Amazon vs. Google – der Marktplatz dominiert die Produktsuchen

Wenn man von Suchmaschinenoptimierung spricht, werden die meisten wohl eher an Google oder allenfalls noch Bing denken. Dabei wird gerade im E-Commerce ein besonders wichtiger Player im Bereich der Optimierung gern vergessen oder sogar ignoriert: Amazon. Neueste Studien haben gezeigt, dass Produktsuchen immer häufiger direkt auf Amazon und nicht mehr auf Google gestartet werden. Dabei handelt es sich nicht um einen kurzfristigen Trend, sondern um eine nachhaltige Entwicklung, die aus Nutzersicht auch nur verständlich ist.
Während man auf Google zur Suchanfrage „Sportschuhe“ ein buntes Potpourri an Suchergebnissen aus der Local Search, Google Shopping, Adwords und organischen Ergebnissen diverser Onlineshops erhält, bekommt man bei Amazon zur gleichen Suchanfrage knapp 50 Ergebnisse mit konkreten Angeboten.

Ist man nun also tatsächlich auf der Suche nach neuen Schuhen für sportliche Aktivitäten, kommt man bei Amazon schneller zum Ziel. Gepaart mit einer riesigen Produktpalette und starken Cross- und Upselling, in Kombination mit Prime und der 1-Click- Bestelloption wird der Marktplatz aus Nutzersicht immer attraktiver im direkten Vergleich zu einer Produktsuche auf Google.

So arbeitet der A9- Algorithmus von Amazon
Um eines vorweg zu nehmen: niemand aus Amazon weiß, wie der Algorithmus zur Bewertung von Suchanfragen wirklich funktioniert. Dennoch kann man – ähnlich wie bei Google – durch Beobachtungen und verschiedene Versuche sich näherungsweise an die Funktionsweise und die Ranking-Faktoren der A9-Suchmaschine herantasten.
Folgende Faktoren hinsichtlich der Relevanz sind bei Amazon bekannt:
- 1. Im Produkttitel sollten die wichtigsten Keywords untergebracht werden, denn diese haben die höchste Gewichtung bei der Bewertungen der Relevanz.
- 2. In den Bullet Points (Artikelmerkmal unterhalb des Preises) sollten ergänzende, aber keine wiederholenden Suchwörter mit wichtigen Kaufargumenten eingefügt werden.
- 3. In den verdeckten Schlüsselwörtern der Seller-Central (Backend für Verkäufer) hat man maximal 5 Zeilen zu je 1.000 Zeichen Platz, um verschiedene kurze und lange Suchwortketten zu platzieren.
- 4. Die Produktbeschreibung wird zwar von Amazon indexiert, hat aber bei der Relevanzbewertung einen deutlich geringeren Wert als die anderen drei Punkte.
Fakt ist: der A9-Algorithmus braucht „Futter“ auf den Produktdetailseiten, damit eine Suchanfrage mit einem Suchergebnis abgestimmt werden kann. Es ist also unbedingt notwendig, ein Maximum an relevanten Suchworten in sein Listing zu integrieren, um möglichst viele Ansatzpunkte für Amazon zu liefern und sein Produkt damit reichweitenstark indexieren zu lassen.
Amazon SEO als Strategie für Umsatzwachstum
Allein auf der deutschen Plattform tummeln sich mehr als 80.000 Amazon-Händler, die zusammen viele Millionen aktive Angebote zum Verkauf anbieten. Trotz dieser beachtlichen Anzahl an Mitbewerbern ist es zurzeit noch immer einfach, mit einer gezielten Optimierung schnell mehr Sichtbarkeit aufzubauen und den Umsatz zu steigern. Kaum ein Amazon-Händler nutzt das volle Potential einer detaillierten Optimierungsmaßnahme seiner Produkte, bzw. weiß überhaupt, dass man bei Amazon gezielt Artikel für Suchanfragen optimieren kann.
Amazon SEO ist eigentlich keine neue Disziplin, jedoch in Deutschland erst seit 1-2 Jahren im Fokus von Agenturen und anderen Dienstleistern. Suchmaschinenoptimierung per se ist ein alter Hut und gerade die Ranking-Faktoren bei Google sind hinlänglich bekannt. Viele Grund-Metriken lassen sich sogar auch direkt auf Amazon anwenden. So sollte man bei einer Optimierung bspw. darauf achten, seine Keywords nach möglichen Suchvolumen zu priorisieren und entsprechend der A9-Gewichtung sinnvoll zu verteilen. Wer hier clever und weitreichend ein breites Keyword-Set in sein Amazon-Listing integriert, ermöglicht es der Suchmaschine, eine wesentlich bessere Bewertung vornehmen zu können, ob eine Suchanfrage mit dem eigenen Produkt zusammen passt.
Nicht selten kann durch eine gezielte SEO-Strategie auf Amazon der Verkauf eines Artikels um ein Vielfaches gesteigert werden und das innerhalb kürzester Zeit. Während man bei einer Google-Optimierung sich mittlerweile auf eine „Wartezeit“ von mehreren Monaten einstellen kann, bis eine Sichtbarkeitsverbesserung in den organischen Suchergebnissen festzustellen ist, so ist der SEO-Effekt bei Amazon binnen Minuten zu merken. Hier gilt der Grundsatz: gut optimiert ist halb verkauft.
Nutzer steht im Fokus – gerade bei Amazon ein wichtiger Aspekt
Dass bei jeder Maßnahme nicht nur der jeweilige Crawler (ob Amazon oder Google spielt keine Rolle) zu bedenken ist, sondern es letztendlich auf den „echten Nutzer“ ankommt, sollte eigentlich jedem klar sein. Dennoch ist gerade der Faktor Mensch bei Amazon besonders wichtig, denn letztendlich entscheidet auch vor allem die Conversion-Rate darüber, ob die Sichtbarkeit bei Amazon steigt, gleich bleibt oder sogar fällt. Während Google so gut wie keine Möglichkeit hat, um herauszufinden, ob eine Produktsuchanfrage auch zu einem Kaufabschluss auf einem beliebigen Onlineshop geführt hat, kann Amazon diese Daten exakt auswerten.
Eine Suchanfrage wird sogar in der URL sichtbar bis auf die Produktdetailseite mittransportiert und später entsprechend ausgewertet. Wenn ein bestimmtes Keyword auf Amazon auch tatsächlich oft konvertiert (sprich nach einer Suche auch wirklich ein Kauf zustande gekommen ist), dann hat dieses Suchwort für Amazon eine höhere Bedeutung in Verbindung mit dem gekauften Produkt und damit steigt gleichermaßen die Chance, dass dieses Amazon-Produkt in den Suchergebnissen sichtbarer wird.

Ob ein Nutzer auch wirklich zum Käufer konvertiert, hängt jedoch nicht nur von der Wahl der richtigen Keywords ab. Es spielen hier eine Menge andere Faktoren wie Anzahl und Durchschnitt der Kundenbewertungen, Kaufpreis, Versandgeschwindigkeit und vor allem auch das kleine Prime-Logo eine wichtige Rolle. Wer als Händler am „Fulfillment by Amazon“ (kurz FBA) Programm teilnimmt, sprich seine Produkte an das Warenlager von Amazon schickt und von dort aus versenden lässt, der bekommt automatisch das begehrte Prime-Logo angezeigt, wodurch die Verkaufswahrscheinlichkeit nochmals deutlich gesteigert wird.
Best Practices bei der Amazon Optimierung
Wie bereits erwähnt sind Keywords nicht alles und immer nur die Grundlage einer professionellen Amazon-Optimierung. Aus dem Alltag als Händler und Dienstleister haben sich folgende Best Practices als besonders wichtig erwiesen:
1. Bilder sind „kriegsentscheidend“
Eigentlich selbstverständlich, dass im Onlinehandel gute Produktbilder ein Must-Have sind. Allerdings zeigt die Praxis, dass nur wenige Produkte hier wirklich gut aufgestellt sind. Eine hohe Auflösung (mindestens 1.200 x 1.200 Pixel), ordentliche Kontraste und eine perfekte Ausleuchtung sind die Pflicht – richtig gute Motive und sogenannte „Moods“ (schöne Stimmungsbilder, welche das Produkt im Einsatz zeigen) die Kür. Allein durch eine gute Bildauswahl kann der Absatz eines Produktes enorm gesteigert werden.
2. Günstig ist nicht immer gut
Der Verkaufspreis spielt eine wichtige Rolle im Kaufentscheidungsprozess des Kunden. Allerdings zeigt auch hier die Praxis, dass es nicht immer ein besonders niedriger Preis sein muss. In einigen Fällen hat selbst eine Preissteigerung um mehr als 30% zu einer höheren Verkaufsrate geführt. Speziell dann, wenn ein Produkt mit Prime angeboten wird, kann nicht selten ein deutlich höherer Kaufpreis verlangt werden.
3. Jeder Verkauf zählt
Amazon hat neben der Relevanzbewertung noch einen weiteren Aspekt in seinen Algorithmus integriert: den Bestseller-Rang. Jedes Produkt hat – je nach zugeordneter Kategorie – einen eigenen Verkaufsrang, in dessen Bewertung jeder einzelne Verkauf eingeht. Je besser dieser sogenannte BSR, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Amazon dieses Produkt weiter oben in den Suchergebnissen listet.
4. Zielgruppe richtig einschätzen
Bei der Wahl der richtigen Keywords und Produktbilder kommt es vor allem auf den echten Nutzer an. Wer sich hier Gedanken zu seiner wirklichen Zielgruppe macht, der kann viel gezielter und vor allem auch relevanter für die potentiellen Käufer optimieren. Demografische Merkmale und ein antizipiertes Kaufverhalten helfen dabei, seine zukünftigen Kunden zielgerichteter mit seinem Listing auf Amazon anzusprechen.
Amazon Experten teilen ihre Erfahrungen
Natürlich ist eine umfassende Optimierung auf Amazon deutlich komplexer und vielschichtiger. Allein bei der Produktbeschaffung und in Punkto Markenrecht kann man als Händler viele Fehler machen und hat viele Hürden zu nehmen. Auf der Amazon-Konferenz „merchantday“ in Hannover berichten 7 Amazon Experten aus ihrem Berufsalltag und geben Händlern und Dienstleistern wertvolle Tipps, was sie beim Launch und der Optimierung von Produkten beachten müssen. Außerhalb des „Amazon-Universums“ gibt es ebenfalls eine Menge Hebel, die den Verkaufsrang und damit den Umsatz der Artikel steigern können. Gezieltes Influencer-Marketing und optimierte Klick-Kampagnen gehören heute in jede strategische Planung, um die Verkäufe auf Amazon anzukurbeln. Auch hierzu gibt es eine Menge spannender Vorträge auf dem merchantday 2017 in Hannover.
Kurzum: wer auf Amazon verkauft oder zukünftige Produkte anbieten möchte, für den ist die Amazon-Konferenz in Hannover ein Pflichtprogramm.
Autor

Ronny Marx ist Gründer und Head of Search bei intomarkets, einem Agentur-Service für Amazon-Händler. Seit über 10 Jahren ist er im E-Commerce und Onlinemarketing als Berater bei mittelständischen Unternehmen und Großkonzernen unterwegs. Zu seiner Kernkompetenz zählen neben der Suchmaschinenoptimierung auch die konzeptionelle und kreative Beratung sowie die Umsetzung von komplexen Webprojekten.