Magento 2016 – es tut sich wieder was….

Wie heißt es doch so schön: Tot gesagte leben länger… Mitte April fand in Las Vegas mit der Imagine Conference das Magento Event des Jahres statt und heuer gab es – im Vergleich zu den vergangenen Jahren – einiges mehr an Neuigkeiten rund um Magento. So ist es auch kaum verwunderlich, dass das Event mit rund 2.500 Teilnehmern aus allen Erdteilen komplett ausverkauft war und die Teilnehmer gleich zu Beginn mit einigen zum Teil massiven News versorgt wurden.
State of Magento
Das Jahr 2015 war im Umfeld Magento schon ein Stückweit geprägt von Unsicherheit und Unzufriedenheit. War es in den letzten Jahren so, dass Magento als Innovator von neuen Technologien und Features den Takt im Bereich Open Source E-Commerce vorgegeben hatte und gerade in den ersten Jahren ein enormes Momentum aufwies, konnte diese Dynamik insbesondere im letzten Jahr unter der Regie von eBay nicht mehr aufrecht erhalten werden. Die Folge: andere Shoplösungen konnten Marktanteile und auch Kunden gewinnen, die in der Vergangenheit quasi auf Magento abonniert waren. Dann wurde Mitte letzten Jahres die Abspaltung von eBay bekannt gegeben und auch eine konkrete Roadmap für das bereits vor längerem angekündigte Magento 2 veröffentlicht.
Beides waren strategisch extrem wichtige Meilensteine für die Zukunft von Magento: Mit dem Verkauf an Permira, einen strategischen Investor, und die Finalisierung dieses Deals sowie den Launch von Magento 2 Ende letzten Jahres wurde der Grundstein für die Zukunft von Magento gelegt und die Anzeichen verdichten sich, dass diese vielversprechend sein kann. Die hierfür notwendige Basis am Markt und in der Community ist in jedem Fall vorhanden:
- 250.000 Shops weltweit setzen Magento ein
- davon nutzen 3.100 Unternehmen Magento Enterprise
- 300 Solution- und Technologiepartner weltweit
- mehr als 1.000 Implementierungspartner
- Entwickler-Community mit 125.000 Mitgliedern
- mehr als 5.900 zertifizierte Entwickler
Damit ist Magento inzwischen die weltweit führende E-Commerce Plattform – und zwar sowohl im b2c als auch b2b-Bereich. So kommen aktuell rund 30% aller Magento Enterprise Kunden aus dem b2b Umfeld. Um Magento auch zukünftig auf der Erfolgsspur halten zu können bzw. gerade die enorme Dynamik aus der Anfangszeit wieder aufzunehmen, wurden auf der diesjährigen Imagine Conference eine Vielzahl an Neuigkeiten und auch neue Produkte vorgestellt, auf die wir nachfolgend kurz eingehen möchten:
Magento 2.0
Mit dem Launch von Magento 2 Ende letzten Jahres wurde die technologische Basis für die kommenden Jahre gelegt und die Software verspricht einiges. Insbesondere das Thema Qualität und Flexibilität hat bei Magento 2 oberste Priorität und die bisherigen Kritikpunkte – insbesondere in Bezug auf Testing und Dokumentation – wurden grundlegend berücksichtigt und die Resonanz im Markt und bei Kunden ist äußerst positiv. Dies bestätigen unsere eigenen Erfahrungen sowie die nachfolgenden Parameter:
- Mehr als 228.000 Downloads von Magento 2 seit dem Release im November 2015
- aktuell bereits mehr als 1000 Shops auf Basis von Magento 2 live
- Weltweit über 100 Magento 2 zertifizierte Partner
Mit dem Launch von Magento 2 werden zukünftig quartalsweise neue Releases ausgerollt, wobei die Roadmap für die kommenden Versionen äußerst sportlich erscheint. So wird Magento 2.1 als eines der Haupt-Features umfassende Staging- und Preview-Funktionalitäten sowie die Integration der High-End-Suche Elasticsearch mitbringen. Darüber hinaus wird im 3. Quartal dieses Jahres mit einer speziellen Magento b2b-Version ein erstes Vertical mit für diesen Bereich spezifischen Funktionalitäten wie anpassbaren Order-Workflows, mehrstufigen Recht-/Rollenkonzepten, sowie diversen weiteren Features verfügbar sein.
Magento Marketplace
Eines der Erfolgsrezepte von Magento war ein von Beginn an verfügbarer Extension Marktplatz namens Magento Connect, auf dem es zuletzt rund 7.000 Magento Module für nahezu jede Anforderung – teils kostenlos, teils kostenpflichtig – gab. Initial wurde hier von Magento jedoch mehr auf Quantität anstatt Qualität gesetzt, d. h. es gab bislang kaum oder nur minimale Qualitätsprüfungen der eingereichten Module. Die Konsequenz davon bedeutete in der Praxis, dass zwar sehr viele Module verfügbar waren, es jedoch mitunter enorme Qualitätsunterschiede gab, was Implementierungspartner zum Teil vor große Herausforderungen gestellt hat.
Mit dem neuen Magento Marketplace, der seit April online ist, hat Magento hier die Erfahrung und Learnings sowie das Feedback aus der Community konsequent umgesetzt und verfolgt jetzt einen Modell, das sich sehr stark am Apple Appstore orientiert. So gibt es jetzt sehr strikte Coding Guidelines und Qualitätskriterien, die bei jeder Extension im Rahmen einer umfassenden Prüfung durch Magento angewendet werden. Hierzu zählen neben diversen Code-Metriken auch Prüfungen in Bezug kopierten Quellcode sowie den Mehrwert eines Moduls für Shopbetreiber bzw. Administratoren.
Ein weiterer großer Unterschied zum bisherigen Extension-Marktplatz besteht darin, dass Module jetzt auch direkt über den Marktplatz gekauft und installiert werden können. Dabei setzt Magento auf ein Revenue-Share-Modell – ebenfalls analog Apple – wodurch man davon ausgehen kann, dass hier recht schnell ein neues Ökosystem rund um Magento Extension entstehen wird.

Magento Commerce Order Management
Mit der sogenannten MCOM (Magento Commerce Order Management) steht seit kurzem eine enorm flexible und leistungsfähige Order Management Lösung zur Verfügung, die als SaaS Plattform Händlern zukünftig die Steuerung ihrer Omni-Channel-Anforderungen erlaubt und damit quasi als eine Art Datenhub für das intelligente Routing von Bestellungen innerhalb der verfügbaren Channels (Web sowie Offlinefilialen etc.) verantwortlich ist.
Die MCOM basiert dabei auf dem Magento 2 Framework, lässt sich über fertige Schnittstellen sehr einfach an Magento 2 andocken und erlaubt es zudem, über entsprechende APIs mit beliebigen anderen Showlösungen zu kommunizieren. Durch rund 150 Parameter lassen sich selbst exotische Anforderungen im Omni-Channel-Bereich rein konfigurativ und ohne entsprechende Programmierung lösen, wodurch eine schnelle Time-to-Market gewährleistet werden kann. Zu den ersten Kunden dieser neuen Lösung gehören unter anderem der Frankfurter Flughafen (Fraport), Dyson sowie Luxottica. Weitere sehr spannende Projekte befinden sich aktuell gerade in der Umsetzung.

Magento Enterprise Cloud Edition
Die größte Überraschung aber sicherlich auch das größte Potential stellt aus unserer Sicht die Vorstellung einer Magento SaaS Lösung namens Magento Enterprise Cloud Edition dar, bei der man ein extrem spannendes und zukunftsorientiertes Paket geschnürt hat und sich bei der Produktgestaltung endlich wieder mal richtig Gedanken gemacht hat.
Bei der Magento Enterprise Cloud Edition handelt es sich um eine Platform-as-a-Service (PaaS) Lösung, die ein schnell zu entwickelndes, sicheres und komplett anpassbare Shop-Frontend mit einer führenden und beliebig skalierbaren Hostingumgebung auf Basis von Amazon AWS inklusive Managed Services enthält.
Darüber hinaus stellt die Lösung „out-of-the-box“ zusätzlich noch ein Content Delivery Network (CDN) von fastly, das Performance- Management-Tool New Relic sowie das Profiling-Tool blackfire.io bereit. Letzteres haben wir bereits bei diversen Magento Performanceoptimierungen als Profiling-Tool verwendet und damit enorm positive Erfahrung gesammelt. Hinter blackfire.io steht kein geringerer als Fabienne Potenzier mit seiner Firma Sensiolabs, die mit dem PHP Framework Symfony bereits gezeigt hat, was sie kann.
Aktuell sind noch keine Preise verfügbar, jedoch hat Magento bereits signalisiert, hier mit einem aggressiven Pricing in den Markt zu gehen. Dabei wird man sich in den Grundzügen am Preismodell von Magento Enterprise mit entsprechenden Umsatzklassen sowie am Traffic und den Order Volumen orientieren und eine jährliche Nutzungsgebühr erheben.

Darin enthalten sind dann die nachfolgenden Leistungen:
- Fastly CDN und DDos Protection
- Unbeschränkte Zugänge zu New Relic APM Pro sowie blackfire.io Enterprise
- Magento 2 Enterprise Lizenz
- PaaS Continous Cloud Integration Tools mit unbegrenzten Nutzern und 8 Non-Production Umgebungen
- Dreifach redundante, dedizierte Produktionsumgebung auf Basis von Amazon AWS mit Auto-Scaling
- 24/7 Monitoring sowie Applikations- und Infrastruktur-Support inkl. aktivem Patching
Nachfolgend ein paar wichtige Aspekte zu diesem neuen Magento Produkt:
Grundlegend für Magento optimiert
Durch entsprechende Build-Skripte und Konfigurationen wird gewährleistet, dass jede Instanz optimal konfiguriert und aufgesetzt ist, um optimale Performance und Skalierbarkeit garantieren zu können.
Flexibilität für Partner
Eine umfassende REST API und ein erweiterbares Kommandozeilentool gewährleisten die einfache und sichere Anbindung von Drittsystemen sowie entsprechende Kompatibilität mit bestehenden Implementierungsworkflows.
Upgradefähigkeit
Magento wird für bestehende Kunden die Möglichkeit eines Upgrades bzw. Umstieges auf die Enterprise Cloud Edition anbieten. Für Magento 2 Kunden wird dazu lediglich der Lizenzvertrag umgestellt. Für Showbetreiber die Magento 1 einsetzen, muss vorher ein Lizenzumstieg auf Magento 2 erfolgen.
Autor

Als Geschäftsführer der TechDivision GmbH, einer der führenden Magento- und E-Commerce-Agenturen im deutschsprachigen Raum, beschäftigt sich Josef Willkommer seit vielen Jahren sehr intensiv mit E-Commerce und Online-Marketing. Darüber hinaus ist er als Chef-Redakteur des eStrategy-Magazins sowie als Autor diverser Fachbeiträge rund um E-Commerce und Online-Marketing auch journalistisch tätig. Neben diversen Beratungstätigkeiten für unterschiedlichste Unternehmen trifft man ihn bei diversen Fachkonferenzen auch als Speaker zu E-Commerce- und Online-Marketing-Themen.
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