Digitalisierung im B2B-Handel. Worauf Unternehmen bei der Einführung eines B2B-Webshops achten sollten

Im Handel mit Geschäftskunden nimmt der digitale Wandel immer stärker an Fahrt auf. Unternehmen bietet er vielfältige Chancen, um Zeit und Kosten zu sparen, die Kundenbindung zu erhöhen, neue Umsatzpotentiale zu erschließen und Geschäftsprozesse zu optimieren. Die digitalen Pioniere haben bereits Geschäftsmodelle für den Direktvertrieb entwickelt und die notwendigen Veränderungen durchgeführt. Doch viele Unternehmen stehen dieser Entwicklung noch skeptisch gegenüber. Dabei forciert die Digitalisierung in immer kürzer werdenden Abständen neue innovative Produkte und Services. Um sich für künftige Anforderungen fit zu machen, müssen B2B-Unternehmen nicht nur ihre Vertriebswege effizienter nutzen: sie benötigen einen Onlineshop, der an den Erwartungen der Kunden ausgerichtet ist.
Geschäftskunden erwarten heute das gleiche Einkaufserlebnis, das sie aus ihrem Privatbereich kennen: personalisiert, komfortabel und vernetzt über alle Kanäle – natürlich mit erstklassigem Service und alles rund um die Uhr. Dafür bedarf es einer Omni-Channel-fähigen E-Commerce-Lösung, die alle Kontaktpunkte entlang der Customer Journey einbindet, die außerdem alle relevanten Daten aus unterschiedlichen Unternehmenssystemen verknüpft und diese in Echtzeit zur Verfügung stellt. Hinzu kommt, dass der B2B-E-Commerce wesentlich komplexer ist als der Onlinehandel mit Endkunden. Unterschiede entstehen etwa durch:
- stark differenzierte Preismodelle;
- individuell ausgehandelte Konditionen;
- on-demand produzierte Waren;
- mehrere Einkäufer desselben Kunden mit jeweils unterschiedlichen Berechtigungen;
- flexible Angebotserstellung aus wiederkehrenden Bestellungen;
Der Begriff „Onlineshop“ greift daher viel zu kurz: Ein B2B-Unternehmen, das A-, B- und C-Kunden mit derselben digitalen Plattform bedienen möchte, braucht eine breit aufgestellte E-Commerce-Lösung, die noch dazu Daten aus unterschiedlichen Quellen integrieren kann.
Geschäftskunden erwarten das B2C-Erlebnis
B2B-Webshops müssen heute ein perfektes Zusammenspiel aus funktionalen und emotionalen Aspekten liefern. Gerade traditionsreiche Unternehmen kennen ihre Kunden meist sehr lange und sehr genau. Bestandskunden schätzen die persönliche Kommunikation und erwarten, dass ihre individuellen Preise im Webshop berücksichtigt werden. Eine der wichtigsten Funktionen ist die Produktmerkmalsuche, die mit Angaben zur DIN-Nummer, dem Werkstoff, der Oberfläche oder auch der Form des gewünschten Produktes befüllt werden kann und das schnelle Finden des gewünschten Produktes aus einem umfassenden Sortiment des Großhändlers ermöglicht – und damit voll dem Nutzerbedürfnis nach schneller Information entspricht. Dabei sind eigene Artikelnummern pro Kunde hinterlegbar, die ebenfalls in der Suche berücksichtigt werden. Moderne Anzeigemethoden wie Reiternavigation und Überblendungen mit Overlays sowie die Nutzung von Warengruppenstrukturen und Favoritenlisten sorgen für das erwartete „B2C-Einkaufsgefühl“.
Gerade im B2B-Umfeld ist häufig ein umfangreiches Berechtigungssystem mit Rechten auf Kunden- und auf Benutzerebene notwendig. Dieses erlaubt es dem Kunden, mehrere Benutzer festzulegen, die z. B. auf den gleichen Adresspool und auf alle Bestellungen aller Benutzer des Kunden zugreifen können. Zur Vereinfachung wiederkehrender Bestellungen können dann häufig Favoritenlisten und -mengen verwaltet werden. Ein Freigabeverfahren von Warenkörben ist ebenfalls sehr häufig notwendig: In diesem Fall können Benutzer rechteabhängig zwar Warenkörbe zusammenstellen, aber nicht bestellen. Sie müssen die Warenkörbe an Benutzer mit den entsprechenden Rechten weitergeben. Zusätzlich kann der Kunde Budgets pro Benutzer und Zeitraum festlegen und verwalten. Einen Anbindung an vorhandene ERP-Systeme – zum Teil auch in Echtzeit – ist zudem sehr häufig eine der zentralen Anforderungen im B2B-Umfeld. Darüberhinaus kommen immer häufiger sog. PIM-Systeme zum Einsatz, welche die entsprechenden Produktdaten inkl. Medien wie Bilder und/oder Videos liefern.
IST-Zustand analysieren und Bedarfe definieren
Bei vielen Unternehmen, die den B2B-Handel online betreiben wollen, stellt sich die Ausgangssituation ähnlich dar: es sind bereits verschiedene Unternehmenssysteme in der IT-Landschaft vorhanden. Fast immer ist ein ERP im Einsatz. Häufig werden auch Anwendungen zur Pflege und Verwaltung von Produktdaten (PIM) und Kundendaten (CRM) genutzt. Aber auch die Problemlage ähnelt sich: oftmals passen diese Systeme einfach nicht zusammen, denn der Datenpool aus Stammdaten, Produktreferenzen und Preisinformationen ist hochkomplex. Unternehmen, die ihre Daten und Prozesse in ERP-, CRM- und PIM-Systemen konsolidiert haben, benötigen belastbare Schnittstellen, mit denen sich diese Daten sinnvoll miteinander verknüpfen und auswerten lassen.
Dank einer integrierten Schnittstelle zum ERP-System ist auch imcopex, ein internationaler Distributor für Bürobedarf, in der Lage, seinen B2B-Einkäufern weitreichende Servicefunktionen zur Verfügung stellen, die rund um die Uhr genutzt werden können. Die Schnittstelle beinhaltet die Live-Replikation aller wichtigen Tabellendaten (Produktstammdaten, Preise, Bestände, Kunden- und Adressdaten) aus dem ERP. Bestellungen werden vom Shop an das ERP übermittelt. Die Zuordnung von Kompatibilitätsdaten zwischen Geräten und Zubehör, Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien erfolgt direkt beim Datenimport – das spart dem Distributor nicht nur Zeit und Kosten bei der Datenaufbereitung für seinen Onlineshop, sondern reduziert auch den nachträglichen Pflegeaufwand.
Bei der Definition der Datenschnittstelle muss beachtet werden, dass ihre Integrationsfähigkeit darüber entscheidet, ob sich der Webshop im Nachhinein zu einer umfassenden Kundenbindungsplattform ausbauen lässt. Für E-Commerce-Projekte empfiehlt sich daher die Wahl einer entwicklungsfähigen Web-Shopsoftware, die flexibel und skalierbar ist, um auch bei steigendem Geschäftsaufkommen ein kosteneffizientes Customizing für spezifische Anforderungen zu ermöglichen.

Vorbehalte in den Fachabteilungen abbauen
Fehlende Erfahrung und mangelnde Kommunikation bei der Einführung eines Webshops führen häufig dazu, dass Fachabteilungen den Eindruck haben, ihre Finanzmittel und Kompetenzen gegen die anstehenden Veränderungen schützen zu müssen. Der B2B-Shop steht jedoch nicht in Konkurrenz zu etablierten Vertriebskanälen. Vielmehr kann er ein effektives Werkzeug sein, um etwa den Absatz von Produkten mit hoher Lagerumschlagsgeschwindigkeit (sog. Schnelldreher) zu verbessern. Steht der Onlineshop dem Vertrieb zusätzlich als mobile App-Lösung bereit, dann kann der Außendienstmitarbeiter bereits vor Ort den Kundenauftrag per Smartphone oder Tablet erfassen und über eine entsprechende Schnittstelle an das ERP übermitteln.
Die automatisierte Abwicklung von Bestellprozessen spart Zeit, reduziert Kosten, steigert die Kundenzufriedenheit und entlastet den Vertrieb spürbar – davon profitieren Händler und Kunden gleichermaßen. Entsprechend muss das Projekt vom Management gestützt werden, um Konfrontationen um vermeintliche Kompetenzeinschränkungen zu vermeiden. Wenn in jeder Abteilung ein Ansprechpartner in das Projektmanagement einbezogen wird, können eventuelle Änderungen bei den Geschäftsprozessen und Arbeitsabläufen in und aus den Abteilungen kommuniziert werden, was für eine allgemein höhere Akzeptanz sorgt.
Die passende Shopsoftware finden
Die meisten Systemlösungen weisen einen hohen Reifegrad auf, doch unterscheiden sie sich teilweise stark in Preis und Funktionsumfang. Weit verbreitete Shopsysteme wie Magento bieten bereits in der Standardversion zahlreiche erweiterbare Features, mit denen B2B-Unternehmen ihr Onlinegeschäft auf- und ausbauen können: Magento ist beispielsweise mandantenfähig und erlaubt die Verwaltung zahlreicher Subshops über ein zentrales Backend. Auch Freigabe-Workflows, Preisfindungsoptionen oder Produktkonfiguratoren lassen sich über Erweiterungen schnell realisieren, was die Time-to-market erheblich verkürzt.
Für einen erleichterten Einstieg sollte die neue Shopsoftware zudem modular aufgebaut und skalierbar sein – so lassen sich schlanke Anwendungsszenarien ebenso realisieren wie schnell wachsende und umsatzstarke B2B-Shops. Zudem sollten bei international agierenden Unternehmen einzelne Gesellschaften, Geschäftsbereiche oder Marken in separaten Shops abgebildet werden können, um Vorgaben für Sprache, Design oder Produktlizensierungen zu berücksichtigen. Einen echten Mehrwert bietet die Plattform auch, wenn Prozesse automatisiert ablaufen: durch einfache Bestellmöglichkeiten für Verbrauchsmaterialien sowie Fast Order & Checkout in einem festen Kreditrahmen, steigern Geschäftskunden ihre Effizienz und senken zusätzlich ihre Kosten. Ist die Dienstleisterlandschaft hinter der Software zudem breit aufgestellt, macht das den Kunden unabhängiger vom Support, wenn im Nachhinein neue Funktionen ergänzt werden sollen. Hierbei gilt es vor allem, einen Integrationsdienstleister mit entsprechender Branchen- und B2B-Expertise sowie Erfahrung in der Schnittstellenprogrammierung zu finden.

Open Source oder proprietäre Lösung?
Bei der Wahl einer geeigneten E-Commerce-Software sollten Unternehmen ihren Bedarf genau skizzieren. Neben den proprietären Lösungen großer Anbieter existiert eine Reihe flexibler Shop-Frameworks, die sich – neben deutlich geringeren Kosten – vor allem durch ihr hohes Maß an Skalierbarkeit auszeichnen. E-Commerce-Systeme auf Basis von Open Source Software (OSS) profitieren oftmals von einer hohen Entwicklungsgeschwindigkeit: weil der Quellcode offen liegt und die Software damit prinzipiell von jedem verändert werden darf, sind OSS-Webshops sehr viel flexibler und schnell an individuelle Anforderungen anpassbar. Hinter führenden Open Source Softwarelösungen wie Magento oder Shopware stehen gut vernetzte Entwicklergemeinden, die die Weiterentwicklung der Software proaktiv vorantreiben. Magento selbst bietet beispielsweise eine strategische Roadmap mit vorgefertigten Integrationsszenarien, mit der sich die IT-Systemlandschaft nahtlos in den Shop einbinden lässt.
Bei Shopsystemen, die über keine nennenswerte Anzahl erfolgreicher Installationen im B2B-Segment verfügen, kommen fast ausschließlich die Anbieter selbst für kundenspezifische Anpassungen in Frage. Für Unternehmen, die ihre IT-Landschaft skalierbar halten wollen, sollte die schnelle Verfügbarkeit unterschiedlicher Integrationsdienstleister daher ein zentrales Auswahlkriterium sein. Angesichts immer kürzer werdender Release-Zyklen sowohl bei klassischen als auch bei Open Source-Angeboten sollten zudem die IT-Kosten für Updates und Erweiterungen der einzuführenden Shopsoftware eine zentrale Rolle spielen.
Agile Projektumsetzung
Die Entwicklung und der Betrieb eines B2B-Onlineshop verlangen ein ganz anderes Projektvorgehen und eine andere Schwerpunktsetzung als im B2C, um erfolgreich zu sein. Oft sind Geschäftsmodelle, Kundengruppen, die IT-Landschaft und die internen Prozesse der Fachabteilungen schon vor dem Eintritt in einen Onlinevertrieb über Jahre hinweg gewachsen – mit Standardsoftware können diese individuellen Strukturen kaum abgebildet werden.
Da sich die Anforderungen an die Shopsoftware im Laufe der Zeit ändern, ist es sinnvoll, einzelne Funktionalitäten für die Angebotserstellung, Konfiguratoren, den Checkout, Freigabe- und Budgetverfahren oder die Rechnungsstellung nach und nach zu entwickeln. Pilotprojekte wie die Einführung oder der Relaunch eines B2B-Webshops lassen sich daher am besten mit agilen Methoden und modularer Software umsetzen. Die sukzessive Ausdehnung des digitalen Vertriebs auf etablierte Unternehmensprozesse und Verkaufskanäle erleichtert den Umbau und gibt auch den Mitarbeitern Zeit, sich in Neues einzuarbeiten.
Digitale Strategie für ein erfolgreiches Change Management
In der Vergangenheit reichte es aus, Bestellungen über den Außendienst, per Telefon oder E-Mail aufzunehmen. Heutzutage erwarten Kunden, ihre Aufträge rund um die Uhr abschließen zu können. Mit dem Vertrieb der Ware über ein professionelles Onlineshop-System können B2B-Händler neue Kunden hinzugewinnen und bestehende Kunden fester an ihr Unternehmen binden. Durch den Einsatz etablierter B2C-Funktionen lässt sich dabei die Attraktivität des Angebots steigern und mehr Umsatz erzielen: Such- und Filterfunktionen, Waren-Verfügbarkeitsanzeige, flexible Lieferservices, Cross- und Up-Selling sowie Feedback-Optionen sollten standardmäßig zum Leistungsumfang eines B2B-Onlineshops gehören.
Neue Vertriebspotenziale lassen sich auch im Fulfillment erzielen, indem Shopbetreiber B2B-Marktplätze, Partner und Lieferanten an ihre Plattform anbinden. Die grundsätzlichen Erfolgsfaktoren bleiben mit Preis, Lieferfähigkeit und Lieferzeit die gleichen – wer aber die steigenden Ansprüche der Geschäftskunden bedienen will, muss sich durch eine ansprechende und nutzerfreundliche Einkaufsumgebung positiv vom Wettbewerb abheben. Die angebotenen Touchpoints müssen relevante Inhalte bieten, intuitiv zu bedienen und konsistent sein.
Der B2B-Shop bildet das Fundament für eine erfolgreiche digitale Transformation bestehender Vertriebsprozesse im Geschäftskundensegment – er darf aber nicht isoliert betrachtet werden. Das Zusammenspiel mit anderen Vertriebselementen, beispielsweise einer mobilen Außendienstlösung und automatisierten Bestellprozessen, erhöht die Erfolgschancen eines B2B-Unternehmens deutlich – eine belastbare und flexible Shopsoftware bildet hierfür die Basis.
Autor

1994 war Michael Märtin Mitbegründer und ist seitdem Geschäftsführer der atlantis media GmbH, einer Full Service Agentur für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und moderne E-Commerce-Systeme. Während die Kernthemen zunächst die Entwicklung und der Vertrieb von Branchenlösungen waren, erweiterte Michael Märtin das Portfolio rund um die Themen Internet, E-Commerce und digitale Geschäftsprozesse. Heute ist das Unternehmen ein moderner Internet-Dienstleister mit über 30 Mitarbeitern am Firmensitz in Hamburg, der seinen Kunden alles aus einer Hand bietet – von der Einführung über die Anpassung und Neukonzeption bis hin zur komplett individuellen Umsetzung, entwickelt und implementiert atlantis media fortschrittliche Softwarelösungen für Onlineshops, Webapplikationen und Business Intelligence.
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