Internationalisierung im E-Commerce: Großes Wachstumspotenzial für deutsche Unternehmen

Steigende Umsätze im grenzüberschreitenden E-Business: Die Aussichten auf eine erfolgreiche Internationalisierung sind 2015 ausgezeichnet. Eine Expansion bietet allein in der EU mit Millionen Internetnutzern große Chancen. Daher planen immer mehr E-Commerce-Strategen den internationalen Roll-out. Eine Herausforderung, der man sich nur mit einer gut vorbereiteten Strategie stellen sollte. Doch wann lohnt sich eine länderübergreifende Expansion? Und mit welchen Hindernissen muss man rechnen?
Deutsche Unternehmen mit großem Erfolg im Ausland
Der Online-Versandhändler Zalando steigerte durch offensive Expansion und den Gang an die Börse seinen Unternehmenswert auf 6 Milliarden Euro. Die Otto Group bewältigte erfolgreich den Übergang vom Print-Geschäft (Katalog) zu einer digitalen, internationalen Ausrichtung mit Umsatzgewinnen. Die Beispiele zeigen, dass der deutsche E-Commerce international erfolgreich ist. Deutsche Onlineshops und Produkte sind EU-weit gefragt – dies belegt laut Studie der OC&C Strategy der dritte Platz Deutschlands beim Exportvolumen. Nach den USA und Großbritannien hat sich auch der deutsche E-Commerce etabliert. 2013 versandten deutsche Onlineshops Waren im Wert von 580 Millionen Euro allein nach Frankreich. Niederländische und skandinavische Kunden kauften für 240 bzw. 130 Millionen Euro online in Deutschland ein.
Big Player dominieren deutschen Markt
Im deutschen E-Business steigen die Umsätze, allerdings sind viele Nischen bereits besetzt und die Neukundengewinnung wird immer kostspieliger. So lag der Marktanteil der umsatzstärksten 100 E-Commerce-Unternehmen 2013 in Deutschland bei 56 Prozent. Allein Amazon setzte 5,78 Milliarden Euro um. Ein großes Stück vom Kuchen ist also weg, weshalb viele E-Commerce-Strategen auf den ausländischen Markt schauen.
Dabei ist das Potenzial in Europa riesig – 2013 lebten in den 28 Mitgliedstaaten der EU rund 333 Millionen Menschen, wobei mehr als die Hälfte regelmäßig online ist. Das folgende Schaubild zeigt die Internetnutzung der einzelnen Länder:
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in der Europäischen Union ist online – Tendenz steigend.
Mit der wachsenden Anzahl der Internetnutzer ergeben sich große Möglichkeiten für eine Internationalisierung einer E-Commerce-Plattform.
EU forciert Cross-Border- Commerce
Der erste Schritt einer Expansionsstrategie ist meist die Lieferung eigener Produkte in Nachbarländer. Der internationale Versand hat sich bereits etabliert, viele Onlineshops verschicken ihre Waren bereits grenzüberschreitend (Stichwort D-A-CH). Cross-Border-Commerce (die Warenlieferung aus Deutschland in andere Länder) hat sich nicht nur bewährt, er ist auch finanziell lukrativ. Denn die Europäische Union greift den Onlinehändlern unter die Arme: Mit einheitlichen Rahmenbedingungen wie dem europäischen Zahlungsverkehrsraum SEPA oder einem standardisierten Widerrufsrecht forcierte die EU den länderübergreifenden E-Commerce in den letzten Jahren.
Neue Absatzmärkte erschließen – auf die Nutzer achten
Eine Studie von PayPal belegt den Trend des grenzenlosen Einkaufens mit Zahlen. So haben bereits 40 Prozent von 2300 befragten Deutschen bei ausländischen Onlineshops bestellt.
Länderübergreifendes Shoppen bietet gute Möglichkeiten, um Sonderangebote zu ergattern oder limitierte Produkte zu erwerben.
Trotz dieses Potenzials gibt es aber noch einige Hindernisse, weshalb mehr als die Hälfte der Befragten den Einkauf im Ausland ablehnt:
- 60 Prozent der Studienteilnehmer finden Versandkosten und Kosten beim Umtausch zu hoch
- 57 Prozent befürchten Probleme beim Umtausch
- 52 Prozent erwarten versteckte Kosten
- lange Lieferzeiten halten 44 Prozent vom Einkauf ab.
Vom Versand ins Ausland hin zur Dependance vor Ort
Viele Kunden sind bei internationalen Bestellungen deshalb noch zögerlich. Die Antworten der Nutzer weisen auf Probleme wie hohe Versandkosten oder Schwierigkeiten beim Umtausch hin.
Eine Lösung, um dennoch neue Zielgruppen im Ausland zu erschließen, sind Logistik-Center in ausgewählten Ländern. Mit einer logistischen Niederlassung vor Ort verkürzen Sie Lieferzeiten signifikant und können einen kostenlosen Versand Ihrer Produkte anbieten. Auch die Kosten für Retouren reduzieren sich durch eine Dependance vor Ort.
Man muss sich aber unbedingt mit den länderspezifischen Versandbedingungen, internationalen Adressformaten und AGBs von Transportunternehmen auseinandersetzen. Für eine erfolgreiche Internationalisierung sollten ambitionierte E-Commerce-Händler ihre Kunden eine fehlerfreie und schnelle Lieferung garantieren können. Basis dafür ist eine einwandfreie Warenlogistik, bei der das gesamte Distributionsnetzwerk optimal funktionieren muss.
Welche Länder eignen sich für eine erfolgreiche Expansion?
Mit einer länderübergreifenden Marktanalyse kann man einzelne Länder übersichtlich gegenüberstellen und entscheiden, wo sich Investitionen in Sachen internationale Expansion lohnen.
Wer auf dem für seine Zielgruppe passenden Markt investiert, kann nicht nur von einer höheren Marge bei ausgewählten Produkten profitieren. Auch die Marketing-Kosten sind in einigen Ländern je nach Produkt geringer als auf dem deutschen Markt. Die folgenden beiden Grafiken (Quelle: shopanbieter.de) verdeutlichen an zwei ausgesuchten Beispielen die Marktchancen für verschiedene Länder:
1. Laufschuh Adidas Supernova Sequence 6
Am Beispiel des Laufschuhes Adidas Supernova Sequence 6 lassen sich die unterschiedlichen Potenziale ausländischer Märkte erkennen. So liegt der Verkaufspreis für das Produkt in Frankreich 27 Euro höher als auf dem deutschen Markt, während die Marketingkosten für eine Bestellung (Cost per Order) deutlich geringer sind. Allerdings bewegen sich die monatlichen Suchanfragen in Frankreich auch auf einem niedrigeren Niveau. Wer den Adidas Supernova Sequence 6 also in Frankreich verkaufen will, kann sich den Zahlen nach auf eine höhere Marge und geringere Marketingkosten einstellen. Jedoch gibt es laut Suchanfragen auch deutlich weniger Interessenten als in Deutschland.
Ein zweites Beispiel (Kopfhörer von AKG) macht die verschiedenen Preisindezes der einzelnen Ländern deutlich:
2. Kopfhörer AKG Q 701 Premium:
Ein Markt mit großen Chancen für eine erfolgreiche internationale Ausrichtung ist Polen. Dort liegt der Marktpreis 18 Prozent höher als in Deutschland, die Kosten per Bestellung sind mit 6,40 Euro niedrig und das Interesse (14.800 Suchanfragen/Monat) ist relativ hoch.
Die dargestellten Beispiele zeigen, dass unterschiedliche Preisstrukturen in der EU herrschen. Mit einer detaillierten und länderübergreifenden Marktanalyse lassen sich große Absatz- und Gewinnpotenziale ableiten.
Gute Argumente für eine Expansion in der EU
In bestimmten Ländern sind für spezielle Produkte große Gewinnmargen bei niedrigeren Marketingkosten möglich. Neben den unterschiedlichen Preisstrukturen der Länder, einheitlichen Gesetzen für die europäische Handelszone und mehr als 150 Millionen Internetnutzern der EU gibt es weitere Gründe für eine Internationalisierung.
Dazu gehören:
- gutes logistisches Netzwerk der EU
- Einsatz mandantenfähiger Multishop-Systeme
- keine separaten Serverstandorte nötig
- vereinfachte Zahlungsmethode durch internationale Payment-Systeme
Der permanente Ausbau der Infrastruktur in der Europäischen Union ist die Basis für gute Logistikbedingungen. Für den problemlosen Transport Ihrer Produkte ist dies essenziell.
Standardisierte Shoplösungen wie Magento oder OXID bieten mandantenfähige Systeme, mit denen Subshops für unterschiedliche Länder umgesetzt werden können. Für E-Commerce-Strategen ist es wichtig, die technischen Plattformen auf Ihre Flexibilität zu überprüfen, um Onlineshops in verschiedenen Sprachen zu adaptieren.
Mit einem Multishop-System erübrigt sich auch die Frage nach dem Hosting im jeweiligen Zielland, da die länderspezifischen Domains bzw. Onlineshops über ein und denselben Server laufen.
Herausforderungen der Internationalisierung
Wer eine Expansion anstrebt, sollte gut vorbereitet sein. Denn es gibt einige Hindernisse auf dem Weg, international erfolgreich zu sein und sich in einem ausländischen Markt zu etablieren. So sind einige Märkte für gewisse Produktgruppen gesättigt – ein internationaler Roll-out kann daher nur mit einem hohen Marketing-Budget realisiert werden. Vor allem in Suchmaschinenmarketing (SEO und SEA) sollte man investieren, um potenzielle Kunden auf seinen Onlineshop aufmerksam zu machen. Mit einer professionellen OnPage-Optimierung und einer gut durchdachten OffPage- bzw. Online-PR-Strategie erreicht man wertvolle Zielgruppen und generiert kostbare Conversions.
Content ist King – auch international
Ein wichtiger Eckpfeiler des Onlinemarketings ist der Content auf den Shopseiten. Dieser sollte vor Livegang vollständig vorbereitet sein. Das gilt für Headlines, Produktbeschreibungen und Metadaten genauso wie für Infografiken und Visuals. Nur wer perfekt ausformulierte und gepflegte Inhalte bietet, liefert für potenzielle Kunden einen Mehrwert und wird von Suchmaschinen berücksichtigt. Für den internationalen Roll-out sollte man daher einen Muttersprachler mit der Übersetzung seiner Texte beauftragen.
Nach der bereits erwähnten Marktanalyse zu verschiedenen Absatzmärkten im Ausland sind Keywordrecherchen unabdingbar. Anhand von Wettbewerb und Suchvolumen lassen sich potenzielle Keywords ableiten. Essenziell ist auch die Sicherung bzw. Patentierung der Domains im Zielmarkt. Für ein global einheitliches Markenbild ist ein identischer Name des Onlineshops länderübergreifend ein Grundstein für den Erfolg.
Technische Ausweisung von Sprachversionen
Viele E-Commerce-Plattformen richten sich an Internetuser auf der ganzen Welt und sollten demzufolge mehrere Sprachversionen anbieten. Mit dem hreflang-Tag weisen Onlineshop-Betreiber je nach Land, Region und Sprache die richtige URL aus und vermeiden Duplicate Content. Es wäre somit theoretisch denkbar, eine eigene Seite für deutschsprachige User in Spanien anzubieten.
In der Schweiz wird z. B. deutsch und französisch gesprochen. Diesbezüglich müssen in den Entwicklungscode des Onlineshops für die Auszeichnung also folgende beiden Varianten eingefügt werden:
- hreflang="de-ch" /> deutscher Inhalt für Schweizer Onlineshop
- hreflang="fr-ch" /> französischer Inhalt für Schweizer Onlineshop
Überdies sind regionale Besonderheiten zu beachten. So fehlt im Schwytzerdütsch das „ß“ – damit sind „massgeschneiderte Hemden“ und „maßgeschneiderte Hemden“ zwei unterschiedliche Keywords. Um kulturelle Begebenheiten nicht außer Acht zu lassen, ist die Zusammenarbeit mit SEO-Agenturen in den jeweiligen Ländern sehr zu empfehlen.
Andere Länder – andere Zahlungsvorlieben
Beachten Sie auch die unterschiedlichen Zahlungsvorlieben verschiedener Nationalitäten. In den Niederlanden ist zum Beispiel das Online-Bezahlverfahren iDeal weit verbreitet, während laut Statistikportal Statista 2013 29 Prozent der Deutschen online bestellte Ware per Rechnung bezahlten.
In Italien beglichen im vergangenen Jahr 13 Prozent den Warenbetrag per Nachnahme. Full-Payment-Anbieter wie PAYONE bieten alle gängige Bezahl- methoden für erfolgreichen E-Commerce an, mit dem Kunden im Zielmarkt Rechnungen begleichen können. Oft haben etablierte Payment Provider in den verschiedenen Ländern eine Ländervertretung – eine wichtige Voraussetzung, um bestimmte Zahl- arten im jeweiligen Land anzubieten.
Eine umfassende Prüfung verschiedener Payment-Anbieter vor der Expansion ist essenziell, um eine reibungslose Abwicklung von Kaufprozessen zu gewährleisten.
Andere Länder – andere Zahlungsvorlieben
Beachten Sie auch die unterschiedlichen Zahlungsvorlieben verschiedener Nationalitäten. In den Niederlanden ist zum Beispiel das Online-Bezahlverfahren iDeal weit verbreitet, während laut Statistikportal Statista 2013 29 Prozent der Deutschen online bestellte Ware per Rechnung bezahlten.
In Italien beglichen im vergangenen Jahr 13 Prozent den Warenbetrag per Nachnahme. Full-Payment-Anbieter wie PAYONE bieten alle gängige Bezahl- methoden für erfolgreichen E-Commerce an, mit dem Kunden im Zielmarkt Rechnungen begleichen können. Oft haben etablierte Payment Provider in den verschiedenen Ländern eine Ländervertretung – eine wichtige Voraussetzung, um bestimmte Zahl- arten im jeweiligen Land anzubieten.
Eine umfassende Prüfung verschiedener Payment-Anbieter vor der Expansion ist essenziell, um eine reibungslose Abwicklung von Kaufprozessen zu gewährleisten.
Fazit
Wer überlegt zu expandieren, hat 2015 gute Chancen auf Erfolg. Die Zeiten für eine Internationalisierung sind gut, denn der deutsche E-Commerce boomt. Das Exportvolumen steigt, der grenzüberschreitende Handel hat ein neues Hoch erreicht. Um Kunden ein rundum perfektes Einkaufserlebnis zu bieten und mit Services wie kostenlosem Versand zu punkten, ist eine Dependance vor Ort im Zielland ratsam. Voraussetzung für eine Internationalisierung ist eine detaillierte Marktanalyse von potenziellen Zielgruppen, Produktbedarf, Wettbewerbern und Zahlungsvorlieben der jeweiligen Bevölkerung. Wer in Deutschland profitabel arbeitet und für eigene Produkte Absatzchancen im Ausland sieht, sollte eine Internationalisierung in Betracht ziehen.

Autor
Martin Sperling
Martin Sperling ist Geschäftsführer der VOTUM GmbH in Berlin. Als Experte für E-Commerce-Strategien verfügt über 15 Jahre Erfahrung im Markt und kennt die Anforderungen erfolgreicher E-Business-Projekte aus den unterschiedlichsten Branchen genau.
www.votum.de
martin.sperling(at)votum.de