Richtiges Datenmanagement gleich guter Kundenservice – Weil doppelt eben nicht immer besser hält

"To service" heißt auch pflegen. Und genau das ist die Essenz von Kundendienst. Als Unternehmen ist man dem Kunden im Wortsinne „zu Diensten“ und pflegt die Beziehung. Datensilos, inkonsistente Kundenhistorien und allgemeine Informationsmängel machen diese Aufgabe für beide Seiten, sowohl für den Kundendienst als auch für die Kunden, zur Qual.
So kommt es zum Beispiel vor, dass ein und derselbe Kunde zwei Mal das gleiche Mailing, das gleiche Angebot oder die gleiche Bestätigung geschickt bekommt, weil er mit zwei Accounts hinterlegt ist. Oder er erhält eben gar keine Bestätigung, weil ein veralteter Datensatz genutzt wurde. So entsteht beim Nutzer schnell das Gefühl, beim Unternehmen weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut, weil er von einem Serviceagenten zum nächsten weitergereicht wird und sein Anliegen immer wieder neu erläutern muss.
Der Kunde erfährt die negativen Auswirkungen von falschem oder eben fehlendem Datenmanagement sowie holprigen Prozessen. Er entwickelt schnell einen Groll gegen die Urheber der (Mangel-)Kommunikation. Ihm zeigt sich vor allem eines: Wie wertvoll dem Unternehmen der Kontakt letztlich ist. „Unprofessionell und unpersönlich“ lautet sein Urteil. Das ist der Todesstoß für sensible Beziehungen, wie die zwischen Unternehmen und Kunde.
Denn letztlich ist es der gute erste (und zweite) Eindruck der zählt. Und der hält lange an: Bei einer Zendesk-Studie gaben 39 Prozent der Befragten an, einen Anbieter auch noch zwei Jahre nach einem schlechten Serviceerlebnis zu meiden. Umgekehrt bleiben Menschen, die die Unternehmenskommunikation in guter Erinnerung haben, einem Händler eher treu: 24 Prozent der Kunden kaufen auch nach zwei Jahren noch bei diesem Anbieter. In diesem Zahlenpaar stecken Drama und Chance gleichermaßen. Schlechte Kundenkommunikation kostet Umsatz, gute Kommunikation bringt mehr ein, weil sie dazu beiträgt, aus Kunden Stammkunden zu machen. Ganz abgesehen vom direkten finanziellen Ärgernis mangelnder Datenqualität – etwa durch Mailing-Rückläufer – birgt das Thema also auch eine weniger messbare _ weil emotionalere – Komponente, nämlich die Zufriedenheit der Kunden hinter den Datensätzen.
Problemfall Kundenservice
Geht es um Service oder Beratung oder gar um die Nachbereitung eines Einkaufs und damit unmittelbar um die Zufriedenheit eines Kunden, wird im Handel häufig gespart. Wollen Händler online mehr Umsatz generieren, investieren sie lieber in verschiedenste Werbemaßnahmen – von Performance Marketing bis Display-Kampagnen. Alles auf der Jagd nach neuen Kunden, denn die sind gerade im Onlinegeschäft mehr wert als die bestehenden. Dabei sind die zufriedenen, wiederkehrenden Kunden der eigentliche – oft vernachlässigte – Schatz. Wer jedoch am Service spart, der schädigt die Beziehung zum Kunden nachhaltig.
In der Praxis ist guter Kundenservice allerdings selten so einfach umzusetzen, wie Kunde und Händler es sich wünschen.
In der Praxis ist guter Kundenservice allerdings selten so einfach umzusetzen, wie Kunde und Händler es sich wünschen: Die Anfrage ist mit einer Antwort gelöst oder eine Reklamation mit einem Kontakt kulant und schnell geregelt. Punkt. Die Realität ist meist eine andere. Im Inbound-Geschäft sind die gängigsten Serviceprobleme dabei immer wieder die gleichen, ihre Lösungen teils pragmatisch.
Informationslücken
Viele Anfragen im Kundenservice ließen sich von Vornherein vermeiden, wenn Händler die häufigsten Kundenanfragen direkt auf ihrer Website beantworteten. Dazu gehören möglichst vollständige, aktuelle und verständliche Produkt- und Leistungsbeschreibungen genauso wie FAQ-Seiten. Die Anstöße hierzu liefern die persönlichen Kundenkontakte. Jedoch müssen diese zur Systematisierung von Fragen und Antworten auch sorgfältig dokumentiert werden. Gerade an der Dokumentation mangelt es jedoch häufig und die Abstraktion einer wertvollen Information vom konkreten Servicefall ist zu aufwändig.
Unvollständige Kontakthistorie
Auch wenn der Händler das gerne hätte, der Kunde nutzt für seine Anfragen selten denselben Kanal. Mal ist es Facebook, mal E-Mail, dann Chat und zu guter Letzt das Telefon, je nachdem, in welcher Situation er sich gerade befindet und was im am einfachsten erscheint. Im Servicecenter kann dies in einem regelrechten Desaster münden. Gibt es kein zentralisiertes System, hat ein Serviceagent acht verschiedene Tabs im Computer offen um auf allen Kanälen am Ball zu bleiben. Eine Abstraktion, dass Kunde A am Telefon derselbe ist wie der vor ein paar Tagen auf Facebook? Undenkbar. Die Folge: Die Kontakthistorie ist löchrig. Und Kunden denken schnell, beim Anbieter weiß der eine nicht, was der andere tut. Die Folge sind schier endlose Telefon- und E-Mail-Dialoge, die eher an einen „Loriot-Sketch“ erinnern als an Kundenservice. Die Lösung dieses Problems liegt in der Etablierung einer kanalübergreifend einheitlichen Kontakthistorie, die absolut eindeutig jedem einzelnen Kunden zuzuordnen ist.
Soziales Schweigen
Kunden auch im Social Web erreichen zu wollen, ist durchaus positiv. Oftmals misslich scheitern Kunden jedoch daran, per Twitter oder Facebook eine qualifizierte Antwort auf eine einfache Frage zu bekommen. Grund hierfür ist in der Regel die getrennte Zuständigkeit zwischen Teams für Social Media und Kundenservice. Der Kunde lässt sich kaum vorschreiben „Facebook sei für Unternehmen XY kein Service-Kanal“. Er ignoriert es einfach und ist bei ausbleibender Antwort frustriert. In der Praxis fehlen daher die Verknüpfung und die entsprechenden Workflows zwischen den beiden Kommunikationsteams.
Pflegebedarf
Die oben geschilderten Probleme machen die Pflege der Kundenbeziehung im Service für beide Seiten schwierig. Für Händler ist es essentiell, das Thema anzupacken und Kunden nicht durch Servicemängel langfristig zu vergraulen. Denn auch die Risiken für ihre Reputation liegen auf der Hand. Sie lassen sich nur durch besseren Service und damit bessere Datenhaltung eindämmen.
Zur Motivation hier eine weitere Zahl aus der oben genannten Befragung, die zeigt, dass sich mit der richtigen Planung und der Auswahl passender Lösungen für kanalübergreifend konsistenten und kompetenten Service das Anpacken des Themas lohnt: 52 Prozent der Befragten, die gute Erfahrungen mit dem Kundenservice eines Unternehmens machen, kehren zu diesem Anbieter zurück und lassen es erneut in der Kasse klingeln. Was gibt es für ein besseres Argument sich des Themas anzunehmen?
Problemfall Kundendaten
Guter Service am Kunden heißt allerdings nicht nur, einen Kanal kompetent zu besetzen, wenn mein Kunde eine Anfrage hat. Er kann nur gelingen, wenn auch die Qualität der Kundendaten stimmt. Und das sowohl bei der Inbound- als auch bei der Outbound-Kommunikation. Denn nicht nur wenn es bei der Kommunikation mit dem Unternehmen hapert, ärgert sich der Kunde, auch Werbeaktionen bleiben wirkungslos, wenn die Datenbasis nicht stimmt. Um die Qualität von Kundendaten ist es leider oft nur mangelhaft bestellt.
Guter Kundenservice kann nur gelingen, wenn auch die Qualität der Kundendaten stimmt.
Alte Daten – schlechte Daten
So hat eine Studie von beDirect zur Datenqualität in deutschen Unternehmen herausgefunden: mehr als jeder vierte Adressdatensatz ist schlichtweg falsch. Nicht verwunderlich, denn es ändern sich jedes Jahr in Deutschland durch Umzüge und Sterbefälle etwa acht Millionen Anschriften. Hinzukommen knapp 600.000 Hochzeiten und Scheidungen, die oft mit Namensänderungen einhergehen, zudem tausende Änderungen bei Straßennamen, Postleitzahlen und Orten, und auch in Unternehmen unterliegen Ansprechpartner, Rechtsformen oder Namen einem ständigen Wandel.
Schlechte Daten kosten
Falsche, also veraltete oder unvollständige Kundendaten, mehrfach vorhandene Datensätze, nicht nachvollzogene Umzüge, nicht gelöschte oder deaktivierte Kontakte haben harte und damit monetäre Auswirkungen. So versanden Mailing-Aktionen, die nochmals kostspielig verschickt werden müssen, Kunden erhalten Werbematerialien mehrmals, aber Rechnungen erst gar nicht; Datengetriebene Marketingkampagnen bleiben einfach wirkungslos.
20 Prozent der Kundenmailings, die vom Einzelhandel und von Verlagen verschickt werden, sind aufgrund von schlechter Datenqualität nicht zustellbar. Knapp 15 Prozent sind es im Versandhandel und der Automobilbranche sowie 8,6 Prozent bei Versicherungen. Auf den ersten Blick mögen diese Zahlen, die die Deutsche Post ermittelt hat, gering erscheinen. Doch eine Beispielrechnung von Uniserv zeigt, wie hoch die finanziellen Kosten sein können.
Beispielrechnung:
Ein Unternehmen mit 320.000 Kunden startet pro Jahr vier Mailing-Aktionen: zwei Werbebriefe und zwei Broschüren. Jeder Brief wird mit 1,04 Euro und jede Broschüre mit 2,00 Euro veranschlagt. Es wird davon ausgegangen, dass 8,6 Prozent der Kontakte nicht zustellbar sind. Daraus ergeben sich:
1) Kosten aufgrund schlechter Adressen:
Mailing Brief:
27.520 unzustellbare Kontakte x 2 Mailingaktionen x 1,04 Euro = 57.241,60 Euro
Mailing Broschüre:
27.520 unzustellbare Kontakte x 2 Mailingaktionen x 2,00 Euro = 110.080,00 Euro
2) Kosten aufgrund doppelter Adressen:
Dubletten Brief:
3.840 Dubletten x 2 Mailingaktionen x 1,04 Euro = 7.987,20 Euro
Dubletten Broschüre:
3.840 Dubletten x 2 Mailingaktionen x 2,00 Euro = 15.360,00 Euro
So belaufen sich die unnötigen Kosten der Mailingaktionen pro Jahr auf stolze 190.668,80 Euro, wenn keine Optimierungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Bessere Daten – erfolgreiches Wirtschaften
Um also derartige Kosten zu reduzieren, kommen Entscheider auch im Outbound-Geschäft nicht um das Thema „Kundendatenmanagement“ herum. Doch wie sollten Unternehmen hierbei vorgehen?
Im ersten Schritt müssen die bereits vorhandenen Kundendaten geprüft werden. Erstens auf ihre Qualitätsdimension, ob sie also vollständig, fehlerfrei und eindeutig vorhanden sind, und zweitens: ob sie noch aktuell und überhaupt relevant sind.
Im nächsten Schritt sollten die Kundeninformationen mit unterschiedlichen Datenqualitätsinitiativen sowohl kurzfristig als auch langfristig optimiert werden. Der Datenbestand muss also erst mal initial bereinigt und dann mittels eines Kundendatenmanagement-Systems kontinuierlich aktuell gehalten werden. Um auch langfristig die Qualität der Kundendaten sicherzustellen, ist es wichtig, die Datenpflege als strukturierten Prozess in die Unternehmensprozesse mit einzubinden.
All diese Schritte haben zum Ziel, den Golden Record, und damit die Mutter aller Datensätze, zu etablieren. Unter Golden Record ist der einzig gültige, vollständige, aktuelle und korrekte Datensatz, quasi die alleinige (Daten-)Wahrheit zu jedem einzelnen Kunden, zu verstehen.
Dabei ist es unabdingbar, alle Kundendaten aus unterschiedlichen Quellen zentral im Unternehmen zusammenzuführen. Denn selbst in kleineren Unternehmen liegen Kundendaten auf bis zu sechs oder sieben verschiedenen Systemen. Etwa vom Vertriebs-CRM über das ERP und die Finanzbuchhaltung bis hin zum Kundensupport. So entsteht oft ein Problem beim Datenabgleich und Datensilos werden gefördert. Der Golden Record stellt hingegen sicher, dass der korrekte Datensatz für jeden Kunden unternehmensweit und in allen Systemen der Organisation verfügbar ist und eine 360°-Sicht auf den Kunden bietet. Eine einheitliche Datenquelle ohne Technikunterstützung zu realisieren, ist jedoch nicht machbar. Zudem ist der ROI von professionellen Lösungen bereits nach drei bis sechs Monaten sichtbar.
Vorsprung durch gute Kundenbindung
Stimmen Datenbasis und Kundendatenmanagement, lassen sich Kosten für Werbemaßnahmen, insbesondere Mailingaktionen, senken, ist die Kontakthistorie vollständig, lässt sich professioneller Service anbieten. Aber sowohl in der Inbound- als auch in der Outbound-Kommunikation sollte nicht nur der Kostenaspekt entscheidend sein. Gerade im Onlinehandel ist die Konkurrenz nur einen Klick entfernt. Der Kundenbindung und dem Kundenerlebnismanagement kommt deshalb eine besonders hohe Bedeutung zu. Das Fundament bildet eine hohe Qualität und Vollständigkeit der Kundendaten sowie die Ausmerzung von Kommunikationslücken. Sie gehen Hand in Hand und sind aufgrund des großen Einflusses auf den Unternehmenserfolg eine unternehmerisch strategische Aufgabe, die Entscheider nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten.
In 4 Schritten zur besseren Datenqualität
- 1. Informationen aus Datensilos zusammenführen: Kundendaten aus unterschiedlichen IT-Systemen integrieren, ohne die Systeme selbst verändern zu müssen.
- 2. Datenqualität des „Golden Records“ sicherstellen: Ziel ist der einheitliche, vollständige und aktuelle Kundendatensatz, die „Mutter aller Kundendatensätze“.
- 3. Kundendaten für Kampagnen-Tools zentral bereitstellen: Der Golden Record muss allen kundennahen Mitarbeitern zur Verfügung stehen, etwa für E-Mail-Kampagnensoftware, CRM-Lösungen in Vertrieb und Kundendienst, Direktmarketing-Anbietern und Telesales-Agenturen.
- 4. Schnelligkeit zum Kunden erhöhen: Die richtige Ansprache zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Der erste Eindruck zählt
- Schlechter Kundenservice hat nachhaltigen Einfluss auf die Zielgruppen
- 24% der Befragten sind auch nach zwei oder mehr Jahren einem Anbieter nach einem guten Service-Erlebnis treu
- 39% der Befragten meiden einen Anbieter nach einem negativen Serviceerlebnis zwei oder mehr Jahre
Quelle: Dimensional Research, Zendesk
Autoren

Holger Stelz ist Director Marketing & Business Development bei Uniserv.
Der Experte für Datenmanagement leitet die Weiterentwicklung des Geschäftsfeldes Kundendatenmanagement und verantwortet das weltweite Marketing von Uniserv.

Steffen Teske ist seit April 2013 Director Central and Eastern Europe bei Zendesk. Das Unternehmen bietet eine Kundenservice-Plattform, die Unternehmen und ihre Kunden näher zusammenbringt. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, eine Vertriebsorganisation in den deutschsprachigen Ländern sowie in Osteuropa und Russland für Zendesk weiter aufzubauen, um das weitere Wachstum des Unternehmens voranzutreiben.