Praxistipp: Shopping mit Erlebnisgarantie

Die Erlebnisvermittlung im Onlinehandel ist nach wie vor ein heißes Thema. Gemeint ist damit: Die Shopbetreiber möchten ihre Kunden beeindrucken und haptische Erlebnisse auch online „greifbar“ machen. Soviel zur Theorie. Die eigentliche Frage lautet: Wie können Händler ganz praktisch das Erlebnis in ihren Webshop „einbauen“?
„Erlebnisvermittlung!“ ruft es von allen Seiten. Ja, aber wie denn im Onlinehandel? Genau das ist das Problem. Die Theorie ist soweit klar: Die Kunden erwarten heute mehr als einen Print-Produktkatalog, der für den Onlineshop in Kacheln zerschnitten wird. Was dem Onlinehandel an haptischer Substanz fehlt, soll er mit besonders inspirierenden Inhalten und Features wettmachen. Doch wie kann das gelingen, welche Features und Inhalte gibt es überhaupt und wie können Onlinehändler diese zielführend einsetzen?
Tatsächlich können Unternehmen schon mit einigen grundlegenden Serviceleistungen ein gutes Einkaufserlebnis für ihre Kunden bewirken. Ein engagierter Kundenservice oder ein einfacher und problemloser Check-Out sind bereits eine gute Ausgangssituation. Der Kunde soll es möglichst leicht haben, einen Kauf abzuschließen und das Unternehmen bei Problemen oder Fragen zu erreichen. Idealerweise merkt er gar nicht, ob er sich auf der Unternehmenswebsite oder im Shop befindet, weil beide nahtlos verschmelzen. Aber neben diesen Services gibt es weitere, digitale Features, die moderne Onlinehändler einsetzen können, um den Kunden ein positives Shopping-Erlebnis zu bescheren. Die folgenden fünf Tipps dienen Shopbetreibern als Denkanstöße, wie sie ihre Kunden beeindrucken und haptische Erlebnisse auch online „greifbar“ machen können.
1. Flach ist out! 360 Grad bitte!
Der besondere Vorteil eines stationären Ladens ist der: Ich sehe das Produkt, kann es in die Hand nehmen, drehen und von allen Seiten ausgiebig betrachten. Diese Erfahrung lässt sich aber nicht im Onlinehandel abbilden. Falsch! Bis vor ein paar Jahren mag das vielleicht zutreffend gewesen sein, aber spätestens jetzt, mit dem starken Ausbau der 360 Grad-Videos, sieht es schon wieder ganz anders aus. Die Rundum-Produktansichten auf der Website erlauben es dem Nutzer, das Produkt von allen Seiten zu betrachten und heran zu zoomen, um zum Beispiel Rückschlüsse auf das genaue Muster oder die Beschaffenheit eines Kleidungsstückstoffes ziehen zu können.
2. Bildwelten in klickbare Image Maps verwandeln
Viele Onlineshops integrieren inzwischen bereits Bildwelten, auf denen unterschiedliche Produkte in Aktion zu sehen sind, wie beispielsweise eine Familie beim Grillen. Wenn diese Bilder als Image Maps angelegt sind, können sie auf verschiedene Aktionen des Benutzers unterschiedlich reagieren. Konkret geht das so: Eine für den User unsichtbare Ebene wird mit verschiedenen Links und Verknüpfungen über das Bild auf der Seite gelegt. Unterschiedliche Bereiche des Bildes werden so mit unterschiedlichen Inhalten verknüpft. Um es anschaulich zu machen und beim Grill-Beispiel zu bleiben: Klickt der User auf den Grill, gelangt er automatisch auf die Produktseite und kann den Grill kaufen. Hier spricht man auch von einem Shoppable Image.
Ein Bild in Aktion quasi, das dem Nutzer aus dem Kontext heraus ermöglicht, ein gesehenes Produkt sofort zu kaufen oder erst einmal weitere Informationen dazu zu erhalten. Wenn er beispielsweise auf die Glut im Grill klickt, könnte auch ein Blogpost erscheinen, der auf die Vorsichtsmaßnahmen bei offenem Feuer hinweist.
Der Klick auf die Picknickdecke der Familie liefert dann möglicherweise die Produktseite eines Geschirrsets oder aber Rezepte für Salate und Baguettes. Dem Nutzer wird durch das Bild nicht nur ein alleinstehendes Produkt gezeigt, sondern gleich eine ganze Geschichte präsentiert. Diese regt im Kontext eher die Fantasie an und zeigt gleich Einsatzszenarien für Produkte sowie ein Lebensgefühl, das damit verbunden ist. Der Händler profitiert dabei von Cross-Selling, denn der Nutzer steigt so tiefer in die Geschichte ein, wird zu Mehrkäufen inspiriert und kann alle Produkte auch direkt kaufen.
3. Ein Film zum Anfassen – Shoppable Videos
Wenn ein Bild schon mehr als tausend Worte sagt, sagt ein Video mehr als 1.000 Bilder. Was bei den Image Maps auf statischen Fotos funktioniert, lässt sich inzwischen auch mit Bewegtbild-Inhalten realisieren. Die Erlebnisvermittlung per Video ist intensiver und emotionaler. Der Spaß eines Sportlers beim Fußball spielen oder das Gefühl von Freiheit und Lebensfreude durch ein neues Cabriolet – per Video und damit Bilder und Sound, sind die Gefühle sofort klar und der Wunsch, diese Freude zu teilen ist stärker übertragbar als es mit reinem Text je gehen würde. Videos können schnell zur interaktiven Verkaufsfläche werden, bei denen die Engagement-Raten oftmals wesentlich höher liegen als bei Bildern. Das bedeutet, Kunden bleiben bei einem Video wesentlich länger aufmerksam als bei einem reinen Foto.
Die Videos selbst sind (noch) nicht klickbar, aber die Produkte, die man im Film sieht, erscheinen simultan dazu neben dem Video, meist in Form von Produktkacheln. YouTube bietet für diese Form des Erlebnisshoppings Shoppable TrueView-Anzeigen und auch via Apple TV sind diese Shoppable Videos bereits möglich.
4. Hat es Ihnen gefallen? Kundenreviews inspirieren zum Kauf
Produktbewertungen gehören heute zu jedem guten Shop dazu. Denn häufig lassen sich die Nutzer nicht nur durch Freunde und Familie Empfehlungen aussprechen, sondern auch durch völlig Unbekannte im Netz. Das kollektive Bewerten von Produkten durch die verschiedenen User ersetzt damit inzwischen schon stückweise eine Kaufberatung. Damit Kunden diese Bewertungen aber auch wahrnehmen und Fragen, die sie sich vielleicht stellen, sofort beantwortet bekommen, sollten die Bewertungen prominent auf den jeweiligen Produktseiten erscheinen.
Wer sich erst umständlich durch einen Link-Irrgarten navigieren muss und dabei ständig die Produktseite verlässt, verliert möglicherweise schnell die Lust, am Ende wirklich etwas zu kaufen. Direkt auf der Produktseite jedoch können drängende Fragen direkt von anderen Usern beantwortet werden. So erhält der potenzielle Käufer den nötigen Kaufimpuls, weil die Review beispielsweise einen emotionalen Aspekt des Produktes hervorhebt.
5. Zum Greifen nah dank virtueller Realität
Dem Markt für Virtual und Augmented Reality wird von vielen Trendforschern ein starkes Wachstumspotential für die nächsten Jahre bescheinigt. Auch der E-Commerce profitiert von dieser Entwicklung. Der chinesische Handelsriese Alibaba beispielsweise verspricht bereits virtuelle Ladenrundgänge innerhalb seines Buy+-Konzepts. In so einer virtuellen Umgebung kann der User per smarter Datenbrille 360-Grad-Ansichten der Produkte und Verkaufsregale betrachten, sich durch diese hindurchbewegen und Kleidungsstücke an virtuellen Modells betrachten. Innerhalb dieser Umgebung können die Nutzer auch Produkte im Detail aufrufen, betrachten, in den Warenkorb legen und bezahlen.
Fazit
Über Themen wie Omnichannel und mobile Ansichten von Webshops müssen wir vermutlich nicht mehr sprechen – das ist ein „Must have“ für Onlinehändler. Wer allerdings die eben genannten Features in seinen Onlineshop integriert, ist damit auf dem aktuellsten Stand und zählt oftmals zu den Vorreitern in der Branche. Wer tatsächlich noch nicht für mobile Endgeräte optimiert und auch auf verschiedenen Kanälen aktiv ist, sollte dies schleunigst nachholen. Das ist weniger ein Tipp, als vielmehr ein Hinweis zur reinen Selbsterhaltung.
Autor

Arne König ist Regional Marketing Director DACH & EMEA bei CoreMedia, einem der führenden Content Management-Anbieter für digitale Erlebnisse, und verantwortlich für das Marketing in diesen Regionen. CoreMedia unterhält Büros in Hamburg, San Francisco, Washington, London und Singapur. Seit mehr als zwei Jahrzehnten unterstützt CoreMedia bedeutende internationale Marken bei der Umsetzung ihrer Onlinestrategien.