Limbic-Ansatz: Kunden emotional gewinnen

Eine der zentralen Fragestellungen im Marketing lautet: Wie gewinne ich die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden und bleibe langfristig in deren Erinnerung? Speziell unter den Gesichtspunkten der allgemeinen Reizüberflutung, der zunehmenden Individualisierung der Konsumenten und des Überangebots an Produkten muss diese Frage fortwährend beantwortet werden; genau an diesem Punkt setzt der Limbic-Ansatz an.
Die theoretische Basis:
Der Limbic-Ansatz ist ein von Dr. Hans-Georg Häusel entwickeltes Neuromarketing-Konzept, welches die modernsten Erkenntnisse und Disziplinen der Psychologie, Neurobiologie, Soziologie und Philosophie vereint und diese für das Marketing aufbereitet. So können auf Basis der Kernaussagen der oben genannten Geisteswissenschaften Zielgruppen detailliert segmentiert werden, umfassendere Aussagen zu Motiv und Kaufanalysen sowie präzises Alters- und Geschlechtsmarketing abgeleitet werden. Mit Hilfe von Limbic können wir demnach wichtige Informationen erlangen, wie Kaufentscheidungen wirklich getroffen werden und warum Emotionen beim Kauf von großer Bedeutung sind.
Aufgebaut ist der Ansatz hauptsächlich auf folgenden Grundsäulen:
- Die Vormacht des Unbewussten und der Emotionen
- Die biologischen Emotionen, welche auch als Emotionssysteme bezeichnet werden
Limbic basiert im Grunde auf einer schon lange bekannten Aussage von Schopenhauer:
Der Mensch kann tun was er will, aber nicht wollen was er will
Niemand kann sich seiner biologischen Fesseln entledigen, folglich werden mindestens 70-80% aller Entscheidungen unbewusst getroffen, was auf den Punkt gebracht heißt, dass unbewusste Prozesse unsere Entscheidungen, unser Handeln und unser Denken dominieren, das Unbewusste also das Bewusste dominiert.
Emotionssysteme, Persönlichkeit und die BIG 3:
Das Konstrukt der Emotionen wird im Modell anhand der Aufgaben definiert, welche eine Emotion haben können, wobei 6 feste Aufgaben ausgemacht werden konnten und in der Regel zwischen den einzelnen Aufgaben bei jedem Prozess Wechselwirkungen stattfinden – daher auch der Begriff: Emotionssystem.
Ein Emotionssystem hat wiederum immer zwei mögliche Ausprägungen:
- die Belohnungsseite
- die Bestrafungsseite
Welche davon bei der jeweiligen Kaufentscheidung im Unterbewusstsein aktiviert wird, entscheidet sich im limbischen System, denn die tief im limbischen System verankerten Grundemotionen, Nervenbotenstoffe und Hormone sind die eigentlichen Kräfte, die uns antreiben.
In einem weiteren, nachgelagerten Schritt werden die verschiedenen Emotionssysteme inklusive ihrer unzähligen Wechselwirkungen und Überschneidungen in 3 Bereiche kategorisiert, diese werden in Literatur und Praxis als die BIG 3 (Stimulanz, Dominanz, Balance) bezeichnet.
Die BIG 3:
Die Persönlichkeit eines jeden Menschen beinhaltet einen individuell ausgeprägten Mix dieser – von Dr. Häusel als BIG 3 benannten – Ausprägungen von Emotionssystemen.
Das Balance-System strebt nach Sicherheit und Harmonie, es versucht Unsicherheiten zu vermeiden. Das Stimulanz-System hingegen möchte Abenteuer erleben und Langeweile vermeiden, wird hier die Belohnungsseite aktiviert, dann erlebt der Mensch Spaß- und Prickelgefühle. Die dritte Basis ist das Dominanz-System, welches nach einer Alleinstellung hinsichtlich Macht, Kontrolle und Unabhängigkeit strebt. Für dieses System ist es wichtig, sich gegenüber anderen Menschen zu profilieren.
Diese drei Systeme sind bei allen Menschen in unterschiedlichem Verhältnis ausgeprägt. Aufgrund der enormen Vielzahl an möglichen Kombinationen, wurden zur Vereinfachung nochmals 7 Mischtypen konkretisiert, welche Limbic-Types genannt werden.
Die 7 Limbic-Types und ihre Verteilung in Deutschland:
Was soll man also tun, um die Aufmerksamkeit der Kunden langfristig zu gewinnen?
Sobald die zuvor anhand eines Tools, wie zum Beispiel Personas, determinierte Zielgruppe durch Anwendung des Limbic-Ansatzes in Limbic-Types segmentiert wird, lassen sich klare Wegweiser für die emotionale Ansprache der Kunden festlegen, denn nicht nur die Körpersprache oder etwa ein Gesichtsausdruck werden im Gehirn unbewusst verarbeitet, sondern auch Farben, Formen, Produktbeschreibungen und Produktnamen senden Botschaften, die unbewusst wahrgenommen werden.
Wie zu Beginn bereits erläutert wird das Gros der Kaufentscheidungen im Unterbewusstsein getroffen, mit Limbic ist es also möglich, Einblicke in diese bisher kaum hinterfragte Blackbox zu gewinnen und sie äußerst erfolgversprechend im Marketing anzuwenden.
Anhand der durch Limbic gewonnenen Erkenntnisse über die Zielgruppe lassen sich sogenannte Limbic-Codes anwenden um die Kommunikation der emotionalen Positionierung spezifisch und individuell für die Limbic-Types zu formulieren.
Diese Codes sind:
- Denkstil/ Werthaltungen/ Geldverhalten
- Sprache
- Designpräferenz
Besteht die Mehrheit der Zielgruppe zum Beispiel aus Performern, welche unter den Big 3 signifikant dominant ausgeprägt sind, so besteht die Zielgruppe mehrheitlich aus Menschen, die sich gegenüber anderen Menschen profilieren wollen, nach Macht, Kontrolle und Unabhängigkeit streben.
Die Ansprache von Performern muss an das unbewusst von Performern präferierte Design angepasst sein, Kommunikationselemente sollten vergleichsweise hart und kantig sein, denn nur so wird im limbischen System die Belohnungsseite gestärkt und der in diesem Fall dominante Kunde verbindet Emotionen wie Stolz oder etwa Siegesgefühl mit dem Produkt. Diese Einordnung lässt sich beispielsweise auf einer Webseite in allen Bereichen anwenden. Buttons, Headerbereich, Schriftarten etc. können so modelliert werden, das der potenzielle Kunde sich emotional wohlfühlt und das Produkt oder die Marke im Unterbewusstsein mit positiven Emotionen verankert ist, was in letzter Konsequenz eine langfristige Bindung des Kunden zum Produkt als auch zur Marke aufbaut.
Beispiel:

Nach herkömmlicher, demographischer Zielgruppendefinition würden sich beide Personen in einer Zielgruppe befinden, da folgendes auf beide zutrifft:
- männlich
- 60 Jahre
- 1000.000 Euro Jahreseinkommen
- verheiratet
- mehrere Kinder
- lebt in Großstadt
Man kann sich vorstellen, wie schwer es ist, eine entsprechende Website für beide Charaktere zu optimieren. Mit einer Zielgruppensegmentierung nach Limbic, würden beide Persönlichkeiten in separaten Zielgruppen abgebildet werden und eine erfolgreiche sowie zielführende Ansprache wäre möglich.
Fazit:
Das Neuromarketing und speziell die Verwendung des Limbic-Ansatzes auf Websites sind gerade erst dabei, sich zu entwickeln, in Zukunft wird es jedoch unumgänglich sein, den Kunden durch den Ausbau von Onlineshops und Websites ein umfassendes Shoppingerlebnis zu bieten. Mit Limbic wurde von Dr. Hans-Georg Häusel ein Motiv- und Emotionsstruktur-Modell entwickelt, das sowohl in seiner wissenschaftlichen Fundierung als auch in seiner praktischen Anwendung für das Marketing derzeit einzigartig ist.
Das Marketing kann sich die von Limbic identifizierten Treiber zunutze machen, indem es die Kunden analysiert und sich entsprechend emotional positioniert, um diese auch unbewusst abzuholen und langfristig an das Unternehmen binden zu können.
Autorin

Alina Ziegler ist Online Marketing Managerin bei der TechDivision eConsulting, sie kennt das Online Business sowohl aus Kundenseite – wie auch aus der Agenturperspektive. Sie ist Master of Arts (MA) der BWL mit dem Schwerpunkt Marketing und betreut Kunden aus B2B, B2C sowie NGO’s.
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