Heute kaufen, später bezahlen – hohes Umsatzpotential für den Ratenkauf im E-Commerce
Wer kennt das nicht: Man möchte gerne einen neuen Plasma-Fernseher, eine neue Wohnungseinrichtung oder sogar ein neues Auto kaufen, will diese (hohe) Investition aber nicht auf einmal tätigen. Kein Problem, denn der Großteil der stationären Händler bietet ihren Kunden den Kauf auf Raten an. Doch was im stationären Handel mittlerweile Usus geworden ist, ist im Onlinehandel noch lange nicht gang und gäbe. Welche Gründe gibt es dafür und wie sehen die derzeitige Marktsituation sowie zukünftige Entwicklungen des Ratenkaufs im Onlinehandel aus? Mit diesen und weiteren Fragestellungen hat sich das E-Commerce-Leitfaden-Team in einer aktuellen Studie beschäftigt. Dazu wurden sowohl Experteninterviews als auch eine Breitenbefragung unter Onlinehändlern durchgeführt. Basierend auf den Meinungen der Experten und Erfahrungen der Onlinehändler, die Ratenkauf einsetzen, wurden anschließend Erfolgsfaktoren abgeleitet, die Interessierten bei der Auseinandersetzung mit dieser Thematik unterstützen können.
Obwohl 95% der befragten Onlinehändler angaben, die Ratenkaufoption zu kennen, nutzt diese nur ein Viertel in ihrem Webshop, denn der Begriff des Ratenkaufs ist für gewöhnlich meist mit negativen Vorstellungen verbunden. So haben beispielsweise viele Händler oft Vorbehalte gegenüber einer Ratenkaufoption und scheuen sich davor, diese in ihren Onlineshop zu integrieren. Als Gründe dafür werden oftmals die Angst vor einer steigenden Retourenquote oder die zunehmende Anzahl an zahlungsunfähigen Kunden genannt. Dies wiederum sehen die Experten vor allem in einem falschen oder ungenauen Begriffsverständnis, bei dem es oft zu Verwechslungen mit dem Ratenkredit kommt, begründet.
Ratenkredit vs. Ratenkauf
Der Unterschied zwischen einem Ratenkredit und einem Ratenkauf liegt darin, dass bei einem typischen Ratenkredit der Kunde seinen Kauf beim Händler durch gleichzeitiges Abschließen eines Kredits finanziert. Um diesen Kredit aufzunehmen, muss er sich gegenüber der Bank aufgrund der Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GWG) legitimieren (z. B. durch Postident) und den Vertrag nach § 492 BGB schriftlich z. B. mithilfe einer Unterschrift oder einer qualifizierten elektronischen Signatur abschließen. Für die Abwicklung und eine eventuelle Rückabwicklung gelten die BGB-Vorschriften des Verbraucherdarlehens, welche unter anderem vorsehen, dass
- der Kunde Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit teilweise oder vollständig erfüllen und diesen Vertrag, sofern keine Zeit für die Rückzahlung bestimmt wurde, jederzeit kündigen kann,
- der Geldgeber Anspruch auf eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung hat,
- der Kunde bei Rücktritt vom Kauf auch den Kredit kostenfrei rückabwickeln kann.
Beim Ratenkauf oder bei der Teilzahlung hingegen wird eine Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer zur Tilgung einer Schuld mittels ratenweiser Zahlung oder Begleichung der Schuld innerhalb eines festgelegten Zeitraums getroffen. Im Gegensatz zum Ratenkredit ist eine dritte Partei nicht zwingend erforderlich. Da es sich um ein Teilzahlungsgeschäft handelt, ist eine Legitimation des Kunden (z. B. durch Postident) nicht gesetzlich vorgeschrieben. So kann die gesamte Abwicklung, wie im Onlinehandel üblich bzw. erwünscht, medienbruchfrei und somit sehr effizient gestaltet werden. Der Händler hat auch die Möglichkeit, die Forderung gegenüber dem Kunden im Anschluss an ein Kreditinstitut abzutreten. Für die Durchführung und technische Abwicklung dieser Option haben sich auf dem Markt spezialisierte Anbieter herausgebildet.
Umsatzsteigerung durch eine Ratenkaufoption
Die Ratenkaufoption bietet Kunden die Möglichkeit, Zahlungen in mehreren Teilen zu tätigen und kann im E-Commerce sehr schlank und komplett online abgewickelt werden. Vorteile für den Händler sind vor allem die Möglichkeit der Umsatzsteigerung, die Erhöhung der Warenkörbe sowie die Akquise neuer Zielgruppen bzw. Kunden. So hat beispielsweise bei den Befragten, die Ratenkauf nutzen, die Einführung der Ratenkaufoption zu einer durchschnittlichen Vergrößerung des Warenkorbwertes von 11% sowie zu einer Umsatzsteigerung von 7% geführt. Außerdem konnte ein durchschnittlicher Anstieg an Neukunden von 8% verzeichnet werden. Neben der Umsatzsteigerung und der Akquise von Neukunden zählt aber auch die Verbesserung der Kundenzufriedenheit zu den wichtigsten Gründen, die für das Anbieten einer Ratenkaufoption sprechen. Händler haben demzufolge beim Einsatz von Ratenkauf mehr im Sinn, als das reine Abschöpfen zusätzlicher Kundschaft.
Ratenkaufbegriff und -eignung sollten überdacht werden
Wie die Befragung außerdem gezeigt hat, ist die Retourenquote bei Ratenkaufkunden kaum höher als bei Kunden, die andere Zahlungsverfahren nutzen. Die durchschnittliche Erhöhung der Retourenquote liegt beim Ratenkauf nämlich nur bei 6%. Allgemein sollte deshalb versucht werden, das schlechte Image des Ratenkaufs zu verbessern. Negativ assoziierte Begriffe, wie z. B. Kredit, sollten vermieden und der Ratenkauf mit positiven Begriffen und Erfahrungen wie „flexible Rückzahlung“ verknüpft werden. Onlinehändler sind daher dazu aufgefordert, ihre oft traditionellen Denkweisen zu überprüfen und die Einführung einer Ratenkaufoption zumindest in Betracht zu ziehen, da Kunden den Ratenkauf im E-Commerce nicht zwangsläufig wegen begrenzter finanzieller Mittel wählen, sondern um die Zahlung z. B. flexibel handhaben zu können. Auch, so die Meinung der Experten, eignen sich weit mehr Branchen (vgl. Abb. 2) und geringere Warenkörbe für diese Option. Der Ratenkauf dringt z. B. – entgegen der Einschätzung vieler Händler – nicht nur in traditionell hochpreisige Segmente wie Möbel oder Elektronik vor, sondern auch in weniger offensichtliche Bereiche wie in das Bekleidungssegment. Die Warenkörbe müssen demzufolge nicht „riesig“ sein.
In diesen Produktsegmenten wird Ratenkauf am häufigsten angeboten
Spezielle Dienstleister als Vermittler von Ratenkaufoptionen
Hat man sich für das Anbieten einer Ratenkaufoption entschieden und möchte die Forderung an ein Kreditinstitut abtreten, steht man vor der Qual der Wahl hinsichtlich eines Ratenkaufvermittlers. Auf dem Markt haben sich Dienstleister, wie RatePAY, Klarna, BillPay auf die Vermittlung spezialisiert. Weitaus seltener sind klassische Banken als direkte Anbieter/Vermittler vertreten, obwohl sie – so die Experten – aufgrund des Vertrauens und Markenimages dafür prädestiniert wären. Grund dafür ist u. a. die oft fehlende „E-Commerce-DNA“ bei den Banken, die den E-Commerce-Markt – als „nur“ kleinen Teil des Einzelhandels – häufig noch unterschätzen, das Nichtwahrnehmen des Potentials der Ratenkaufoption und das Festhalten an ihren „Offline-Denkstrukturen“. Auch wenn Banken bei den von den Händlern abgetretenen Forderungen bei einem Ratenkauf als Gläubiger, die das Risiko übernommen haben, im Hintergrund sind, treten sie dennoch derzeit kaum in Erscheinung. Der Produktvertrieb und die technische Abwicklung bleiben somit in der Regel in den Händen der spezialisierten Dienstleister.
Spezielle Dienstleister als Vermittler von Ratenkaufoptionen
Hat man sich für das Anbieten einer Ratenkaufoption entschieden und möchte die Forderung an ein Kreditinstitut abtreten, steht man vor der Qual der Wahl hinsichtlich eines Ratenkaufvermittlers. Auf dem Markt haben sich Dienstleister, wie RatePAY, Klarna, BillPay auf die Vermittlung spezialisiert. Weitaus seltener sind klassische Banken als direkte Anbieter/Vermittler vertreten, obwohl sie – so die Experten – aufgrund des Vertrauens und Markenimages dafür prädestiniert wären. Grund dafür ist u. a. die oft fehlende „E-Commerce-DNA“ bei den Banken, die den E-Commerce-Markt – als „nur“ kleinen Teil des Einzelhandels – häufig noch unterschätzen, das Nichtwahrnehmen des Potentials der Ratenkaufoption und das Festhalten an ihren „Offline-Denkstrukturen“. Auch wenn Banken bei den von den Händlern abgetretenen Forderungen bei einem Ratenkauf als Gläubiger, die das Risiko übernommen haben, im Hintergrund sind, treten sie dennoch derzeit kaum in Erscheinung. Der Produktvertrieb und die technische Abwicklung bleiben somit in der Regel in den Händen der spezialisierten Dienstleister.
Kriterien für die Auswahl eines Ratenkaufanbieters bzw. -vermittlers
Wichtigstes Kriterium bei der Wahl eines Ratenkaufanbieters sind für den Onlinehändler die entstehenden Kosten. Diese müssen auf dem Niveau anderer Zahlungsverfahren liegen, da die Bereitschaft, mehr zu bezahlen, kaum vorhanden ist. Aber auch die offene Kommunikation von Verbraucher- und Datenschutzmaßnahmen nimmt eine zentrale Stellung ein und wird in Zukunft immer wichtiger werden. Des Weiteren wurde der Wunsch nach Standardmodulen, die eine einfache Integration der Zahlungsart in den eigenen Shop ermöglichen, von vielen der Befragten geäußert.
Während für Händler neben einem umfangreichen Reporting-Tool vor allem Transparenz gegenüber dem Kunden sowie eine garantierte Risikoübernahme wichtige Eigenschaften des Ratenkaufprodukts darstellen, sind garantierte Annahmequoten durch den Anbieter (z. B. eine garantierte Annahme von mindestens 50% aller Kundenanfragen) dagegen eher ein vergleichsweise vernachlässigbares Thema.
Einschränkungen beim Ratenkaufangebot
Auch wenn bereits jeder vierte Befragte in der Vergangenheit seinen Ratenkaufanbieter gewechselt hat, so bereut die Mehrheit der Onlinehändler, die den Ratenkauf als Zahlungsoption anbieten, die Einführung im Nachhinein nicht. Allerdings grenzen viele die Ratenkaufoption gezielt ein. Nur die Hälfte der Händler bietet Ratenkauf jedem Kunden an. Die andere Hälfte steuert gezielt, wem sie diese Finanzierungsmöglichkeit anbietet. Knapp zwei Drittel davon entscheiden dabei selbst, wem sie die Ratenkaufoption ermöglichen wollen. Dabei handelt es sich um Händler, deren Umsatz mehr als 100.000 Euro beträgt.
Des Weiteren offeriert nur jeder zweite Händler die Ratenkaufoption für das gesamte Produktsortiment und macht so die Möglichkeit einer Ratenzahlung nicht abhängig von der verkauften Ware. Knapp ein Drittel schränkt dabei auf Warengruppenebene ein, während nur knapp ein Sechstel auf Produktebene ansetzt. Je feingranularer aber selektiert wird, desto geringer fällt der durchschnittliche Warenkorbwert aus.
Erfolgsfaktoren für den Ratenkauf
Inzwischen erkennen immer mehr Händler das Potential einer Ratenkaufoption, denn die Nachfrage steigt allmählich, auch wenn nicht im selben Maße wie beispielsweise bei der abgesicherten Rechnungszahlung. Laut den Befragungsergebnissen ist sogar für zwei Drittel der Händler, die Ratenkauf im Moment nicht anbieten, dessen Einführung vorstellbar oder bereits geplant.
Maßgeblich für den Erfolg eines Ratenkaufprodukts sind aus Expertensicht die Erfolgsfaktoren „Einfachheit und Schnelligkeit“, „Flexibilität und Unkompliziertheit“, „Kundenumgang und Transparenz“ sowie „Positives Labeling“.
Um die Abbruchquoten im Check-out, wenn der Kunde per Ratenkauf bezahlen will, möglichst gering zu halten, sollte für den Kunden das Bezahlen der Ware mittels Raten einfach und schnell vonstattengehen. Vor allem die Auswahlmöglichkeiten bei der Ratenberechnung und die abzufragenden Parameter bei der Risikoeinschätzung sollten sinnvoll auf ein Minimum reduziert werden. So sollte man beispielsweise bei niedrigen Warenkörben auf die Abfrage des Nettoeinkommens und eines etwaigen Immobilienbesitzes verzichten. Um mithilfe der Ratenkaufoption die Kundenzufriedenheit zu steigern, ist es wichtig, das Ratenkaufprodukt so flexibel und unkompliziert wie möglich zu gestalten. Hier geht es insbesondere darum, auf den Kunden einzugehen und sich seiner im Zeitablauf gegebenenfalls geänderten Lebenssituation mit Änderungen von Laufzeit und Ratenhöhe anzupassen.
Um Unstimmigkeiten von vornherein vorzubeugen, sollten Ratenkaufprodukte daher grundsätzlich transparent gestaltet werden. Dies beinhaltet sowohl das übersichtliche Aufzeigen und offene Kommunizieren aller Zinsen und Gebühren als auch die frühzeitige und offene Nennung des Ratenkaufanbieters. Entscheidend für den Erfolg einer Ratenkaufoption ist außerdem ein geeigneter Kundenumgang. Aus diesem Grund sollte ein geeigneter Weg bei der Kundenkommunikation gewählt werden. Dies ist insbesondere wichtig, wenn der Händler für das Angebot des Ratenkaufs auf einen spezialisierten Anbieter zurückgreift und dieser den Ratenkauf letztlich abwickelt, denn der Kunde projiziert seine Erfahrungen mit dem Ratenkaufanbieter bzw. -vermittler meist auf den eigentlichen Händler. Deshalb sollten diese über eine gute Reputation verfügen und die Kundenansprache, insofern er die Kommunikation übernimmt, passend sein.
Händler sollten versuchen, das Image des Ratenkaufs zu verbessern. Negativ assoziierte Begriffe sollten vermieden und der Ratenkauf mit positiven Begriffen und Erfahrungen verknüpft und als Service bzw. Mehrwert für den Kunden dargestellt werden (positive Darstellung und Benamung). So spielen auch die bereits genannten Faktoren eine Rolle bzgl. der Wahrnehmung durch den Kunden, da diese Auswirkungen darauf haben, in welchem Licht der Ratenkauf gesehen wird. Ziel muss es sein, die Ratenkaufoption als zusätzlichen Service für Kunden zu vertreiben, auch für liquide.
Fazit
Ratenkauf kann vielen Händlern die Möglichkeit eröffnen, neuen Umsatz zu generieren, Neukunden zu gewinnen und die Kundenzufriedenheit im Allgemeinen durch ein flexibles Bezahlmodell zu steigern. Hier müssen Händler ansetzen und Aufklärungsarbeit z. B. in Form von Werbung leisten, da auch Kunden oft negative Vorurteile gegenüber Finanzierungsprodukten haben. Dennoch muss jeder Händler für sich selbst entscheiden, ob sich das Anbieten einer Ratenkaufoption für seine Produkte eignet. Sicher ist, dass klassische hochpreisige Segmente längst nicht mehr der einzige Einsatzbereich sind, denn auch die Bekleidungsbranche ist hierbei inzwischen auf dem Vormarsch. Diese Beobachtung wird sich auch in Zukunft gewiss noch weiter auf andere Warengruppen ausdehnen, da die Händler zunehmend erkennen, dass sich auch Warenkörbe ab 300 Euro für den Ratenkauf eignen können. Aus Expertensicht werden auch Banken zukünftig zunehmend versuchen, ihre Reputation und ihren Vertrauensvorschuss zu nutzen, um in den Markt einzusteigen. Ebenso werden die Dienstleister und Zahlungsdienstanbieter den Markt kontinuierlich weiterentwickeln und vielen Händlern eine einfache Integration anbieten. Das Potential einer Ratenkaufoption im E-Commerce ist, wie man sieht, nicht zu unterschätzen und sollte daher von keinem Händler ignoriert werden. Jeder sollte sich zumindest kritisch mit der Thematik auseinanderzusetzen und abwägen, ob eine Einführung und wenn ja wie Sinn ergeben könnte.
Als Hilfestellung hierbei können die vier genannten Erfolgsfaktoren dienen. Auf diese wird, neben weiteren interessanten Erkenntnissen, in der Studie „Ratenkauf im E-Commerce – Status quo und der Weg zum erfolgreichen Einsatz“ ausführlicher eingegangen. Die Studie steht ihnen unter folgendem Link zum Download zur Verfügung: http://www.ecommerce-leitfaden.de/ratenkauf
Autoren

Andreas Unterpieringer ist Consultant, Dr. Ernst Stahl ist Director und Dr. Georg Wittmann ist Research Director bei der ibi research an der Universität Regensburg GmbH. Das Beratungs- und Forschungsinstitut ibi research betreibt anwendungsorientierte Forschung und Beratung mit Schwerpunkt auf Innovationen rund um Finanzdienstleistungen und den Handel. Zugleich bietet ibi research umfassende Beratungsleistungen zur Umsetzung der Forschungs- und Projektergebnisse an und ist Initiator und Herausgeber des E-Commerce-Leitfadens (www.ecommerce-leitfaden.de).