Bezahlen wir unsere Brötchen beim Bäcker in Zukunft via Handy? Ein Ausblick auf Trends und Entwicklungen im Payment-Bereich für 2016

Nur Bares ist Wahres! Dieser Spruch gilt schon lange nicht mehr und ist ebenso überholt wie die Vorstellung, dass unser Geld immer noch am besten unter der Matratze aufgehoben ist. Verfolgt man die aktuellen Diskussionen in den einschlägigen Wirtschaftsmedien und die gegenwärtigen Entwicklungen in einigen europäischen Ländern, dann könnte man sogar auf die Idee kommen, dass es bald überhaupt kein Bargeld mehr geben wird. Sicher, von einer völlig bargeldfreien Wirtschaft sind wir hierzulande zwar noch weit entfernt, doch es tut sich einiges in der internationalen Payment-Landschaft, und bargeldlose Bezahlalternativen sind groß im Kommen. Nachfolgend die wichtigsten Trends und Entwicklungen für 2016.
Bargeld ade – es leben die Alternativen!
Egal, ob Kredit- oder Debitkarten, kontaktlose Bezahlsysteme (NFC), Apple Pay, Google Pay oder diverse Wallet Apps – alternative, bargeldlose Bezahlmöglichkeiten sind auf dem Vormarsch. Nach wie vor werden in Deutschland zwar rund 80 Prozent aller Einzelhandels-Transaktionen bar bezahlt, doch gemessen an der Gesamtmenge aller Umsätze war 2015 nur noch bei 53,3 Prozent aller Transaktionen Bargeld im Spiel, eine Zahl, die sich 2016 noch deutlich weiter verringern wird.
Auch wenn es sicherlich noch eine ganze Weile dauern wird, bis die Vielzahl technischer Möglichkeiten des bargeldlosen Geldverkehrs (Karten, Apps, Wearables) eine umfassende, breit gefächerte Akzeptanz findet, so erfreuen sich alternative Bezahlmethoden auch im Alltag zunehmend allgemeiner Beliebtheit. Mag die völlige Abschaffung von Bargeld derzeit noch eine ökonomische Theorie sein, so zeichnen sich doch erste konkrete Anstöße in diese Richtung bereits deutlich ab.
Hierzulande stellte beispielsweise der Aldi-Konzern Mitte letzten Jahres deutschlandweit in allen Filialen das komplette Kassensystem um, um seinen Kunden ab sofort auch kontaktloses Bezahlen zu ermöglichen. In Dänemark wird gar darüber diskutiert, ob man nicht kleine Händler völlig von der Pflicht entbinden solle, Bargeld als Zahlungsmittel überhaupt akzeptieren zu müssen. Und wie steht es nun mit unserer einleitenden Titelfrage? Zumindest in Schweden, dem europäischen Vorreiter-Land der Bargeldlosigkeit, findet man bereits in vielen Bäckereien Schilder, die den Kunden dazu auffordern, nach Möglichkeit bitte auch Kleinstbeträge bargeldlos zu begleichen.
Regulatorische Änderungen, sinkendes Interbanken-Entgelt und neue Sicherheitstechnologien
Im Jahr 2016 wird sich so einiges tun, was sich nachhaltig auf die Entwicklung der internationalen Payment-Landschaft und damit auf unseren Umgang mit Geld (egal ob physisch oder virtuell) auswirken wird. Betrachten wir zunächst die Richtlinie für Zahlungsdienste oder „Payment Service Directive“ (PSD), die die diversen Informationspflichten regelt, aber auch dafür sorgt, dass Zahlungen spätestens einen Tag nach Auftragserfassung ausgeführt sein müssen. Die aktuelle Version des PSD stammt noch aus dem Jahr 2007. Doch nun, nach rund zweijährigen zähen Verhandlungen, hat sich die EU auf eine aktualisierte Version (PSD2) geeinigt. Ein Hauptpunkt der revidierten Fassung sind die verschärften Sicherheitsanforderungen bei Onlinezahlungen. Vor allem die Authentifizierung der Kunden soll verbessert werden.
Damit einher geht eine ganze Reihe neuer Sicherheitstechnologien. Zudem soll die PSD2 den Wettbewerb durch einen Rechtsrahmen ankurbeln, der den Markteintritt neuer Anbieter und die Entwicklung von innovativen Mobil- und Internetzahlungen begünstigt sowie die Banken verpflichtet, diesen Zugang zu gewähren. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ist in der Pflicht, für die unterschiedlichen Bereiche detaillierte Richtlinien und Regulierungsstandards auszuarbeiten. Und auch wenn es noch rund zwei Jahre dauern wird, bis all das in nationales Recht aller EU-Länder umgesetzt ist, sollten sich Zahlungsinstitute doch schon jetzt darauf vorbereiten und 2016 zumindest bereits Überlegungen anstellen, wie sie mit den absehbaren Änderungen umgehen wollen.
Neben der PSD2 wird auch das sinkende Interbanken-Entgelt die Payment-Landschaft 2016 nachhaltig beeinflussen. Das multilaterale Interbankenentgelt (Multilateral Interchange Fee – MIF) wird vom Akzeptanzgeber (Acquirer) an den Kreditkartenherausgeber (Issuer) gezahlt, um dessen Aufwand bei der Autorisierung, Freigabe und Abwicklung einer Kartentransaktion zu vergüten. In der Regel ist es der Händler, der die Kosten einer solchen Transaktion trägt, meist ausschließlich in Form einer Aufwandsentschädigung an den Akzeptanzgeber. Dieser wiederum bezahlt daraufhin alle weiteren beteiligten Akteure. Fällige Abgaben sind z. B. „Scheme Fees“, die an das jeweilige Kreditkartennetzwerk wie Visa oder MasterCard zu bezahlen sind. Karten-Herausgeber, üblicherweise die Bank des Kunden, erheben das sogenannte Interbankenentgeld.
Eine Senkung des Interbankenentgelts Ende 2015 führte zu verringerten Kosten auf Seiten der Händler, in der Hoffnung, dass diese ihre Preise 2016 dementsprechend ebenfalls senken werden – was wiederum dem Endverbraucher zugute kommen soll. Auf der anderen Seite aber bedeutet ein niedrigeres Interbankenentgelt auch niedrigere Einnahmen für die kartenausgebenden Kreditinstitute, sodass diese zum Ausgleich vermutlich ihre Karten- und Transaktionsgebühren erhöhen werden. Zudem bedeuten verringerte MIF-Einnahmen auch, dass kartenherausgebende Kreditinstitute weniger Einnahmen an ihre Marketingpartner (wie Co-Branding-Partner oder Programm-Manager) weitergeben können. Das heißt, Cashback-Systeme und Treueprämien wie z. B. Flugmeilen- oder Geschäftsboni werden wohl früher oder später reduziert werden – was letzten Endes wieder auf Kosten der Konsumenten gehen wird.
Mit der Forderung der PSD 2 nach verschärften Sicherheitsanforderungen bei Onlinezahlungen korrespondiert eine ganze Reihe neuartiger Sicherheitstechnologien und -methoden. Zumindest zwei davon werden die Payment-Landschaft 2016 massiv beeinflussen: Tokenization und biometrische Authentifizierung.
Die Tokenization bietet eine sehr interessante Möglichkeit zur Absicherung von Kreditkartendaten: Statt der Übermittlung echter Kreditkartendaten arbeiten Unternehmen hierbei lediglich mit Ersatznummern, sogenannten Tokens, während die Originaldaten an sich perfekt geschützt auf einem entsprechenden Tokenization-Server liegen. Beim Bezahlen kommen eben ausschließlich diese nicht auf die Originaldaten rückführbaren Tokens zum Einsatz. Werden diese entwendet, entsteht also kein Schaden. Eine Herausforderung, die es hierbei noch zu bewältigen gibt, ist das Fehlen von Standards für Tokenization. Zum aktuellen Zeitpunkt existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze, die es zu vereinheitlichen gilt. So gesehen steckt diese Sicherheitstechnik noch in den Kinderschuhen. Für 2016 erwarten wir hier aber Bewegung im Markt.
Eine deutliche Weiterentwicklung und Schritte nach vorn sind zudem im Bereich der Authentifizierungstechnologien zu erwarten. Gängige Methoden bei Zahlprozessen sind Passwort, PIN oder Fingerabdruck. Da die Sicherheit aller Methoden zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings noch ausbaufähig ist, werden bei Authentifizierungsvorgängen vermehrt zwei Methoden in Kombination eingesetzt (Zwei-Faktor-Authentifizierung). Umso wichtiger ist aufgrund dessen die Weiterentwicklung benutzerfreundlicher Methoden, z. B. im Bereich der biometrischen Verfahren (Stimmerkennung, Tastendruck-Erkennung, Fingernerven-Scanner, Pulsschlag-Erkennung etc.). Der 2016 und weit darüber hinaus zu erwartende Trend geht also ganz klar hin zu mehr Sicherheit bei gleichzeitiger Steigerung des Komforts.
Einsen und Nullen statt Gold und Silber – die zunehmende Digitalisierung der Bezahlvorgänge
E-Commerce ist zwar wahrlich nichts Neues mehr, doch das Phänomen an sich, sowie damit einhergehende neuartige Technologien wie Mobile Payment oder NFC, unterliegen stärker denn je Veränderungen und Weiterentwicklungen.
Eine goldene Regel vorneweg: Wer heute im E-Commerce Erfolg haben will, der kommt um eine internationale Strategie kaum noch herum. Händler, die bereits heute in mehreren Ländern tätig sind, werden künftig wahrscheinlich sogar in andere Kontinente expandieren müssen, um auf dem Markt langfristig bestehen zu können. Allerdings bedeutet dies weit mehr als qualitativ hochwertig übersetzte Websites und eine effiziente, den erhöhten Anforderungen gemäße Logistik. Mindestens ebenso wichtig ist es, für jeden einzelnen regionalen Webshop die relevanten Bezahlarten anbieten zu können. Die Konkurrenz sitzt nur einen Mausklick entfernt, und wer nicht die jeweils lokal bevorzugten Zahlarten anbietet, der hat seine potentiellen Kunden schon so gut wie verloren.
Händler müssen sich bewusst machen, dass die jeweils bevorzugten Zahlarten von Land zu Land stark variieren. Asien, Osteuropa und Lateinamerika sind für europäische Onlinehändler derzeit die interessantesten Märkte. Da dort die Kreditkartendurchdringung eher niedrig ist, wird es 2016 umso wichtiger, sich mit lokalen alternativen Zahlarten auseinanderzusetzen und diese gezielt anzubieten. Händler müssen sich nicht nur überlegen, welche Märkte sich für ihre internationale Strategie besonders eignen, sie sollten sich für die Entwicklung eines entsprechenden Markteintrittsmodells bereits frühzeitig an professionelle Partner wie Payment Service Provider wenden.
m Bereich der alternativen Zahlarten muss besonders Mobile Payment hervorgehoben werden. Zwar zeichnet sich ein gewisser Trend hin zum Bezahlen via Smartphone bereits seit mehreren Jahren ab, 2016 allerdings könnte diese alternative Zahlform einen regelrechten Durchbruch erleben. Denn es steht zu vermuten, dass Technologie-Vorreiter Apple sein Apple Pay dieses Jahr in weiteren europäischen Ländern einführen wird. Dies könnte die noch recht unentwickelte und fragile Mobile-Payment-Welt gehörig erschüttern. Zwar ist nicht zu erwarten, dass von heute auf morgen in allen Bereichen mobiles Bezahlen an der Tagesordnung stehen wird, doch wie in anderen Technologie-Segmenten wird Apple auch hier mit Sicherheit weitreichend und nachhaltig Impulse geben. Wettbewerber wie Google oder Samsung werden nicht lange warten, um mit dem Konkurrenten gleichzuziehen. Zudem sollte man auch bedenken, dass Mobile Payment immer weniger nur auf das Smartphone beschränkt sein wird. Die konstante Zunahme von Smartwatches, Armbändern oder Ringen (sogenannte Wearables) wird das mobile Bezahlen künftig für eine Vielzahl unterschiedlicher Geräte nutzbar machen.
Eng verwandt mit Mobile Payment ist das Thema NFC (Near Field Communication), ein relativ neuartiger Funkstandard zur drahtlosen Datenübertragung, dessen notwendige Technologie in den meisten neuen Smartphones bereits verbaut ist. Die Besonderheit liegt hierbei tatsächlich darin, dass sich die interagierdenden Geräte zur Übertragung im Abstand von nur wenigen Zentimetern zueinander befinden müssen. Daraus ergibt sich der größte Vorteil von NFC: Die Technologie ist relativ sicher gegen das Ausspionieren von Daten nach außen, schließlich müsste sich ein potentieller Täter dem Gerät auf engsten Raum nähen – was aber natürlich auch nicht unmöglich ist!
Doch dieses System geht noch weit über das Bezahlen mit dem eigenen Smartphone hinaus, denn schließlich sind auch viele Kredit- und Debitkarten längst mit NFC-Chips ausgestattet. Damit lassen sich kleinere Beträge (beispielsweise an Supermarktkassen oder an Fahrkartenautomaten) bequem und einfach ohne PIN oder Unterschrift bezahlen. Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten, um am Point of Sale zu Geld zu übermitteln (etwa QR-Codes), allerdings steht zu erwarten, dass sich NFC aufgrund seiner bereits weiten Verbreitung und Akzeptanz langfristig als Erfolgsmodell durchsetzen wird. Händler, die sich noch nicht mit NFC auseinandergesetzt haben, sollten sich möglichst bald mit den aktuellen Systemen befassen und bei Bedarf auf die neueste Technik aufrüsten.
Instant Payments und E-Geld-Konten
Instant Payment, also Bezahlung oder Überweisung von Geld in Echtzeit, gewinnt im Zeitalter des digitalen Handels rapide an Bedeutung. Denn nicht nur der Erwerb von Waren verläuft zunehmend online, auch die erworbenen Waren selbst (beispielsweise Software, Musik, Filme, Bücher, Zeitschriften und Zeitungen oder Computerspiele) werden nach Möglichkeit in digitalisierter Form vertrieben. Doch Kunden möchten natürlich nicht erst am folgenden Werktag – die Dauer einer herkömmlichen Banküberweisung – auf die erworbenen digitalen Güter zugreifen. Sie möchten diese unmittelbar nach dem Kauf nutzen, was eine Echtzeit-Überweisung oder zumindest eine Echtzeit-Garantie der Bezahlung vor allem im E-Commerce-Bereich sehr wichtig macht.
Doch auch bei nicht digitalen Gütern erwarten Kunden heutzutage möglichst schnelle Lieferungen von Waren. Durch die europäische Zentralbank (EZB) werden Instant Payments darum demnächst stark in den Vordergrund gerückt werden. Um in der gesamten Europäischen Union Echtzeitbezahlung auf der untersten Infrastrukturebene abzubilden, wird es allerdings ein paar Jahre dauern. Auf der Applikations-Ebene wird es aber schon vorher Lösungen geben, die weitaus schneller umsetzbar oder bereits heute vorhanden sind. Dazu gehören Instant Guarantees, also Echtzeit-Garantien dafür, dass der der Käufer für die Produkte auch bezahlen wird. Einige alternative Bezahlmethoden und Finanzinstitute bieten diesen Komfort schon heute an und unterstützen damit die schnelle Lieferung von Waren.
Während man bei herkömmlichen Bankkonten noch eine ganze Weile auf Instant Payments warten wird müssen, bieten viele E-Geld-Konten diese Echtzeit-Funktion bereits heute. E-Geld-Konten besitzen noch weitere Vorteile, etwa ihre relative Datensparsamkeit, ihre meist modernen Benutzeroberflächen sowie damit einhergehende weitreichende und bequem nutzbare Features. Für 2016 erwarten wir darum auch eine immer stärkere Verbreitung dieser Art des „new banking“.
Autor

Ralf Ohlhausen, Diplom-Mathematiker und Master of Telecommunications Business, verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen E-Commerce, Financial Services, mobile Telekommunikation und IT. Bei PPRO verantwortet er die weltweite Expansionsstrategie des Payment-Lösungsanbieters, ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem weiteren Ausbau des Portfolios an alternativen Bezahlarten.
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