen Monaten oder gar einem Jahr erfolgen. Content-Marketing muss dabei wie eine langfristige Investition betrachtet werden, keine kurzfristige Werbeausgabe.
Hat Content-Marketing überhaupt eine Zukunft?
Je mehr Unternehmen in einer Branche Content-Marketing machen, desto schwieriger wird es für alle Beteiligten. Denn Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit der Zielgruppe sind begrenzt. Gleichzeitig steigen die Erwartungen des Publikums, wenn es mit immer mehr und besseren Inhalten verwöhnt wird. Im Content-Marketing muss die Devise also lauten: „Ärmel hochkrempeln, Ellbogen ausfahren“. Denn mittelmäßige Inhalte, die auf das eigene Unternehmen und seine Produkte fokussiert sind oder plumpe Werbebotschaften neu verpacken, reichen schon lange nicht mehr aus. Das belegen auch die folgenden Statistiken.

Die Tendenz geht also hin zu umfangreicherem Inhalt, in dessen Erstellung mehr Zeit und/oder Budget investiert wird. Entsprechend sinkt die Frequenz neuer Veröffentlichungen etwas. Außerdem kommen in den letzten Jahren immer neue Content-Formate hinzu. Der Trend zu mehr interaktiven Inhalten und vor allem Bewegtbild (Videos) ist ungebrochen. Hier müssen Marketingmanager und Onlineredaktionen also am Puls der Zeit bleiben und aktuelle Vorlieben des Publikums sinnvoll aufgreifen, um sie am richtigen Ort und im richtigen Format abzuholen.
Fazit
Content-Marketing passt zu den Bedürfnissen vieler Unternehmen. Dabei sollte es als langfristige Investition betrachtet werden, die als Teil des Marketing-Mix selbstverständlich nach einer vorab definierten Zeitspanne zeigen muss, dass sie rentabel ist. Rein handwerklich kommt eine spannende Zukunft auf Entscheider und Macher im Content-Marketing zu mit dem Trend zu Qualität statt Quantität und neuen spannenden Formaten, mit denen das passende Publikum erreicht werden kann.
Autor

Andreas Schülke ist Head of Content Marketing und Teamleiter SEO bei der Onlinemarketing-Agentur Bloofusion. Er befasst sich vor allem mit den Themen Content-Marketing und Linkaufbau. Sein Wissen dazu teilt er im Bloofusion-Blog, im Magazin für SEO, SEA und E-Commerce suchradar, als Leiter von Workshops und als Redner auf Konferenzen. Außerdem ist er Autor des Buches „Psychologie im Online-Marketing“.