Werbung mit Zertifikaten und Prüfungen – was ist rechtlich zu beachten?

Die Werbung mit Zertifikaten und Prüfungen ist auch im Bereich des E-Commerce üblich. In diesem Beitrag werden aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung der letzten Zeit dargestellt, die sich mit diesen Problematiken beschäftigen.
A. Vorbemerkungen
Grundsätzlich ist die Werbung mit Zertifikaten oder amtlichen Prüfungen unter Umständen dann irreführend, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Hier kommen grundsätzlich verschiedene Tatbestände in Betracht. So sieht das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in dem Anhang zu§ 3 Abs. 3, dort Nr. 2 vor, dass die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung stets und immer und ohne Ausnahme wettbewerbswidrig ist. Darunter fällt zum Beispiel, dass nach § 7 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz erforderliche und zu vergebende GS-Zeichen, mit dem eine Ge-rätesicherheit für Waren, insbesondere für technische Produkte, bestätigt wird. Wenn und soweit ein entsprechendes Zeichen genutzt wird, ohne das die beworbenen Produkte tatsächlich entsprechende Voraussetzungen einhalten, ist dies irreführend. Dies kann zum Beispiel auch für die verwendete CE-Kennzeichnung für den Bereich der Medizinprodukte oder sonstige Elektronikprodukte gelten. Mit dem CE-Kennzeichen setzt der Hersteller die Konformität des Produktes mit den entsprechenden europäischen Bestimmungen als gegeben und bestätigt voraus. Auch hier kann es zu einer Irreführung kommen, wenn und soweit Produkte beworben werden, die ggf. gar nicht unter die CEKennzeichnungspflicht fallen oder die unzutreffender Weise entsprechend gekennzeichnet werden.
Ähnlich zu betrachten ist dies ebenfalls in den Fällen, in denen eine Irreführung über amtliche Prüfungen grundsätzlich zu sehen ist. Hier setzt die Rechtsprechung sehr hohe Hürden, da diese der Ansicht ist, dass mit amtlichen und behördlichen Prüfungen oder Zulassungen eine besondere Überzeugungskraft hinsichtlich Güte und Brauchbarkeit der entsprechend beworbenen Waren einhergeht.
So ist zum Beispiel durch die Rechtsprechung entschieden worden, dass eine Werbung für Brillenfassungen mit einem TÜV-Prüfzeichen mangels tatsächlicher amtlicher Prüfung irreführend ist. Ebenso kann irreführend sein, wenn der Hinweis auf unternehmensbezogene Zertifikate für Qualitätsmanagements (DIN ISO 9001 ff.) oder Umweltmanagementsysteme (zum Beispiel DIN ISO 14001 ff.) im Rahmen der Werbung für einzelne Produkte geführt wird, wenn und soweit dadurch der Eindruck erweckt wird, dass diese Zertifizierungen sich auf das konkrete Produkt beziehen. Im Bereich des E-Commerce ist dies denkbar, wenn und soweit im Rahmen einer Produktbeschrei-bung einzelne Waren mit einer entsprechenden Aussagen beworben werden. Hier geht die Rechtsprechung in regelmäßigen Abständen immer davon aus, dass durch die Bezugnahme der entsprechenden Werbeaussage auf die konkreten Produkte eine Irreführung angenommen wird.
B. Aktuell: Werbung mit Siegel „LGA tested Quality/LGA tested Safety“ – Ohne Fundstellenangabe geht es nicht
Neben der grundsätzlichen Frage, in welchen Fällen mit Zertifikaten und Prüfungen geworben werden darf, gibt es immer wieder Rechtsprechungsentwicklungen, die sich mit der Frage der konkreten und umfangreichen Ausgestaltung solcher Werbemaßnahmen beschäftigen. So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer Entscheidung aus dem Jahre 2014 (Urteil vom 30. Septem-ber 2014, Az.: I-15 U 76/14) sich mit der Frage zu beschäftigen gehabt, ob und inwieweit es rechtswidrig ist, dass ohne Fundstellenangabe mit dem bekannten Siegel „LGA tested Quality/LGA tested Safety“ geworben wird. Unstreitig war in dem dortigen Verfahren, dass eine entsprechende Zertifizierung vorlag. Für die Richter war maßgeblich, ob und inwieweit zwingend erforderlich ist, dass im Rahmen der Bewerbung mit einem entsprechenden Zertifikat/Prüfsiegel eine Fundstelle anzugeben ist. Für die Richter war dies zwingend erforderlich, da diese annahmen, dass eine anzugebende Fundstelle bei der Verwendung entsprechender Prüfsiegel eine so genannte „wesentliche Information“ nach § 5a Abs. 2 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sei. Dies gilt nach Ansicht der Richter insbesondere dann, wenn das verwendete Prüfsiegel sich auf Produktqualität oder Produktsicherheit beziehen.
Praxistipp Nr.1: Bei der Werbung mit entsprechenden Zertifizierungen, wie im vorliegenden Fall, sollte auf die entsprechende Fundstellenangabe geachtet werden. Für die werbenden Unternehmen sollte klar und deutlich die Möglichkeit genutzt werden, weitergehende Informationen zu erteilen. Besonders interessant aus Sicht der Anbieter von Waren oder Dienstleistungen war, dass die Rich-ter grundsätzlich Problematiken sahen, dass die möglichen Begrenzungen des eingesetzten Kom-munikationsmittels bei der konkreten Gestaltung berücksichtigt werden müssen. Für den Fall der Internetwerbung sehen die Richter des OLG Düsseldorf eine regelmäßig zumutba-re Möglichkeit, die entsprechenden Detailangaben, also die Fundstelle und die entsprechenden Prüfkategorien und weitergehenden Informationen, über einen Link zur Verfügung zu stellen.
Praxistipp Nr. 2: Je nach konkreten Ausgestaltungen der Werbungen sollte darauf Acht gelegt werden, eine entsprechende Verlinkung mit Detailangaben vorzunehmen. Erfolgt zum Beispiel die Verwendung eines entsprechenden Prüfsiegels im Rahmen einer Produktdetailbeschreibung oder der Startseite des Internetangebotes, sollte eine klare und deutlich erkennbare Verlinkung zu weiteren Detailinformationen vorgenommen werden. Wird zum Beispiel entsprechend im Rahmen einer Suchmaschinenwerbeanzeige mit der Aussage geworben, so muss gewährleistet sein, dass über den Link, der im Rahmen der Werbeanzeige enthalten ist, sofort und erkennbar die genauen Informationen erreichbar sind, um nicht wettbewerbswidrig zu handeln.
C. Aktuell: Werbung mit Hinweis „TÜV-geprüft“ – Weitergehende Angaben zu Hintergründen erforderlich
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat ebenfalls Ende 2014 (Urteil vom 25. November 2014, Az.: I-20 U 208/13) sich mit der Frage zu beschäftigen gehabt, ob und inwieweit ein werbender Hinweis mit der Aussage „TÜV-geprüft“ zulässig ist, wenn und soweit keine weitergehenden Erläuterungen dargelegt wurden.
In einem Rechtsstreit eines Wettbewerbsvereins mit einer in Deutschland anbietenden Ver-sandapotheke war streitig, ob diese Versandapotheke gegen geltendes Wettbewerbsrecht versto-ßen hat, da diese auf ihrer Internetseite unter der Überschrift „Highlights“ mit der Aussage „TÜV-geprüft“ geworben hatte.
Im Rahmen dieser Bewerbung fehlte jeglicher Verweis auf eine Fundstelle, über die die Betrachter weitergehende Angaben erfahren konnten. Auch in diesem Fall sah das Gericht eine Irreführung durch Unterlassen. Wie bereits in der vorbezeichneten Entscheidung dargestellt, ist es auch in dem vorliegenden Fall nach Ansicht der Richter entscheidend, dass der Verbraucher die Informati-onen, die der Aussage „TÜV-geprüft“ zugrunde liegen, erhält. Für die Richter handelt es sich um wesentliche Informationen.
Gerade bei Zertifizierungen durch neutrale Stellen, wie dies der TÜV ist, sei die besondere Bedeu-tung gegeben. Hier sei eine adäquate Handlung wie bei der Werbung mit Testergebnissen vorzu-nehmen. Bei Testergebnissen gilt, dass diese immer nur dann mit der entsprechenden Aussage beworben werden dürfen, wenn und soweit auch konkrete Angaben zur Fundstelle (bei Tester-gebnissen Veröffentlichungsort, Jahr, Monat des Veröffentlichungsdatums) angegeben werden.
Gleiches gilt nach Ansicht der Richter des OLG Düsseldorf auch für den Fall, dass mit der Aussage „TÜV-geprüft“ geworben wird.
Praxistipp Nr. 3: Mit der Werbung von neutralen Stellen, wie dies hier im vorliegenden Fall zum Beispiel der TÜV ist, sollte entsprechend genauso sorgsam umgegangen werden, wie mit der Werbung mit Testergebnissen. Dort ist den meisten Unternehmen bereits bekannt, dass eine bloße Aussage, wie zum Bei-spiel „Stiftung Warentest: gut“ ausreichend ist, um wettbewerbsrechtskonform zu handeln. Hier besteht eine ständige Rechtsprechung, genaue Angaben zur Fundstelle zu geben. Dies sollten die Unternehmen auch bei der Werbung mit Aussagen wie zum Beispiel „TÜV-geprüft“ beherzigen.
D. Aktuell: Werbung mit einem Siegel des TÜV im Rahmen einer Kundenbefragung – Ohne Erläuterung irreführend
Zu Beginn des Jahres 2015 hatte sich das Saarländische Oberlandesgericht mit einem weiteren interessanten Fall zu beschäftigen (Urteil vom 28. Januar 2015, Az.: 1 U 100/14). Auch dort stritt ein Wettbewerbsverein mit einem Unternehmen, das auf einer Internetseite mit einem Testsiegel des TÜV Saarland geworben hatte. Der TÜV Saarland hatte eine Kundenbefragung durchgeführt. Nach Ansicht des klagenden Wettbewerbsvereins sei dadurch eine Irreführung gegeben, da jeglicher Hinweis darauf fehle, dass es sich nicht um eine unabhängige Bewertung durch den TÜV handelte, sondern um das Ergebnis einer Kundenbefragung. Dieser Ansicht trat das beklagte Unter-nehmen entgegen. Das OLG Saarbrücken sah jedoch hier den Wettbewerbsverein mit seiner Rechtsansicht als Sieger des Verfahrens an.
Für die Richter des Saarländischen Oberlandesgerichtes wird eine irreführende Darstellung dadurch verursacht, dass im Zusammenhang mit der werblichen Darstellung die angesprochenen Kunden davon ausgehen, dass der TÜV im Rahmen eines unabhängigen Tests zu dem Ergebnis gelangt war, dass das beklagte Unternehmen mit der Bewertung sehr gut im Bereich des Kundenservices abgeschnitten habe. Obwohl das beklagte Unternehmen die Vorgaben des TÜV Saarland bei der Bewerbung des Siegels berücksichtigt hatte, kamen die Richter hier dennoch zu einer Irreführung, da für die Richter aufgrund der Gesamtbetrachtung und insbesondere Verwendung des Logos des TÜVs, der Aussage „Service tested“ der weiterhin verwendeten Aussagen „Bereich Kundendienst + Teileservice“ und dem verwendeten Qualitätsurteil „sehr gut“, das noch durch größere Buchstaben hervorgehoben worden war, so verstanden würde, dass anhand einer anerkannten Skala von Bewertungen getestet und beurteilt wurde. Gerade solche anerkannten Bewertungen würden nach Ansicht des Gerichtes von dem TÜV erwartet.
Dass es sich um eine vom TÜV ausgewertete Kundenbefragung handelt, die schon von vorneherein immer mit subjektiv geprägten Argumenten versehen ist, war für die Richter aus der Bewerbung nicht zu entnehmen. Hier wäre es ggf. möglich gewesen, so meine Ansicht, durch eine entsprechende klare und deutliche Aussage im Rahmen der Verwendung des Logos eine Aufklärung zu schaffen.
Praxistipp Nr. 4: Auch bei der Verwendung mit vermeintlich objektiven Untersuchungen durch objektive Stellen ist Vorsicht geboten. Wenn und soweit entsprechende Unklarheiten bestehen, sollten lieber durch aufklärende Hinweise und zusätzliche Darstellungen diese Aufklärungen geleistet werden, dass ggf. eine Irreführung gar nicht entstehen kann. Auch die durch entsprechende Anbieter vorgegebene Verwendung durch Darstellungen entbindet den Unternehmer nicht davon, wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen zu werden. Verwendet er entsprechende Aussagen, so haftet er auf Unterlassung und kann allenfalls im Innenverhältnis mit dem entsprechenden Unternehmen, dass die entsprechenden Darstellungen zur Verfügung stellt, über mögliche Ansprüche aus Gerichtsverfahren oder Abmahnungen im Wege des Innenausgleichs eine Regelung vornehmen. Aus der Unterlassungsverpflichtung kann das entsprechende Unternehmen nicht befreit werden.
E. Fazit
Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass auch bei der Werbung mit Zertifikaten und amtlichen Prüfungen im Rahmen von werblichen Darstellungen Vorsicht geboten sein muss und genaue und umfassende Darstellungen erforderlich sich. Die Rechtsprechung legt hier sehr hohe Maßstäbe an, da natürlich im Umkehrschluss mit der durchgeführten Bewerbung auch bezweckt ist, dass Kunden Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Dies wird insbesondere durch die Wertigkeit und Bedeutung, die mit entsprechenden Werbedarstellungen verbunden sind, verursacht. Umso wichtiger ist es, hier nach Möglichkeit rechtskonform zu handeln, um Abmahnungen zu vermeiden.
Autor

Rolf Albrecht ist in der Kanzlei volke2.0 tätig. Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) betreut er Onlineshops vor allem in Fra-gen des Wettbewerbs-und Markenrechts.
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