Inbound-Marketing – Kundenansprache mit Magnetwirkung

Mit einer Fülle an Informationen im Netz und in den sozialen Medien strömen zahllose Markenbotschaften und Shoppinganreize auf Verbraucher ein. Um durch diese Informationsflut zu dringen, setzen inzwischen viele Marketer auf die Inbound-Methodik. Mit hochwertigen Inhalten überzeugen und begeistern sie für Unternehmen und Produkte. Im Vergleich zum traditionellen Marketing hat sich die Vorgehensweise dabei umgekehrt: Nicht das Unternehmen versucht, Interessenten zu finden, sondern der Interessent findet das Unternehmen.
Traditionelles Marketing war gestern: Telefonische Kaltakquise ist in Deutschland seit Jahren verboten, Werbe-E-Mails landen in separaten Postfächern oder gleich ungelesen im Spam-Ordner, TV-Zuschauer schalten in der Werbepause um oder nutzen die Unterbrechung anderweitig. Und gegen nervige Onlineanzeigen greifen immer mehr Konsumenten auf Adblocker zurück. Mit anonymer Massenansprache und unpersönlichen Botschaften in Form von Werbeanzeigen oder -Mailings laufen Unternehmen zum einen Gefahr, potenzielle Kunden zu vergraulen, und verpulvern zum anderen Geld, das nachhaltiger und sinnvoller ins Marketing investieren werden könnte. Denn die Verbraucher von heute sind von dieser Art der Kundenansprache häufig ermüdet, genervt und blenden sie regelrecht aus.
Gleichzeitig gibt es beim Informationsverhalten einen klaren Wandel hin zu Onlinequellen. Denn dank Smartphones, Tablets und Wearables wie die Apple Watch ist das Internet allgegenwärtig und nur einen Handgriff entfernt. So konsultiert man heutzutage einfach und schnell Google, Online-Communities oder Ratgeberportale. Internetangebote sind außerdem ständig verfügbar und meist hochaktuell. Dieser veränderte Informationszugriff spiegelt sich auch im Kaufverhalten wider: Rund 70 Prozent aller Einkäufe beginnen mit einer allgemeinen Suche im Internet.
Qualitativer Content mit Anziehungskraft
Das veränderte Informations- und Konsumverhalten beeinflusst stark die Wirksamkeit von Marketingmaßnahmen. Viele Unternehmen haben diesen durch die Digitalisierung vorangetriebenen Wandel längst erkannt und setzen daher auf die Inbound-Methodik. Bei diesem Ansatz geht es in erster Linie darum, hochwertige Inhalte zu schaffen. Der Content soll Aufmerksamkeit auf das Unternehmen lenken und potenzielle Kunden schließlich zielgenau zu den Angeboten und Produkten führen, nach denen sie gerade suchen. Der Kunde steht im Mittelpunkt. Das Unternehmen punktet dabei nicht durch leere Werbeversprechen, sondern überzeugt mit seiner Kompetenz. Im Gegensatz zu herkömmlichen Marketingmethoden versucht es also nicht, über Massenbotschaften Kunden zu finden, sondern der gut aufbereitete Content zieht Interessenten quasi von selbst – wie ein Magnet – an.
Gleichzeitig sind die Kosten beim Inbound-Marketing langfristiger investiert als beim klassischen Marketing, das nach Ablauf einer bezahlten Anzeigenschaltung wieder unsichtbar wird. Inbound-Marketing ist nachhaltiges Marketing.
Das Prinzip lässt gut mit einem Hauskauf im Gegensatz zum Mietwohnen vergleichen. Wenn man ein Haus oder eine Wohnung mietet, hat man nur so lange einen Nutzen davon, wie der Vertrag läuft und Mietzahlungen fließen – genau wie bei einer Werbefläche. Sobald der Vertrag gekündigt ist und die Mietzahlung versiegt, muss man ausziehen und der eigene Name verschwindet vom Klingelschild. Analog dazu ist eine „Pay-per-Click“-Anzeige bei den Google-Suchergebnissen nur so lange präsent, wie dafür bezahlt wird. Sobald das Budget aufgebraucht ist, verschwindet man unmittelbar von den vorderen Plätzen. Wenn man hingegen ein Haus kauft, profitiert man dauerhaft von dem getätigten Investment. Inbound-Marketing bildet gleichermaßen das Fundament für anhaltende Erfolge.
Mit hochwertigem Content, der dauerhaft Interesse weckt, zahlen Unternehmen auf ihre Sichtbarkeit ein – und zwar über den Investitionszeitraum hinaus – die Wirkung verpufft nicht. Qualitativer Content, wie Ratgeber, Whitepaper oder How-to-Anleitungen, versprechen kontinuierlich ein besseres Ranking. Und je authentischer und länger der Content im Web ist, desto besser fällt die Positionierung aus. So können auch bereits länger verfügbare Inhalte immer wieder neue Kontakte generieren. Dass sich der Einsatz lohnt, beweist auch der Return on Invest (ROI): Der ist bei Inbound-Marketing im Schnitt dreimal höher als beim traditionellen Marketing – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich.
Vom Fremden zum Fürsprecher
Um potenzielle Kunden mit den richtigen Inhalten zu erreichen, bedienen sich Inbound-Marketer einer breiten Palette an Instrumenten und achten auf die verschiedenen Entscheidungsphasen des Kunden. Im ersten Schritt, der Anwerbungsphase, geht es darum, Interesse zu wecken. Mithilfe von Blog-Einträgen oder Social-Media-Posts, Keywords und einer optimierten Website werden Besucher über verschiedene Kanäle hinweg angesprochen und zunächst Traffic generiert. Aber nicht einfach nur irgendwelche Website-Besucher, sondern idealerweise gleich die richtigen – also tatsächliche Interessenten und potenzielle Kunden.
Das gelingt aber nur, wenn sich Marketer bei der Contenterstellung in Kunden und deren konkrete Bedürfnisse hineinversetzen:
- Was sucht der Kunde?
- Mit welchen Herausforderungen hat er zu kämpfen und welche Lösungen können wir ihm dabei anbieten?
- Bevorzugt er eher einen ausführlichen Artikel oder ein Video-Tutorial?
Um erfolgreiches Inbound-Marketing zu betreiben, müssen diese Vorlieben immer berücksichtigt werden. Hochwertige, lösungsorientierte Inhalte bieten so vor allem auch in Nischenbereichen ein immenses Potenzial, Wissen zu vermitteln, sich als Experte zu positionieren sowie Vertrauen zu Produkten und zur Marke aufzubauen.
Im nächsten Abschnitt der Inbound-Reise, der Conversion, gilt es dann, die Kontaktdaten der Besucher zu gewinnen, um sie in qualifizierte Leads umzuwandeln. Kontaktdaten sind im Onlinemarketing bares Geld wert – und mit dem richtigen Einsatz von Inbound-Mitteln erhalten Website-Besucher einen guten Grund, ihre Daten freiwillig zu teilen. Wenn die verfügbaren Inhalte, wie etwa informative Blog-Beiträge, so großes Interesse wecken, dass der Leser unbedingt noch mehr über das Thema erfahren möchte, kann ein umfangreicheres und tiefer gehendes E-Book ein passender Anreiz sein.

Mit sogenannten Call-to-Actions (CTAs), also Handlungsaufforderungen, werden potenziellen Kunden genau solche Mehrwerte angeboten – etwa in Form von Buttons mit „Whitepaper herunterladen“, „Zum Webinar anmelden“ oder „E-Book downloaden“. Sobald der Besucher auf den entsprechenden CTA-Button klickt, erfolgt die Weiterleitung auf eine Landingpage – also eine separate Seite, auf der der potenzielle Kunde im Austausch gegen seine Kontaktdaten das verlockende Angebot erhält, also das Whitepaper, E-Book oder den Zugang zum Webinar. Je hochwertiger der angebotene Content ist, desto mehr Daten wird ein Interessent im Gegenzug zu geben bereit sein – eine Tatsache, die Unternehmen bei der Bereitstellung von Inhalten immer beachten sollten.
Für die Abfrage der Kontaktdaten ist es wichtig, einfache und nutzerfreundliche Formulare einzusetzen. Hilfreich sind zum Beispiel Drop-Down-Menüs, bei denen der Besucher aus einer vorgegebenen Auswahl eine auf ihn zutreffende Angabe selektieren kann.
Mithilfe der erfassten Daten können Marketer im weiteren Verlauf einschätzen, wer tatsächlich ein potenzieller Kunde sein könnte, und nur diese relevanten Kontakte ansprechen. Diesen qualifizierten Leads können dann auf ihrem Interesse basierend Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden. Verschiedene Vorgehensweisen und Tools helfen dem Marketer dabei, aus einem Lead einen Kunden zu machen.
Ein bewährtes Mittel ist zunächst das Lead-Scoring: Die numerische Lead-Bewertung verrät, ob ein Lead wirklich schon bereit für ein Verkaufsgespräch ist. Denn auch wenn ein potenzieller Kunde auf einen Button geklickt und ein Formular ausgefüllt hat, kann er trotzdem (noch) nicht kaufbereit sein. Dann können zum Beispiel hilfreiche E-Mails mit nützlichem Content den Kontakt intensivieren, Vertrauen zum Unternehmen und der Marke aufbauen und schließlich die Kaufbereitschaft erhöhen. Mittels Marketing Automation ist es möglich, punktgenau auf die Bedürfnisse des potenziellen Käufers einzugehen und E-Mail-Maßnahmen genau auf dessen Verhaltensmuster und Interessen hin zuzuschneiden. Denn während der Interaktion mit einem Unternehmen durchläuft der Kunde verschiedene Entscheidungsphasen und jede dieser Etappen erfordert unterschiedliche Marketingaktivitäten.
Um herauszufinden, welche Maßnahmen die besten Leads generieren und wie effektiv die Neukundengewinnung ist, müssen Marketing und Vertrieb Hand in Hand arbeiten und die eigenen Aktionen evaluieren. Mit einem integrierten System für das Customer Relationship Management (CRM) können nicht nur sämtliche Kunden- und Kontaktdaten ohne zeitintensive manuelle Eingaben gemeinsam verwaltet werden, sondern es lässt sich auch auswerten, wie wirksam Marketing und Vertrieb zusammenarbeiten.
Ein gut eingebundenes und sinnvoll genutztes CRM ist die effektivste Maßnahme zur Straffung des Vertriebsprozesses und Erhöhung der Vertragsabschlüsse. Die enge Vernetzung von Marketing und Sales ist für erfolgreiches Inbound-Marketing essenziell – und bildet darüber hinaus die Grundlage für eine nahtlose Customer Journey. Aber die nachhaltige Inbound-Methodik geht noch über den erfolgreichen Geschäftsabschluss hinaus: Mit Smart Content, umfassenden Service oder Kundenbindungsprogramme wird die Beziehung zum Kunden gepflegt, um ihn als authentischen Fürsprecher für sich zu gewinnen. Denn der Inbound-Marketer weiß: Zufriedene Kunden werden in Zukunft eine wichtige Säule des Marketings.
Das A und O: das richtige Werkzeug
Damit alle Marketing- und Vertriebsmaßnahmen lückenlos ineinandergreifen und keine Kunden auf den einzelnen Etappen der Inbound-Reise verloren geht, müssen Unternehmen nicht nur mit einer umfassenden Strategie arbeiten, sondern auch auf die passenden Tools setzen. Mit den richtigen Inhalten und einer leistungsstarken Softwareplattform – im Idealfall einer All-in-one-Lösung für Marketing und Vertrieb – erzielt das Inbound-Prinzip die besten Ergebnisse. Denn die Inbound-Methodik ist ein ganzheitliches Konzept, unter dessen Mantel sich viele verschiedene Einzeldisziplinen wie Content-Marketing, Social-Media-Marketing, E-Mail-Marketing, Conversion- und Suchmaschinenoptimierung mit Marketing Automation vereinen.
Dazu gehören aber auch die kontinuierliche Analyse sowie Reporting und Monitoring, damit sämtliche Maßnahmen verglichen und optimiert werden können. Nur wenn alle Publishing- und Analytics-Werkzeuge integriert sind und perfekt zusammenspielen, können Marketingerfolge sichtbar und messbar werden. Und wer die Effektivität seiner Marketingmaßnahmen belegt, kann die Wahrscheinlichkeit auf ein steigendes Marketingbudget um 60 Prozent erhöhen, wie die aktuelle „State of Inbound“-Studie von 2016 beweist.
Dauerhaft für Begeisterung sorgen
Mit Inbound-Marketing können Unternehmen den Kunden von heute und morgen eine maßgeschneiderte Customer Journey bieten und sie immer genau da abholen, wo sie gerade Informationen benötigen. Denn Inbound-Marketing begleitet Interessenten entlang des gesamten Entscheidungsprozesses – und das über alle geeigneten Kanäle hinweg. So empfinden Kunden das Marketing nicht als störend oder gar belästigend, sondern als nützlich und hilfreich. Aus diesem Grund hat sich der umfassende Inbound-Ansatz in den vergangenen Jahren als die Kundenansprache der Zukunft im Digital-Marketing etabliert. Die Inbound-Methodik liefert Kunden einen Mehrwert und überzeugt mit Qualität. Indem Unternehmen sich darauf konzentrieren, Kunden zu verstehen und zu begeistern, legen sie den Grundstein für Kundenzufriedenheit und erfolgreiche Geschäftsabschlüsse: HEO (Human Enjoyment Optimization) statt SEO.
Autorin

Inken Kuhlmann ist als Manager Growing Markets bei HubSpot verantwortlich für die strategische Entwicklung des Marktführers für Inbound-Marketing- und Inbound-Sales-Software in DACH, Frankreich und Spanien.
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ikuhlmann(at)hubspot.com
http://blog.hubspot.de/marketing/author/inken-kuhlmann